Eigentlich wollte ich nur die Läufe auf dem Eurospeedway Lausitz fahren, aber dann kam es doch anders. Mein Teamkollege Mark Albrecht hatte schon recht früh beschlossen, die gesamte IDM zu fahren, wohingegen ich nur den ein oder anderen Lauf absolvieren konnte. Nachdem Lausitz aber trotz vorangegangenem Sturz gar nicht so schlecht lief, hab ich ein wenig Blut geleckt. „Playing with the big boys“, wie wir zu sagen pflegen, ist schon nochmal was ganz Anderes.
Trotzdem war eine Teilnahme in Zolder aber lange kein Thema. V.a. zeitlich eine riesen Herausforderung mit einem Anfahrtsweg von 800km und etwa 10 Stunden. Schließlich mußte ich am Montag wieder pünktlich im Büro sein. Spaßeshalber erstellte ich eine Umfrage auf Facebook, ob ich BMW-Cup fahren soll, bei dem ich die Chance auf einen Sieg hätte, oder doch Zolder. Der Großteil sagte klar Zolder. Aus Spaß wurde ernst. Mein Freund Sascha aus dem racing4fun.de Forum bot an, den Wohnwagen nach dem Event mit zu sich zu nehmen, so dass ich mit dem Auto geradewegs nach Hause düsen konnte. Das war der ausschlaggebende Punkt. Kurz mit Manuel Hollubetz vom Promoter Motor-Events gesprochen und die Sache beschlossen. Das war Mittwoch Abend. Wohnwagen gepackt, letzte Vorbereitungen getroffen und so ging es Donnerstag leider allein gen Norden.
Nach zehn Stunden Fahrt kam ich im belgischen Zolder an und bezog die Box mit Thommy Hainthaler. Kurz darauf kam auch mein Teamkollege Mark. Wir beschlossen dann noch die Strecke abzugehen. Der erste teil entspricht eigentlich einer modernen Rennstrecke mit weitläufigen Kiesbetten, aber auch ziemlich schnellen Kurven. Dann kommt der Streckenabschnitt, der mich an Monza in Verbindung mit Catwell Park erinnert, auch wenn ich beide Strecken nur aus dem TV kenne. Lange Geraden die von Mauern eng begrenzt sind und in eine Schikane münden und eine Kuppe, ja fast schon Sprunghügel, mit anschließender Schneller Links. Nicht ungefährlich, aber sehr interessant.
Freitag standen dann die freien Trainings an. Zuerst mußte ich noch die letzten Formalitäten klären, bevor ich auf die Strecke durfte. Mark, der vorher zumindest einen Tag dort testen konnte, fuhr voraus um mir die Linie zu zeigen. Das klappte recht gut und ich kam zügig auf brauchbare Rundenzeiten von 1.40. In den insgesamt drei freien Trainings, bei denen ich nur gebrauchte aber gute Reifen nutze, kam ich besser und besser zurecht und beendete den Tag mit einer zufriedenstellenden 1.37.9. Die recht locker gefahrene Zeit stimmte mich zuversichtlich für die samstätigen Zeittrainings. Ich bereitete das Motorrad vor bestückte es mit neuen Pirellis, zumindest hinten. Vorne montierte ich einen 13 Runden alten SC2 für das erste Qualy.
Samstag Morgen war es dann soweit. Die Qualifikationstrainings zu den Rennen. Das erste Qualy fand recht früh statt. Ich ging stark davon aus, dass im zweiten Zeittraining die Zeiten purzeln, da dies um 13.00 Uhr angesetzt war. Deshalb die Entscheidung, vorn gebraucht, hinten neu. Schließlich haben wir „nur“ acht Reifen für Samstag/Sonntag. Dies Vorweg, die brauchte ich aber nicht und schonte meinen Geldbeutel. Ich verließ als einer der Ersten die Boxengasse und begab mich auf die Strecke. Wie üblich nutze ich die Outlap um den Reifen ein zu fahren. In der ersten fliegenden Runde wurde ich leider am Anfang etwas aufgehalten. Von wem? Markus Reiterberger, der seine Bremsbeläge einfuhr, wie er mir später erzählte. Aber als er etwas am Gas zog, war er schwupps weg. In der zweiten Runde wollte ich gleich mal ausloten, was mit einem neuen Hinterreifen möglich ist. Raus auf die Start/Ziel und frühest möglich den Gashahn gespannt. Ich flog die Gerade herunter und bremste auf die erste Links zu. Ziemlich genau im Scheitel geschah es dann. Ganz unvermittelt wanderte mein Vorderrad nach außen. Ich versuchte mit dem Knie dagegen zu steuern was aber misslang. Da ich dort eh in maximaler Schräglage war fiel ich natürlich nicht mehr weit. Ich rutschte sauber auf Schulter und Oberarm Richtung Kiesbett und vernichtete gottlob bis dahin genug Energie. Ich hatte also glücklicherweise nicht eine Schramme, lediglich die Lederkombi sah nun ordentlich benutzt aus. Auch das Motorrad rutschte nur auf der linken Seite und überschlug sich nicht. Der Schaden war überschaubar. Fußraste angeschliffen und leicht verbogen, Verkleidung in Fetzen und Schaltautomat gebrochen. Dank Werner Daemen, der mir einen neuen aushändigte, war das Problem aber schnell gelöst. Ein Hoch auf den Erfinder des Racetapes, der es mir ermöglichte die Verkleidung einigermaßen in seine Ursprungsform zurück zu bringen. Sorgen machte mir lediglich das leicht schief stehende Rad, also die Gabel. Das war aber zu der Zeit nicht lösbar und ich mußte damit leben. Danke helfender Hände von Mark, Enno und den anderen Boxenmitbewohnern war die BMW kurz vorm zweiten Qualy wieder einsatzbereit, diesmal mit neuem Vorderreifen.
Bereits in der Boxenausfahrt bemerkte ich, dass der Schaltautomat nicht geht. Wie sich später herausstellte, war der Kupplungsschalter am Lenker lose. Wenn man jedoch einen Schaltautomat gewohnt ist, fährt man wie der erste Mensch. Erstens ist es enorm anstrengend und zweitens vergisst man des Öfteren zu schalten. Ich war extrem irritiert und dadurch auch unkonzentriert. Nach wenigen Runden fuhr ich in die Box und schaute auf den Zeitenmonitor. Ich fuhr lediglich eine 1.37.7 und stand auf den 26. Platz. Der Blick auf die Zeiten meiner Kontrahenten vor mir zeigte eine Lücke von etwa einer Sekunde. Die eine Sekunde wäre vielleicht drin gewesen, aber selbst wenn, wäre ich nur eine Startreihe weiter vorn gestanden. Wenn, dann hätte ich zwei Sekunden draufpacken müssen, und das war nicht drin. Deshalb beschloß ich das Zeittraining frühzeitig zu beenden und den Schaltautomat wieder in Gang zu bekommen.
Bevor es am Sonntag in die Rennen ging stand nochmal ein 10 Minütiges Warm-Up auf dem Programm. Dies nutze ich zum Test des Schaltautomaten und einer anderen Übersetzung. Beides funktionierte und ich beendete das Warm-Up als souveräner Letzter
Um Mittag stand dann das erste Rennen auf dem Programm. Dank neuer Kupplung konnte ich nun auch ohne Rupfen anfahren. Dank des professionellen Starterfeldes geht hier alles recht schnell. Die Plätze nach der Aufwärmrunde waren schnell bezogen. Die Ampel sprang auf rot, die Motoren heulten auf. Als das rote Licht erlosch katapultierte mich meine BMW nach vorn. Ich zog nach Außen um den Stau im Kurveninneren aus dem Weg zu gehen. Dies war genau die richtige Taktik. Ich konnte so an einigen Mitstreitern vorbeigehen. Im Kurvenausgang stürzte dann leider ein SBK Fahrer. Ich kam aber sehr gut dran vorbei und gewann weitere Plätze. Durch den ein oder anderen Ausfall kam ich nach der zweiten Runde als Gesamt 16. über Start/Ziel. Mit 1.37.0 fuhr ich auch gleich in der ersten fliegenden Runde meine Bestzeit. Leider konnte ich diese aber nicht mehr toppen. Ich versuchte meinen Kollegen zu folgen was auch recht gut gelang. Im Laufe der Runden kamen jedoch die ersten Fahrer, die ich am Start noch überholt hatte, an mir vorbei. Trotzdem war ich für meine Verhältnisse sehr gut platziert. Gegen Mitte des Rennens machte ich dann wohl einen psychologischen Fehler. Die Strecke ist wirklich anstrengend, darf aber eigentlich kein Problem sein. Ich sah auf Start/Ziel auf die Rundenanzeige und registrierte, dass noch 9 Runden zu fahren seien. Ach Du Kacke dachte ich und gab weiterhin mein Bestes. Aber genau ab dem Moment kam irgendwie der Wurm rein. Zwar fuhr ich zunächst weiterhin 37er Zeiten, aber noch verkrampfter als sonst. Zu dem Zeitpunkt konnte ich immerhin dem Vizemeister des R6-Cups, Ville Valtonen, gut folgen. Doch dann kam das berühmte Arm-Pump. Mein rechter Unterarm machte immer weiter zu. Nun begann es echt anstrengend zu werden und dementsprechend auch langsam. Meine Rundenzeiten sackten auf 1.40 ab. So ein Mist dachte ich mir, dieses Problem hatte ich schon seit Jahren nicht mehr. Schließlich wurde ich sogar von den beiden Ducati Fahrern überrundet. Aber diesmal war ich sogar froh, denn so mußte ich eine Runde weniger fahren. Ich wurde dann als Gesamt 19. Und 11. Meiner Klasse abgewinkt. Und ich war selten so froh eine Zellflagge gesehen zu haben.
Das zweite Rennen ca. 3 Stunden später stand somit auf keinem guten Stern. Ich versuchte meinen Arm zu kühlen und wieder in Bewegung zu bekommen, aber in so kurzer Zeit war dies kaum möglich. Klar unter dem Moto „dabei sein ist Alles“ rollte ich wieder auf meinen Startplatz. Diesmal gelang der Start nicht so gut, aber noch ok. Leider stürzte dann Dominik Vincon und ich mußte seinem fliegenden Motorrad ausweichen. Ab da war ich Letzter. Na super. Von nun an galt die Devise, so viele Plätze wie möglich gut zu machen, aber gleichzeitig den Arm zu schonen um überhaupt über die Runden zu kommen. Dies gelang recht gut. Einige Kollegen verabschiedeten sich leider durch Sturz, den ein oder anderen Gegner konnte ich überholen. Als dann kur vor Schluß wieder die Spitze vorbeiflog rutschte leider wieder ein Kontrahent durch, den ich auch nicht mehr zurücküberhole konnte. Nach wieder sehr anstrengenden 16 Runden wurde ich als Gesamt 20. Und 9. In meiner Klasse abgewinkt.
Auch wenn der Sturz und die Resultate nicht für ein erfolgreiches Wochenende sprechen, so hab ich es nicht bereut und es hat wieder irrsinnig Spaß gemacht. Darüberhinaus habe ich mich durch Konstanz auf den neunten Platz in der Gesamtwertung verbessert„
Playing with the big boys“ ist für mich einfach das höchste der Gefühle in Sachen Motorradrennsport. Jetzt freu ich mich auf Oschersleben in 3 Wochen, wo die Läufe fünf und sechs der diesjährigen Superbike*IDM stattfinden.
Verfolgen könnt ihr das via Livetiming auf der offiziellen Homepage der IDM, http://www.superbike-idm.de, oder mittel der neu geschaffenen IDM App.
Bis bald,
Chris
2. Event der Superbike*IDM in Zolder vom 30.05. – 01.06.2014
Infos zu und mit Veranstaltern, aber auch zu anderen Themen,
über die es sich lohnt zu sprechen!
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- Chris Offline
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Gut und interessant geschrieben Chris.
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........ich dachte der baumi fährt mit ?Chris hat geschrieben: ......... leider allein gen Norden.
In der Kurve kann jeder schnell fahren, auf der Geraden, da brauchst Du Leistung !
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Sehr schön geschrieben! Es glaubt mir ja nie einer wie geil Zolder ist! 

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schöner Bericht !!
genau das ist die Einstellung, die leider immer mehr verlohren geht......
da gibt es hunderte von Fahrern, die mit riesigem Aufwand lieber Runde um Runde im Kreis fahren und sich nie bei einem Rennen an den Start begeben.....
die wissen garnicht was ihnen entgeht, egal auf welchem Platz man ankommt !
RESPEKT !!Chris hat geschrieben:„Playing with the big boys“ ist für mich einfach das höchste der Gefühle in Sachen Motorradrennsport.
genau das ist die Einstellung, die leider immer mehr verlohren geht......
da gibt es hunderte von Fahrern, die mit riesigem Aufwand lieber Runde um Runde im Kreis fahren und sich nie bei einem Rennen an den Start begeben.....
die wissen garnicht was ihnen entgeht, egal auf welchem Platz man ankommt !
- as Offline
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Cooler Bericht. Gut gemacht!
......die einen betreiben Rennsport- die anderen reden nur darüber.....
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- Maxl46 Offline
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Schön geschrieben! Weiter so!
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