

@frank
dein nervöser Unterleib ist ja schon bekannt, schließlich bist du während der Übertragung eines Mopedrennens eingeschlafen, wenn ich mich recht entsinne...



Part IV:
Als die Ampel erlosch reagierte ich gewohnt früh, ließ die Kupplung sanft kommen und öffnete die Drosselklappen immer mehr. Die Meute flog auf die Schikane zu. Bis auf den Start im letzten Rennen in Ungarn war ich bis jetzt immer gut losgekommen und machte mir nie größere Gedanken über Drehzahl, Einkuppelgeschwinigkeit und sonstige Kleinigkeiten, ich fuhr einfach nach Gefühl so gut es ging los. Zumindest diesmal klappte das auch wieder hervorragend. Es sollte mein letzter guter Start an dem Wochenende bleiben, aber davon ahnte ich noch nix... Ich sortierte mich an 6. Stelle der Perlenschnur ein und wir flogen durch die schnelle Links. Völlig selbstverständlich entdeckte ich das rote Heck von Ralf zwei Plätze vor mir, er war mal wieder phänomenal gestartet und ich freute mich auf ein paar geschmeidige Runden mit ihm. So ging es in die ersten Kurven und ich quetsche mich irgendwo an dem vor mir fahrenden Pillemann vorbei, so dass ich direkt hinter Ralf war. Ich war mir recht sicher, dass er im Augenblick noch nicht seine 37er Zeiten gehen konnte und malte mir gute Chancen aus, ihn diesmal wegschnupfen zu können. Ich begann seine Linie zu studieren, um eine Möglichkeit zu finden, den finalen Herbrennschlag anzusetzen. Ich bin dabei aber leider die Obermemme und studiere am liebsten mehrere Runden die Fahrt des Mitstreiters, um auch wirklich die beste Ecke zum Herbrennen zu finden. Wie nicht anders zu erwarten, wurden die albernen Säcke hinter mir ungeduldig wie die besagten Hausfrauen beim Aldi und drängelten sich rein. Es war der von mir bis jetzt als gottähnlich angesehene Michael D. auf einer frisch geschlüpften R1 und ein unbekannter Pillemann auf einer silbernen K3. Ich erstarrte regelmäßig in Ehrfurcht, wenn ich auch nur näher als 5 Meter an Michael dran war, egal ob auf oder neben der Strecke. Überall, wo dieser Mensch auftauchte, gewann er oder fuhr mindestens aufs Treppchen. Ich erwartete daher, dass er zügig aus meiner Sichtweite entschwand. Zunächst musste er aber an Ralf vorbei und ritt ein Manöver, das ich seiner nicht für würdig empfand. Er hielt brutal rein und Ralf konnte gerade so einen Sturz verhindern. Das war definitiv ein überflüssiges Manöver und sein Ansehen bei mir bekam erste Risse. Wie auch immer, Mister silberne K3 wollte aufgrund der heftigen Kurskorrekturen von Ralf auch gleich durch, aber auch dass konnte nicht gut gehen. Die Linien der beiden kreuzten sich und die Mopeds tauschten Lackproben ihrer Verkleidungen aus. Die beiden schauten sich recht verdutzt an, ich nahm erstmal sicherheitshalber Gas raus. Mister silberne K3 machte aber eine mehr oder weniger entschuldigende Handbewegung und sortierte sich dann vor Ralf ein. War ja noch mal gutgegangen. Um nicht noch mehr nervösen Hausfrauen im Weg zu stehen, nahm ich mir ein Herz und bremste Ralf Ende der Gegengeraden klassisch aus. Der Weg nach vorn war frei und ich driftete alleine über die Buckelpiste von Most. Nach ein paar Runden lief ich immer mehr auf eine schwarze R1 auf. Ich musste mehrmals hinschauen aber es war definitiv Michael D.! Ich war perplex. Wir befanden uns in einem Sprintrennen, meine Kondition tendierte seit mind. 5 Stunden gegen Null und trotzdem kam ich, der kleine dicke Hajo, näher ran. Cool! Ich verspürte eine geringfügige Freude unter meinem Haupthaar und hatte ein minimales Grinsen auf meinen schmeichelhaften Lippen. Prompt verpasste ich einen Bremspunkt und bekam gerade noch so die sprichwörtliche Kurve! Es war aber eindeutig, dass ich im gesamten Kurvengeschlängel Meter um Meter vom Abstand abfeilte. Ich schaute auf mein digitales Rundenmessgerät und sah, wie es ganz aufgeregt eine tiefe 38er Zeit anzeigte. Neuer persönlicher Rekord, toll! Da ich das kleine Helferlein so eingestellt hatte, dass es die jeweils letzte Runde anzeigte, frohlockte ich umso mehr. Zum ersten hatte ich einen Bremspunkt verpasst, zum zweiten war ich unterirdisch schlecht auf die Zielgerade gekommen. Meine anvisierte 37er Zeit war also quasi schon Geschichte, aber eben nur quasi... Ich flog in der nächsten Runde Ende der Gegengeraden in die Doppelrechts, legte mich schräg wie Karl Dall in die Kurve und feuerte meine kleine Weggefährtin auf die Start/Zielgerade. Komischerweise hatte Herr D. zwischen Eingang und Ausgang der Doppelrechts wieder mind. 20 Meter gewonnen. Scheißendreck! In der nächsten Runde wiederholte sich das Spiel und ich konnte nicht verleugnen, dass ich in der Doppelrechts abartig viel Zeit liegen lassen musste. Einzige Alternative war, das Herr D. der Auserwählte war und die Matrix nach seinen Wünschen verschob, das kam mir dann aber doch ein wenig weit hergeholt vor. Da meine Kondition mittlerweile den Nullpunkt komplett durchschlagen hatte, drehte ich mich erstmal um, um etwaige herannahende Katastrophen zu sehen. Zum Glück hatte es sich niemand in meinem Hintern gemütlich gemacht. Da ich nichts mehr hinzuzusetzen hatte, begnügte ich mich damit, meinen Platz ins Ziel zu retten und erfreute mich den Rest des Rennens an meiner 38er Zeit und der Erkenntnis, dass auch Herr D. nur mit Wasser kochte. Endlich wedelte Robert mit der karierten Flagge und ich genoß die Auslaufrunde in vollen Zügen. Das Leben war schön...