Am Samstag war herrlichstes Wetter angesagt! Nachdem am Morgen nichts Weltbewegendes mehr auf der Agenda stand, schlief ich ein wenig länger, und hing nach dem Frühstück mit Lenzer und Metallica-Penz in Box 4 rum. Wir beschlossen, im freien Training mal im Dreierpack rauszufahren und den Ungläubigen den Wheelie zu bringen. Das würde ein Spaß werden...
Ich wollte die Reifen der R1 am Morgen noch schonen, weil um 13 Uhr der 1. Lauf angesetzt war, und so fuhr ich nur noch einen Turn zum Einrollen vor dem Rennen.
Um 13.15 Uhr wurde die Yamselmeute dann (wegen einer Ölspur leicht verspätet) in die Einführungsrunde geschickt, und es war ein Wunder, dass nicht 5-8 weitere Zünder dem Club der Entry-Lap-Stürzer beitraten.
Mitten in der Anflug- bzw. Anbremszone zur ersten Schikane befand sich nämlich ein ca. 5 m breiter, nasser Streifen. Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaas ist das denn?, dachte ich noch so bei mir, als ich zum ersten Mal darauf zuschoss. Micha hatte wohl erwähnt, dass irgendwo eine Ölspur gewesen sei, aber er hatte nicht gewusst, dass diese mit einem H2O-Gerät entfernt worden war. Ok, ich war ja flexibel, also bremste ich die R1 vor dem Umlegen auf ca. 34 km/h runter, und schwuchtelte dann über die nasse Stelle.
Mein erster Gedanke war, dass mein Bruder Freens sich jetzt mörderisch aufregen würde, weil er extra für den Lauf noch einen neuen Satz Reifen aufgezogen hatte, um eine jenseitige Zeit in den Teer zu brennen. Diese alberne Pfütze würde mind. 1,5 bis 2 sek pro Runde kosten...
Nun denn, wir waren ja schließlich nicht zum Spaß hier, also mussten wir uns mit den Gegebenheiten abfinden.
Der hässlichste aller Flaggenschwenker hatte seinen kindischen Blinkgürtel aus dem Lauf zur Hackfressen-WM wieder abgelegt. Sein unikatöses „Tod dem Antizünd“-T-Shirt war wahrscheinlich, wie meine einzige Jeans, auch voller Senfflecken, und war einem schwarzen Shört gewichen. Trotzdem war sein Anblick immer noch schlimmer als ein Cunnilingusakt mit Angela Merkel (ist die eigentlich verwandt mit Fred Merkel???).
Er schwenkte die roten Flaggen und rannte durch die Reihen. Mein „Probestart“ war komplett farciös - die Kupplung griff erst nach gefühlten 4,5 sek richtig zu, und die anderen waren schon weit entschwunden, als ich mal richtig in Fahrt kam. Das war also der Fluch eines gebrauchten Motors.
Egal, dann würde ich eben beim richtigen Start weniger Gas geben, und dann im Brötchenholmodus alle überraschen.
Da ich zu jenem Zeitpunkt noch nichts von Cobras und Reaktionszeiten im infiniten Bereich wusste, schien mir dieser Plan genial.
Der übelriechende Lenzer stand links neben mir und zeigte mir den Mittelfinger seiner rechten Klaue. Ich entgegnete dasselbe und starrte auf die Ampel. Sie wurde rot.
Als die rote Ampel ausging, fuhr ich langsam los. Die Kupplung fand aber auch bei diesem Schwuchtelstart keinen rechten Grip und so sah ich die Menschen vor und neben mir langsam wegziehen. Zudem flogen noch ein paar Andere an mir vorbei, die hinter mir gestanden hatten. Eine Farce.
Naja, egal. Hier ging es für mich eh nur noch um Eines - um die Zerwheelung des Senfmonsters Lenzer in der Auslaufrunde!! Ich durfte ihn nur nicht zu weit wegfahren lassen, damit ich ihn auf der Bergaufgeraden nach der ersten Rechts gleich herwheelen konnte.
Anfangs sah ich die blau-weiße R1 von Lenzman noch ca. 100 m vor mir, aber dann ging mir die R1 zwei mal auf dem nassen Streifen übers Vorderrad weg, woraufhin ich mich entschloss, fortan nur noch locker zu cruisen und zu wheelen, um mich dann nach der Zieldurchfahrt auf mein Beutetier zu stürzen.
Einzig der abgrundtief abominable Reidi überholte mich noch ca. 2 Runden vor Schluss. Ich hätte ihn natürlich mühelos wieder zerwemsen können, aber ich besann mich darauf, dass ich im Grunde meines Herzens ein guter Mensch war. Dieser Mann hatte schon zu viel Leid und Schmerzen ertragen müssen - jeden Morgen wenn er in den Spiegel schaute.
In der letzten Runde fuhr ich fast nur noch auf dem Hinterrad, und der Zielwheelie wurde bis in den 6. Gang zelebriert. Wenn die Gerade länger gewesen wäre dann hätte ich mit diesem PS-Monster sicher über 270 erreicht. Ich setzte das Vorderrad aber vor dem 100er-Schild wieder ab und hoffte, dass es dem Nasenbohrer nicht eingefallen war, dass er evtl. die Auslaufrunde des R1-Cups noch als Fahrzeit nutzen und mich beim Einlenken abschießen könnte.
Zum Glück hatte ich einen Underseat-Arrow, den würde er mit seiner kleinen SV kaum zertrümmern können...
Wie vermutet lauerte der Lenz hinter der ersten Rechts auf mich. Er dachte immer noch, dass er beim Speedwheelen eine Chance gegen mich hätte! Was für ein NARR!!!!
Ich setzte mich schräg rechts hinter ihn, warf ihm meinen sicherheitshalber mitgebrachten Fehdehandschuh vors Vorderrad (es war ein alter Held aus meinen Jugendjahren) und forderte ihn so zum Duell. Duellieren konnten und durften sich seit jeher nur Männer von Stand, also diejenigen, die Waffen tragen durften. Bürger, Bauern, Arbeiter und Handwerker zählten nicht dazu.
Ich ließ Lenzer den Vortritt und somit die Chance, mit einem gekonnt und schnell vorgetragenen Wheelie einen Vorsprung herauszufahren. Er nutzte diesen Vorteil aber nicht zu seinen Gunsten, und so konnte ich ihn nach der Hälfte der Geraden mühelos zerwheelen.
Ich konnte förmlich hören wie sein Wille und sein Lebensmut zerbrachen, als ich mit wehendem Vorderrad an ihm vorbeizog.
Nach der ersten Schikane bot sich noch einmal dasselbe Bild. Lenzer zog seine R1 hoch, war aber nicht schnell genug, und so konnte ich ihn wiederum gnadenlos herwheelen. Als ich ihn überholte, blickte ich überlegen nach links, und sah dicke Krokodilstränen an seinen Wangen herabkullern. Irgendwie tat er mir ja schon ein bisschen leid.... aber nur ein bisschen. Im Omega wiegte ich ihn dann kurz in Sicherheit, nur um es ihm auf der Bergabgeraden nochmal fett zu besorgen. Ich fragte mich, wie viel Schmach dieser kleine ostdeutsche Mann aushalten konnte. Im Bergaufstück holte er nochmal alles aus seinen Schläuchen, aber wieder nützte es ihm nichts - problemlos konnte ich ihm mein Vorderrad in sein waidwundes Herz rammen und ihn noch einmal zerwheelen. In der Box setzte er seinen Helm erst nach 10 Minuten ab. Er hatte wohl Angst dass die Anderen seine Tränen sehen würden...
Ich erfuhr dass Langmann und Einzmann an der Spitze (trotz des nassen Teils!) tiefe 2:11-er Zeiten gefahren waren! Naja, da hätt ich eh nicht mitspielen können, aber ich hoffte immer noch auf Regen für Sonntag - dann würd ich den verrückten Ösis zeigen wo der Schwabe den Most holt, hehe.
Ich versuchte den Rest des Nachmittags nochmal, ein 14er- Ritzel für die Blade aufzutreiben, weil um 17.30 Uhr Zeittraining angesagt war, und Jens aufgrund einer kaputten Kupplung nicht würde fahren können.
Als ich keins fand, beschloss ich, vorne wieder das originale 16er draufzuhauen. Theoretisch müsste das auch funktionieren. Ich müsste dann eben die meisten Kurven im 2. Gang fahren statt im 3..
Also baute ich das Ritzel ein. Mann mann, was für ein Aufwand da bei der Honda betrieben werden musste! Bei meiner KTM dauerte ein Ritzelwechsel vielleicht 10 Minuten, bei der Blade brauchte ich über eine Stunde.
Hoemkeman kam noch vorbei und sagte, wir müssten unbedingt im freien Training vor dem GEC-Zeittraining nochmal zusammen zünden, aber da ich erst 5 Minuten vor halb sechs mit Schrauben fertig war, wurde daraus erstmal nichts mehr.
Ich fuhr mit kalten Dunloppen raus, und hatte trotz Mega-Schwuchtel-Modus in den ersten beiden Runden ein paar heftige Rutscher. Es wird Zeit dass ich mir mal Reifenwärmer hole.
Die Übersetzung passte einigermaßen, aber ich wünschte mir inständig ein 14er-Ritzel.
Zum Glück war die Sitzposition auf der Blade jetzt angenehmer als auf der R1 - das fühlte sich für einen Dachrinnensäufer wie mich gleich viel besser an mit den hohen, nach außen gedrehten Böckers-Stummeln - Supermoto-Wemsen war angesagt.
Ich besann mich aber dann darauf, mich und die Bremsbeläge für die 4h zu schonen, da ich keine neuen mehr kaufen wollte, und ich den Satz schon beim 6h-Bördesprint an Pfingsten gefahren war, wo ich die Blade das letzte Mal pilotiert hatte.
So fuhr ich nur eine Pillemannrunde und kam dann wieder rein, so dass wir wenigstens nicht von ganz hinten starten mussten. Ich hoffte insgeheim auf Startplatz 34, aber ich war ein bißchen zu schnell, und so landeten wir auf 30.
Nico, Alex, Pivo, Uwe, Jo, Nasenbohrer, MD, Lenzer, Reidi, Freens, Dude, Roland, Socken, Nofear, Chris und Torte mit Anhang (hier muss ich die Frage noch einmal stellen: WO ZUR HÖLLE FINDEN SOLCHE FRATZEN SOLCHE FRAUEN??????????) und meinereiner schafften es noch vor der Siegerehrung, einen Kompanievorrat an Korea zu vernichten, und als wir dann gegen 20 Uhr im Restaurace ankamen, waren wir mit guter Laune vollgepackt bis obenhin.
Gegen 21.34 Uhr begann dann pünktlich die Siegerehrung, und MD erklärte irgendwann, dass er leider beim 4h-Rennen am Sonntag nicht dabei sein könne, weil er nach Hockenheim weiterziehen müsse. Daraufhin erhob sich allenthalben Gemurmel - nur ICH konnte mich mal wieder nicht bremsen und musste klatschen. Außer MD fanden es alle Anwesenden witzig.
Ich bekam für den grandiosen Sieg in der Gaststarterwertung einen Staubfänger und füllte ihn sogleich mit Korea.
Der Höhepunkt war natürlich die Siegerehrung der Hackfressen-Weltmeisterschaft!
Zwar standen mit Uwe und Roland bei weitem nicht die Hässlichsten auf dem Podest, aber die Schnellsten (Sieger Metallica-Penz war leider schon abgereist).
Unser Cobra-Methusalem erntete für seinen brillanten Start wahre Beifallssalven, und als dann auch noch das tschechische Staatsballett unter der Leitung von Thomas Thieme die Bühne betrat, da sah man sabbernde Zünder allenthalben.
Uns vernünftigen Menschen aus der Hackfressendoppelbox war die Zurschaustellung von so viel nackter Haut natürlich zuwider, und so widmeten wir uns weiterhin der Vertilgung von Rotweinmischungen.
Zu späterer Stunde wandelten wir zurück in die Doppelbox und zogen dort weiter am Kabel.
Die Lustigkeit war kaum noch zu überbieten.
Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, an jenem Abend WIRKLICH früh zu Bette zu gehen, weil am Sonntag um 11 der 2. Lauf zum R1-Cup auf dem Programm stand, und um 2 sollte das 4h-Rennen mit den JOS-Stars Jens und Bundy beginnen.
Ich glaube es war Alex (oder MD), der mich dazu überredete, noch in Box 5 mitzukommen, wo ein lustiger DJ recht gute Mucke machte.
Okee, dachte ich mir, was soll schon passieren, und folgte den anderen.
Kaum waren wir in Box 5 angekommen, schlug ein Menschling mit einem Hammer auf ein abgedecktes Motorrad der Marke Suzuki ein. Verkleidung und Tank trugen erhebliche Dellen davon. Ich wähnte mich in einer Folge von „Verstehen sie Spaß“, und fand es selbst auch recht spaßig.
Der Fahrer des Gefährts erklärte mir später, das Mopped gehöre wohl ihm, aber der Hammerschläger sei der Eigentümer sämtlicher Plastikteile, und habe somit das Recht, diese in der ihm gefälligen Art und Weise zu formen. Hehe, hier gefiel es mir.
Ich tratschte mit Alex, als zu späterer Stunde plötzlich Lars-Rolf, MD und weitere Fratzen anfingen, mit zufällig herumstehenden Fahrrädern und Stahlrohrgestellen Luftgitarre zu spielen. Bald fanden sie auch noch einen Bassisten und einen Sänger.
Ich wollte diese Spitzenband nicht im Regen stehen lassen und improvisierte aus den Reifen von Thomas Hoemke und 2 leeren Plastik-Colaflaschen ein hervorragendes Schlagzeug.
Es ging brutalst ab, und wir spielten alles von AC/DC bis ZZ-Top. Die Frauen in der Box kreischten und bejubelten uns Rockstars!!
Wir müssen wohl ziemlich lange gespielt haben, denn irgendwann spürte ich, dass ich von den Colaflaschen ziemlich große Blasen an beiden Daumen bekommen hatte.
Ich hörte auf und setzte mich wieder an den Tisch zu meinem treuen Koreabecher, aber 3 Songs später kam Fratze MD schon wieder zu mir und sagte, dass sie diesen Song (ich glaube es war wieder AC/DC) unmöglich ohne Schlagzeuger performen könnten.
Ich wurde weich und setzte mich nochmal für ne Stunde an den Drumkit.
So ging die Zeit vorbei, und ich war froh, dass ich um halb sechs doch noch relativ früh ins Bett kam....
Bundy hat geschrieben:Ich setzte das Vorderrad aber vor dem 100er-Schild wieder ab und hoffte, dass es dem Nasenbohrer nicht eingefallen war, dass er evtl. die Auslaufrunde des R1-Cups noch als Fahrzeit nutzen und mich beim Einlenken abschießen könnte.
Zum Glück hatte ich einen Underseat-Arrow, den würde er mit seiner kleinen SV kaum zertrümmern können...
"Lieber fünf Minuten lang zu vorsichtig, als ein Leben lang tot." (Ernst Strömel)
hehe - den hammermann hätte ich auch gerne gesehen...
war ich schwuchtel da schon wieder ins bett gegangen?
dass die anderen das immer so lange aushalten und dann am nächsten tang trotzdem aufzünden können, kann ich mir nur dadurch erklären, dass die die ganze zeit einfach nichts trinken...
Falls ein nicht Augenzeuge den ganzen Dünnschiss von Bundy als erstunken und erlogen halten sollte (wie ich es wohl auch hätte), dann soll er zum nächsten Lauf der Hackfressen WM mitkommen.
Die Szenen, die sich vor meinem Auge abspielten hätte ich ohne die ein oder andere Galone Rotweinverscnitt mit koffeinhaltiger Brause nicht ertragen...
the black ball lightning #68
Seit 2009 Rennrente, jetzt wird nur noch zum Spaß gefahren.
Schauen was da noch kommen mag....
Vorbereitung auf neue/ alte Ziele.....
Aufwachen, frühstücken und ankleiden verliefen an jenem Sonntag nach altbewährtem Muster, und gegen 9 fing es an zu regnen.
Yeah, das war sehr koreativ! Früher hätte ich mich flennend in den Bus zurückgezogen und geschmollt, heute freute ich mich über das Nass von oben. Cooles Gefühl....
Ich war bei der Speedweek im August mein erstes Regentraining gefahren und war völlig hin und weg gewesen von der Performance der Bridgestone-Regenreifen. Einfach unglaublich was da ging!
Jetzt hoffte ich, mit den Dunlops ähnlich fahren zu können.
Lars-Rolf kam um 10 zu mir und fragte mich, ob ich überhaupt im Regen fahren wolle. Ich entgegnete: Ja.
Ok, dann würde er schnell Regenreifen aufziehen. Was für ein Service - ich legt mich wieder zu meinen Boxenludern auf die Matratze und harrte der Dinge, die da kommen würden.
Ich schaffte es leider nicht mehr, zu einem Testturn rauszufahren, und so musste ich mir das Regenfahren mit der R1 im Rennen beibringen.
Bevor ich rausfuhr, demonstrierte ich Nico noch schnell die tolle Wirkungsweise meiner Antifog-Visierfolie. Nach der Einführungsrunde merkte ich aber leider, dass diese irgendwie kaputt, oder alt, oder beides, sein musste, denn ich war nahezu blind.
Der Start klappte diesmal ganz gut, aber es gestaltete sich recht schwierig, im Nebel in die Kurven einzulenken. Teilweise fuhr ich mit offenem Visier, aber das tat dann auf Dauer doch ziemlich in den Augen weh. Trotzdem konnte ich die meisten Anderen (inklusive Lenzer!) hinter mir halten, weil ich trotz der miserablen Sicht meinen Spaß hatte bei den Bedingungen.
Ich war mir sicher, dass ich ohne Nebel mit den Schnellsten hätte mithalten können, aber vielleicht war es ja besser so - so konnte ich schon nicht in den Titelkampf eingreifen, der zwischen Langmann und Einzmann immer noch am laufen war. Da sich hinter mir keine Menschenseele mehr befand, beschränkte ich mich in den letzten Runden auf lustige Wheelies, welche ich im Regen bislang auch eher selten produzieren konnte.
Ich glaube ich war am Ende Gesamtfünfter, und ich konnte es mir nicht verkneifen, in der Boxengasse noch einen kleinen Burnout zu zelebrieren.
Die Siegerehrung hab ich leider verpasst, weil ich meine Blade noch mit gebrauchten Dunlop-Regenreifen besohlen lassen musste, die ich Jens abgekauft habe, weil ich großes Vertrauen in seine Reifenkenntnisse setzte.
Jens teilte mit leider irgendwann mit, dass er es bei diesen Bedingungen nicht riskieren wolle, seine neuen Errungenschaft, die Ex-Schulten-WM-Blade, zu nicolarisieren. Dafür hatte ich vollstes Verständnis und fragte meinen Bruder und Beichtvater Freens, ob er für Jens einspringen wolle. Seine R1 war eh vom letzten Sturz noch sehr lädiert. So konnte ihm eigentlich alles egal sein. Er sah nur noch ein Problem darin, rechtzeitig Regenreifen drauf zu kriegen, und sein Federbein musste er auch noch umstecken.
Also teilte ich der Rennleitung um thth mit, dass das Team JOS-Motorsport als Ersatzfahrer Herrn Freens nominiert hatte, und dass Jens fortan als Regenschwuchtel zu titulieren wäre.
Keks, Freens Freundin, gab mir vor dem Rennen noch so ein Antibeschlagmittel, und ich hoffte, dass es wirken würde, ansonsten wäre das Rennen für mich bald vorbei.
Um 14 Uhr fuhr ich dann mit meiner treuen Blade in die nasse Kälte hinaus und machte einen auf Startfahrer. Beim ersten Probe-Le-Mans-Start ging noch alles gut - die Blade sprang sofort an, obwohl die Batterie ziemlich leer war (wegen des Auftritts der Band hatten wir vergessen, sie zu laden), und die Reifen fühlten sich auf der ersten Runde ebenfalls sehr gut an.
Mein Visier beschlug überhaupt nicht mehr, und ich dankte dem Keks für das Zaubermittel.
Der Start verzögerte sich noch um ein paar Minuten, weil an manchen Stellen Sprit oder Öl auf der nassen Strecke zu sehen war, aber ein Check an allen Moppeds brachte keine Erkenntnis, woher die Soße kam, und so starteten wir gegen 14.05 Uhr.
Ich rannte über die Zielgerade, setzte mich auf die Blade, drückte den Anlasserknopf, nix. Nochmal drücken, nix. Auch beim dritten und vierten Mal tat sich nix, und ich wollte meinen Privatschweizer schon dazu anhalten, mich anzuschieben, als der Motor doch noch ansprang. Ich war jetzt vielleicht Fünftletzter, weil immer noch ein paar andere Motorräder an ihren Startplätzen standen, aber ich flog mit den Dunloppen durch den Regen und hatte schon in den ersten Runden einen Riesenspaß! Es war schlicht unfassbar, was mit diesen Reifen möglich war! Ich bremste nicht viel früher als im Trockenen, und auch in den Kurven konnte ich fast volle Schräglage fahren. Ich hielt mich dennoch ein wenig zurück, weil ich mir nicht sicher war, ob die Bremsbeläge die 2 Stunden durchhalten würden, aber nach 2 oder 3 Runden hatte ich alle Anderen überholt und wähnte mich auf dem 1. Platz (was wohl auch so war). Das einzige Problem war, dass ich mit meinem nassen Arsch auf der Seriensitzbank rumrutschte wie ein Pavian auf einem Bananenfriedhof. Es war nicht wirklich angenehm, mein Gewicht immer mit den Armen ausnivellieren zu müssen. Ansonsten hatte ich noch nie in meinem langen Leben so viel Spaß beim Moppedfahren! Es war einfach herrlich....
Ich fuhr, nachdem die Tankwarnleuchte angegangen war, noch 4 Runden, weil ich wusste, dass ich etwa 6 Runden weit kommen würde, und fuhr dann frohen Mutes in die Box. Ich hatte für Freens ein gutes Polster herausgefahren, dessen war ich mir sicher.
Als ich in die Box kam sah ich nirgends die R1 von Freens stehen, und auch sonst tat sich in Box 7 nicht viel.
Perplex bleib ich vor der Box stehen und fragte was los sei. Nach Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, sagte irgendeiner: „Freens fährt nicht. Er hat keine Regenreifen. Hat auch schon eingepackt.“
Uuuups, das war nicht gut. „Naja“, sagte ich, „dann gebt mir halt Sprit, dann fahr ich eben alleine weiter.“ „Sprit ist keiner da“, hallte es mir entgegen. Nein, das konnte nicht sein. Die albernen Pillemänner konnten doch nicht einfach einpacken und dann ohne Sprit im Kanister darauf warten, dass ich reinkomme, nur um mir zu sagen, dass es nicht mehr weitergeht.
Ich konnte es nicht fassen. Weitere Sekunden und Minuten gingen ins Land. Ich stand da und war einfach nur fassungslos. Nein, das konnte es nicht sein! Ich sagte zu Nasenbohrer, er soll ins Auto gehen, meinen Geldbeutel schnappen, und den Kanister voll tanken. Ich würde versuchen, noch 2 Runden zu fahren, und dann nochmal zum Tanken reinkommen.
Völlig verwirrt fuhr ich wieder in den Regen hinaus. Ich war weder Freens noch den anderen böse, aber ich konnte jetzt nicht einfach aufhören! Ich fuhr die zwei Runden, und in der Zweiten fing die Blade nach dem Omega an zu stottern. Im Bergabstück ging sie ganz aus, aber ich warf sie hin und her und so schwappte wohl noch ein bisschen Sprit auf die richtige Seite.
Im Bergaufstück ging sie wieder aus, und diesmal sah ich alle meine Felle davonschwimmen.
Nur noch ein paar Meter, flehte ich sie an, und schüttelte sie wie wild hin und her. Sie sprang nochmal an und mit brüllendem Motor schaffte ich es bis zur Boxenausfahrt, wo sie endgültig verstummte. Ich zog die Kupplung und rollte mit 10 km/h zu Box 7, wo mein treuen Gefolgsmann Nasenbohrer mit dem Kanister stand.
Nun waren wir aber auf einer 2-Mopped-Strategie und hatten nicht mit Nachtankungen gerechnet (eine Schnelltankanlage wäre schön gewesen...), und so improvisierte der Improvisator cerritus aus einer Lidl-Wasserflasche eine kongenialen Einfülltrichter.
Er füllte und füllte den Tank. Mir ging das alles viel zu langsam - mittlerweile waren wieder wertvolle Minuten verstrichen. Ich sagte er solle schneller machen, was ein Fehler war.
Bei der Blade sieht man erst kurz vor Schluss, ob der Tank voll ist.
Ich sah es, und sagte ihm, er soll aufhören. Dies tat er auch sofort, aber die Wasserflasche war noch bis obenhin voll, und der Sprit lief natürlich über. So verteilten sich ca. 1,5 Liter Sprit in der Boxengasse vor Box 7. Egal, ich hatte einen Auftrag zu erfüllen und musste weiter.
Zum 3. Mal fuhr ich raus in den Regen und hatte wieder einen Megaspass. Ich konnte mit Leichtigkeit überholen und wurde selbst nicht ein einziges Mal überholt. Allerdings hatte ich immer noch keine Ahnung, auf welchem Platz ich lag. Hmm, ich hätte ja vorhin mal fragen können, aber das hatte ich in der Hektik vergessen.
Die 2. Stunde war schnell vorbei, und ich kam wieder an die Box. Mittlerweile war mein Gefolgsmann mutterseelenallein. Alle Hackfressen hatten offensichtlich diesen unwirtlichen Ort verlassen. Tja, dann mussten wir da eben alleine durch.
Vor der Box lag jetzt großflächig so etwas wie Sand oder Sägemehl, und davor stand ein Schild mit der Aufschrift „RUTSCHIG!!“. Ich musste kurz schmunzeln, aber dann sagte der Nasenbohrer, ich müsse die zweite 5l-Kanne selbst einfüllen, damit er die erste Kanne wieder mit Sprit füllen könne. Hehe, das war geil. Wir lieferten ein Spitzen-Teamwork ab, und diesmal klappte das Tanken perfekt, ohne einen Tropfen zu verschütten. Das Problem war nur, dass wir jedes Mal 3-5 Minuten verloren, und ich die Hoffnung auf eine gute Platzierung langsam fahren lassen musste.
Auch der dritte Turn lief jedoch hervorragend. Ich hatte nur 1 mal einen Fast-Highsider, als ich mich vor der Bergauf-Schikane an einem Mitmenschen vorbeigebremst hatte, und in der Links zu stark ans Gas ging (war ja auch schwierig zu dosieren mit den patschnassen und eiskalten Händen).
So langsam machten sich gegen Ende des 3. Turns meine Knie bemerkbar, aber beim Fahren spürte ich die Schmerzen nicht wirklich.
Beim letzten Wechsel nach knapp über 3 Stunden vergaß ich wieder, den Nasenbohrer zu fragen, auf welchem Platz wir eigentlich liegen. Und so fuhr ich ein letztes Mal zurück auf diese geile Strecke, und hoffte, dass Mensch und Maschine die letzte Stunde auch noch
überstehen würden.
Nach ca. 10 Minuten des letzten Turns hatte ich dann ein paar heftige Krämpfe in den Oberschenkeln. Ich dachte an Lucio Pivorotti, der beim Karaoke bei der Siegerehrung nach vorne gegangen war und mit allen anderen Zündern „Über den Wolken“ angestimmt hatte (habe leider vergessen, dies in Teil III zu schreiben!).
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal so etwas tun würde, aber ich stimmte wahrhaftig mit vor Kälte zitternden Lippen dieses Lied an, das mir (und wohl allen Anderen auch) wahre Gänsehautschauer über den Rücken gejagt hatte.
„Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen und dann - würd, was hier gross und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“
Dies wurde mein Sermon für die nächsten Runden. Ohne Scheiß, ich brüllte diesen albernen, aber sehr wahren Song in meinen Helm, und nach einer Weile spürte ich keinerlei Krämpfe mehr.
Es ist schon erstaunlich wie das Leben manchmal spielt. Da kann aus einem kleinen Spaß schon mal ein Rettungsanker in der Not werden....
Um 17.59 Uhr passierte ich die Ziellinie zum vermeintlich letzten Mal, und freute mich unbändig, dass ich diese Strapaze durchgestanden hatte! Eine Runde später wheelte ich freudig über die Ziellinie, aber da stand kein MD mit der Zielflagge. Was war passiert? Meine Tanklampe leuchtete schon wieder seit 3 Runden. So ging es dann auch die nächsten beiden Runden. Vielleicht hatte MD in der Spiegel geschaut und hatte einen Herzinfarkt erlitten, ich wusste es nicht. In der folgenden Runde fuhr ich gaaanz langsam auf Start-Ziel, schaute, ob MD endlich da stand (ansonsten hätte ich nämlich nochmal die Box angesteuert zum Nachtanken), und da stand er! Zum ersten Mal erschien er mir hübsch, er war ein Engel mit süßen, kleinen Engelsfers(-)chen.
Ich versuchte noch einen würdigen Zielwheelie zu machen, rutschte aber mit dem nassen Handschuh ab, und fuhr glaub ich zum ersten Mal auf 2 Rädern an einer karierten Flagge vorbei.
In der Auslaufrunde schrie ich mehrfach laut in meinen Helm, dachte an meine aktuellen und meine alten Helden, die hoffentlich jetzt alle da waren, um dies mit mir zu erleben.
Ich fuhr in die Boxengasse, setzte mich auf den Tank, und machte noch einen rolling burnout, als mich ein Offizieller nach rechts winkte, um die Honda abzustellen.
Was, sollte das etwa heißen ich war unter den ersten 3 gelandet???????
Das war doch fast nicht möglich!! Doch als mein treuer Nasenbohrer mit einer Wasserflasche gerannt kam, mich noch nasser spritzte als ich eigentlich war, und ständig „3, 3, 3!!“ schrie, da war mir klar, dass hier gerade etwas Besonderes passiert war.
Ich weiß noch, dass ich mir den Bert Argut hergewünscht habe. Er hatte immer versucht, mich vom Supermoto in den Gebücktenrennsport zu locken, aber wir waren leider nie zusammen gebückt unterwegs gewesen. Ich setzte mich hin, schaute zum Himmel, und war einfach nur glücklich.
Danach gab ich wild zitternd und zähneklappernd noch ein Interview (hoffentlich bekomme ich es nie zu sehen!), ging mit Uwe, Jo, und dem Nasenbohrer zur Siegerehrung, und vernichtete noch ein wenig heißes Fleisch und 2 kleine Koreen.
Ich hoffe dass es nicht mehr lange dauert, bis Hami seine DVD zusammengestellt hat! Ich werd sie mir im Winter jeden Abend reinziehen, dann kommt der Frühling (oder Weihnachten in Almeria...) sicher bald.
Alles in allem war das mein bisher schönstes Wochenende auf der Rennstrecke (na ja, vielleicht auf einer Stufe mit den letzten beiden Speedweeks), und es war einfach nur genial, mit den ganzen Hackfressen blankzuziehen!!!!
Ich hoffe ich sehe euch alle bald wieder!
Bleibt so schön, und denkt immer daran:
„Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen und dann - würd, was hier gross und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“