Bei uns in der Eifel stehen ja auch Starenkästen zu Hauf und nichts macht mehr Spass, als schöne Porträtfotos von Leihmopedxs mit roter Nummer zu machen
Mit 204 im 50er Bereich hat es zumindest für die Zeitung eimal gereicht ... ist aber verjährt
PS
Mittlerweile stehen die Streifenhörnchen oft direkt hinter den Starenkästen um Mopedfahrer rauszufischen
@bremsenix
Ich werds Werner ausrichten, sehe den alten Sack morgen wieder, liegt jetzt schon im Bett
Er hat mich aber beauftragt, seinen nächsten Teil auflinie zu stellen, ist ein kurzer Rückblick vorm finalen Finalteil:
Immer noch erschrocken über die Nummer versucht Werner auf andere Gedanken zu kommen. Ihm fällt der Weinberg ein, groß und mächtig und früher immer eine Reise wert:
[Sonntag, 30.03.2008, irgendwann nachmittags]
Bei einem Tachostand von ca. 70 Meilen, die brav und ohne Verschalter mit max. 5.000 U/min abgespult wurden, tauchte er auf, der Weinberg nahe Bockenem. Süddeutsche Mitbürger würden bei Betrachtung des Hügelchens und dem Begriff Berg zwar eher in epileptisches Gelächter verfallen, aber für den gemeinen Hildesheimer Knieschleifer war die kleine Anhöhe neben dem roten Berg sein ganzer Stolz. Ausgestattet mit exakt neun Kurven, rechnete man die beiden langgezogenen Einflugschneisen hinzu, war es durchaus nicht so einfach, auf Anhieb eine gute Bergwertung zu schaffen. Sich zuziehende Kurven, beidseitige Parkplätze auf der Kuppe, kleinere Flickstellen und ein enger 90°-Winkel, der im ersten Gang genommen werden wollte, forderten volle Konzentration. Nur gut, dass Werner’s wüste Zeit an dieser Stätte schon lange zurücklag. Locker swingend nahm er die bekannten Kurven, fiel nicht auf die sich zuziehende Rechts nach der Kuppe herein, war vor der Zuschauerkurve spät auf der Bremse, und rollte galant ums Eck, immer der Sonne entgegen. Das Knie nicht auf dem Asphalt, ganz brav. An der üblichen Wendestelle standen sie, die R1en, ZX10s und GSXRs. Es schien, dass heute alles draußen war, was laufen konnte. Werner grüßte freundlich und schaute sich nicht um. Er hatte heute eine andere Aufgabe. Der Kumpel, der einige Kilometer weiter wohnte, schien nicht da zu sein. Also neues Ziel ausbaldowern. Auf der rechten Schulter tauchte die diabolische Gertrud auf. „Das Knie war nicht am Boden, du Lusche!“ Werner hörte sie kaum. Weiter ging’s Richtung Braunschweig… „Weichei“…keine wirklich schöne Gegend hier.
Wieder zurück in die andere Richtung, mal schauen, ob Heini zu Hause ist… „alter Sack“…Heini war nicht zu Hause, stimmt ja, der trieb sich an der Küste… „Schisser“…rum. Na, egal, dann eben wieder Richtung Alfeld… „Lusche, Lusche, Lusche“…OKAY, Gertrud, WAS WILLST DU? „Komm, nur einmal, du kannst doch nicht durch den Weinberg gefahren sein, ohne wenigstens einmal das Knie auf dem Boden gehabt zu haben, was sollen die Leute denken?“ „Mich kennt da eh keiner mehr.“ „Na und, mach`s für dich, nur so zum Spaß!“, „Also gut, einmal, dann ist aber Schluss, ist das klar!“
Im sechsten Gang flog Werner mit vorschriftsmäßigen 5000 U/min von der Südseite auf die erste Kurve zu, bremsen, Arsch rüber, Knie raus und rein in die Links. Alles etwas holprig und ungestüm. Die nächsten Kurven klappten besser, aber immer noch kein Knie am Asphalt. Werner hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was man den extra fürs Einfahren montierten Pellen so zutrauen konnte, also lieber etwas langsam rantasten. Zu seiner Landstraßen-Racer-Zeit waren die BT56SS das Maß der Dinge, aber das war acht Jahre her. Nach neun Kurven war das Knie tatsächlich nicht einmal auf der Erde, irgendwie passte der Cocktail aus normalem Schaltschema, zu hoher Einstellung der Hebeleien und limitierter Drehzahlvorgabe nicht recht zusammen. Nun war’s aber zu spät, der Ehrgeiz war geweckt und außerdem, was sollten die Leute denken. Also zurück, diesmal mit 6000-7000 U/min, das musste das Boot abkönnen oder so. Die zweite enge Links von der Nordseite, seit jeher Werners Lieblingskurve, musste ran. Extra weit raushängen, Blick ans Ende der Kurve und rein mit dem Boliden. Es wäre gelogen, wenn das kurze *krrrtsss* nicht zu einem Lächeln unterm Helm geführt hätte. Nun ja, Gertrud war zufrieden, dann konnte es also zum verabredeten Weizen (alkoholfrei) beim Kumpel gehen. Dummerweise wohnte der auf der anderen Seite des Hügels. Gut, Werner hätte über eine andere Strecke auch drum herum fahren können, aber wer macht das schon? Also wedelte er diesmal mit vollem Spaß über seine alte Lieblingsstrecke, das Knie in jeder Kurve am Boden, verrückt natürlich, fast ein bisschen wie in alten Zeiten, als man das Risiko noch nicht so ernst nahm oder es einfach nicht sah. Die Streety fiel fast von allein in die Kurven, was für eine geile Fahrmaschine. Es wäre schon wieder gelogen, wenn er nicht zugeben würde, dass das folgende Weizen (immer noch alkoholfrei) beim guten Freund nicht noch mal so gut geschmeckt hätte…
Es ist Morgen. Der erste Kaffee läuft allmählich die Kehle runter und die erste Anlaufstation: R4F Dank und gerade wegen dieser herrlichen Schreiberei.
Vielen Dank dafür
Gruss,
stefan
Hammer!!! Wenn man im Wort "Mama" nur 4 Buchstaben ändert, so kommt man auch auf "BIER"!
@Bremsenix. Jetzt isses zu spät. Du hast bei Werner auf Ewigkeit verschissen, weil du ihn Muschi genannt hast. Ich steck mich da jetzt auch nicht zwischen, musst du mit ihm selbst klären
@Stefan
Danke
letzter Part:
[Montag, 31.03.2008, 10:30 Uhr]
Celle, die hübsche kleine Stadt am Rand der Heide, touristisch voll erschlossen und mit schöner Altstadt, lädt immer zu einer kleinen Pause ein. Entgegen seines ursprünglichen Plans entscheidet sich Werner jedoch, durchzufahren. Die frische Luft und die sprichwörtliche Freude am Fahren der Triumph sind einfach zu verlockend. Rechts geht’s Richtung Uelzen, geradeaus nach Nienburg. Da heute morgen anscheinend alles nach Uelzen will, rollt die Triple lieber geradeaus. Zuviel Verkehr macht keinen Spaß. Vor Werner cruist eine weinrote Goldwing in vollem Ornat. Überall Chrom, grauenvolle Fransen am Lenker, Fähnchen am Heck, 14 Rücklichter, mindestens ebenso viele Blinker und ein Topcase, das eher den Namen Schrankwand verdient hätte. Dazu Zwei-Zimmer-Küche-Diele-Bad und blau beleuchteter Rückwärtsgang. Der Jethelm bemützte Kapitän bedient auch das letzte Klischee. Je länger Werner dieses Kunstwerk betrachtet, desto mehr fällt ihm jedoch auf, dass irgendwas nicht passt. Alles wirkt wie bei 95° gewaschen. Mein Gott, das ist ja ein Roller. Das laut Typenbezeichnung mit einem 250er Small Block ausgestattete Ungetüm entschwindet rechter Hand ebenso schnell wie es aufgetaucht war. Werner schüttelt es ein wenig, es gibt tatsächlich nix, was es nicht gibt. Jetzt aber raus hier, wieder zurück auf die Landstraße. Ein Tunnel taucht auf. Die Ampel direkt davor steht auf Rot. Werner wird schon wieder kindisch. Die offenen Remustüten und diese dunkle Unterführung klingen zusammen bestimmt toll. Fehlzündungen per Killschalter wie bei alten Vergasermodellen ließen sich ja mit so ’nem neumodischen Kram wie dem Dreizylonker Einspritzer nicht mehr produzieren. Schade eigentlich. Die Ampel springt auf Grün. Die kurzfristig anliegenden 7000 U/min erzeugen ein akkurates Klangbild, keine Frage. Der wütende Blick einer Mutter allerdings, die ihrem Kind die Ohren zuhält, lässt Werner leicht erröten und wieder zur Vernunft zurück kommen. Genug dieser halbstarken Lächerlichkeiten.
Endlich öffnen sich die Tore der Stadt und die Wahl zwischen Nienburg und Winsen an der Aller steht an. Winsen gewinnt, weil Werner noch nie dort war. Die digitale Uhr der Informationszentrale zeigt mittlerweile 02:28 Uhr an. Leicht neben der Spur, die Gute. Zum Glück ist Herr Gnade nebenbei Hobby-Astrologe, so dass er aus dem Stand der Sonne, dem Fliegeneinschlag auf dem Visier und der gefühlten Temperatur die korrekte Uhrzeit ermitteln kann. Danach ist es jetzt zirka 10 Uhr. Zeit für ein wohlverdientes Frühstücksbrötchen beim nächsten Dorfbäcker. Nach einiger Suche findet sich was Passendes in Winsen. Ein kleiner typischer Laden mit angeschlossenem Café. Perfekt. Auf die Schnellcafes mit „Coffee to go“ oder ähnliche Slogans im Firmennamen konnte Werner heute gut verzichten. Hat den zuständigen Marketingfuzzis eigentlich noch nie jemand gesagt, dass dieses „...to go“ ziemlich nach Rausschmiss klingt? Gerade so wie „Geh mit Gott, aber geh!“. Fürchterlich.
Die nette Dame hinterm Tresen schenkt Werner ein Lächeln. Das gewünschte Käsebrötchen wird frisch geschmiert und den Kaffee gibt’s fertig umgerührt mit Milch und Zucker. „Wollen sie sich kurz ins Kaffee setzen, ist wärmer als draußen.“ „Danke, aber das ist sicher nicht nötig.“ Um keinen Preis der Welt würde sich Werner jetzt ins Warme setzen, dort saß er viel zu oft, wie ihm in den letzten Stunden endlich mal wieder klar geworden war. Gut, draußen war nicht gerade die Skyline von New York oder Mainhatten zu bestaunen, aber das war auch nicht wirklich wichtig. Werner steht auch so rundum glücklich und zufrieden mit sich selbst am Straßenrand, betrachtet die Welt um sich herum und fühlt sich wie Gott in Frankreich. Brötchen links, Kaffee rechts und ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken. Mehr braucht es wahrlich nicht. Wenn Werner könnte, er würde direkt durchfahren bis Paris, drei mal um den Eiffelturm herum, auf dem Hinterrad durch den Arcus Triumphalis und wieder zurück, einfach so zum Spaß. Ein Blick auf die Handyuhr macht aber klar, dass es heute nix mehr mit Paris werden würde. In gut drei Stunden muss die rote Nummer zurück sein und die Internetseiten werden auch nicht von allein fertig. Nicht schlimm. Heute würde Werner selbst seinem übelstem Feind mit einem Lächeln begegnen und ihn zu einem Kaffee einladen. Also los, ab nach Hause.
An einer Weggabelung geht es nach Wietze. Schon wieder so ein Dorf, von dem Werner schon oft hörte, aber in dem er noch wie war. Das muss noch mitgenommen werden! Danach rollt die Engländerin über Dörfer mit so klangvollen Namen wie Ovelgönne, Kleinburgwedel oder Ingeln-Oesselse langsam aber sicher wieder heimwärts. Die Temperaturen kratzen längst am zweistelligen Bereich und als unser kleiner Freund endlich wieder auf den heimischen Hof rollt, weiß er: Das Leben kann schön sein, man muss es nur manchmal einfach lassen.
Gute Nacht
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PS: An dieser Stelle meinen besten Dank an PofPof, der die Teile vor Veröffentlichung nochmal quer gelesen hat. Nicht, daß meine ausgeprägte ß-Schwäche noch auffällt. Ich liebe Profis. Dann natürlich Danke an Bundy, meine Muse. Ohne seine bekloppten Beiträge in diesem Brett wärs nur halb so schön, ähnlich verdrehtes zu schreiben. Und selbstverständlich danke ich noch meiner Mutter, meinem Regisseur, meiner Visagistin ...und nicht zuletzt Werner "Zweimann" Gnade.
Hajo hat geschrieben:Und selbstverständlich danke ich noch meiner Mutter, meinem Regisseur, meiner Visagistin ...und nicht zuletzt Werner "Zweimann" Gnade.
ja das war mal nötig, die Arme hat bei dir den schwersten und undankbarsten Job der Welt
mit dieser meisterlichen Prosa hast Du nicht nur meinen Bürovormittag aufgeheitert, sondern auch die verschütt gegangene Lust auf's Landstraßenfahren wieder belebt.
Dieses genüssliche Rumschlendern mit dem Motorrad, das neugierige Erforschen abseitiger Sträßchen - das hat zwar in diesem Forum eigentlich nichts zu suchen, und ist doch etwas sehr schönes.
Ich glaub', ich mache jetzt mal die alte Gummikuh wieder fahrfertig...
Habe alle Teile jetzt auf einmal gelesen. Sehr unterhaltsame Lektüre. Man kann das schon richtig nachempfinden, aber schon bald kannst du diese üblen Straßenfahrergedanken komplett wegschieben und dich auf das Wesentliche konzentrieren.
Bist du eigentlich sicher dass du mit der EDV den richtigen Job hast?
Gruß, Martin
ACHTUNG! Bis auf Widerruf leider keine Annahme von Reifenwärmerreparaturen mehr.
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Wenn das Leben dir nur Zitronen anbietet, ja dann frag doch einfach noch nach Salz und Tequila!