Dienstag, 2.Tag:
Nachdem ich die Nacht im gekühlten Wohnmobil von Hasen mit blutunterlaufenen Augen und riesigen Reisszähnen getrümt hatte, erlöste mich um 7:30 Uhr der Wecker von diesen Horrorphantasien!
"Moin Jochen!"
"Moin Harry!"
Shorts übergezogen, Sonnenbrille an, Käppie auf, aufs Kacken gefreut, Tür auf...Rrrrummmsssss!!!

Ohne zu übertreiben aber es war viertel vor Acht und draussen hatte es locker schon 35°C!
Wie sollte das denn heute noch weitergehen? Eine solch drückende und windlose Hitze um diese Uhrzeit habe ich nichtmal damals in meinem Urlaub im Senegal erlebt!! Und bei den Temperaturen sollte ich heute den halben Tag in Lederkombi und unter nem Helm verbringen? Shit!!!
Zum Frühstück nur schnell ein paar Cornflakes mit kalter Milch und danach aggressiv die Keramik in Mario´s Toilette attackiert! Selbst das löst bei den Temperaturen Schweissausbrüch aus.
Heute wollte sich Spatz mal in einem Turn um meine diletantischen Fahrversuche kümmern. Den Montag war er ja ganztägig als Strucki für Pro Speed unterwegs. Dienstag sollten dann nur noch die beiden Öttl-Brüder und ein weiterer Instruktor den Leuten zur Verfügung stehen. Ich fragte Robert ob es möglich sei, dass Spatz am Nachmittag mal in meiner Gruppe fährt und mir was zeigt. "Kein Problem" antwortete Robert. Er solle sich aber ein Instruktor-Leibchen anziehen. Hatte plötzlich die Vision vor Augen, dass Spatz nur mit diesem Leibchen bekleidet fahren würde. Hörte sich nämlich irgendwie so an. Die Hitze spielt einem seltsame Streiche. Das Bild vom nackten, nur mit Leibchen bekleidetem Spatz vor mir ging mir so wie ein Hit von Andrea Berg nicht mehr aus dem Kopf! Ich stürmte sofort aus dem Büro und übergab mich mit einem galaktischen Brüllkotz in einen Abfalleimer. Von da an war mir klar, dass Spatz nachmittags auf jeden Fall hinter mir fahren solle. So handhabten wir das dann später auch...

Die Turns 1 und 2 liefen ganz entspannt. Ich legte es nicht auf Vollgas an, da ich eh dauernd überholen musste. Dies war definitiv das letztemal, dass ich bei einer Vier-Gruppen-Veranstaltung in der 3. Gruppe fahre. Ab sofort nur noch in der zweitschnellsten Gruppe. Auf meinem Video ist ja zu sehen wie dort gefahren wird und das strengt auf Dauer an und nervt auch...
Es wurde heisser und heisser je näher es auf Mittag zu ging! Zusätzlich zur Hitze machte mir die andauernde Stripperei von Jochen zu schaffen. Rein in die Kombi, raus aus der Kombi! Und jedesmal wackelte er mit seinem verdörrten halbnackten Kadaver vor mir herum.
Vor dem Turn:

Nach dem Turn:

Wer sowas den ganzen Tag ertragen muss, kann sich einfach nicht aufs Zünden konzentrieren! Beim nächstenmal müssen wir unbedingt ne Trennwand mitnehmen...
Dann beschlossen wir den letzten Turn vor und den ersten Turn nach Mittag auszulassen! Es war nicht auszuhalten und mit 43 Jahren und 100kg ist meine Fitness auch nicht mehr unbedingt dazu geeignet solche Extremsituationen durchzustehen.
Also rein ins 20° kühle Womo, bissl Moppedzeitschriften lesen und Augen zu!
Kurz vor Mittag ging ich nochmal aufs Boxendach und sah auf die Temperaturanzeige. 42°C!!!

Irgend jemand hat die Aspahlttemperatur mit dem Laserthermometer gemessen. Der Asphalt hatte 68°C! Hammer, oder?
Um 16 Uhr kam dann Spatz vorbei um mich zum Turn abzuholen.
Wir waren früh dran, der Posten an der Boxenausfahrt liess uns passieren und Spatz fuhr die erste Runde vor. Zum Glück mit Lederkombi...

Auf Start/Ziel liess er mich vorbei. Wir hatten zum Glück einigermassen freie Fahrt.
Ich wollte alles richtig machen und schnell dabei sein. Ich wollte ihm zeigen, dass ich nicht ganz hoffnungslos bin und Keith Code verstanden hatte.
Lange Rede, kurzer Sinn. Das waren drei Runden in denen ich sowas von Mist zusammengefahren habe! Ich war total nervös und viel zu angespannt. War nicht locker sondern mit Brechstange unterwegs. Es hat uns zwar niemand überholt und es war für meine Verhältnisse recht flott aber ich traf keine Linie, verbremste mich und, und, und...
Spatz kassierte mich wie nix aussenrum in Kurve 7 (die lange Links in die Senke runter) und bedeutete mir ihm zu folgen. André (as) war uns auf seiner R6 die ganze Zeit gefolgt weil er auch bissl was von Spatz lernen wollte. Er sagte nachher dass es lustig war zu sehen wo ich lang fuhr und wo Spatz lang fuhr. Hätte manchmal ausgesehen als wolle der eine nach Links und der andere nach Rechts abbiegen.
André ist wesentlich schneller als ich, hatte aber auch in meiner Gruppe gemeldet. Später durfte er dann wechseln. André gab aber zu, dass er bis dahin auch eher meine Linie gefahren sei und sich wunderte wo Spatz da so lang gurkt.
Wir verliessen die Strecke dann in die Boxengasse und parkten gleich rechts vorm Büro im Schatten. Nach einem grossen Schluck Wasser setze sich Spatz neben mich und fragte was ich jetzt hören wolle...

"Die schonungslose Wahrheit!" erwiderte ich. "Aber vorher sollte ich dir vielleicht noch sagen, dass sich zu unkontrolliert cholerischen Anfällen neige!"

Zum Bremsen und beschleunigen würde er jetzt mal gar nix sagen, meinte er. Zuviel Manöverkritik auf einmal sei einfach nicht gut und bringe den "Schüler" an seine Grenze des Auffassbaren. Der Mann weiss wie sowas geht...
Linie! Ich würde sämtliche Kurven viel zu früh ansteuern und hätte deshalb am Kurvenausgang immer Probleme die Strecke nicht verlassen zu müssen! Genau! Das ist tatsächlich immereines meiner Hauptprobleme gewesen. War jetzt aber, nach der Fahrwerksoptimierung um 100% besser geworden. Spatz hätte mich mal mit meinem IDM-Fahrwerk sehen müssen. Auweia...
Also den Einlenkpunkt an vielen Kurven später setzen und somit auch den Scheitelpunkt verlagern.
Ok, das wollte ich versuchen!
Dann solle ich mal anfangen die ganze Strecke zu nutzen. Ich hätte sie ja auch bezahlt!
Auch da hat er Recht. Oft ertappe ich mich dabei Kampflinie zu fahren obwohl gar keiner hinter mir ist...
Dann sagte er was, das mir echt zu denken gab. Er hätte es geschafft auf der Geraden mit seiner alten 600er SRAD fast an mir dran zu bleiben. Ich solle mal versuchen den Gasgriff tatsächlich bis zum Anschlag aufzureissen. Es könne und dürfe nicht sein, dass er mir da folgen kann. Ich weiss dass meine Dicke nen LKM-Motor hat und mit PoCo optimiert ist. Eine 600er SRAD sollte mir nie mehr folgen dürfen. Das schwor ich mir!
André und ich hatten beide was gelernt und ich bedankte mich bei ihm! Mopped also unterm Zelt abgestellt und mal rüber zum Monitor. Unglaublich! Trotz der Katastrophenfahrt war das noch eine knappe neue Betzeit! 2:25,5 min. Das freute mich doch genauso wie es mich erstaunte.
Hier mal zwei Bilder von der Instruktorfahrt mit Spatz hinter mir:


Der Abend mit den Jungs aus Hannover war wieder mega lustig. Selten so gelacht. Das passte einfach...
Spät gingen wir dann nach diesem brutal heissen Tag ins Bett und ich war hochmotiviert am folgenden Tag vieles besser zu machen...