Lang ist's her, aber ich will auch mal wieder von mir hören lassen.
Schon vor ein paar Seiten habe ich hier ja meine neue Kettenritzelmutter vorgestellt.
Diese wollte ich eigentlich ja nurnoch in Assen testen und dann sollte die in die Fertigung gehen. Hat in Assen dann auch bestens funktioniert. Aber wie das bei mir nunmal so ist, bestens ist nicht gut genug!
Das andere Design, welches ich hier auch gezeigt hatte, wollte natürlich auch noch auf Herz und Nieren getestet werden.
Also erstmal dieses weiterentwickelt, alles genau angepasst, sodass man die Linsenkopfschraube nicht rausdrehen muss um die Nuss drüber zu bekommen, dafür extra eine Schlüsselweite höher gegangen von SW30 auf SW32, Vorwuchtung berechnet usw.
War dann in den Test auch erst sehr vielversprechend. Frei auf dem Gewinde (Mutter selbst nicht angezogen) hatte diese Bauweise in M20x1 ein etwa 50% höheres Losbrechmoment.
Und auch im angezogenen Zustand alles wunderbar.
Zudem hat die Linsenkopfschraube einen 2,5er Innensechskant-Antrieb und die M4 Maschenschraube nur einen 2er Innensechskant. Der war auch so das einzige, was mir an der Mutter überhaupt nicht gefiel, 2mm Inbusschlüssel sind echt winzig und der Sprung zu 2,5 was die "Überdrehneigung" angeht ist gewaltig.
Also rundum glücklich losgelegt und eine erste Charge von den Kettenritzelmuttern mit Linsenkopfschraube gefertigt.
Aber ist doch auch Cool, wenn man ein paar mehr Muttern hat mit unterschiedlichen Gewinden, wenn man schon so viel Arbeit in den Sicherungsmechanismus steckt.
Nächster Kandidat war dann eine M24x1,5 SW36 Mutter für die R6 Hinterachse.
Angebaut. Angezogen. 110Nm
Die inneren Spannungen in der Mutter ziehen den Klemmspalt bereits zu.
Bei der 1mm Steigung ist das nicht merklich aufgefallen, mit zunehmender Steigung wird der Effekt jedoch größer.
Klemmkraft war so durch die Schraube keine Nennenswerte mehr aufzubringen. Der Spalt ist zu, bevor die gegenüberliegende Gewindeflanke berührt wird.
Also eine Mutter mit größerem Klemmspalt gemacht. Aber selbst dann ist das Gewindespiel bei größeren Steigungen einfach zu groß, als dass man eine brauchbare Klemmkraft erzeugen könnte...
Habe mir dann eine Weile Gedanken um die Kräfteverhältnisse in der Mutter, usw gemacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Spreizvariante technisch sinnvoller ist.
Der untere Teil der Mutter kann als statisch fest angenommen werden, wenn die Mutter mit 80-120Nm angezogen ist, wo üblicherweise die Drehmomente für Muttern in diesen Größen am Motorrad liegen.
Die Gewindegänge des federnden Mutternteils liegen dabei mit ihrer nach außen gerichteten Flanke an, wie an dem zusammengezogenen Spalt auch gut zu erkennen. Beim Aufspreizen addiert sich die Normalkraft der Schraube zur Flankenpressung, sodass die Gewindereibung größer wird und man eine sehr hohe Klemmkraft erzeugt.
Also zurück ans Reißbrett und die Muttern mit Spreizung überarbeitet.
Der SW2 Innensechskant ging garnicht, also umgestellt auf M5-Madenschraube.
Dazu das Wuchtungsdesign optimiert, statt die eine Bohrung gang wegzulassen alle 3 Bohrungen in der Höhe so angepasst, dass sich das Ganze ausgleicht.
Wieder zurück auf SW30 für die M20x1 Mutter.
Und wieder welche gefräst und getestet.
Zum Beispiel wie die Muttern sich über viele Anzugszyklen verhalten.
100mal mit 85Nm anziehen und wieder lösen...
Nach etwas 60 Mal Anziehen merkt man wie die Montagepaste langsam schlechter wird.
Ab etwa 75 Mal ein deutlicher anstieg des Losbrechmoments.
Ab 90 Mal allgemein schwergängiger und der Anzugswinkel verrindert sich.
Nach 100 Mal dann neue Montagepaste drauf und wieder angezogen.
Mutter verhält sich wie zu Anfang des tests.
Resultat.
Dicke Arme
Montagepaste muss nach etwa 50 Zyklen erneuert werden.
Mutter zeigt keinen messbaren Verschleiß für n=110 Anzugzyklen
Wann eine M20x1 Aluminiummutter reißt.
Messen kann ich bis 200Nm.
Da passiert noch exakt garnichts...
Danach dann eine 1m Stahlwille 1/2" Stange drauf und einmal so fest gezogen wie ich konnte. Drehmoment keine Ahnung, wenn einer Lust hat nachzurechnen, 200Nm + 30° Anzugwinkel bei µ=0,12
Danach habe ich dann nurnoch die Werkbank durch die Werkstatt gerückt...
Hat die alles Klaglos mitgemacht, wobei die zugeben danach nicht mehr 100% sauber von Hand drehbar war.
Auch die Abdrücke der Nuss hätte ich schlimmer erwartet.
Damit bin ich also erstmal sehr zufrieden.
Durch den ganzen zusätzlichen Entwicklungsaufwand und die vielen Tests, hat das nun aber natürlich alles viel viel länger als geplant gedauert. Und ich hab ne Kiste voll mit misshandelten Muttern
Und weil ich halt leicht bekloppt bin, habe ich dann gleich einen ganzen Leichtbau-Muttern Baukasten entwickelt
Sodass es von mir bald Muttern in fast allen Gewindesteigungen über M16 bis M32 geben wird und das auchnoch in unterschiedlichen Varianten
Geplant sind:
Leichtbaumuttern ohne Sicherung.
Leichtbaumuttern mit Sicherung.
Leichtbaumuttern mit Sicherung in hoher Bauform mit noch einem weiteren Extra, das ist aber noch in der Entwicklung.
Modellspezifische Spezialmuttern.
Und ich bin natürlich auch schon fleißig dabei Muttern zu fräsen:
So werden die Sets dann aussehen:
Mutter
Spritze mit 0,5ml Montagepaste (Reicht für 3-5 Anwendungen)
Unterlegscheibe 0,5mm stark (für alle Stellen wo original keine Unterlegscheibe ist oder bspw. Lenkköpfe damit es einfach besser aussieht als mit der Originalscheibe)
Hier mal verschiedene Varianten:
Rechts eine M28x1 Mutter mit Sicherung.
Mitte dann eine M28x1 Mutter ohne Sicherung
Links eine M32x1,5 Spezialmutter für die Schwingenachse der RJ15 als Ersatz für die Nutmutter.
Hier an meiner R6 zu sehen:
Schön mit SW36, sodass man diese auch ohne Spezialwerkzeug korrekt mit Drehmoment anziehen kann.
Aber das wars dan erstmal wieder von mir.
MfG Christian