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Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

Infos zu und mit Veranstaltern, aber auch zu anderen Themen,
über die es sich lohnt zu sprechen!

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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Nach einem klaren NEIN zur Frage, ob ich den Reifen denn nicht noch fahren wollte, schleppte sich unser Henning mit der Vorderradfelge zum Fabian, um einen neuen Reifen zu besorgen. Ich hatte leider keine mehr dabei. Warum? Der Versuch von Arbeitsteilung. Ich bestellte V02, der sollte wohl noch gehen. Auch, wenn man ihm seit einiger Zeit deutliche Schwächen beim in die Kurve reinbremsen attestierte. Erstaunt war ich, dass ich nach dem nachdrücklichen Nein nicht mehr diskutieren musste.

Während ich einen Frustkaffee trinken ging und die Chance nutzte, mich von Serdal, der überraschenderweise jeden Tag auf der Strecke strahlte - außer, er wurde permanent von langsamen BMW-Fahrern behindert - und dem Rest meiner Bekanntschaften aufmuntern zu lassen, hatte der Henning freundlicherweise das Vorderrad montiert und den nächsten Ersatzreifenwärmer aufgetrieben. Um den Vorderreifen war sodann alles herumgewickelt, was zu haben war.

Der Tag war noch nicht vorbei, und ich konnte doch noch versuchen, nicht aus A2 zu fliegen. Wenn das passierte, dann käme ich überhaupt nicht mehr voran. Toll, wenn's läuft. :roll:

Aber wir wissen alle, wie es laufen kann, wenn die Andrea stinkig ist. Und sie war ein bißchen stinkig. Aber auch ein bißchen traurig, weil der kleine Jan das Hinfallen aus erster Reihe mit angesehen hatte, ebenso wie der Grasverkäufer und der Rest der Gang um Don Beppo. Aber die waren schon Erwachsen und sowas gewohnt. Der kleine berichtete, dass er entsetzt zum Anhänger gerannt war, um zu melden: "Mama ist hingefallen. Aber ganz langsam." Ob das alles so gut war? Was war, wenn richtig etwas passierte? Wollte man das als Eltern? Lea fand schon lange nicht gut, dass die Elternschaft sich mit solch unschönem Hobby amüsierte, und würde eine Ausnahme machen, wenn sie selbst fahren dürfe (was sie bestimmt gut hinbekäme), aber so hasste sie es.

Mit Einer Mischung aus Stinkigsein und Traurigkeit machte ich mich auf zu meinem zweiten Einrollturn. Und - oh - was ist das denn? Ich drehe rechts, da kommt direkt was. Und wenn ich loslasse, dann geht auch direkt wieder was zu. Wow. Ich hatte immer gedacht, dass ich einfach zu langsam in der Birne bin, dass es so lange dauert, bis ich nach Bremse Lösen wieder Vorschub generieren konnte. Jetzt war klar, es war dieser Gasgriff. Ich gehörte nicht zu den Menschen, die alles blöd finden, was mit "Euro" anfängt, aber der Kurzhubgasgriff war so gar nicht geil. Dieser hier war gut. Nicht nur, dass mich das allerfeinste Metall anglänzte, der funktionierte sogar ganz vorzüglich. Mit einem ganz neuen Gefühl von in der Kurve Gasgeben fuhr es sich doch ganz angenehm.

Heute flog die Andrea nicht aus A2. Nicht mit unter 2 Minuten. Das einzige, was flog war der zweite ausgeliehene Reifenwärmer, der mit Heizkapazitäten auf um die 60°C glänzte. In echter Sorge um mein Wohlergehen trat Olaf regelmäßig an mein Vorderrad, um die Oberflächentemperatur zu kontrollieren. Dann flog den Henning doch eine Idee in den Kopf - warum nicht den alten hinteren Reifenwärmer nehmen. Der wäre an den Seiten groß genug, um vorn gut zu passen und hatte auch keine Heizschwächen. Ich hatte auch schon daran gedacht, gerade wegen der Option auf höhere Überlappung mit dem Rad.

Manchmal dauert es eben etwas. :roll:

Nach dem Fahren durfte ich einkaufen. Zum Tanken natürlich auch, Hauptsache, Autotank war voll. Eine Sorge weniger für den Heimweg. Die Bande rief nach dem Würstchenfön, obwohl mir eher nach einer deftigen Suppe war. Sommer war definitiv vorbei hier in Assen. Wie üblich hockte ich vor dem Fön und bereitete Essen zu, während der Rest sich in das feine Olafsche Zelt verkroch. Ab und zu rief es aus dem Zelt heraus, ob denn schon etwas fertig wäre. Ich aß vor dem Fön, während ich weiter Essen machte. Ich hoffte inständig, dass der blöde Fön endlich ganz zerbröselte und ich wieder mit einem Minikugelgrill arbeiten konnte. Das war kein Grillen.

Morgen sollte nicht mehr gefönt werden. Morgen wollte man Pizza. Pizza - das letzte Vergnügen, was ich mit Pizza in Assen hatte, war, Gerhard eine riesige Döner-Gyrospizza vertilgen zu sehen. Ich dachte, da geht nichts mehr rein, aber er kaute und kaute. Und erfreute sich allerbester Gesundheit. Eigentlich.

Morgen. Hoffentlich ging es morgen alles besser als heute. Ich hatte wieder eine leichte Schräglagenschwäche, hatte ja heute schon zu viel davon gehabt. Zum Glück hatte ich immer ausreichend Airbagpatronen dabei.

Und hoffentlich ging es Gerhard gut. Der hatte sich zu Besuch angekündigt, und ich wünschte mir, dass das auch passierte.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Tag 2 glänzte mit dem, was Assen besonders gut kann: sich nicht an Wettervorhersagen halten. Kühl sollte es sein. Aber sonning und trocken. Es tröpfelte. Toll.

Als die Strecke einigermaßen abgetrocknet war, traute auch ich mich wieder darauf. Was gab es hier zu tun?

1. Nicht wieder hinfallen
2. Wieder Schräglage in den Kurven
3. Nicht so langsam in den schnellen Passagen

2. klappte schon einmal nicht wegen 1. - da blieb nur 3. Ich konnte doch nicht schon wieder an meiner eigenen Bestzeit zerschellen. Mit einem neuen Gaszug ging doch auch wieder was, in einem Jahr könnte ich ja, falls es sich ergeben sollte, einen neuen besorgen.

Der Wind war immer noch stark, blies aber nicht ganz so heftig wie am Vortag. Ich hasste WInd. Und dieser trocknete mir die Kontaktlinsen derart aus, dass ich mehr zu blinzeln hatte als mir lieb war. Hoffentlich hielt das Konstrukt durch. Zwischendurch ging ich immer wieder zu Andreas, der auch in meiner Gruppe unterwegs war und fragte nach Rat. Ich hatte überhaupt gar keine Schmerzen vom Aufklatschen gestern, nur die rechte Seite vom Oberkörper war etwas gezerrt. Das Problem war eher im Kopf. Und da half reden.

Ich fuhr trotz aller Probleme schneller als am Vortag. Bis auf den Moment, wo es überhaupt nicht mehr ging mit den Kontaktlinsen. Ich sah gar nichts mehr. "Das sah aus als wärst du auf Urlaub oder hättest einen Stock im Arsch", beschrieb Andreas, was er gesehen hatte. Es war auch irgend etwas dazwischen. Ich erklärte, dass ich den Helm weiter zustopfen musste, um den Luftzug zu begrenzen und dann deswegen nicht mehr fahren wolte. "Ach so."

Wenn das bloß alles so einfach wäre. Ich bastelte das Kinnteil wieder vorn in den Helm. Eigentlich lief es nicht schlecht, ein 58er, 57er und einige 56er waren auch dabei. Nicht schlecht für ein Mädchen.

Und was macht das Mädchen, wenn es schon mal viel, viel schneller gefahren war auf dieser Strecke? Natürlich! Diejenigen aus dem Weg pöbeln, die die freie Fahrt behindern. (Malte weiß, wovon ich rede) Nein, eine 55 wäre ich ja nie gefahren, selbst wenn da keine BMW vor mir gewesen wäre, die die ganze lange Zufahrt auf die Schikane blockierte. Denn die war schnell. Und deswegen war das auch völlig in Ordnung, sich zu Turnbeginn vorbeizudrängeln.

Ich sehe zu, dass sich demnächst niemand mehr vorbeidrängelt. Auch nicht der mit der Triumph, der noch vor der Strecke überholt. Ja, ich weiß ich habe keinen Limiter und keinen ablesbaren Tacho. Ich fahre meistens zu langsam in der Boxengasse und das kann Folgen haben. Trotzdem sehe ihn böse an und setze mich am Anfang der Strecke wieder davor.

Ich habe ihn ausreichend böse angesehen. Zu Turnende kommt er herübergelaufen (ooooh, jetzt wird es peinlich, ich muss mir bestimmt was anhören) und - bittet um Entschuldigung?!? Er hätte doch auch immer Probleme mit denen mit mehr Hubraum und ich sei so langsam gefahren und dann sei es einfach passiert. Oh. Meine Augen werden immer größer. Er hätte sich auch ein bißchen was abgeguckt, aber noch ein paar Fragen. Die Ohren sind auch nicht kleiner geworden. Also, diese Schikane,...wir gehen die ganze Strecke durch. Er war noch nicht oft in Assen gewesen und suchte eine flüssige Linie. Vorsicht: Zirkelbezug - sein Kumpel Serdal habe ihm schon erzählt, da sei so eine gelbe R6, die wäre nicht langsam, da müsste er schon aufpassen.

In den Folgeturns fuhr der Gute gleich zwei Sekunden schneller. Und ich stand zwar immer noch ganz vorn, wenn es losging, ließ ihn aber gern vorbei.

Irgendwann kommt Gerhard. Er sieht malträtiert aus und geht recht langsam. Undenkbar, dass wir hier hätten unsere Ansagen ausfechten können. Selbst, wenn wir nur die Veranstaltungszeit als Referenz genommen hätten und nicht die Bestzeit, wäre hier und heute eine1:54 für ihn die Ansage gewesen. Ich war noch meine 1:55 gefahren, und damit unter diesen Umständen sehr zufrieden. Ein 1:54 war für mich schon außerirdisch und ich weiß bis heute nicht, wie die zustande gekommen war. Gerhard in seinem Zustand war jedoch fern jeglicher Rundenzeit. Ich erinnerte mich an meine Mutter. Wir vereinbaren, denn Wettstreit auf nächstes Jahr zu verschieben. Und sicher machen wir das, selbst wenn ich bis dahin alles eingemottet habe. Dafür würde ich mir sogar ein Pocketbike ausleihen.

Diese Veranstaltung hatte es in sich. Den Rest des Nachmittages hatte ich mehr zu verabeiten als gut war. Der Sturz von gestern war dagegen Kindergeburtstag.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Heute Abend gab es Pizza. Also, sollte es geben. Olaf, topp organisiert wie immer, hatte schon alles zum Bestellen auf seinem Laptop vorbereitet während Henning noch versuchte, mir die Aktivität zuzuschieben. Weil ich ja besser Englisch könne und so. Klar, Frau und Küche, wie konnte ich das vergessen.

Wir bestellten also fröhlich bei New York Pizza (Danke nochmal an Malte, die Pizza war wirklich ganz OK für einen Lieferservice), was ein bißchen dauerte, weil wir erst darüber entscheiden mussten, welchen Boden man denn wollte, was so drauf sollte auf die Pizza und wie groß sie sein sollte. Warum gab es nicht einfach nur "Pizza"? In Italien ging es doch auch simpel. Bei Pizza.

Die Pizza kam früher als erwartet, aber auch heute ließ niemand den Pizzafahrer durch die Schranke. Also doch Pizza zum Abholen. Ich hatte eine Flasche von Wein besorgt, der unfassbar gut schmeckte und verteilte den in Gläser von Dolores und Olaf. Der Inhalt von Dolores Glas verteilte sich später auf dem Tisch, umgeschubst durch ungelenke Kinderhand. Schade um den schönen Wein. Aber es war sogar noch ein Schluck für den Henning übrig, der sich ja schon fleißig am Bier verköstigt hatte. Wie schön war es doch in diesem gemütlichen Zelt eine gar nicht so schlechte Pizza zu essen. Und morgen wollten wir ausschlafen, was ja nur begrenzt möglich war, weil ich noch zum Tanken fahren musste. Aber eigentlich war es auch egal, ich war sowieso spätestens um sieben wach.
Zusammen mit der Pizza versuchte ich die letzten zwei Tage zu verdauen. Auf lange Party hatte ich keine Lust und verkrümelte mich beizeiten ins Bett.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Der Sonntag versprach, trocken zu werden und zu bleiben. Ich wollte die Fahrzeit ausnutzen und noch weiter an der 54 feilen. Weiter konzentrierte ich mich, bei der richtigen Drehzahl hoch zu schalten und vor allem zum richigen Zeitpunkt, so dass Unruhe im Fahrwerk ausblieb. "Habe ich denn da wieder blöd mit dem Fuß?", fragte ich mich, als es mehrfach "Klock" machte, als der nächsthöhere Gang endlich reinging. Und teils konnte ich gar nicht hochschalten von 3 nach 4 und 4 nach 5. Jedesmal versuchte ich, den Stiefel vorn so hoch wie möglich zu heben, um den Sensor zu entlasten. Es passierte dennoch. Im Hintergrund startete das Programm "Sorgen" - war etwas kaputt?

Und dann auch noch das: Mein V02, der mich am Vortag noch so brav, wenn auch etwas "knautschig" in die Kurven gebracht hatte, zeigte auf einem etwa 15cm breiten Stück auf der rechten Flanke ein Bild, was man nicht sehen möchte bei einem Vorderreifen. So etwas gehörte nach hinten. Jetzt war es mir doch passiert. Ich hatte gebremst.


Ich hatte in den letzten drei Tagen mehr erlebt als mir lieb war. Im Anhänger standen eine lädierte R6 mit einem eventuellen Schaltproblem und eine wundergeheilte R1. Ich saß im Auto und ließ mich juckeln. Ich konnte nicht mehr. Die Augen brannten, und ich war sooo müde. Wozu machte man diesen ganzen Scheiß überhaupt? Tausende von Kilometern durch Europa fahren, um dann mit einem anderen Fahrzeug noch mehr Kilometer fahren zu können. Und dann erst die Kinder. Was hatten denn die davon, außer dass sie vielleicht in der Schule mal wieder von dem Rennen um die schwach vergoldete Ananas berichten konnten?!?
Es war gefährlich und teuer, kostete Zeit und Nerven. Aber ich hatte eigentich nichts anderes, wo ansatzweise Freunde vorhanden gewesen wären. Freunde hatte ich mir nach der Grundschule abgewöhnen müssen. als einzige aus der Klasse dazu verurteilt, eine exquisite Schule in Cuxhaven besuchen zu müssen. (die war wirklich gut, aber am Ende war ich allein) Ich war zu unangepasst, hatte familiär bedingt zu sehr kein Bedürfnis überall reinpassen zu müssen. Ich eckte an und war meistens nicht Teil der Normalos. Und wenn ich mir die Haare grün oder blau oder pink färbte, machte das keinen Unterschied. Erst nach Ende der Schule konnte ich mein Übergewicht in den Griff bekommen, dafür kam eine Ess-Störung dazu, man soll einfach nicht innerhalb weniger Monate radikal 10 Kilo wegsporteln mit Minimalessen.

Ich hatte keine Freunde. Außer hier. Hier war es auch egal, dass der Mann, den ich geheiratet hatte, meine emotionalen Kapazitäten so sehr ausschöpfte, dass ich mich um nichts mehr kümmern konnte außer um Kinder und was so Dringendes zu tun war. Hier konnte ich einfach nur dasitzen und irgend etwas ansehen. Und niemand fand das merkwürdig. Wenn das Visier herunterklappte, dann hatte ich Pause. Da waren keine Löcher im Schuppendach, in dem sich Fahrräder von drei Leuten den Platz mit Gartengerät teilen mussten und regelmäßig etwas vergammelte. Da war kein Keller, vollgestopft mit Zeug, was eigentlich niemand brauchte, in dem sich immer noch und schon wieder der Schimmel breitmachte, obwohl ich alles getan hatte, das zu vermeiden - inklusive der Luftfeuchtigkeitsmessgeräte. Da war kein Mensch, der die ganze Bude zumüllte und kein Verständnis dafür hatte, dass das mein Büro war, und ich kein Arbeitszimmer hatte außer der Küche oder mir versprach, diesen Motor nur zu kaufen, um ein Moped aufzubauen, um es zu verkaufen - um mir dann erklären zu wollen, dass ich das alles ganz falsch verstanden hatte.

Da war Ruhe.

Ich konnte das nicht lassen. Oder doch?

Wir würden sehen. Ich hatte nicht einmal zwei Wochen den CR Moto-Termin in Oschersleben. Unglücklicherweise zum Zeitpunkt der Einschulung der Kinder in die 5. Klasse, glücklicherweise aber alleine. Davor wollte ich mit den Kindern für 5 Tage an die polnische Ostseeküste, damit sie urlauben konnten. Ich würde dann Hoteloffice machen. Es war Zeit für Sommerferien.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Nach einem kurzen Verschnaufpäuschen mit Wäschebergen, Rasenmähen und Packen fuhren wir also übereinen Zwischenstop beim Opa in Berlin inklusive Kundenbesuch nach Polen. Das Hotel war fantastisch, und wir hatten sogar macht-flachen-Bauch-Badewetter. Ich sah zu, dass ich mindestens 30 Minuten in den 18°C schwamm, quetschte jeden Tag etwas Strandurlaub in eine ausgedehnte Mittagspause, denn am Abend wartete ein qualitativ sehr ansprechendes und reichhaltiges Buffet. Wir besuchten auch die Muckibude, und die Kinder vergnügten sich mit der Kletterwand, liehen ihre Bademäntel aus und gingen in das Schwimmbad. Sie amüsierten sich prächtig, vor allem am Buffet.

Als ich unseren Krempel zusammenpackte, war Freitag Vormittag. Ich hatte einen Samstag, um den Rasen zu mähen, die Wäsche zu machen und für Oschersleben zu packen. Den Call am Nachmittag ließ ich im Auto auf mich einrieseln. Draußen rieselte derweil der Regen. Das Wetter war wieder in Richtung Frühherbst umgeschwungen. Aber für Montag und Dienstag war die Vorhersage gut. Und anders als Assen, hielt sich die Börderennstrecke meistens an Vorhersagen. Das Motorrad stand schon im Anhänger, und am Sonntag war Walderlebnistag. Weswegen am Vortag alles in Fluchtrichtung angehängt und eingeparkt sein musste. Der Rasen, der war wider Erwarten schon gemäht.
Es war merkwürdig, mal wieder alleine unterwegs zu sein. Und ich freute mich auf Davie Mavie, den alten Impfgegner Rudi und den Showdown von "wir trinken ein Bier zusammen". (ist das jemals passiert?) Ich hatte sogar die Option, mit in die Box zu gehen, und überlegte hin und her. Einerseits Davie Mavie und seine Gefährten, andererseits ein Anrecht auf einen Parkplatz vor der Box. Ich tendierte immer mehr in Richtung Box. Vor allem, als ich sah, was alles aus dem Fahrerlager kam. Auto um Auto. Das hieß nichts Gutes. Die Strecke würde voll mti Gummi sein, und was auch immer noch abgebaut werden wollte, es wäre nicht klein. Nach entsprechender Wartezeit, in der sich Klaus mit Konversation um mich kümmerte und es mir eigentlich immer egaler wurde, wann ich ins Fahrerlager käme, ich würde eh nirgendswo rangieren können, war die Einfahrwilligenlaune auf einem Garstigkeitstiefpunkt angelangt. Box 5, da sollte ich hin. Geduldig parkte ich vor Box 6 und blinkte, um abzusprechen, wo ich denn am besten parken sollte.

Schwupps - der Typ mit dem Magdeburger Kennzeichen hinter mir fährt genau in die Lücke, die ich zum Vorfahren benutzen wollte. Arschen! Ich versuche es anders herum. Auch nix. Von Links kommt jemand vor Box vier gefahren und nötigt mir einen ganz anderen Bogen auf als ich geplant hatte. Völlig aus dem Konzept gebracht parkte ich dann gefühlt stundelang ein. Als ich endlich stand, und schon Ständer und Rampe parat hatte, begann die Nebenbox wieder einzuräumen und umzuziehen. Wie, umziehen? Ja, es hätte sich spontan geändert. Wir sollten doch auch besser mal fragen. Und ernsthaft, nachdem ich so viel eingeparkt hatte - ich musste nochmal einparken. Allerdings standen vor der neuen Box schon Leute, die von Anfang an dort hingeräumt hatten. Niemand wolte sein Auto ein Stück wegfahren. Schade, Marmelade - also Dauereinparken Nummer 2. Bei dem Ganzen Gewusel bekomme ich nur am Rande mit, dass ein vergnügter Mann aus einem Auto vom TÜV sich zu freuen schien, mich zu sehen. Den kannte ich überhaupt nicht. Ein anderer stellte sich vor mit "Du hast mich beleidigt." Gut, sowas passiert mal, aber hier konnte ich mich an nichts erinnern. Es wurde konkreter: Ich lese mal, was du so schreibst. Ok. Das war es also. Schriftliche Beleidigung. Wir würden das schon klären. Ich wurde informiert, dass die Nebenbox beabsichtige, das Boxenduschklo zu benutzen. Völlig verdutzt fiel mir nicht viel dazu ein. Wieso musste man das ankündigen? Ein merkwürdiger Auftakt.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Der Abend wurde später und ruhiger. Und da fiel es mir erst auf. Und zwar als Davie Mavie bei seinem Besuch sagte "Wo ist denn da was kaputt? Da sieht man doch gar nichts." "Doch, doch, ist alles zerkratzt", warf ich zurück. "Hä? Das bißchen da an dem Deckel?" Ich sah zum ersten mal richtig hin. Das Gelbe leuchtete wie eh und je. Auf beiden Seiten. Da hatte doch der Henning während meiner Abwesenheit einfach so das Moped lackiert.
Eigentlich hatte ich das vorgehabt. Irgendwann gemütlich wollte ich das tun. Für Malern und Lackieren hatte ich ein Händchen, was die kürzlich renovierten Stahzargen und Quadratmeter gestrichener Zimmerwände belegten. Außerdem war bald die dunkle Jahreszeit, und da konnte man ja schon mal Handarbeit erledigen. Und vielleicht wäre es dann endlich so weit, dass auf "meiner Werkbank" im Keller nicht ständig irgendein Scheiß stand, den dort jemand abgestellt hatte, weil gerade Platz war. Was meins war, war auch immer des Hennings.

Jetzt konnte ich das nicht mehr in Angriff nehmen. (Konnte ich doch, aber die Übergangslinien vom Abkleben fielen mir erst später auf.) Schade. Ich hatte Freude daran, Kaputtes wieder herzurichten und Werte zu erhalten. Reparieren statt wegschmeißen - so war ich aufgewachsen. Unter die Überraschung, dass der Henning zumindest etwas Nettes versucht hatte, mischte sich neben dem Verdacht darüber, dass er einfach nicht wollte, dass jemand Fragen stellte, die Wut darüber, dass er schon wieder nicht das gemacht hatte, worum ich mittlerweile jahrelang händeringend gebeten hatte - nämlich endlich den Schimmel und ganz dringend an der Kellertreppe zu entfernen, der vermutlich nie weg sein würde, aber immer weiter nach oben kroch, wenn man ihn nicht bändigte (oder den Keller saubermachen oder, oder ach ja, man hätte sich auch um Außenelektrik kümmern können, aber jetzt hatte ich ja keinen Plug-In-Hybrid mehr und nach 5 Jahren ist es ja auch egal...). Stattdessen war mal wieder irgendwas erledigt worden. Aber dieses Irgendwas gehörte zu mir. Und man hatte mich nicht gefragt, ob ich das möchte. Was ich wollte, interessierte wie so oft niemanden. Ich hatte überhaupt nie geäußert, dass es höchste Priorität hatte, Optik wiederherzustellen. Wichtig war mir, dass es funktionierte.

Aber am schlimmsten war, dass wir über eine Woche keine Kinder im Haus hatten, von denen eines sich ständig räusperte und schniefte, und das Nötigste nicht erledigt war. Schimmelentfernung. Und das, obwohl Mann vor fast Jahrzehnten versprochen hatte, dass er dafür sorgen würde, dass der Keller nie wieder schimmelt und dass es dort immer aufgeräumt ist und dass die Spinnen nicht mehr alles vollkacken und und und. Seitdem hatte ich regelmäßig gelüftet und mit Chlorwasser gewischt und gesäubert. Bis ich in das schlimmste Schimmelzimmer nur
noch gehen konnte, während ich die Luft anhielt.
Stattdessen hatte sich das ganze Gerümpel in die anderen Kellerräume ausgebreitet, auch in den, wo "meine Werkbank" stand -- weil es woanders ja fröhlich vor sich hinschimmelte - und sorgte nun durch Luftzubehinderung und Dreck dafür, dass es in "sauberen Räumen" auch anfing, modrig zu riechen. Aber ja, am wichtigsten war, Motorradplastik zu besprühen. Das konnte doch nicht ernstgemeint sein. Leider war es das.

Ich würde dafür niemanden lobpreisen können.

Die Box nebenan war eine kleine Partybox und sehr unterhaltsam anzusehen bzw. zu hören. Aber auf einmal war es Mitternacht. Und das war sehr spät dafür, dass ich morgen schnell fahren wollte. Zumindest schneller als beim letzten Mal. Ich war doch so gut im Training.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von triple955i »

Sorry das ich dich mit meinen Zustand so erschreckt hab,mir ging es tatsächlich zu der Zeit echt beschissen,wollte aber unbedingt euch sehen,und das rennstrecken feeling fühlen,leider konnte ich mich nicht von Dolores verabschieden, falls sie das hier liest Entschuldigung, dafür habe ich Steven wiedergetroffen der bei dem selben onkologen wie ich bin mir geht es jetzt endlich wieder besser,es ist leider erschreckend wie viele Leute die aktiv auf der Rennstrecke fahren an Krebs erkrankt sind,in meiner doch recht kleinen bekanntenblase sind es mit mir 5 leute von 15 die ich persönlich kenne,trotz habt alle Spass und geniesst es solange es geht,ich Kämpfe für nächstes Jahr wieder auf die Strecke zu kommen
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Wir haben Montag, den 08.09.2025. Es ist einen Tag vor der Zeremonie in der neuen Schule und ich stehe in Oschersleben. Bin gerade mit dem kräftigen Kevin beim Einkaufen gewesen und habe mir ganz viel Super mitgebracht. Das Wetter ist fantastisch gut, und ich habe, aus Vorsicht am Vorabend den Vorderreifen getauscht. Bzw. tauschen lassen. "Sieht aus wie ein Sturzreifen", bemerkte Rudi. Und ich wusste nicht, ob das eine Prophezeihung werden könnte. Besser nicht

Ich musste nur Bescheid geben, dass ich "ein Werkzeug" bräuchte, und schon hatte ich Rudis Seitenschneider in der Hand. Prima, den brauchte ich auch! Denn obwohl man mir versichert hatte, dass ja ganz viele ausreichend lange Kabelbinder im Anhänger lägen, hatte ich keine gefunden. Nicht mal in der Packung, wo sie drins ein sollten. Die hatte wohl jemand anders benutzt. Davie Mavie schenkte mir zwei, aber die waren wirklich lang, so dass ich froh war, die Enden einkürzen zu können.

"Ein Werkzeug" entpuppte sich danach als Klaus, der mit mir geduldig und freundlich (das geht?) ein bißchen Vorderrad ein- und ausbaute. Ich hatte das seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr gemacht und war froh, dass jemand darauf schaute. Ich hatte jetzt einen alten Henningreifen. Also den von den beiden, die ich im Anhänger finden konnte, der besser aussah. Ein neuer war nicht im Anhänger gelandet. Schon wieder was falsch verstanden.

Die Reifenwahl passte aber dennoch prima zu den Bedingungen, denn heute würde es hier schwer werden. Die ganze Strecke war voll mit Driftgummi. Ansonsten ging der Tag gut los. Schon während der Fahrerbesprechung gab es Entertainment vom TÜV-Mann. Und ich dachte immer, der TÜV sei zuständig für Ernsthaftigkeit. Mein Reifenwärmer wärmte wie er sollte, und mein Luftdruck war in Ordnung. Dachte ich. Irgendwas war komisch. Es fuhr sich alles anders. Es war zwar Oschersleben, und ich hatte keine Probleme, die Linie zu finden, aber da war etwas sehr unagenehm. Ich konnte es nicht zuordnen und schon es auf das Autogummi. Und tatsächlich, ich hatte wirklich keinerlei Rückmeldung vom Hinterrad. Egal was ich wo beschleunigte, es war alles gleich. Nichts machte einen Unterschied. Wenn ich bremste, dann fühlte es sich extrem zusammengeknautscht an, so dass ich dachte, mein Gabelöl sei über Nacht um Jahre gealtert.

Diese Strecke war - kaputt? Gegen Mittag konnte ich schon nichts mehr durch die Kontaktlinsen sehen. Aber ich hatte knapp noch geschafft, nicht in die langsamere Gruppe zu rutschen. Meilenweit entfernt von einer 1:40. Was war hier nur los?!? Ich versuchte ich an Fahrzeuggeometrie und stellte die Gabelvorspannung wieder etwas zurück, hier war ja keine Hochgeschwindigkeitsbremsung zu erwarten und vor allem nicht von mir. Aber vielleicht war es auch der Hinterreifen. Nach zwei Tagen Assen konnte man ja mal nicht mehr vorwärts wollen als V02.
Auf den Geraden bekam ich dann wieder die Gänge nicht richtig rein. Und war ganz sicher. Da lag kein Fuß auf dem Hebel, dieser Sensor war immer entlastet. Runterschalten ging noch. Aber rauf, das wurde immer schlechter.

Als ich zurück in die Box fuhr, durchzuckte es mich. Vibrationen! Sowas hatte ich zuletzt nach der Stunde Langstreckenrennen in den Händen gespürt. Aber doch nicht nach 15 Minuten Kreise drehen. Ich teile meine Eindrücke, und aus verschiedenen Richtungen bekomme ich verschiedenen Input. "Nicht gut", war einer davon. "Wo kommt es denn her, vom Rad oder vom Motor?" ein anderer. "Vom Moped!", dachte ich mir, merkte aber, dass ich wohl noch mehr investigativ tätig sein musste. Und wo ich zunächst der Meinung war, ich merke es nur auf der Strecke (dann hätte es was mit dem ganzen Gummi zu tun gehabt) , war bald klar, dass es auch in der Boxenreinfahrt war. Bei Drehzahlen > 6000 rpm. Drehzahlabhängig also. Nichts zu tun mit Streckenbelag. Und ich konnte, seit Assen eigentlich, immer schlechter hochschalten. Schnell fahren war erledigt. Mit Ach und Krach und ohne Kontaktlinsen, weil ich dadurch nichts mehr sehen konnte, brachte ich eine 1:43 zustande.

Vielleicht war es Karma. Ich hätte vielleicht doch nicht herkommen sollen. Aber jetzt war ich hier, und ich fragte nach einem weiteren Werkzeug. Diesmal für das Hinterrad. Auf meiner blauen Serienfelge war ein neuer V02. Morgen wollte ich zumindest die Chance haben, durch einen neuen Reifen schneller fahren zu können. Ich lernte also mal wieder neu, wie man ein Hinterrad ausbaut. Wie man es wieder einbaut, lernte ich allerdings nicht. Der ganze Boxenrat stand um die leere Schwinge, einen Kettenradträger, Ruckdämpfer und die blaue Felge herum und fachsimpelte, ob man lieber die Felge wegschmeißen sollte oder die Schwinge. Und während ich schon drauf und dran war, den neuen Reifen auf die OZ zu wechseln, beim Reifenmann, schob der kräftige Kevin die Felge einfach still und leise an ihren Platz. Danke, kräftiger Kevin.

Ich durfte dann mit Werkzeug, was ich mir von Klaus mopste, alles zusammenschrauben. Aber als ich die Kettenspannung einstellen wollte, wurde es wieder kompliziert. Da waren so Schrauben hinten, da musste man drehen, und die eine Seite hatte eine Skala, aber da war keine klare Markierung auf dem sich bewegenden Stück. Mit Hilfe eines Zollstockes ging es dann doch. Warum hatte die Skala keine Gegenskala? Blödsinnsding. Man muss doch nur die Umdrehungen zählen, hörte ich später, aber sowas konnte ich generell nicht, egal, was ich drehte, da klickte auch nie was. Mikro-, Milli- und Zentimeter, damit konnte ich etwas anfangen.

Am Ende des Abends gibt es essen von einem Grill, der auch nicht ganz ein Grill ist, aber zumindest was wegschafft. Und ein Telefonat mit Zuhause, in dem ich abermals knapp erklärt bekomme, wie doof das von mir ist, einfach wegzubleiben.
Zuletzt geändert von campari am Freitag 26. September 2025, 20:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen, Sonnenschein...!

Mit ein bißchen Stolz betrachte ich mit einem Becher Kaffee in der Hand das Gelbe Gerät. Da war ein Hinterreifen, den ich, zumindest zum Teil, eingebaut hatte. Kräftiger Kevin, der einen großen Teil dazu beigetragen hatte, sah noch gar nichts. Der hockte noch relativ unwach auf seiner Liege in der Box und wurde auch in der letzten Nacht vom Zirpen einer renitenten Regenrinnengrille malträtiert. Ach, wie schön ist es doch, in einer Box zu sein. Das sparte das Markisenaufbauen und -einbauen und sich Abends was abzufrieren. Und diese Box war toll! Mit viel Platz und sehr hilfsbereiten Mitbewohnern. In der Box nebenan wuselte es auch schon. Heute hatte ich dort noch niemanden beleidigt. Gestern nur ein bißchen, glaube ich.

Das Driftgummi war heute schon gut abgetragen, ich hatte einen neuen Hinterreifen, und heute Nachmittag gab es die Chance auf ein Langstreckenrennen. Ein toller Tag.

Wenn da nicht dieser Einschulungstermin wäre, um 10:30 Uhr. Da hätte ich gerade eben meinen ersten Turn gehabt. Und da war es wieder. Das ungute Gefühl in der Magengegend, was man hat, wenn man etwas fürchterlich Falsches getan hat. Ich trank weiter meinen Kaffee, während ich meinen kleinen Motor warmlaufen ließ. Ein weiterer Vorteil einer Box - es wurde Nachts nicht alles so kalt.

Niemand wollte Frühstück von mir. Niemand fragte, was er anziehen sollte. Und ich verpasste die Einschulung.
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Re: Von Angst, Ambitionen und Asphaltmalereien - Ein Resümee

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Beitrag von campari »

Mit ganz vielen Vorsätzen fuhr ich auf die Strecke, um die 3 Sekunden und am besten noch mehr wegzubekommen. Ich fuhr im zweiten Gang durch die Hotelkurve und trat links nach unten. Nichts passierte, außer dass die Drehzahl höher wurde und ich blöd aus der Wäsche sah. Ich versuchte, manuell zu schalten - wir kennen das Problem. Im dritten Gang fuhr ich durch die Hasseröder. Als ich danach in den vierten wollte passierte wieder - nichts. MIt einer Mischung aus Verzweiflung und Entsetzen bog ich eingangs der Triple ab - nach rechts. Neben dem Rettungsteam wartete ich auf das Turnende. Netterweise sollte ich, weil das ja noch ging, nur Racepace ging nicht mehr, nach dem letzten aus dem Turn über die Strecke in die Box. Wehmütig sah ich den anderen hinterher. Es sah aus, als ob es heute gut zu fahren wäre. Ich hätte gern mitgemacht.

Also fuhr ich dann das gelbe Gerät nach absolut keiner Runde in die Box. Ein Sommer der Minimalrundenrekorde. :banging:

In der Box sah man mich erstaunt an. Und als ich alles abstellte, um heute nicht mehr zu fahren, durfte ich erklären warum. "ja, wirklich, kann nicht mehr schalten", "nein, das kann ich nicht mehr mit der Kupplung", "nein, echt nicht, sonst ist die Kupplung durch" usw usf. Meine Veranstaltung war vorbei. Ich hatte gestern Abend extra noch einmal die Verkleidung abgebaut und die Motorhalteschrauben kontrolliert. Alles fest. Die Ursache für Vibrationen konnte eingebildet sein, vom Getriebe kommen - oder von sonstwo aus dem Motor. Dass ich nicht schalten konnte, hatte möglicherweise einen defekten Sensor als Ursache oder ein defektes Getriebe.
Ich bekam ein bißchen Mitgefühl, aber das half nur bedingt. Ich entschloss mich, wem auch immer beim Langstreckenrennen zu helfen, und ließ heute einfach mal alle Turns ausfallen. Als das dann endlich losging, war ich den Tränen nah, hatte deshalb extra eine Sonnenbrille aufgesetzt. Ich wollte sooooo gern dabei sein. Aber es ging nicht. Da stand ich nun, nur dabei statt mittendrin. Zum Spaß beleidigte ich Leute, aber nur ein bißchen.

Irgendwann fing ich an, einzupacken. Auch die Riesenkartons von Klaus mit Zeugs für jemanden aus Rostock. Vielleicht würde ich die Boxenmiete gegen Versandkostenpauschale tauschen können, vermutlich aber eher nicht. Wir hatten eine tolle Box, die war jeden Cent wert (die daneben auch). Und ich hatte einen Schaden im Sensor oder im Motor aber ganz bestimmt im Kopf. Ich konnte mir nicht vorstellen, nicht öfter mal ein Rennen zu fahren. Das Coaching von Helikopterersatzpapa war wohl nicht besonders fruchtvoll.

Als ich nach Hause fuhr, konnte ich bestimmt froh sein, mich nicht durch eine Stunde Dauerfahren zugrundegerichtet zu haben, aber das wollte nicht wirken. Mir war immer noch zum Heulen. Und wenn ich da ankäme, wo mein Haus wohnt, wusste ich, war es bestimmt nicht schöner als in dieser allerfeinsten Box.

Jeder, der mit Rennstrecke aufgehört hat, freiwillig oder nicht, sagte mir immer "Die Leute. Das wäre der einzige Grund, warum ich nochmal anfangen wollte. Nur wegen der Leute." Wie sehr das doch stimmte.
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