HHR war schon ok, bin zumindest ein Stück weiter und konnte mal erste Rennkilometer abspulen, waren zwar nur ca. 60 und den Kilometerpreis will ich nicht wirklich wissen. Ist aber besser als z.B die Jungs, die ihre Kleine noch gar nicht haben. Werde daher im Cup Fred noch ein paar Erfahrungen schreiben, die für jeden interessant sein könnten.
So, bin heute morgen um 4 Uhr aufgestanden, hab auch die Nächte davor wg dieser Zeilen hier wenig geschlafen, bin total platt und geh gleich ins Bett. Aber das hier kann ich euch leider nicht ersparen:
Partikel 4
[Montag, 31.03.2008, kurz nach 10 Uhr]
Zurück im hier und jetzt, es ist immer noch Montag morgen, Burgdorf ist endlich erreicht, die A2 liegt mittlerweile südlich und hinter Schillerslage geht’s rechts weg Richtung Celle. Vor der kleinen Triumph taucht ein 40-Tonner mit riesigen Heckflügeltüren auf, die bis fast zum Boden reichen. Schön, ein wenig Windschatten verspricht gleichzeitig etwas Wärme, das war schon zu RD80-Zeiten so. Zeit, die Rückwand des LKW genauer zu betrachten. Ein kleiner „Bär“ Aufkleber deutet den Hersteller an. Nirgends sind Griffe oder Scharniere zu erkennen. wie das Ding wohl auf geht? Tja, das Rätsel bleibt ungelöst. Zündbruder Werner fällt der Starenkasten ein, der demnächst kommt. Diese Dinger hatte er ja gefressen. Exakt sieben Mal hatte die Staatsgewalt im letzten Jahr zugeschlagen und für insgesamt vier Punkte in Flensburg gesorgt. Vorher war er zehn Jahre punktefrei geblieben. Aber gegen die in den letzten Jahren inflationär aufgestellten Kohlescheffler jeder noch so kleinen Kaffgemeinde war man fast machtlos. Eine unbekannte Landstraße, wahrscheinlich noch nachts und ein Speedlimit von weniger als 70km/h sind ja heute schon fast ein Garant für so ne Blitzerbude. Hochgradig unfair das Ganze. Früher, als es noch Mann gegen Mann ging, war die Welt noch in Ordnung. Wenn da der Dorfsheriff im Tarnanzug durchs Unterholz robbte und Jagd auf unvorsichtige Moppedfahrer in seinem Revier machte, hatte er sich die erlegten Zünder verdammt redlich verdient, aber diese seelenlosen Blechkisten waren definitiv ne neue Dimension. Es musste was passieren. In Werner reift ein diabolischer Plan. Niemand, wirklich niemand kannte diese kleine weiße Jungfrau, sie war ja nicht mal angemeldet, selbst noch so große Heerscharen der Rennleitung würden sie je finden. Die Zulassungsstellen würden keine Treffer ausspucken, diese weiße Triumph wäre im Computer nicht auffindbar. Die rote Nummer war nur kurz geliehen und eh nicht erkennbar. Da gab’s absolut kein Risiko. Ja verdammt, heute wird Werner dafür sorgen, dass sich das Blatt wendet. Nicht mehr 7:0 für den Staat, nein 7:1, der Anschlusstreffer, der Wendepunkt. Jawoll, mit erhobenem Rad einmal völlig gesetzlos durch dieses Scheißding hämmern und dann im Nichts verschwinden. Werner sieht die BILD-Schlagzeile schon vor sich: „Jetzt rasen sie wieder. Verrückter Motorradfahrer mit Vollgas auf dem Hinterrad bei Celle durch Radarfalle. War es Michael S.?“ Breaking the law, breaking the law! Unauffällig vergrößert sich der Abstand zum 40-Tonner, Werner braucht Platz. Da hinten taucht die fiese Spardose des Landkreises auf. Diesmal ist sie fällig. Noch 100 m. Hand an die Kupplung. Erste Zweifel kommen auf. Mehr Schub. Schweiß auf der Stirn. Eine Vision drängt sich auf:
10:34 Uhr: Werner rast mit 116 km/h auf einem Rad durch den Blitzer und lässt das Vorderrad kurz danach mit einem leichten „Ütz“ wieder auf den Boden aufsetzen. Er fühlt sich frei, unpackbar.
10:37 Uhr: Die Spritanzeige beginnt zu leuchten. Werner steuert die nächste Shell Tankstelle an und tankt Super Plus. Niemand nimmt Notiz von ihm. Beim Bezahlen lässt er sicherheitshalber den Helm auf. Wie immer kauft er beim Tanken heimlich ein Duplo und vertilgt es sofort. Sein Fitnesstrainer wird niemals merken, dass er ihn schon seit Jahren mit Duplos betrügt. Werner ist glücklich.
12:30 Uhr: Erwin Lindemann macht seine tägliche Runde und entsperrt mit seinem Handy die Sicherheitsvorrichtung der Geschwindigkeitsmessanlage. Er schließt sein Laptop an und saugt die Daten von der interne Festplatte der 40.000 Euro teuren Anlage, die schon drei Brandanschläge überstanden hat. Auf der Rückseite seines Laptops ist ein kleiner Aufkleber angebracht „Irgendwann kriegen wir sie alle!“ Es ist der gleiche, der auch an seinem Opel Astra Kombi klebt.
12:56 Uhr: Hildegard Krückeberg, 58-jährige Mitarbeiterin der örtlichen Zulassungsstelle und Trägerin des silbernen Landkreisstempels am Bande, verdient sich wie jeden Montag ein paar Euros dazu, indem sie die Überwachungsbänder der Shell Tankstelle einsieht, um eventuelle KFZ-Steuerflüchtige zu überführen. Sofort fällt ihr die weiße Triumph auf. Die Befestigungslöcher der roten Nummer sind asynchron gebohrt und außerdem nicht korrekt entgratet. Als ihr prüfender Blick die Kabelbinder entdeckt, rutscht ihr ein spitzer Schrei über die Lippen. So geht das mal gar nicht.
12:57 Uhr: Der Pächter der Tankstelle schaut nach dem Rechten und fragt, ob alles in Ordnung sei. Hildegard hat sich wieder im Griff und schreitet ein. Sie greift zu ihrem Diensttelefon und macht umgehend Meldung bei Ihrem Vorgesetzten.
13:02 Uhr: Der Vorgesetzte ist sauer. Hildegard hat ihn vom pünktlichen Beginn der Mittagspause abgehalten.
14:10 Uhr. Herr Lindemann hat die Daten des Starenkastens Celle West II in den zentralen Landkreis-Server eingespielt.
14:25 Uhr: Die alte Jungfer und Brillenträgerin Claudia S., verantwortlich für ca. 145 Strafzettel täglich, entdeckt an Position 28 ein weißes, wheelendes Motorrad. Claudia macht, was sie in so einem Fall immer macht. Sie ruft ihre alte Jugendfreundin Elke Bunselmeyer an, die nach einer Umschulung von Altenpflegerin auf Polizistin nebenan Dienst tut und gibt Code 572 durch. Code Fünfsiebenzwo bedeutet soviel wie „Wheelendes Motorrad > 100km/h, Fahrer sofort verhaften, Fahrzeug einziehen. Schusswaffengebrauch ist ausdrücklich erlaubt“
15:00 Uhr: Die Mittagspause des Vorgesetzten von Hildegard ist zu Ende, wie immer viel zu schnell. Der Staatsangestellte läuft zu Höchstform auf und ruft bei der zuständigen Polizeistation an. Er erreicht ausgerechnet seine geschiedene Frau Elke B. aus zweiter Ehe, die gerade Dienst schiebt. Seine Stimmung fällt auf den Nullpunkt. Die beiden können sich nach einem Spontanurlaub in Spanien eigentlich nicht mehr riechen, weil er einen ausgeprägten Sockenfetisch hat und seinerzeit selbst bei 38° im Schatten nicht ohne Burlingtons an den Strand ging. Aber jetzt war Gefahr im Verzug, da mussten private Probleme einfach außen vor bleiben. Elke wird bei der erwähnten Farbe weiß hellhörig.
15:37 Uhr: Der Bildabgleich lässt keinen Zweifel zu. Der Täter mit dem nicht korrekt entgrateten Nummernschild und das Wheeliemonster sind die gleiche Person. Hildegard wird informiert und nickt zufrieden.
Nächster Tag, 6:00 Uhr früh: Die bei der Verlagsgruppe Madsack erscheinende Hannoverausgabe der BILD-Zeitung kommt mit einer Sonderausgabe in die Kioske. „Jetzt sterben sie wieder. Irrer Motorradfahrer rast mit über 200km/h durch Celle. Wer kann diesen Wahnsinn stoppen?“
10:30 Uhr: Der gesamte südliche Landkreis Hildesheim ist hermetisch abgeriegelt. Keiner kommt rein, keiner kommt raus. Die Polizei zieht den sogenannten Hildesheimer Kessel immer weiter zu und hat zur Unterstützung Spezialisten vom G8 Gipfel von Heiligenhafen angefordert.
17:22 Uhr: Angela Dabbelju Merkel tritt in Berlin vor die versammelte Presse, streckt ihre zierlichen Ärmchen in die Höhe und verkündet an einem weißen Rednerpult auf dem Rasen vorm Bundestag: „Yes, we got `em!“ Der Jubel kennt keine Grenzen. Selbst übel verfeindete Redakteure von Focus und Spiegel liegen sich weinend vor Freude in den Armen.
18:45 Uhr: ein dumpfer Knall lässt einen kleinen Vorort von Celle erzittern. Der Vorgesetzte von Hildegard, der 1,4 km vom Epizentrum entfernt wohnt, hat endgültig die Schnauze voll. Er wischt die Reste seines heruntergefallenen Feierabendbieres weg und geht zu Bett. Die Druckwelle erreicht die ersten Häuserreihen der Celler Altstadt, einige Fensterscheiben bersten. Zeitgleich gehen bei mehreren lokalen Radiostationen Bekenneranrufe der Untergrundgruppe „Freunde der Blitzer“ ein. Die Forderungen lauten „Freiheit für Niedersachen“ und „Gerechtigkeit für Werner“. Aus einem riesigen Krater direkt neben einer Ausfallstraße vor den Toren der Stadt steigt leichter Rauch auf. Der Starenkasten Celle West II ist nicht mehr.
Die Vision verblasst langsam. Werner wird klar, ohne vollen Tank könnte die Nummer eng werden. Außerdem ist er einfach zu alt für diesen Scheiß. Exakt 3,4 mm vor der auslösenden Induktionsschleife erreicht die übel zusammengestauchte Cup Triple vorschriftsmäßige 70 km/h. Werner taucht unerkannt im Celler Ortskern unter. Noch mal Glück gehabt. Auf Höhe einer Shell Tankstelle fängt seine Spritanzeige an zu leuchten. Er schafft es gerade noch, rechtzeitig anzuhalten. Während er tankt entdeckt er eine unglaublich hässliche Frau, die hinter einer Tür mit der Aufschrift „Privat“ verschwindet. Die Frau ist so fett, dass sie in eine entsprechende Umlaufbahn katapultiert eine Sonnenfinsternis über ganz Hannover auslösen würde. Er tauft sie spontan Hildegard und sieht sie nie wieder....