Der Plan:
7 Monate Abstinenz im Aufzünden sollten ein Ende finden. Die R1 war verkauft, eine billige und störanfällige R6 gekauft, das GEC Mopped verladen, Reifensätze in Massen im Transporter, Urlaub ausreichend genommen, Motivation bis in die Haarwurzeln vorhanden. Meine Fitness sieht zwar im Moment ein wenig mies aus, aber davon wollte ich mich nicht abhalten lassen.
Mittwoch:
Gegen 1900 Uhr stand ich auf dem Lausitzring und meldete mich an, fand sofort eine Box und begann mit dem Schlüsselinhaber ( ein netter Ducatifahrer aus Berlin, dessen Namen ich leider vergessen habe) über das zu erwartende Wetter zu philosophieren. Unsere Boxenmannschaft verstärkte sich schnell mit einem 500er Zweitakter, Frank und Steven aus der Gegend von Hohenstein-Ernstthal (Neid) und einer weiteren Duc.
Donnerstag:
Es regnet.. egal, die R6 muss nach dem ganzen Schrauben bewegt werden. Auf Trockenreifen raus, bis zur ersten Linkskurve der Gegengerade gerollt und dort aufgegeben, da sie beim besten Willen kein Gas mehr angenommen hat. Eine 3/4-Stunde nach Eventanfang sass ich das erste Mal auf dem Lumpensammler und wurde wieder in die Box gebracht. Die Fehlersuche brachte nichts Verwertbares und nach 2 Stunden schrauben und messen gab ich entnervt auf. Zum Glück hatte ich ja noch die Gixxer für die Langstrecke dabei und so wurde die halt bewegt... es war mittlerweile trocken. Beim Rausrollen aus der Boxenausfahrt überholten mich die ersten Übermotivierten, von denen sich einer auch gleich in der Ausfahrt aufs Maul packte. Meine Verwirrung war dann doch etwas gross und bremste mich erstmal ein. Den ganzen Turn über wurde ich sowas von niederträchtig herbgebrannt, dass ich am Motorradfahren an sich zweifelte. Der Turm war übrigens 3 Runden lang, mit zwei Abbrüchen, da sich alle links und rechts ablegten. Nicht weil die Strecke nicht funktioniert hätte (war ja trocken), sondern weil von der ersten Sekunde an wirklich alles gegeben wurde. Ich stellte fest, dass Quanzenfahrer nicht mehr alle haben, aber irgendwie fühlte ich mich recht wohl damit. Der nächste Turn war auch nicht viel länger, da auch wieder links und rechts die Moppeds lagen und ich fuhr eine erbärmliche 2.00 und damit 8 Sekunden langsamer als letztes Jahr. Was war hier los ?
Zeittraining für das 600er-Rennen. Meine 6er war ja nicht einsatzfähig, aber der Aufkleber für Supersport, war ja auch auf der 3/4-Gixxer. Da ich den ganzen Tag nicht vernünftig zum fahren gekommen war, hab ich das Quali als Training mitgenommen. Es lief nicht viel zusammen und eine 1.58.irgendwas und Platz 19 waren das Ergebnis.
Die R6 lies mir keine Ruhe und ich suchte den Hoemke auf. Nach einer etwas längeren Duiskussion über Bedüsung und ähnlichem, kamen wird dann zu dem Ergebnis, dass ich die R6 völlig falsch bedüst hatte, da in dem Vergaser zwar 110er Düsen verbaut sind, allerdings als Hauptluftdüse und nicht als Hauptdüse. Ich hatte mich schlicht und ergreifend im Werkstatthandbuch verlesen


Meine Blödheit fing an zu schmerzen. Ich telefonierte mit Andre und er bot mir an, die R6 von Marek vorbeizubringen. Marek an sich hatte ich schon vorsichtig auf die Probleme mit meiner R6 vorbereitet und daher hatte er sich schon von seinem Hobel verabschiedet und ihn für alle Fälle bereitgestellt.
Andre ballerte 1000 km durch die Nacht und brachte mir eine funktionsfähige R6 und schaffte den Haufen meines Versagens aus meinem Blickfeld. Das ich den Felgensatz der R6 nicht behalten habe, sollte sich noch bitter rächen.
Der Regen kam...
Freitag
Nach zwei Durchgänge auf den 2 Jahre alten Metzler Regenreifen war ich wieder eins mit der Welt. Ich war nicht schnell, dafür durchgehend sitzengeblieben und die R6 lief ganz ordentlich. Wie schon mehfach erwähnt ist der Lausitzring aufgrund des hinterlassenen Gummiabriebs vor den Kurven ein wenig trickreich im Anbremsen gewesen. Gleichzeitig hält sich das Wasser auf dem hoch verdichteten Asphalt recht gut, versickert also nicht so schnell. Da der Aspahlt sich in den Bremszonen (wahrscheinlich durch die Truck-Rennen) auch noch massiv zusammengeschoben hat und mittlerweile der Ring schon ein gewaltiger Acker ist, überbremste man das Vorderrad recht schnell und so fielen einige Leute auf die Nase (Freitag über 50). Zum Sprintrennen zeigte sich die Sonne wieder und in einer Hauruckaktion zog ich ganz schnell Pirelli Supercorsa Pro auf und wurde mit einsetzenden Regen zum Rennen belohnt. Ich rollte die Runde in die Startaufstellung mit, fuhr aber gleich wieder raus, da ich keinen Sinn in dem Versuch sah, einem Feld auf Regenreifen zu folgen, nur um auf die Nase zu fallen. Das Supersportrennen wurde auch nur dreimal Abgebrochen und ich weiss nicht wie viele abgeflogen sind. Irgendwann blickt man nicht mehr hoch, wenn man die kratzenden Geräusche von vorbeirutschenden Motorrädern hörte. Es war schon quasi normal geworden.
Mein Held Freens jagte das Feld im R1-Cup vor sich her und sorgte so für sichere Punkte auf seinem Konto und schnelle Rundenzeiten bei dem Rest des Feldes. Warum allerings einer der Cup-Fahrer in Regen nur 2 Sekunden langsamer war als im Trockenen kann ich mir auch nur dadurch erklären, dass er den Regen nicht wirklich wahrgenommen haben kann.
Ich zog mich in den Transporter zurück und erwachte frierend am
Samstag:
Scheisswetter. Wieder Regenreifen aufgezogen und ein wenig gefahren.
Es trocknete zum Pirelli-Cup hin ab. Meine Chance: Supercorsas drauf und was war... Die Strecke trocknete nicht schnell genug ab und ich stand auf nasser Strecke mit vier anderen Glücksrittern zwischen den ganzen Regenreifenfahrern. Mir kam der alte Spruch in den Sinn der besagte: Im Regen einfach sitzenbleiben, die anderen fallen schon runter.
Also ruhigbleiben und die Sache mit Humor nehmen. Das Renne ging los, Ich zog mit wild durchdrehendem Hinterrad vom Startplatz weg, lies die Innenbahn für die Leute mit den Regenreifen frei und wurde massiv durchgereicht. Wir kamen wieder nur eine Runde weit und es wurde abgebrochen, da gleich mehrere Fahrer abgeflogen waren. Ein Ducatifahrer vor mir nahm sich noch die Zeit, einen der Abgeflogenen (offensichtlich ein engerer Bekannter) zu beschimpfen und wir rollten wieder in die Startaufstellung und... die Flagge blieb rot und es passierte erstmal nichts.... dann wurden wir nochmal in eine Aufwämrunde geschickt, da es einer geschafft hat auf den Weg in die Startaufstellung zu stürzen. Die Strecke trocknete langsam ab. Erneuter Start und diesmal kamen wir durch. Ich lies die Schnelleren passieren und konzentrierte mich auf eine saubere Linie, die immer trockener wurde.

Ich wechselte wieder auf Regenreifen und lies den Tag in einem nassen Turn ausklingen. Derweil waren Andre und Viktor (unser Mechaniker) angereist und ich konnte meinem Stammplatz beim Reifendienst an Viktor übergeben.
Mal wieder nicht schnell gewesen, aber sitzen geblieben.
Sonntag GEC:
Diese Saison haben wir uns besser vorbereitet als die letzte und diverse Anschaffungen zur Beschleunigung unserer Boxenaufenthalte getätigt. Die Gixxer läuft unter mir zwar immer noch deutlich langsamer als meine alte R1, aber irgendwie wollte das dieses Wochenende auch nicht zusammenlaufen. Das eiernde Heck beim Anbremsen, habe ich bis zum Schluss nicht in den Griff bekommen.
Es regnete am Morgen wie immer und es waren dazu auch noch unter 10 Grad. Also Regenreifen daruf und auf zum Zeittraining. 10 Minuten wollte ich ein wenig probieren und dann Andre Zeit zum Fahren lassen. Nach 4 Runden und ich glaube eine 2.22er Zeit (so genau will ich das auch gar nicht mehr wissen) bekam ich das Boxensignal und fuhr meine letzte Runde. Ich kam bis zur Gegengeraden. Beim Anbremsen klappte das Vorderrad ein und ich lag so schnell auf dem Asphalt, dass ich erst am Auffschlag realisierte, dass ich wohl was falschgemacht haben musste. Zum Glück konnten die zwei Fahrer hinter mir noch ausweichen und ich rutschte hinter dem Mopped hinterher ins Grüne. Ich war sauer.... wie konnte ich blöder Idiot das Teil in der Auslaufrunde wegwerfen.
Der zweite Ausflug auf dem Schandkarren an diesem Wochenende
Mein Teamkollege und meine Boxencrew guckten mich in einer Mischung aus Verärgerung und Entsetzen an. Die Schadensaufnahme sah nicht allzu weltbewegend aus. Verkleidung konnte man tapen, der Lenker ging noch, Kupplungshebel ab, Fussrastenanlage total verbogen, Kabelbaum druchgescheuert, Lima ordentlich angeschliffen.
Ich besorgte erstmal bei Stecki eine neue Fussrastenanlage und Adapterplatten, kaufte bei den van Dijk (richtig geschrieben)-Leuten einen Limadeckelschutz und nach fleissiger Lötarbeit von Viktor, lief der Gixxer nach zwei Stunden wieder.
Der Blick ging wieder zum Himmel. Leider hatten wir noch keinen zweiten Felgensatz und mussten uns daher in der Reifenwahl festlegen. Kurz vor Toreschluss für diese Entscheidung ging ich zu Haupttribüne und betrieb Wolkenkunde. Es war trocken und die Wolken ermöglichten eine Mülltonnenprognose (alles drinn). Wir entschieden uns für BT002. Wenns anfangen sollte zu regenen, dann tragen wir es halt nach hause.
Meine Qualizeit vom Morgen stellte uns auf den 19 Platz. Dass ich trotzdem abgeflogen bin, machte das alles nur noch peinlicher, zumal ich mich nicht mit Gummiabrieb der DTM rausreden konnte. Die sind nämlich schon 400 Meter vorher abgebogen.

Andre für einen sauberen Start und machte bis zum Anbremsen 12 Plätze gut. Aber auch er war mental irgendwie eingebremst und fuhr deutlcih unter seinen Verhältnissen. Also legten wir erstmal den Rückwärtsgang ein und nach einem verpatzten Boxenstopp von mir fielen wir wieder auf den 19 Platz zurück. Ich hatte dank einer Sonnenreflexion das +2 auf der Boxentafel für das Signal zum Reinkommen gehalten und stand einsam an der Box. Also nochmal 4 Runden mit Hass gepresst und dann gewechselt.
Langsam stabilisierten sich Andres Zeiten im 158-1,59 Bereich und er fuhr wie ein Uhrwerk. Auch kurzzeitiger Niesel bremste ihn nicht wirklich ein. Ich versuchte meine Sturzängste zu begraben und begann langsam mehr am Kabel zu ziehen und stabilisierte meine Runden um die 1.56-1.57 . Die Spitze fuhr derweil 1.52er Zeiten. Von der Strecke hatte man beste Übersicht über das Wetter und die schweren Regenwolken zogen zuverlässig am Kurs vorbei. Ab jetzt lief alles rund. Wir waren zwar pro Runde ca. 4 Sekunden langsamer als mit der R1 im letzen Jahr, aber der Spitze fehlten ebenfalls 4 Sekunden. Die Strecke gab wohl einfach nicht mehr her, oder nach diesem versauten Wochenende konnten wir wohl alle nicht mehr.
Ich fuhr den letzen Turn und trug die Gixxer nach hause. Die Zielflagge rief bei mir unglaubliche Erleichterung hervor und ich rollte zurück zur Box.
Gelandet sind wir in der Klasse 1 auf Platz 3 Gesamtklassement 12.
Das Team packte ein. Andre und ich hatten aber noch den Metzler Raceday gebucht, holten uns im eigentlich schon geschlossenen Cateringzelt ein Bier und ein Baguette, wechselten die Räder und schliefen wie ein paar Zementsäcke. Wir wurden noch verstärkt durch zwei weitere Fahrer, die sich lautstark über das schlechte und kalte Wetter beschwerten, was ich völlig unpassend fand. Es hatte immerhin aufgehört dauerhaft zu regnen und die Sonne war hin und wieder auch mal zu sehen. Und 7 Grad anfang Mai

Montag
Es....regnete.... das konnte mich nicht wirklich mehr schocken. Ich fühlte mich völlig porös und sagte mir, dass ich für 250 EUR auch einen neuen Satz Reifen mit nach Hause nehmen kann, ohne gefahren zu sein. Also räumten wir erstmal auf, fuhren Tanken und Geld holen und siehe da, es klarte auf.
Der mittlerweile routinierte Blick in die Wolken versprach ein trockenes Fenster und wir zogen auf die Piste. Man konnte ganz gut fahren, nur die Rundenzeiten deprimierten mich. Okay, ich war schon ein wenig porös, aber die Reifen fühlten sich gut. Kurz sinniert und wieder auf die Strecke. 1.55.5 hatte ich mit der 6er letztes Jahr schon mal geschafft und ich beschloss es einfach mal laufen zu lassen und die 150-Meter-Schilder zu meinen Freunden zu erklären, bei denen man gerne vorbeischaut und sich nicht vor ihnen fürchtet... Geht doch 1.56.8, kann zwar noch nicht alles gewesen sein, die Knieschleifer brauch ich auch noch nicht so richtig, aber es geht erstmal. In der Mittagspause ging ein kleines Gewitter über die Strecke. Wir hörten uns die Metzlerpräsentation an und da gab es ja noch die Reifensätze für die schnellsten Rundenzeiten. Zu meiner Verwunderung musste ich feststellen, dass ich bei den Quanzen auf Platz 1 stand. Es waren auch nicht wirklich viele Teilnehmer da, ca. 50 oder so und die ganzen BiPro-Stammfahrer waren nicht anwesend.
Es hörte auf zu regnen und ich beschloss, meine Zeit noch ein wenig abzusichern. Aber mehr als 1.56.3 wollte mir nicht mehr gelingen. Ich gab mir alle Mühe, aber ich war am Ende. Es ging nicht mehr. Trotzdem durfte ich den Satz Reifen mit nach Hause nehmen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an die, die durch ihre Abwesenheit mir einen Tag Rennstrecke zum Nulltarif ermöglicht haben.
Der Zweitplatzierte in meiner Klasse sprach mich auf die unglaublich gut gehende R6 an und ich musste ihm leider sagen, dass an der ausser Gabelfedern und Feder im Federbein nichts verändert wurde, sogar die Übersetzung ist noch Serie.

Danach haben wir das ganze Gelumpe in den Transporter gefeuert und sind zurück nach Neumünster gebrannt, nicht ohne im Linumer Bruch noch einen Burger einzuwerfen und um 3:45 war ich nach einer halbstündigen Parkplatzsuche in Rostock schon im Bett.
Dieses Wochenende war lehrreich und ich werde mich daran mindestens genauso lange erinnern, wie an den Schneefall in Most.
Es haben einige gewaltig Federn gelassen und ich hoffe, dass der Dude und Monthu bald wieder mit richtig Begeisterung auf dem Mopped sitzen.
Und der Freens ist und bleibt mein "Regengott".
Jörg
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