Vollmundig meinte mein Schatz, dass sie in 2008 auf jeder Strecke so viele Sekunden finden würde, wie die Strecke Kilometer hat (in Hockenheim somit 5 sec pro Runde). Da ihr größtes Potenzial beim Schalten liege – so fuhr sie bis dato mit ihrer alten 6er in Hockenheim fast alles im 4. Gang – würde sie nun schalten und die Verbesserung wäre kein Problem. Das ist sowohl ein Plan als auch eine Ansage, dachte ich, gleichwohl der Auffassung, dass der Strafenkelch ob ihres Übermutes (sie und schalten - pffhhh) wohl an mir vorübergehen würde.
Ich für mich war da ein wenig vorsichtiger und kündigte eine pauschale Verbesserung von min. 2 sec. an. Da wir in 08 in AdR (wg. des Umbaus außerhalb der Wertung), in HH, auf dem NBR, in OSL und in Brünn fahren wollten, war die Vorgabeliste schnell geschrieben. Auch wenn ich die Ansage von Hajoka als mutig erachtete, erschien mir auch meine Vorgabe als nicht ohne. Denn zum einen stagnierten meine Zeiten schon viel zu lange und zum anderen hatte ich bis dato auch kein vergleichbar bahnbrechendes Verbesserungspotenzial bei mir ausmachen können. Schließlich stand ICH nie willentlich dem Vorwärtsdrang meiner ¾-Gixxe durch eine scheinbar angeborene Schaltverweigerung im Wege bzw. hatte mich zugleich der Vernichtung der aufgebauten Geschwindigkeit immer mannhaft gestellt.
Also musste im Vorfeld der Saison etwas unternommen werden. Das Potenzial, das im Verhältnis von Körpergewicht zu Motorleistung steckt, hatte ich schnell als nicht nutzbar abgehakt. Vielmehr sollte das Studium einschlägiger Literatur zur revolutionären Verbesserung beitragen. Schnell war ein neues Buch für sehr schön lesbar erachtet, gekauft und als Bettlektüre verschlungen. Dabei und bei der schier unendlichen Selbstanalyse stellte sich heraus, dass bei mir die Sitzposition wohl das zentrale Problem sei - was natürlich keinesfalls bedeutete, dass mir das Bremsen und Beschleunigen (oder die sonstigen fahrdynamischen Prozesse) optimal und fehlerfrei gelingen würden.
Aber das notleidende Vertrauen in die Bindung ans Gerät war speziell in lang gezogenen Kurven bei meinen fast 100kg Körpergewicht in Verbindung mit meinem unbändigen Willen zum Hang-off äußerst problematisch und Ablenkung zugleich. Also wurde in zahllosen Trockenübungen eine Sitzposition erdacht, das Fahren in ein sportpsychologisch wertvolles Bewegungsmuster umgesetzt und dann auf meiner K5 geübt und geübt und geübt und wieder durchdacht und wieder geübt.
Mein Schatzi war da schlauer, denn sie lies mich erst in Ruhe alles lesen und nutzte dann meine männlichen Instinkte, alles wahrheitsgemäß zu beantworten, was Frau so fragt. Sie meinte sogar bisweilen, dass sie das eine oder andere gar nicht gefragt hätte (räusper). Aber egal, denn sie erhielt – quasi als Hörbuch – den Inhalt schön komprimiert vorgebetet und vorgeturnt und konnte sich daraus die besten Teile herauspicken.
Sei’s drum, der erste Ausritt lag vor uns – gemeinsam mit unserem Kumpel waren wir mit Hebe Speer erstmals seit dem Umbau wieder in AdR. Da ja aus der Wertung genommen, bot sich der Tag zum gemütlichen Rantasten an die Saisonziele an. Der erste Turn war aber so dermaßen bescheiden, dass er die Erkenntnisse des Winters komplett in Frage stellte und meinen Freund (ausgestattet mit einer geliehenen, originalen und zudem ausgelutschten Monster statt seiner ¾-Gixxe) zu der Frage veranlasste, ob ich beim Rausbeschleunigen auf Start-Ziel überhaupt richtig am Gas wäre.
Davon angestachelt war ich schließlich wild entschlossen, meine neuen Erkenntnisse und Vorhaben in die Tat umzusetzen. Und siehe da, es klappte immer besser und nicht ohne ein Grinsen unter meinem Helm verschwand die Monster samt Fahrer im nicht vorhandenen Rückspiegel gen Sonnenuntergang. Beglückt von dieser Erfahrung und der Erkenntnis, dass Entschlossenheit ein entscheidendes Erfolgskriterium ist, sah ich zu meinem Schatz hin und dort nur ein zufriedenes Grinsen, denn auch ihre Vorsätze schienen still Früchte zu tragen.
Wie sehr, das haben wir dann bei den nächsten Events in HH und auf dem NBR gesehen. Während ich meine Vorgaben recht genau erfüllte, brannte mein Schatz mal so ganz nebenbei ein wahres „Fahrfeuerwerk“ ab. Da fielen die Sekunden mal gerade so im Vorbeigehen, als ob die Vorgabe ein Kinderspiel sei, so dass sie sich am Ende um erstaunliche 9 und 8 Sekunden verbessert hatte. Daran änderte zu unser aller Erstaunen auch der erste Bodenkontakt ihres Racerlebens nichts. Nach erfolgter Ursachenforschung war der Fehler schnell erkannt (nein, der Reifen war nicht schuld), dann wurde sich kurz geschüttelt und weiter ging es, hatte Frau doch eine Mission zu erfüllen.
Im Gefühl des Übermutes wechselten wir - getrieben von einem unmoralischen Angebot - von unseren geliebten BTs auf Dunlop GP-Racer. Die an sich wirklich guten Reifen rollten sich nur knapp nicht in unser Herz. Durchaus sensibel angelegt erschütterten mich die im kalt-windigen OSL (13 °C im Juli!!!!) vorgefundenen Kaltlaufeigenschaften in meinen Grundfesten und drohten mich vom in unzähligen Stunden erdachten Kurs abzubringen. Im Nachhinein betrachtet haben sicherlich die deutlich geringeren Vorlauftemperaturen meiner KLS im Vergleich zu den Wärmern von Hajoka deutlich zu meiner Misere beigetragen und die jeweils ersten Runden zum Desaster werden lassen

Aber zunächst ging es wie geplant nach Brünn und mit der pragmatischen Grundhaltung meines Schatzi fand sie vielleicht auch wegen der GP-Racer erneut unglaubliche 11 sec. Und ich? Trotz meiner Verunsicherung und der allgemeinen Abneigung gegen Brünn (hatte ich erwähnt, dass lang gezogene Kurven meets schlechte Sitzposition eine unsägliche Kombination sind) hatte auch ich mich verbessert – gerade so kam ich quasi auf den letzten Drücker mit einem blauen Auge davon. Allerdings war auch Brünn dem Vertrauen in meine Bindung zum Gerät nicht zuträglich.
Angeschlagen von diesen Erlebnissen und weiterhin grübelnd ging es zum Saisonabschluss erneut nach OSL. War es doch Chance und Risiko zugleich - die Nuss galt es jetzt zu knacken. Zurück auf vertrautem Geläuf kam ich dort am Vorabend in den Genuss der freundlichen Dienste der SPS Race-Crew in persona von Cheffe und Erklärbär Willi, der mit mir in seiner überaus liebevollen Art das kleine 1x1 der Sitzens durchging und mir die zuletzt angesammelten Irritationen schon austreiben wollte. Eifrig turnte er mir auf meinem Möppi vor und es dauerte nicht lange, bis sich eine mir wohl bekannte illustre Gruppe äußerst hässlicher Menschenkinder um das Erläuterungsschauspiel versammelt hatte (es konnte ja nicht sein, dass sich da jemand einen Vorteil verschaffte) und die Erklärungen des willigen Willis auf sich zogen. Immerhin wusste ich jetzt, dass auch andere mit ihrem Hang-off nicht immer eins waren.
So ausgerüstet und gestärkt kam ich wie Phönix aus der Asche auf die Strecke und die Zehntel begannen nach langer Stagnation endlich auch bei mir wieder zu purzeln. Jede erwartungsträchtige Kontrolle von "Willi will’s wissen" konnte somit mit kleinen und größeren Teilerfolgen locker gekontert werden. Am Ende von 2 wunderschönen Tagen mit SPS stand eine Verbesserung von etwa 6 sec auf "meiner" Uhr. Abseits davon musste oder besser durfte ich nach jedem Turn sehen, wie auch mein Schatz wie selbstverständlich Sekunde um Sekunde fand. Trotz des zunehmenden Gebrechens der alten 6er hatte sie entschlossen gekämpft und geschaltet, was das Zeug hielt, und eine Verbesserung um 11 sec hingelegt.
Resümierend kann ich somit feststellen, dass jeder von uns sein Saisonziel erreicht hat und der Vergleich somit mit einem "klaren Unentschieden" (räusper) ausgegangen ist. Man könnte sich fragen, wieso ich das Alles schreibe, wenn das Ende doch so langweilig ist – ist es aber aus meiner Sicht nicht. Denn während ich mich noch darüber freute, dass mir trotz meiner Brünn-Phobie der drohende Putzdienst erspart blieb, beging ich einen Fehler, nach dessen Gewahrwerden die Freude recht schnell verflog.
So hatte ich völlig arglos Hajokas Aufwärtstrend und die daraus resultierende Erkenntnis, der altersschwachen Kawa ihr Gnadenbrot zu gönnen, begleitet und unterstützt. Bis hierhin war noch alles gut. Allerdings manifestiert sich nun drohendes Unheil in einer seit einigen Tagen in der Garage stehenden ¾-Unfall-K8. Der volle Umfang dieser Tatsache ... einer Ausgestattung mit einem prima Getriebe, einer Anti-Hopping-Kupplung, gutem Handling, mehr PS und vor allem einem deutlich günstigeren Leistungsgewicht ... wurde mir erst bewusst, als Hajoka in voller Euphorie über "Paula", wie sie ihre K8 getauft hat, die neue alte Ansage – pro Rundenkilometer eine Sekunde zu finden – auch für 2009 in den Raum gestellt hatte …
Was mich dabei aus der Ruhe bringt? ICH MUSS MIT EINER VERGLEICHBAREN – UND REALISIERBAREN - VORGABE GLEICHZIEHEN ...
Derzeit kreisen meine Gedanken um folgende Möglichkeiten:
1. Die K8 nur im Regenmodus fahren lassen.
2. Ihr die K8 wegnehmen und selbst fahren.
3. Heimlich meine schwächliche K5 tunen, was das Zeug hält.
4. Mir ne 1000er kaufen.
5. Ne neue Freundin suchen.
6. Eine schwerwiegende Verletzung oder Allergie vortäuschen.
7. Rechtzeitig aufhören und als Boxenluder anheuern.
8. …
Für sachdienliche Hinweise bin ich jederzeit offen und dankbar …