Part III: Freizeit am Samstag
Da Korea belebt und nicht wie der unredliche Hopfensaft Schädelweh produziert, wachte ich am Samstag um 7 auf, wusch mein Gesicht, putzte meine Beißerchen und wartete auf die Ankunft von Oliver. Er wollte gegen 8 da sein. Während ich mit den MZ-Nachbarn plauderte, klingelte mein Mobiltelefon. Es war Oliver. Das Komische war, dass ich seine Stimme in Stereo hörte - in meinem Ohr und 5 m links von mir, hinter einem weißen Sprinter.
Leicht grinsend begrüßten wir uns. Wie alle Aufzünder (außer mir und Hajo) sah er extrem scheiße aus, aber zu meiner Verwunderung war sein mitgebrachter, ca. 6 Jahre alter Sohn ein hübscher Kerl. Ich mutmaßte dass Oliver wohl nicht sein leiblicher Vater sein konnte, sprach dies aber nicht laut aus. Zu meiner großen Freude hatte Oliver mir drei 640er-Dunlop-Slicks mitgebracht, die ich auf der Blade ausprobieren wollte. Ich war vom vorderen 758er sehr begeistert und hoffte auf eine ähnliche Performance der Hinterreifen.
Nachdem Oliver sein Uffzyndequipment in der Box untergebracht hatte, baute ich den zerschraddelten Hinterreifen aus der Blade und begab mich zu Bernd Dietrich um den Dunlop aufziehen zu lassen. Es sollte nicht mein letzter Gang zu Bernd sein. Wie einst die alten Griechen Eulen nach Athen trugen, so trug ich an diesem Wochenende Reifen zu Bernd.
Doch der Höhepunkt der Reifenwechselorgie sollte erst am Sonntag folgen.
Ich hatte gerade die Felge wieder eingebaut und unterhielt mich draußen mit Oliver, als neben mir ein prolliger M3 parkte. Eine unförmige Hand streckte sich aus dem halboffenen Fenster und packte meinen muskulösen Unterarm. Ich war perplex. Doch als ich dann das dazugehörige, extrem hackfressöse Gesicht sah, da wusste ich Bescheid: Jens S. was in da house! Trotz seiner fürchterlichen Hackfresse und seines Angeberautos begrüßte ich ihn herzlichst, denn ich wusste ja, dass er im Grunde seines Herzens ein vernünftiger Mann war.
Da wir sonst nichts zu tun hatten, halfen wir Oliver bei der Vorbereitung seines Seriensport-Auftritts. Er wollte mit seiner Cup-R1 aufzünden, die er zuvor noch nie getestet hatte. Ich war gespannt ob das gut gehen würde. Nach einigen Problemchen bei der techn. Abnahme wegen Stahlflexleitungen u.ä. wurde er auf die „Bad Boy“-Liste gesetzt, durfte aber wenigstens fahren. Während der Dauerprüfung übernahmen ein mitgereister Kumpel von Oliver, Jens und ich die Boxenarbeit, aber jedes Mal wenn Oliver in die Box kam, war seine Laune schlechter. Das Federbein war anscheinend albern eingestellt und ruinierte den montierten D209-Hinterreifen völlig. Am Ende war er so dermaßen aufgerissen, dass an ein Aufzünden im Sprintrennen nicht mehr zu denken war.
Oliver stellte die R1 also in der Box ab und zog sich um. Was für ein Monsterkäse - ich hätte gerne gesehen wie er mit einem funktionierenden Mopped das Sprintrennen gewonnen hätte. Nachdem die R1 wieder eingeladen war und wir noch 2-3 Kaffeeen getrunkt hatten versprach Oliver aber, evtl. am Abend seine andere R1 einzuladen und mit uns den Bördesprint zu fahren. Ein Teampartner würde sich schon noch finden. Zur Not hätte er wohl auch alleine gezündet - zugetraut hätte ich ihm das sofort, er sah so fit aus wie 71 Turnschuhe.
Jens musste auch wieder fahren, weil er seinem Sohnemann einen Besuch beim MX-Jump-Contest in Hamburg versprochen hatte, und so war ich schon wieder allein in Box 4.
Nach und nach trudelten dann aber die r4f-Fressen in Box 4 ein - Bremsklotz, Ingo, Lutze, und Schnecke mit ihrem persönlichen Fahrwerksexperten Jakeman.
Außer Schnecke sahen natürlich alle wieder extrem farciös aus, aber sie schienen sehr nett zu sein, und ich war froh, so redliche Menschlinge in meiner Privatbox zu haben.
Um 14 Uhr kam der Regen - zuerst nur ein paar Tropfen, danach wurde die Tropfen zum Landregen. Das erste Zeittraining wurde wegen den albernen Bedingungen zum freien Training erklärt, und so entschied ich, den Helm gegen ein Korea zu tauschen und nicht mehr rauszufahren. Wenn es morgen immer noch regnete dann würde ich fahren müssen, aber so würde ich wenigstens morgen früh nicht in einen patschnassen Kombi steigen müssen - Regenkombi hatte ich natürlich keinen, und meinen Ersatzkombi hatten mir unvernünftige Ärzte vor einiger Zeit zerschnitten. Lustigerweise wurde das Training dann doch als Zeittraining gewertet, aber das war mir eigentlich egal, denn beim 6-Stunden-Rennen war die Startposition ziemlich zweitrangig, und außerdem hatten wir ja morgen früh noch ein Zeittraining. Gegen Abend trafen die Battle-Kämpfer ein, und ich wurde gezwungen, mit dem einen oder anderen ein Wiedersehens-Korea zu trinken - nicht dass mir das etwas ausgemacht hätte...
Per sms benachrichtigte ich Oliver, dass in Osch Land unter angesagt war, und dass die Aussichten auch nicht sehr berauschend waren. Ich hoffte, er würde trotzdem nochmal auftauchen, aber auch diese Hoffnung sollte sich leider nicht erfüllen...
Um 21.34 Uhr, ich saß gerade unter dem orangenen KTM-Zelt, vernahm ich endlich die wunderbare Stimme von Hajo hinter mir. Ich schloss ihn in die Arme gab ihm einen Becher zu trinken. Er sah erschöpft, aber glücklich aus. Er hatte sein Geraffel schon in Box 4 verstaut, und so konnten wir sogleich zum gemütlichen Teil übergehen - Grillen und Koreanisieren in der Box. Hajo schwächelte allerdings schon so gegen 23 Uhren und legte sich in seinen kalten T4. Die anderen Zünder machten auch Anstalten, sich wegzulegen, und so machte ich mich auf, die Reggae-Bar zu entern - natürlich nicht, ohne vorher noch meinen neuen Koreagefährten Edgar abzuholen. Die Dame namens Sani hatte den Rumpunsch gerochen und wollte auch mitkommen, also erbarmten wir uns ihrer und nahmen sie mit.
Was dann zu späterer Stunde noch passierte ist mir bis heute unerklärlich.
Sani sagte plötzlich irgendwas von Stellungen, und zwar inkl. Adjektiv, also so was wie „gefährliche Stellungen“ oder „lustige Stellungen“. Jedenfalls lachten wir uns schlapp wegen diesem Ausdruck, weil es solche Stellungen eigentlich gar nicht geben konnte, und das Seltsame war, dass wir uns alle drei 15 min. später nicht mehr daran erinnern konnten, was das für Stellungen waren! Wie ich hier sitze und dies schreibe, quält mich immer noch diese nagende Ungewissheit, es nicht mehr zu wissen. Das ganze restliche Wochenende versuchte ich, mich daran zu erinnern, aber es klappte nicht. Manchmal dachte ich in der Hasseröder, es wäre mir eingefallen, es lag mir quasi wie ein Wackerstein auf der Zunge, aber es fand den Weg nicht in mein Hirn. Danach war ich dann so wütend, dass ich mir wahllos Gegner raussuchte und sie außenrum oder im Wheelie herbrannte, nur weil mir dieses Sch***wort nicht mehr einfiel!
Heute bin ich mir sicher dass es mit s anfängt...
Lange Rede, kurzer Sinn, wir zermarterten uns unsere Gehirnwindungen und gingen wieder pünktlich um 2 zu Bett - schließlich musste am nächsten Morgen noch die eine oder andere Pole eingefahren werden.
Ich träumte von Volker Bähr und Hansi Hinterseer, aber trotz dieses Alptraums erwachte ich morgens wieder frühlingsfrisch und kopfwehlos.
