Ein Blick in die Datenbank zeigt, dass anscheinend nicht eben viele R4F Leute Misano kennen.. zu Unrecht, finde ich. Neben den wahnsinns Berg und Tal Bahnen wie z.B. Brünn finde ich Misano unheimlich spannend und mit großer Freude zu fahren.. dazu kommen noch so nicht ganz unwichtige Faktoren wie dass der Strand nur 8 Minuten entfernt ist, neben dem Fahrerlager ein Freibad ist und man dort auch gut essen kann. Seit 2007 oder 2008 wird anders herum gefahren, was wohl dazu führt, dass noch weniger Leser in Gedanken mit mir mitfahren können.. ich weine heute Nacht um euch

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„Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass das Team DNF sein letztes (und einziges) Mitglied wegen groben Regelverstosses mit sofortiger Wirkung gekündigt hat. Vorsätzlich und grob motorisch hat das Mitglied ein Rennen ohne Sturz oder Defekt zu Ende gefahren.“
Die Rennleitung
Der Rennzirkus rund um Franz' Jura Racing machte diesmal Station in Misano. Wie auch in Rijeka, Most und Pannonia kannten Monica [blue velvet] und ich die Strecke noch nicht. Persönlich fuhr ich mit großen Erwartungen nach Misano.. diesmal sollte doch bitte bitte wieder mal alles klappen. Nach dem üblen Highsider in Rijeka am Anfang der Saison, folgte ein Bremsdefekt am zweiten Tag in Most und ein sich selbst zerlegender Schnelltankverschluss in der ersten Rennrunde in Pannonia. Wahrscheinlich eine Spätfolge vom Highsider in Rijeka, bei dem ich den Tank meiner K1 Gixxer bei der Landung von oben unsanft mit der Hüfte eindellte.
Nun hoffte ich, alles perfekt vorbereitet zu haben. Eine neue Bremsanlage einer 750er mitsamt schöner Pumpe ersetzte zusammen mit einem anderen Tank die alte Hardware, die mir bislang Probleme machte. Daran sollte es verdammt nochmal nicht scheitern.
Donnerstag gings los, Monica holte mich um 14 Uhr in Starnberg von der Arbeit ab und wir fuhren bei schönstem Sonnenschein mit dem Hänger hinter dem Passat Richtung Adriaküste. Die dynamische Beschilderung auf dem ganzen Brenner bis nach Bologna, welche besagte, dass Gespanne generell heute nicht überholen dürfen, ignorierten wir unsererseits höchst dynamisch. Die italienische Polizei sahen wir sowieso nur selten und dann meist dabei, wie sie bemitleidenswerte Cruiserfahrer verfolgen.. bei uns stand der Tempomat bei ca. 107 und der Blick Richtung Süden gerichtet..am Horizont stand in der Hitze flimmernd „come Racing!“ geschrieben, wenn ich nur lange genug starr hinsah..das milde Lächeln begleitete mich.
Ankunft war in Misano schon um 22:30 Uhr, somit hatten wir vor der schon einstudierten, 100 minütigen Choreografie des Abladens und Zeltaufbaus noch Zeit, die üblichen Verdächtigen der Jura Racer zu begrüssen. Es waren immer noch 28° und die hohe Luftfeuchte setzte einem schon am Abend zu. Wie wird das Tags drauf werden? Wieder so eine unglaubliche Hitzeschlacht wie am Pann vor drei Wochen? Beim stumpfen, routinierten Aufbau fiel mir unwillkürlich der mir leider noch unbekannte SP-12 Harry ein, mit dem ich auf so mancher Pannrunde virtuell gesprochen habe, weil ich dessen mitreissender Pann-Bericht dort so präsent hatte. Also bitte, Adriaküste hin oder her, aber 37° müssten es doch diesmal nicht zwingend wieder werden. Hier und jetzt erstmal das verflixte Zelt aufgebaut, ein kühles Bier gabs dazu und irgendwann einen etwas entrückten Blick auf die Nachbarn, die 30 Sekunden, nachdem sie ihr WoMo geparkt hatten, die Markiese elektrisch ausfuhren und sich in der Mikrowelle (*pling*) was zu essen machten. Während wir wohl gerade die Lumatra aufpusten mussten... Egal, sportlich nehmen, Bett machen, pennen gehen, morgen gibts Racing!
Am nächsten Tag schafften wir es nicht ganz so schnell aus dem Bett, dennoch waren wir kurz nach 9 Uhr auf der Strecke, denn die erste halbe Stunde gehört Juratypisch den Neulingen. Die sollte man tunlichst nutzen, denn das Niveau ist von mir aus gefühlt recht schnell. Erster Eindruck war: geile Strecke, gefällt mir sehr, auch wenn ich für die Kurven nach Start/Ziel noch keine Idee hatte und die drei schnellen Rechts auf der Gegenseite wohl mehr Mut verlangen als ich in dem Moment aufbringen konnte.. und überhaupt passte noch einiges nicht.. aber es würde auf jeden Fall Spass machen hier besser zu werden.
In der ersten Nacht hatten noch drei italienische Jungs neben uns ihr Lager aufgeschlagen. Die waren etwa Ende 20 und einer von Ihnen, Mauro, quatschte uns bald freundlich mit etwas Englisch an. Die Jungs wohnen nur 100 km von Misano weg und Mauro trieb seine RSV Mille mit einer 1:54 tief um die Strecke. Da war ich gerade noch auf der Suche nach den letzten Sekunden, um unter 2 Minuten zu kommen. Er lud mich ein, dass ich zusammen mit ihm und den beiden anderen Jungs in der zweiten Gruppe rausfahren sollte. Ich zögerte erst, denn italienisches Gruppenfahren auf der Rennstrecke ist typischerweise etwas, worüber ich mich bei anderen Veranstaltungen schonmal geärgert habe. Die Jungs waren aber super und zogen mich gut um den Kurs. Nein Moment, korrigiere, es war irre geil mit den dreien, sie spielten etwas mit mir und ich hatte Spass für 12! Nach Start/Ziel war ich öfter mal dran, aber nach der engen Recht-Links-lange-Rechts Kombination gefolgt von der ganz engen Doppelrechts und Links auf die Gegengerade machte Mauto locker 30 Meter auf mich, wow, das sah bei ihm alles viel flüssiger aus. Ich feilte daran und wurde langsam besser. Nach dem Qualify stand eine 1:57.8 für das morgige Rennen auf dem Zettel. Okay, Startplatz 34. Beim Blick nach vorne wieder lächelndes Kopfschütteln. Wieder, oder, wie immer, hatte Jan Jaspersen aus Dänemark die Pole gefahren, mit einer Zeit, die über eine Sekunde unter der des Zweitplatzierten lag: 1:43 tief. Irre! Die 600er Polezeit lag auch nicht viel darüber.
Bei mir stimmte jedenfalls der Spass und die Strecke gefiel mir immer mehr.
Nach dem abendlichen Grillen verabschiedete sich Monica zeitig gegen 22 Uhr ins Bett, während die Italiener mich noch mit einer Flasche Wein zu sich herüberwinkten und mich nach dem Genuss derselben noch in die Geheimnisse der Strecke einweihten. <Rossi Akzent>"Heikooo, you need to take more speed through the three fast right corners. There lays a lot of time! We will show you tomorrrow!"</Rossi Akzent>
Okay, gut angetrunken ins Bett ist bestimmt ne solide Bases dafür.
Samstag beginnt wie Freitag. Morgens um 9 Uhr fängt so langsam der Schweiss an zu Laufen und das zwängen ins Leder ist der ausgeglichenen Körpertemperatur auch nicht gerade zuträglich. Aber egal, nichts wie raus und den Wind bei gespreizten Beinen durch das Stretch pfeifen lassen..aaaaah, das kann ja so gut tun

Man, wieder ein Rennen!! oder besser: wieder ein Versuch.. Rückblickend war wirklich bei den letzten drei Rennen immer der Wurm drin, was mich ja nicht gerade zuversichtlicher werden lässt. Ich meine, ich bin bis dato erst ein Rennen überhaupt zuende gefahren.. und das war mit Monicas 600er. Aber das war so geil, dass ich es immer wieder versuchen würde.
Gestartet wird in Misano wohl immer nur fliegend. Franz von TTSL fährt ne Runde vor (wenn er nicht selbst mitfährt) und verabschiedet sich dann in die Boxengasse und gibt die Strecke frei. Ich sah bei den 600ern, dass das Feld schon gut entzerrt wird, was einerseits schön ist, da man sich dann nicht so schnell in in der ersten Kurve in die Quere kommt, andererseits man aber auch nichts durch einen guten Start rausholen kann.. und in Pannonia bin ich eigentlich ziemlich gut gestartet und war mir sicher, das widerholen zu können. Nun ja, sie sichere Variante machte mir eigentlich auch nichts aus, beruhigte wahrscheinlich eher mein Lampenfieber.
Das Rennen kam gefühlt zu schnell. Monica fuhr das Rennen der 750er mit und ich machte mich derweil fertig und stellte mich aufgeregt zum zweiten Aufruf schon in der Boxengasse auf und liess mich in der Sonne braten. Ganz locker, klar. Ich sah auf die anderen Fahrer und suche ein lockeres Lächeln zum erwiedern unter einem offenen Visir, aber ich glaube, hier hinten auf den billigen Plätzen ging doch auch allen anderen ordentlich die Düse

Fahnengeschwenke, es ging los. Die Einführungsrunde gefiel mir ja mal gar nicht. Der Typ direkt vor mir liess schon in der Einführungsrunde abreissen und liess sich auch nicht in den letzten Kurven überreden, auf den Vordermann aufzuschliessen. Das Rennen wurde freigegeben, ich setzte mich in seine Spur und war völlig von seinem Brems-Roll-Brems-Manöver nach Start/Ziel überrascht und stockte hinter ihm. Ich liess mich in der folgenden links-rechts Kombination irritieren und vor der engen Doppelrechts nach aussen drängen, während ich ärgerlich fluchte, wer diesem Typen den Transponder im Qualify um den Kurs gefahren hat. Was zur Hölle macht der vor mir?! Während ich auf sein Einlenken wartete, schnupfte innen Erich auf seiner himmelblauen K1 #777 an uns beiden vorbei. Ja Moment, Jungs, so ja wohl nicht hier! Auf der Gegengeraden machte ich mich ganz klein, weil der Typ bei der bisher gezeigten Bremsperformance erneut keine gute Figur machen würde. Die Kurve mochte ich, ich warf spät den Anker und schoss mit viel Speed an Mr Stotterbremse vorbei und machte mich daran, Erich wieder einzuholen. Ich machte die folgenden drei schnellen Rechts gut, sah, dass Erich in der letzten Rechts vor der Haarnadel zu wenig Eingangsspeed hatte. Ich hielt mehr Speed und setzte mich schon in der Bremszone neben ihn und konnte ihn ein bisschen unsmooth ausbremsen. Eigentlich zu meiner Freude beschleunigte er besser raus aus der Haarnadel und ich konnte ihm durch die Links Richtung letzter Kurve nur folgen. Ich war mir meiner Sache aber jetzt sicher und bremste ihn endgültig nach Start/Ziel aus. Geschafft, von den beiden würde ich mich absetzen können, freute ich mich. Zunächst sah es dann so aus, als könnte ich nach vorne nicht viel machen und ich dachte, ich fahre einfach ohne Druck persönlich hohen Speed und kriege dabei vielleicht noch eine beste persönliche Rundenzeit hin.
In den nächsten paar Runden konnte ich hier und da doch nochmal jemanden ein- und überholen. Ich fühlte mich sicher, was mich aber auch dazu verleitete, immer mal wieder ein Zehntel hier und da nur aus Nachlässigkeit liegen zu lassen. Das bewies mir irgendwann eindrucksvoll die 1098, die sich am Ende Start/Ziel relativ locker an mir vorbeipresste. Verdammte Start/Ziel Bremszone!, dachte ich, bin ich richtig schlecht! Während ich für meine Verhältnisse in der Bremszone der Gegengeraden alles geben kann, bin ich hier immer zu früh auf der Bremse und zu früh beim Einlenken. Zu diesem Zeitpunkt verhaspelte ich mich dann in der Folge des Überholmanövers des Duc-Treibers auch noch und liess ihn direkt mal ziehen. Verdammt, es waren nur noch drei Runden und er hatte wirklich schon einen kleinen Abstand herausgefahren. Ich dachte mir, Das schaffe ich wohl nicht mehr. Ach egal, ist geil, Adrenalin tropft mir aus den Ohren, Platzierung ist hier hinten eh egal, also sieh zu, dass noch eine gute Zeit rausspringt. Also weiter Druck machen, los los!
Eine Runde später hatte ich die 1098 plötzlich wieder in gefühlt erreichbarer Distanz, beim nächsten Start/Ziel Durchlauf war sie schon wieder näher gekommen.. es durchflutet mich.. sollte ich das wirklich nochmal drehen können? Ich konnte mich nicht mehr halten.. also los, nochmal alles geben! Ende der Gegengerade erst am Anfang der Curbs bremsen, zusammenstauchen, zweimal Gang runtersteppen, möglichst viel Speed mit reinnehmen, von aussen kommen und mit früh ans Gas einen schwarzen Strich malen.. man.. JA, genau so, ich peilte das 50 m Schild von dem Rechtsknick an, liess die Maschine ein bisschen am Schild vorbei im Begrenzer husten um dann über die Curbs nach aussen tragend die enge Rechts anzubremsen. Da, er war näher gekommen. Jetzt die drei Rechts gut fahren. Ich machte mich klein hinter der Scheibe, stierte immer wieder auf den Drehzahlmesser, wartete angestrengt, dass der Schaltpunkt erreicht war und wollte immer nur einen Wimpernschlag das Gas für den Gangwechsel zumachen. Brüllend im 5 Gang machte ich kurz vor dem ersten Rechtsknick das Gas zu, lenkte ein, hing mich leicht raus, drückte mich sofort wieder hinter die Kanzel und ging sofort wieder hart ans Gas.. er kommt näher.. nur 10 Meter noch.. die nächste Rechts fuhr er noch ein Stück langsamer als ich.. Oh man, ich könnte tatsächlich jetzt, nein, ich werde jetzt... Beim Anbremsen auf die mittelschnelle, dritte Rechts liess ich deutlich länger stehen als er, machte die letzten wenigen Meter gut, setze mich bremsend links aussen neben ihn und bog mit viel mehr Speed ein. Danach konnte nichts mehr schiefgehen. Ich dachte, Scheisse, dass meine Glücksgefühle jetzt nicht mit mir durchgehen! Nein, jetzt nicht mehr! Noch einmal die Haarnadel am Ende routiniert anbremen, umgelegt, rausfeuern, Gang hoch, links durch die Kurve, spät auf die Zielkurve bremsen, auf den Curbs rausfeuern, durchladen, irres Lachen, Zielflagge, shake Hands mit dem 1098 Treiber, Rennen vorbei. 1:56.6 ist bei der letzten Runde herausgekommen, ich war ganz ganz leicht euphorisch

Der Rest vom Wochenende verschwand dann von heute aus betrachtet eigentlich schon in der Bedeutungslosigkeit. Es war vollbracht, es war dann doch nochmal geschafft, es war schwer und doch ganz einfach und es war vor allem die pure Freude. Ich bin am nächsten Tag nochmal rausgefahren und konnte von meiner besten Rennrunde eine weitere Sekunde abknapsen.. klar, bei 10 Sekunden auf die R4F Spitze kann man immer noch ne Menge gut machen. Es brachte mir nochmal ein sehr breites Grinsen und die Anerkennung der Italiener neben uns.. Aber die Erfahrung vom Rennen überstrahlte den Rest des Wochenendes.
ein bild.. hier komme ich gerade von der ehrenrunde, motor lief noch, schade dass man das grinsen nicht sehen kann.. aber glück für euch

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