Für Brünn hatte ich mir schon vorgenommen, diesmal alles perfekt zu machen. Am Mittwoch Abends sollte schon angereist werden, um dann den ganzen Donnerstag zu nutzen, damit die R1 für die Rennen perfekt abgestimmt wäre.
Aber es kommt ja doch immer ein wenig anders....Ob's am Antizünd lag, weiß ich nicht, auf jeden Fall mußte ich am Freitag nachmittag auf Beerdigung. Ich überlegte noch, ob ich das Wochenende komplett steiche, aber irgendwie geht das Leben weiter und ich wollte doch fahren, und meine Helfer hatten die Zeit auch schon eingeplant.
So kam ich in den Genuß eines 'echten' Werksfahrersdaseins. Der Walter zog meinen Wohnwagen, incl. Mopped und Material, am Donnerstag früh 'gen Brünn, und ich konnte mit Siggi und leerem, leichten Zugfahrzeug, am Freitag abends hinterher 'fliegen'.
Die Box war wohl gefüllt mit redlichen Aufzündern, welche selbst zu diesem Zeitpunkt auch wohl gefüllt waren

Motorrad, Werkzeug, Material, Wohnwagen, alles war bereits aufgebaut, perfekt: Wenn ich wieder auf die Welt komme, werde ich Werksfahrer.
Normalerweise fahre ich nur die R1-CUP-Rennen, aber da ich Freitags nicht fahren konnte, wollte ich dafür am Samstag alles fahren, was irgendwie ging.
Samstag morgens, 07.00Uhr, der Wecker klingelt, ein Blick nach draußen und mein schwarzes Herz lachte. Es regnete, nein, es goß aus vollen Kübeln. Ja, das war das Wetter, was mir taugte, mußte ich doch mangels Qualifying vom letzten Startplatz aus in die Rennen gehen.
Also raus frühstücken, Siggi und Walter machten die R1 schon mal fahrbereit. 08.00Uhr, die Strecke ist offen, raus auf die Piste, Meter machen. Nach 10 Runden rein, 2.35, irgendwie bin ich noch recht verspannt. Fahrwerk weicher drehen, wieder 10 Runden raus, 2.32, wird schon besser. Da ich irgendwie kein Gefühl für die Schräglage bekomme, ziehe ich das Regenkombiunterteil aus, und klette meine Kniepads wieder dran. Jetzt geht's, 2.30, so langsam fängt's an, mir Spaß zu machen.
Als Vorbereitung für das R1-CUP-Rennen wollte ich am PIRELLI-CUP teilnehmen. Also los, raus in die Startaufstellung, Reihe 12, wow, so viele Fahrer hatte ich schon lange nicht mehr vor mir gesehen. Da ahnte ich schon, daß ich sehr viel Spaß haben würde....
Start, los geht's, immer schön außen bleiben, bloß nicht einklemmen lassen, 1000ccm und 175Ps bei strömendem Regen, das hat was, einfach geil. Walter zeigt mir P6 nach der ersten Runde, nur noch fünf vor mir, ich konnt's kaum glauben. Ende StartZiel den nächsten vollstreckt, Bergrunter auf die Doppelrechts zu wieder eine von diesen schwachbrüstigen 600ern inhaliert, war das der Lenzer?? In der Bremszone kommt er wieder vorbeigeflogen, ja, das war er, wer bremst sonst so spät, egal, die nächste Gerade kommt schon. In der zweiten Runde kriege ich P3 gezeigt. Eingangs StartZiel war dann nur noch einer vor mir, der winkte mich mit seinem seitlich ausbrechendem Hinterrad vorbei, komische Art

Ab da, hatte ich freie Fahrt. Fazit: Das Leben ist schön und Regenrennen sind extrem spassig!!!!
So, oder so ähnlich stellte ich es mir auch für den R1-CUP vor, aber....was war jetzt los, es hörte auf zu regnen und mir schwante böses. Nix hasse ich mehr, als bei teilweiser feuchter Strecke ein Rennen zu fahren. Entweder trocken oder naß, aber doch nicht beides gleichzeitig...
Naja, dieses Problem hatten schließlich alle, aber wie sollte ich von hinten aufholen, wenn nur eine schmale Linie auftrocknet???
In der Aufwärmrunde bemerkte ich dann aber, das in Brünn, die Strecke albernerweise streifenweise trocknet. Das wollte ich für meine Aufholjagd nutzen. Also Taktik umstellen, nix mehr 'rund' fahren, sondern auf den trockenen Streifen extrem beschleunigen und (aus)bremsen und mit leichter Schräglage, ohne Druck um die Ecken rollen. Funktionierte ganz gut, ich konnte einige Fahrer überholen, darunter auch denjenigen, der für die Löschung des Wortes 'rumschwuchteln', aus dem deutschen Sprachschatz verantwortlich ist, aber ich nenne hier keine Namen..... Mit jeder Runde wurde die Piste besser. Irgendwann war ich hinter Reidi, den ich noch nie so schnell erlebt habe (ernsthaft). Er ließ mich vorbei, um sich 'anzuhängen'. Nach zwei Runden überholte er mich wieder und zu zweit konnten wir auf unseren 'Kleinen', auch Lehmann genannt, aufschließen. Ich vollstreckte sofort, und irgendwie hatte ich den Verdacht, die beiden hatten das nicht so gerne. Jedenfalls ließen sich beide nicht mehr abschütteln und wir liefen zu dritt auf 'Meise' auf. Irgendwie kam ich mir, wie bei 'Zehn kleine Negerlein' vor, nur rückwärts. Meise war jedenfalls ein Tier auf der Bremse, das Rennen neigte sich dem Ende und ich wäre da schon noch gerne irgendwie vorbei kommen. Er konnte wohl meine Gedanken lesen, und freundlich wie er war, öffnete er mir, in der Bremszone, bergab, nach dem Omega, eine riesige Türe, welche ich sofort durchfuhr. (So eine R1, mit querstehendem, leicht rauchendem Hinterrad im Supermotostil hat schon was) Wieder ein Negerlein mehr. Jetzt waren wir schon zu viert, und alle wollten mich wieder von vorne sehen... Drei Wahnsinnige, hinter mir, in den Bremszonen auch schon mal neben mir, und das zwei Runden vor Schluß...Schon schleichen sich leichte Fehler ein, hier ein bisschen verbremst, dort die Linie nicht mehr so sauber getroffen...meine Nerven. In der letzten Runde, endlich ein Überrundeter (hatte leider Regenreifen drauf, der arme) an der richtigen Stelle, schnell vorbei und gehofft, das da eine kleine Lücke entsteht, die letzte Kurve bergauf noch extrem spät angebremst und und und.... keine Vorderräder tauchen neben mir auf, geschafft, nur noch auf StartZiel beschleunigen. P6 wird mir angezeigt.
Über die gefahrenen Rundenzeiten breiten wir einen Mantel des Schämens aus. Hut ab, vor den ersten dreien, Einzmann, Langmann und Lenzer, die sind bei den Verhältnissen 3Sek (pro Runde) schneller gefahren. Irgendwo gibt's da in Brünn 'ne Abkürzung....
Trotzdem bin ich äußerst zufrieden, schließlich habe ich doch noch einige Punkte gerettet.
Weil ich schon mal da bin, fahre ich doch gleich anschließend mit Lehmann unter dem Teamnamen 'Genschmän' noch das 2Std.-Rennen. Lehmann fährt den Startturn vom 31ten Startplatz. Da hier mittels 'LeMans'-Start gestartet wird spielt das aber eher keine Rolle. Jedenfalls kommt er aus der ersten Runde schon als fünfter zurück. Nach einer halben Stunde wird gewechselt, nach 'ner halben wieder......nach 2Stunden ist das Rennen aus. Die Platzierung weiß in dem Moment eigentlich keiner so richtig, Gerüchte sprechen von einem dritten Platz, komische Sache so ein Rennen mit Fahrerwechseln.
Bei der Siegerehrung abends sind wir dann sogar zweite?!?!?
Jedenfalls bin ich jetzt erstmal richtig alle. 65Liter Sprit an einem Tag auf der Rennstrecke verbrannt, das schaffe ich sonst nicht mal an drei Tagen.
Schon toll, wenn man ein paar Kumpels dabei hat, die sich um's Mopped, Essen usw. kümmern, ich hab' ausser fahren, nix machen müssen. Danke dafür, Siggi, Walter, Ute.
Um 1Uhr falle ich in den Wohnwagen und in tiefe glückliche Bewußtlosigkeit. Sonntag morgen will ich zum frühstücken gehen, aber was ist mit meinen Oberschenkeln los??? AUAUAUAUAUAUAUAUAU
Ich habe den weltgrößten Muskelkater aller Zeiten, lasse mich vor dem Heimfahren noch 40Min. von Lars' Freundin massieren und jetzt, kaum 3Tage später, kann ich schon wieder Treppen steigen ist das nicht toll?
Gruß
Cheffe #7