Nachdem das erste Renntraining so waaaahhnsinnig gerockt hat und das Material noch ein zweites mitmachen würde, hatte ich mich mit zitternden und feuchten Händen zu einem weiteren Tag Zeiten-Jagd und Adrenalin-Überschuss angemeldet.
Ich hatte mich schon sehr auf den Termin gefreut, da segnete mir eine Woche davor doch glatt die Zylinderkopfdichtung das Zeitliche. Davon wollte ich mich aber nicht unterkriegen lassen, hab die Woche durchgeschraubt und am Sonntag-Nacht die Letzten Schrauben in mein Zündeisen gedreht. Nach viel Schweiß, Frust, verölten und aufgerissenen Händen war die Stunde der Wahrheit gekommen: entweder die Kiste springt an und läuft zuverlässig oder ich hätte 170 Euro Startgeld und eine Woche Mega-Stress in den Sand gesetzt. Die ersten Versuche sie mit dem Start-Knopf zum leben zu erwecken waren ziemlich zäh und trieben mir langsam den Schweiß auf die Stirn. Allmählich waren die Vergaser dann aber endlich geflutet und sie sprang an. Ich schwang mich, für einen letzten Haltbarkeitstest, auf den Bock und als ich mit der Nadel im Begrenzer auf der B10 dem Sonnen-Aufgang entgegenfuhr war es gewiss: Hockenheim ich komme!!!

Nach einigen Stunden schlaf, einer Dusche und einem tierischen Kater aufgrund der Öl-Dämpfe in meiner Wohnung klingelte Zündkollege Thomas und wir machten und auf den Weg nach Hockenheim.

Irgendwann in der Morgendämmerung bin ich dann am Montag im Fahrerlager aufgewacht mit einem Gefühl der Anspannung und diesem bekannten Gefühl in der Magengegend das mich dazu verleitete erst mal die sanitären Anlagen auf zu suchen

Das zweite Gefühl war die Aufregung und die angenehme Nervösität angesichts dessen was heute auf mich zu kommen würde. Letztes mal hatte die Video-Analyse in einem langsamen Turn eine 2:16 ergeben. Dieses mal würde ein Laptimer die harte Realität offenbaren und ich hoffte meine geschätzte Zeit von 2:14/2:13? bestätigt zu bekommen und noch ein bis zwei Sekunden unterbieten zu können. Ich wurde immer aufgeregter und mein Puls stieg mit jeder Minute mehr. Kurz noch den Reifen-Druck checken und dann gings auch schon in die Boxen-Gasse. Der Mensch an der Boxengassen-Ausfahrt gibt die Freigabe und ich jage aus der Boxengasse mit brüllendem Motor. Der erste Turn war noch relativ unspektakulär. Ich checkte noch mal Brems und Einlenk-Punkte und erinnerte mich an das Herausfordernde anbremsen der Spitzkehre an der man an einem Pulk von 5 Fahrern vorbeibremsen oder im erbitterten Fight gegen einen Mitstreiter unterliegen konnte und vor allem bei nicht 100%iger konzentration auch mal den Asphalt hinter der Kehre nutzen musste. Ich liebe und hasse diese Herausforderung. Oder die schnelle rechts vor der Mercedes-Tribüne in der man mit über 150 Sachen mit dem Knie auf dem Boden über den nicht ganz ebenen Asphalt fegt - ein geiles Gefühl!!! Ein wenig enttäuscht fuhr ich dann aber schon gegen Ende des Turns in die Boxengasse. Das sollte die mittlere Gruppe sein? Ich hatte das Gefühl das die langsame Gruppe beim Toni-Mang-Training genau so schnell war.
Ich fühlte mich immer besser auf meiner Maschine aber zwei Punkte auf meiner langen Liste wollte ich unbedingt noch verbessern. Am Ende der Start-Ziel bremste ich manchmal noch zu früh und nahm zu wenig Speed mit und an der Spitzkehre waren meine Bremsungen mit Bremspunkt am 150m-Schild von sehr wechselnder Qualität. Mal war es verdammt eng, mal hatte ich sogar noch Platz vor der Kurve. Zumindest die Kurve nach Start-Ziel zeigte schnelle Verbesserungen bis ich einmal wirklich verdammt spät bremste. Die Kurve flog nur so auf mich zu, ich dachte mir Scheiße, das wird nichts mehr und mein Herz rutschte in die Hose. Also gings ab mit einem wilden Gallop über die Curbs und auf den Aspahlt dahinter. Nun wusste ich also wo ich spätestens bremsen durfte. Bereits im 3. Turn zeigte mein Laptimer eine 2:10.7 an und damit hatte ich bereits Mittags alle Erwatungen übertroffen.

Die anderen Fahrer in meiner Gruppe kamen mir immer öfter eher wie Pylonen anstatt wie Mitstreiter vor, was mich zunehmend nervte. Irgendjemand hatte doch etwas von homogenen Gruppen gesagt bei der Fahrerbesprechung? So kam es das ich den ein oder anderen außen in der Sachs und in anderen Kurven überholte. Es blieb auch nicht aus das ich mit recht großem Geschwindigkeitsüberschuss auf zwei im clinch liegenden Kontrahenten auffuhr in der Wechsel-Kurve nach der Sachskurve. Links war zu und die Curbs waren auch schon belegt. Viele Möglichkeiten blieben mir also nicht mehr. In meiner Not entschied ich das die Dreckige Mulde rechts neben den Curbs doch eigentlich auch recht gut befahrbar sein müsste. Gesagt, getan, in einer Motocross-Einlage bin ich mitten durch den Dreck an den beiden vorbei. Irgendwie Erinnert mich das an Rossi in Lag... – ok, ok, vielleicht sollte ich doch etwas kleinere Brötchen backen

Ich konnte gar nicht glauben wie große Fortschritte ich machte und wenn ich nach einem Turn daran dachte wie schräg sich die Kurven anfühlten und wie nah ich dem Asphalt war wurde mir angst und bange.
Eine „schwäche“ kristallisierte sich dann aber doch herraus, die mich das ein oder andere mal in eine brenzlige Situation brachte. Ich kann oft äußerst schlecht einstecken, vor allem wenn mich Leute mit doppelt so viel PS auf den Geraden überholen aber dann durch die Kurven daher krochen. Als ich nach der Mercedes-Tribüne auf der Geraden Richtung Motodrom im Augenwinkel einen roten Blitz wahrnahm der mich überholen wollte konnte ich das einfach nicht zulassen. Ich bremste verdammt spät, die Kurve kam verdammt schnell näher, ich fuhr neben besagtem Aufzünder in die Kurve ein und hatte das Gefühl das diese immer enger und der Platz immer kleiner wurde. Mein Herz raste und meine Augen schielten hoffend Richtung Kurvenausgang. Da half nur eins: gegen den Stummel drücken und das beste hoffen. Ich merkte das es unter mir schwammig wurde, die Reifen nicht mehr lange Lust hätten das Spiel mit zu machen und um Gnade flehten. Der Kurvenausgang kam immer näher und ich zog an dem roten Blitz vorbei. Puh, das war knapp, so was sollte ich nicht wiederholen. Der Fahrer der roten Maschine zweifelte sicher an meinem gesunden Menschen-Verstand.

Gegen Ende sollte ich noch einmal herausgefordert werden. Ich versuchte mit einer blauen Gixer? auszuhandeln wer die größeren Eier hatte. Auf der Geraden hatte ich keine Chance aber in den Kurven malte ich mir Chancen aus. Als er mich auf der Parabolika überholte dachte ich mir na warte, in der Spitzkehre wird es sich zeigen wer besser Ankert. Wie rasten auf die Schicksals-Kurve zu, mein Blick wurde immer enger der Tacho zeigte 205 an und mein Bremspunkt, das 150m Schild, flog auf mich zu. Jetzt zählte alles. Ich ging in die Eisen und stellte fest das die Kurve sich schneller näherte als mir lieb war. Ich zog zwar an meinem Kontrahenten rechts vorbei aber mit einlenken war es leider nichts mehr. Ich musste die Auslaufzone ein paar Meter gerade aus, aus der Kurve nutzen. Wieder einmal hatte ich in der Spitzkehre versagt – verdammt!
Als ich nach diesem Turn auf meinen GPS-Laptimer schaute stand dort: 2’8“8 Das kann doch nicht wahr sein! Das wollte ich unbedingt durch einen Transponder genau bestätigt haben da meine GPS-Maus nur bis +/-0,2 Sekunden genau anzeigt und ich dem ganzen nicht traute. Ich ging zur Box 43 und fragte den Speer-Menschen ob ich für den letzten Turn einen Transponder haben könnte. „Geht ausnahmsweise in Ordung“ war die Anwort. Ich montierte das Ding also und beschloss alles zu geben ohne abzufliegen. Nach einem anstrengenden, hitzigen Turn fuhr ich mit zitternden Händen und sehr gespannt zur Box 43 um den Ergebnis-Ausdruck in Empfang zu nehmen und ich konnte es erneut nicht fassen.
In meinem zweiten Renntraining überhaupt, mit einer serienmäßigen zxr400, zwischen Fahrern die mit geschätzten 2:30 unterwegs sind, stand auf dem Zettel:
Fastest Lap: 2:07.925
In der Zweiten Runde des Turns hatte ich beim Reifen warm Fahren eine 2:16 gefahren, die bin ich beim 1. Renntraining in meinem Video gefahren. Das ist für mich eine wirklich tolle Leistung und ich hatte mein Tages-Ziel um längen übertroffen.


Ich hoffe das liest sich hier nicht allzu sehr nach Selbst-Beweihräucherung aber ich bin einfach sehr begeistert von meiner Leistung nach so kurzer Zeit.
Alles in allem war das Training noch beeidruckender als mein letztes mal und ich kann immer noch nicht glauben das ich derjenige war, der so schnell und so schräg gefahren ist. Ich habe nun endgültig beschlossen, trotz aller Zweifel, auch wenn dieses Hobby eigentlich zu teuer für mich ist zu versuchen weiter an Renntrainings teilzunehmen.
Nochmal vielen Dank an Thomas der die Fahrgemeinschaft möglich gemacht und den Hänger organisiert hat.