Misano August '05 oder 'Salvation'
Infos zu und mit Veranstaltern, aber auch zu anderen Themen,
über die es sich lohnt zu sprechen!
über die es sich lohnt zu sprechen!
Misano August '05 oder 'Salvation'
Kontaktdaten:
So, ihr wunderschönen Aufzünder, es ist Freitag Nachmittag und ich habe etliche wunderschöne Stunden zur Verfügung um den soeben hinter mich gebrachten Misano-Event (Di - Do) in Worte zu fassen.
Die momentane Hitze von gefühlten 110ºC wird keinerlei Einfluss auf meine Schreibe haben! Jedoch ist es erwiesen, dass es der Gesundheit sehr zuträglich ist, in solchen Zeiten immer genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen und dies gedenke ich auch zu tun. Da ich aber ohnehin immer leicht euripidisiert bin, wenn ich mich an den Laptop setze, wird euch also mein Schreibstil vielleicht ohnehin bekannt vorkommen. Endurance einmal anders… Das Geschreibsel ist also kein live- sondern eher ein life-Bericht, hehe.
Dienstag wird mich die unnachgiebige Militärhand aus meiner schönen Matrix reissen und wieder einmal vier Wochen in ihrer Obhut halten. Nichtsdestotrotz möchte ich vorher noch die Tastatur zum Glühen bringen, um euch einen kleinen Pfadfinderbericht des riminischen Stranddüsens abzuliefern.
Vorher nur noch schnell eine kleine Warnung: Es wird evtl. nur eine oder keine Unterteilung geben und wenn ich so meine Notizen auf der Rückseite eines ölverschmierten A4-Lappenzeiter-Ausdrucks anschaue, werden da ein paar Zeilen zusammenkommen müssen. Jeder auf meine Visage einfallende Sonnenstrahl lässt eine kleine Idee entstehen… und da ich aus Italiausen scheinbar die Sonne im Handgepäck mitgeführt habe, scheint fast während der ganzen Nacht die Sonne!
Vielleicht klappt’s ja doch mit den Unterteilungen…
Part 1 – Appetitmacher: Von Motorradpflege, Böhsen Onkelz und Hybris-Wortschatz
Das 3. Gebot: Du sollst das Aufzünden, welches ist das artgerechte Bewegen eines Motorrades auf der Rennstrecke, zu Deinem alleinigen Lebensinhalt machen.
Oh yes, ich habe in der Zwischenzeit versucht, mich insbesondere an dieses sehr vernünftige Gebot zu halten und darf getrost sagen, dass ich in meinen Augen als Uffzynd-Christ einigermassen redlich gehandelt habe. Ich merkte jedenfalls, dass spätestens nach dem letzten ADR-Event meine Lieblingskrankheit namens malus brachiale wieder gehörig in meinem vorderen Stirnlappen wütete: Rechtes Handgelenk merkwürdig gebogen, Zeige- und Mittelfinger ständig ausgestreckt und plötzlich ruckartig gekrümmt, schwerer Rücken, ein Laufstil als würde ich auch im ‚zivilen’ Leben mit Evo2 rumstiefeln, beinahe Euphorie-Nervenzusammenbrüche beim Laguna Seca-Rennen und viel Spass mit dem Einkaufswagen in der Migros Budget-Abteilung, waaaaaaahhhhhhhhhh… Tja, Heilung ausgeschlossen, das 3. Gebot mit freundlicher Genehmigung der Gaskrankheit hatte (hat!) mich fest im Griff!
In der Werkstatt bedankte ich mich beim Ablassen des destillierten Wassers dafür, dass dieses im Kühler geblieben war und es den Motor vor Eventualschäden bewahrt hatte. Der grünen Frostschutz-Flüssigkeit musste ich mitteilen, dass sie trotz ihrer Farbe nur drei Wochen lang ein neues Zuhause im Kühlsystem der Granate erhalten würde. Vor dem Misano-AE müsse sie wieder ausziehen, wegen Water Wetter aber definitiv bis zum Winter. Dieses ständige Hin- und Herwechseln werde ich definitiv nicht vermissen, gehörte aber bisher eindeutig in die Kategorie ‚notwendiges Übel’.
Beim Reinigen der Bremsanlage war ich ihr auch nicht böse, dass sie ihren Staub mit grosser Haftwirkung an die Felgen weitergegeben hatte. Trotz seiner offensichtlichen Leere war ich dem Tank ebenso keinesfalls feindlich gestimmt und der Batterie war ich zu grossem Dank verpflichtet, da sie so zuverlässig dem Anlasser Dampf unter dem Arsch machte. Ein wahrlich vernunftorientiertes Motorrad.
Nachdem ich dann einen ganzen Samstag Nachmittag mit Reinigung, Entfettung-Fettung, Sichtung, Schraubung, Sicherung und Kontrollung verbracht hatte, stöpselte ich zuguterletzt noch das Ladegerät in die 12V-Buchse im Heck und liess der Batterie ein paar Impulse zukommen. Aus der Airbox brummelte es zufrieden und für einen Moment dachte ich sogar, dass sich der Tankdeckel vor Freude geöffnet und mir zugewinkt hatte. So muss das sein! Ich pflanzte mich auf den Höcker, nahm die Füsse auf die Lenkerstummel, rauchte eine imaginäre Zigarette (vor 30 Monaten aufgehört), hob eine Tasse mit dem Getränk der Vernunft und prostete meinen gefallenen Kriegern zu. Dann erinnerte ich mich, dass ich Student war und einen Ruf zu verteidigen hatte…
Sympathischerweise erhielt ich irgendwann einen unerwarteten Anruf einer mir wohlbekannten Super-Hackfresse, die mich fragte, ob ich immer noch Verkleidungen anpasse und lackiere, was ich bestätigte. Allerdings unter der Bedingung, dass ich einen fünfstelligen Betrag als reine Schmutzzulage erhalten müsse. Silvio fand es dann nicht mehr witzig als ich hinzufügte, dass ich damit nicht die italienischen Lire meinte!
Jeder, der seine Verkleidungen einigermassen sorgfältig in Eigenregie vorbereitet, weiss, was das für eine Riesenscheiss-, Spachtel-, GfK-, Schleif- und Lackierorgie sein kann (ausser die Teile stammen von Presser und Kuhn). Ich wünsche also wirklich niemandem, dass er das auch noch für andere erledigen muss, um sein Konto aufzündfreundlich aufzufüllen. Ich muss das aber tun, da mir meine Anus-Jungfräulichkeit doch sehr sympathisch ist und das auch so bleiben soll. Aber upfiring muss sein und Studium-Nebenverdienst reicht nicht!
Zu diesem Zweck habe ich ein Bündnis mit Tizzi geschlossen, seines Zeichens ein mir freundlich gesinnter Lackierer, den ich seit vielen Jahren kenne. Ich glaube zwar nicht, dass er die magische 1500mm-Grenze überschreitet, aber sein Mundwerk hat dafür auf mein eigenes einen gehörigen Vorsprung auf Start/Ziel rausgefahren. Ausserdem meint er immer wieder betonen zu müssen, dass es durchaus noch kleinere Menschlinge wie ihn gibt. Unmöglich…
Abgesehen davon ist er glaube ich mit Ausnahme meiner Eltern der einzige weltweit, der mich noch mit meinem konventionellen Vornamen anredet. Deshalb reagiere ich immer leicht verzögert, wenn er mich anspricht.
Seit ich ihm als world’s biggest Alfetta GTV6-Fan einmal zwei überaus seltene und elephantöse Bücher zu diesem Thema organisieren konnte, betrachtet er mich gezwungenermassen als Mitglied der Cosa Nostra und ich kann seine Lackierstube entsprechend nutzen. Sehr vorteilhaft!
Ich tauchte eines Freitag abends also unangekündigt bei ihm auf und konfrontierte ihn mit der Tatsache, dass ich schnell für jemanden etwas schleifen und spritzen müsste.
„Schnäll sprützä chasch dähäi im bett, Mathias.“ Ach so… Da er aber am Folgetag ohnehin mit der Buchhaltung beschäftigt und somit anwesend sei, könne ich dann die gute Stube nutzen. Hervorragend!
Am nächsten Tag also angerauscht und den Januskopf gleich mitgenommen: Mit einem weinenden Auge dachte ich an das Schleifmassaker und mit einem lachenden Auge an das Sounderlebnis der dritten Art. Tizzi mag die ganz böhsen Onkelz, wenn jeweils am Samstag keine Kunden oder Vertreter seinen Laden betreten, hehe.
Zu meinem Erstaunen war er aber nicht mit der Buchhaltung beschäftigt, sondern vergnügte sich in seinem Büro zuerst mit seinem Schlagzeug (!) und drosch darauf ein, dass mir die Schmiede im Ohr (Hammer und Amboss) schon ihren ollen Kumpel Tinitus präsentieren wollte. Roca e rolla (ital. rock n’ roll) wie Tizzi als gemeiner Hobby-Italiener wohl sagen würde!
Ich sah ihn zweifelnd an und legte die bereitliegende BÖ-Scheibe ein. Ich fragte ihn, ob ich den Volumenregler auf die ‚are you nuts?’-Stellung drehen dürfe und er hatte nichts dagegen, da er ohnehin erst in 30 Minuten die nötige Grundaggressivität für den Bürokram erreichen würde. Fast ein Aufzünder! Mit einem Shining-Grinsen drehte ich am Rad als wär’s ein Gasgriff… Bei „Wir ham’ noch lange nicht genug“ bebte die Lackierstube, als wäre Manowar in concert am Start. Dementsprechend schnell gingen die Verkleidungsarbeiten vorbei und schlussendlich sahen die Teile wirklich geil böhse aus. Ich auch!
Es dauerte natürlich nicht lange, bis ich meinen neuen Uffzyndbruder Ivo aka Boo in seiner Werkstatt besuchen musste. Auch er hatte gemerkt, dass sich arbeiten zwar lohnt, aber nicht unbedingt glücklich macht! Wir schmiedeten furchtbare Pläne, erweiterten unseren Wortschatz mit so sinnvollen Sachen wie „verbreeeeeeeennä“, „verblooooooosäääää“, „us äm wääääääg, du sau!“ und lachten dabei, bis es die Werkzeuge an den Wänden verbog. Allerdings führten wir auch eine notwendige Diskussion über die Bridgestone-Mischungen, nachdem wir uns geeinigt hatten, Misano unsicher zu machen. Ich hatte bereits einmal das Vergnügen gehabt, dort im Hochsommer aufzuzünden. Irgendwie sehe ich dabei immer die Mineralwasser-Abteilung vor meinem geistigen Auge... Deshalb gezwungenermassen auch das Reifenthema.
Boo schlug deshalb vor, zumindest für die hinteren Räder direkt zu einem mittelharten Pendant zu greifen, da die soften wohl zerschmelzen würden. In Kombination mit einer mittleren Mischung vorne machte das in meinen Augen Sinn. Ich fügte aber hinzu, dass wir zumindest für vorne Softies mitnehmen sollten, da in Misano das Wort Grip bekanntermassen gar nicht existiert. Hitze und kein Grip bedeutet für mich eindeutig soft, dennoch wollte ich mir den Rat eines B-Experten holen - thx Wolle! Dessen Tip lautete dann:
vorne YDC oder YCX
hinten YCX oder YCY
Da unser Bridgestone-Spezi allerdings über kleinere Lieferprobleme mit den Softies klagte, nahmen wir das, was wir kriegten. Das Schweizer Lager für Bridgestone Slicks ist übrigens brutal leer, Nachschub wird nun von Deutschland angeschippert, was teilweise zu Engpässen führt. Dass diese Reifen heuer so boomen würden, konnte wohl letztes Jahr noch niemand abschätzen – oder zumindest bei uns nicht…
Unvernünftigerweise hatte Boo einmal in den Tiefen einer Samstagnacht, wenn anständige Menschen schon schlafen, mir den Vorschlag per sms gemacht, am nächsten Tag den Wilhelm Tell-Meisterschaftslauf in Dijon zu inhalieren. In ‚seinem’ T5 (hehe, die Volvo-Version…) sei noch Platz für einen Passiv-Aufzünder. Der Zustand meiner Blutbahn verunmöglichte eine Absage, Sally nutzte die koreative Situation wieder einmal aufs vulvaloseste aus… Wieso muss ich auch immer Hackfressen besuchen wollen?! Ihr ollen Hackfressen! Eigentlich finde ich es ja schon witzig, am track von wildfremden Personen angesprochen und gefragt zu werden, ob ich der Maddie aus dem r4f-Forum sei… Aber ich denke, wenn sogar ich schon drei Mal wegen gewisser Berichte und Überbrückungen von langweiligen Lesungen zu einer ‚Erfrischung’ eingeladen wurde, dann wird wohl schätzungsweise der allergrösste Teil der deutschsprachigen Hobbyraser Bundy, Hajo und Frank sehr sehr gut kennen. Es muss wohl ungemein viele Gastleser geben… Darum ein 110faches K-Dankeschön in unkonventioneller Form an Chris, Nico und Dude für ihre Arbeit und das Zustandekommen herrlichster Freundschaften mit hässlichen Menschen - bei der nächsten Tasse denke ich an euch! Insofern leiste ich auch nur allzu gerne einen kleinen Beitrag mit ein paar Zeilen.
Zurück zum Ernst: Natürlich war Tijuana de moutarde absolut verheerend, vor allem als Boo und ich dann die ‚Corks screw-Passage’ inspizierten. Da mussten wir noch mal mit Aufzündmaterial hin, das stand fest.
Am nächsten Tag nach dem Dijon-Malheur schilderte mir Boo, dass nur die Hälfte seines Körpers im Bett gelegen sei. Kein Wunder wenn man Trocken-Hanging off praktiziert und die ganze Nacht das Knie am Boden ‚schleift’… Ausserdem drücke sein linker Fuss permanent nach unten: armer Kerl – ebenfalls unheilbar… Ganz abgesehen davon fragte mich dieser freundliche Herr, ob ich in der Misano-Woche schon am Donnerstag zurück müsse oder ob ich anschliessend nicht noch etwas ‚Zeit’ hätte. Sofort glühte meine stets in Alarmbereitschaft befindliche Skepsis-Birne auf. Zeit wofür?!
Wie es für ihn typisch war, beschrieb er ohne Umschweife, dass wir Woche 32 zu einer wahrhaft ultimativen Zündwoche mäddiesieren könnten: Dienstag bis Donnerstag Misano, Freitag Nachmittag Adria Raceway, Samstag Ausnüchterungszelle (und evtl. Bericht schreiben, hehe) und Sonntag Adria-Raceway. Da ich das Wort Adria noch nie in Verbindung mit Rennstrecken gebracht hatte, musste ich sofort zuerst die Aufzünd-Datenbank im Forum und anschliessend die Suchfunktion bemühen. Mit dem Ergebnis, dass dieses Wort noch nie in einem Beitrag erwähnt wurde. Also los!
Und wieder das seit den Römern bekannte Dilemma: ohne Moos nix loos resp. ohne Mampf kein Kampf… - dass Karussellfahren für Fortgeschrittene auch so teuer sein muss!
Ach fuck, ich könnte für das nächste Semester doch wieder einen alten 110-Trick anwenden, da mein Konto ohnehin klinisch tot war. In unserem Studiengang sind bisweilen Lehrbücher ‚vonnöten’, deren Kosten locker an die eines Brückenstein-Vorderreifen hinkommen, sich aber im Gegenzug durch ein umgekehrt proportionales Preis-/Leistungsverhältnis wenig erkenntlich zeigen. Über das Thema der Haltbarkeit bei Gebrauch breiten wir aber den Mantel des Schweigens aus…
Aber ich schweife ab, der Mäddie-Trick Nr. 110f:
Neues 500-seitiges Lehrbuch von einer guten Seele oder Seelin für einen Nachmittag ausleihen, den Turbo-Scanner meines Nachbarn vier Stunden lang mit den 250 Doppelseiten foltern, alles auf den Memory-Stick bugsieren, ab zur Sekretärin meines Vaters und sie mit einem dringenden ‚Spezial-Druckauftrag’ konfrontieren (möglichst unauffällig…).
Resultat: „Guät Boo, chasch mi amäldä… mini negschtä drei büächer sin günschtig…“
Aber keine Angst, ab und zu finden sich auch echte Bücher mit echtem Einband auf meinen Regalen.
Nach Ostern in Valencia hatte ich mir zwar selber verordnet, eine zeitlang den Karle Rehm Karle Rehm sein zu lassen und nicht mehr bei ihm mitzuzünden. Wie so oft hatte der so viele Leute dabei, dass man ohne weiteres nicht nur in vier, sondern auch in acht Gruppen hätte fahren können. Und da ohnehin nur 30 gleichzeitig auf die Piste durften, hätte ich die Reifenwärmer auch gleich in der Kiste lassen können.
Aber ich kriegte eine Bestätigung, dass es in Misano garantiert nur drei Gruppen mit überschaubarer Teilnehmerzahl für den Morgen geben werde(schlussendlich waren es trotzdem vier). Am Nachmittag sei freies Fahren angesagt. Jaja, ‚freies Fahren’… diese waschläppige Bezeichnung reichte mir trotzdem!
Am Donnerstag vor dem Event tauchte Boo bei mir auf, um meinen Brennstab aka Granate und den üblichen Kram einzuladen. Sein Opel Movano mit dem man zweifellos auch ein Matterhorn aus dem Wallis versetzen könnte, würde im Winter zu einem all-inclusive-Lieferwagen umfunktioniert (so zumindest der Plan VOR Misano): Gas-Wasser-aber-ohne-Scheisse, sehr löblich! Man muss ja neben der Joggerei und den Liegestützen auch etwas anständiges zu tun haben im Winter.
Beim Öffnen der Hecktüre musste ich unweigerlich all meine Augen schliessen, einen gordischen Knoten in meinen Beprünzomat knüpfen und sicherheitshalber ein kurzes Uffzynd-unser seufzen - beim Anblick der Anzahl Reifen innerhalb dieser Metallbestie durchströmte mich ein wärmendes Gefühl, als würde ich mir gerade eine liebliche Korea-Spülung in Sheene-Grad einverleiben, uuuuuuaaaaaaahhhhhh! Ein blauer Bridgestone-Himmel!
„Wär sell denn das alles verbrennä?!?!?!?!?“
Boo grinste als wäre er ein fünf Jahre alter Frechdachs, langsam wurde mir dieser Kerl unheimlich. Wir waren überaus fit for mission! Ich war mir jedenfalls sicher, dass es in Misano nach unserem Abstecher nur noch schwarzen Asphalt geben würde.
Für die sonntägliche Abfahrt einigten wir uns auf 0600 um kein ‚Waiting for Godot’ am Gotthard erleben zu müssen. Ich wusste schon da, dass der samstägliche Abend sehr vergnügsam sein würde. An eben diesem Sonntag war Boo überpünktlich und ich musste nur noch kleinere Habseligkeiten in sein Ungetüm verstauen, wobei es sich hauptsächlich um versorgungstechnische Angelegenheiten handelte. Als er dann die Diesel-Bestie startete, hielt ich ihm ein unabdingbares upfiring-Utensil vor seine h-Nase hin: einen Dosen-Beam... Mein Komparse war sofort hingerissen! Dieses Ritual ist im Übrigen um Welten besser, als mit Trauerflor am Leder zu fahren, thx BiG!!
Unterwegs teilte mir mein Brennbruder mit, dass er sich für seinen ersten Misano-Event als Ziel genommen habe, zumindest unter 2:00 resp. 1:55 zu bleiben, was mir ein kleines Lächeln abringte.
„15 bis 20 sekundä übr dr zit vo dä wm-superspörtler.“
Solche Aussagen machen ihn ungemein sympathisch! Das war auch keine Tiefstapelei aus Selbstschutz, sondern Boo meinte das wirklich ernst. Nur entbehrte das bei ihm natürlich jeglicher Grundlage… Es gibt also weltweit schon zwei Anti-Hybris-iker oder sog. ‚Anti-Hybriden’ (und ja, ich weiss was ein Hybrid ist!!!).
Wissend was er auf anderen Pisten für Zeiten fährt, nahm ich also einen Zettel und schrieb darauf die Zeit, die ich ihm zutraute (natürlich eingedenk der Tatsache, dass er das erste Mal dort fährt: at least 1:52). Natürlich sagte ich ihm nicht, was auf dem Fetzen Papier stand, dafür aber, dass er sein genanntes Ziel wohl schon am ersten Morgen nach fünf oder zehn Runden pulverisieren würde. Bei der ‚Rückfahrt’ wollte ich ihm dann den Zettel zeigen.
Da meine eigene bisherige Bestzeit nach meinem zweiten (sehr sehr kurzen…) Aufenthalt knapp über 1:56 lag, würde das für ihn wohl eine überaus leicht zu bewältigende Aufgabe sein. Für meinen Teil wollte ich erst meine 56-Zeiten bestätigen und dann möglichst nah an die 110 Sekunden-Grenze kommen. Aber nah ist ja ein dehnbarer Begriff. Wo die Sekunden für mich bereitlagen, wusste ich ja schon, ich müsste mich nur bücken und sie mitnehmen, hehe. Aber ich habe gelernt, dass ich mir bezüglich der Zeiten keinen Druck mache, das Frustpotential kann gross sein, wenn man seine gesteckten Ziele nicht erreicht. Und Frust hat bei mir keinen Platz.
Um dem Ganzen noch die Krone des Übels aufzusetzen fügte Boo hinzu, dass er die Besitzer einer Bar in Misano verheerend gut kannte und es ausserdem eine Kartbahn in der Nähe gab, die bis 0300 täglich geöffnet hatte. Man könne ja beides kombinieren... Er kam dann noch mit etlichen Horrorstories bezüglich dieses Zusammenspiels hervor, was mich schlussendlich überlegen liess, ob der Andrang an dieser Bahn nach Mitternacht so gross sei, dass man die anschliessenden Schäden und diversen Reinigungsarbeiten damit kompensieren könne. Nach jener Schilderung bezweifelte ich dies jedoch stark. Boo musste einen sehr witzigen Freundeskreis in Italien haben!
Yeah, dann kam der Zoll! Die Schweizer interessiert’s eh nicht, wer aus ihrem Land raus will, also weitertuckern. Italiener-Zoll Part I war sozusagen kein Thema, aber Part II 20 m weiter war dann der Eintritt in ein Fiasko, das sich am besten mit ‚Hose runter und nach der niedergefallenen Seife greifen’ am besten beschreiben lässt. Der coolste Italo-Zöllnomat der Milchstrasse wollte sich einen Einblick in den Mageninhalt unseres vermeintlich geilen Opel Movano geben. Anschliessend dauerte es auch nur geschätzte zwei Zehntelsekunden, bis wir auf einen dieser ollen Warteplätze hingewiesen wurden.
„Ausweise der Möppis bitte.“ Hmmmmmmmmmmmm…
Pause, *ingedankendurchgehwopapierefürgranatesind*
Ohoh…
‚Ja, Mäddie, du bisch eifach ä geilä sausiäch, dä uswis stoht nämli griffbereit uf dim pult, yeah!’ Ich freute mich wie vor 15 Jahren an Weihnachten und wollte zum Ausdruck meiner Euphorie kurz acht Mal um den Movano spurten. In Gedanken feuerte ich meine eigene hit list an Fluchwörtern durch und verfluchte meinen Stirnlappen, dass er keine Gehirnfunktion mehr hatte. Der Zöllner sagte kristallklar, dass wir ohne Ausweis für meine Granate keinen Meter über die Grenze kämen. Haha, dieser Witzbold!
Boo war über meine Unfähigkeit gezwungenermassen ebenfalls mehr als entzückt und liess seinen italienischen Redekünsten freien Lauf. Irgendwann fiel das Wort ‚circuito’ gegenüber einem Zollomatiker und die 110te Abklärung im Zollbüro lief ab. Völlig unverständlich kriegten wir plötzliches grünes Licht und der Movano heulte auf. Noch an der Steigung am Zoll barsten unsere Stimmbänder und Boo gab Licht- und Hupsignale vom allerfeinsten. Wir mussten Italien schliesslich vor uns warnen!
„Mir sin do, mir sin do, MIR SIN DOOOOOOO!“
Kurze Zeit später mussten wir dann an einem Toys “r“ us für Aufzünder haltmachen, wo sich mein Chauffeur einen neuen Hut hatte reservieren lassen. Einkaufen am Sonntag, so zumindest der Plan… Der Preis für sein Modell war schon sehr merkwürdig und ich fragte mich, ob er nicht einfach einen AGV-Karton mit Ziegelsteinen erhalten würde. Ist ja schon klar, dass ein Grossverteiler günstiger einkauft, aber dieser Helm kostete gerade Mal die Hälfte im Vergleich zu dem was nördlich der Alpen auf dem Preisschild steht – überdies noch vor dem fälligen Abzug der Mwst! Ich war mir sicher, dass ich keinen Fuss in einen solchen Laden of hell setzen durfte/sollte/wollte, da diese Schlawiner natürlich Kreditkarte akzeptieren. Knoblauch, Holzpflöcke und Kreuze nützen da sehr viel… Ich beschloss am Parkplatz nicht einmal den Sicherheitsgurt zu lösen, um mich vor mich selber zu schützen. Ausserdem war das auch gesünder für Boo, da ich ansonsten noch neue Stiefel und Kombi für ihn hätte mitschleppen müssen.
Aber es kam eh anders, ein leerer Parkplatz deutete daraufhin, dass gewisse Italiener auch am Sonntag nicht arbeiten.
Ankunft Misano: ‚Poah ist unsere Karre dreckig!’ dachte ich beiläufig und fuhr mit einem Finger über den Dreck. Hui, das war Öl und lustigerweise sogar unser eigenes! Boo als Auto-Mechaniker erkannte das Grauen sofort und verschwand flugs zuerst unter dem Transporter und anschliessend unter der Motorhaube. Seine Flüche waren übelst, allerunterste Schublade. Ein Glück, dass ich kein Wort verstand…
Es stellte sich heraus, dass ein Bolzen, der die Dieselpumpe eigentlich an ihrem Standort halten sollte, irgendwie keine Lust mehr verspürte, weiterhin Bolzen zu spielen. Stattdessen zerlegte er sich lieber in seine Einzelteile. Darum wackelte die Pumpe bei laufendem Motor wie ein Pudding auf LSD.
Der Ölmessstab war sehr trocken… Will jemand einen Movano ab Platz kaufen?! Gut gepflegt…
Scheisendreck, ein Wunder dass die Karre überhaupt noch lief. Und es sollte noch viel besser kommen, hehe. Hi Frank!
Zurück zur Piste:
Ah, endlich kein Pseudo-Spielplatz mehr! Vernünftigen Standort gesucht und gefunden, als erstes gleich Strom herbeigezaubert, damit es zu keinem Unterbruch der Kühlkette kommen konnte. Dann den geilen Pavillon aufgestellt und restliches Material bereitgelegt. Anschliessend liessen wir die Sonnenstrahlen auf unseren harten Bäuchen umhertanzen und genossen die eine oder andere dringend benötigte Erfrischung. Es war noch nicht so heiss wie erwartet! Boo und ich schnappten unseren Suzuki-Teamroller (intern K7 genannt, hehe) und wir düsten damit zur zweiten Rechts nach Start/Ziel, um von dort das Rennen der freien Klasse zu geniessen. Als eine rot-weisse Mille in Führung liegend angedonnert kam, wusste ich sogleich, dass das nur Ralph Stelzer sein konnte.
Hüstel… fahrtechnisch befand sich der eine warp-Liga weiter oben. Absetzen konnte er sich zwar von einigen Mit-Wahnsinningen nicht, aber so locker wie er mit seinem Hobel umging, hätte er wohl noch ein paar Kohlen nachlegen können. Sehr beeindruckend… Gewonnen hat er das Ding alleweil.
Der restliche Tagesverlauf verlief bis zum Abend recht unspektakulär…
Grill angeschmissen und irgendwann in meiner Tasse versunken. Ich weiss aber noch, dass ich vernichtende Pläne geschmiedet habe! Und je später der Abend, desto mehr wurde mir bewusst, dass alle Nicht-Aufzünder sehr unvernünftig sind. Wenn die nur wüssten, was sie verpassen! Ich bin überzeugt, dass man beim Eintreffen an der Rennstrecke die gewöhnliche Zivil-Matrix verlässt und dafür in die vernünftige life-Matrix eintaucht. Ich werde deshalb von nun an jeden Pförtner mit Peter ansprechen (Petrus wäre ja fast etwas übel…) und den Weg dorthin mit ‚Highway to cloud 9’ bezeichnen (engl. für Wolke sieben…).
Erlebnisse an der Piste werden in unserem Erinnerungsvermögen fixiert wie Tätowierungen in der Haut. Ich habe bisher mit Ausnahme von Ostblockländern nirgends eine annähernd hohe Hilfsbereitschaft erlebt wie am track. Es ist schon erstaunlich, wie ein gemeinsames Ziel die Leute zusammenschweissen kann, obwohl man sich bisweilen wenig oder kaum kennt. Aber unser Vorhaben lässt das irgendwie automatisch als selbstverständlich erscheinen. Der Respekt vor der gegenseitig erbrachten Leistung auf dem Feld der Ehre, das Zuprosten am Abend (die Herumalbereien danach…), die ungezählten Stunden, die man in einer ungeheizten Garage im Winter mit dem Aufrüsten des Boliden verbringt, die Philosophien die man so herrlich simpel Benzingespräche nennt… Das Blut scheint während Qualifying und Rennen nicht nur schneller, sondern auch mit mehr Druck durch die Bahnen zu pumpen und dabei allerlei chemische Reaktionen auszulösen, die unser Gehirn kurzzeitig alles andere vermeintlich wichtige vergessen lassen. Ich glaube nicht, dass Gott ein Aufzünder ist – aber er muss uns auf jeden Fall sehr gern haben!
Da ich nun langsam auch etwas euphorisch werde, kommt mir unweigerlich wieder einmal ein legendärer Cranberries-Song in den Sinn mit folgendem Textlaut:
„To all those people doing lines: Don’t do it! Inject your soul with liberty. Salvation!”
Mäddie-Übersetzung: „An all die Leute, die sich Koks reinhauen, lasst das sein! Haut Freiheit in eure Seelen, uffzynda!“ Uffzynda ist das Opium für Vernünftige. Und da soll noch irgendjemand behaupten, dass sämtliche Aufzünder eine sinnbefreite Nebenbeschäftigung haben?! „Wie kann man nur so blöd sein, im Kreis zu fahren?!“
Tja, Aufzünden ist eben mehr als das und Aufzünder sind nunmal anders. Aber eine Gasgriff-Banause wird so etwas nicht einmal in den Grundzügen verstehen können. Friede den Nicht-Wissenden!
Kurz: Aufzünden ist echt und sehr cool! Oder wie es Steve McQueen einmal prägnant ausgedrückt hatte: ‚Racing is life. Everything else is just waiting.’ Punkt!
(Einschub: Ich brauche schnell eine Erfrischung da meine jetzige Stirnlappen-Temperatur ungefähr den gleichen Wert innehat wie das WaterWetter-Wasser (WW-W) im Kühler nach 15 Superpole-Runden im Hochsommer…)
*** (bin wieder zurück…)
Rückblickend entsprachen die vier Wochen zwischen ADR und Misano in real gefühlter Zeitmessung natürlich wieder mindestens sieben Monaten. Mittlerweile fragte ich mich ernsthaft, wie ich nur den nächsten Winter ohne mentale Schädigungen überstehen sollte, wenn es mir schon brutalst schwerfällt, einen Monat auf den nächsten Durchladungs-Event zu warten… Oh mein G%tt!!! Aber so weit sind wir ja noch nicht und ich fühlte mich jedenfalls wieder einmal wie neugeboren, beim Realisieren am Spielplatz für erfahrene Kinder zu sein. Dann noch zur heiligen Uffzyndia von Zürich gebetet, uns vor irgendwelchen Albernheiten zu bewahren und alles würde gut werden.
Irgendwann wollte ich noch des Nachts mit einer Imbissflasche und mit Boo im Schlepptau zu der von mir verhassten Bodenwelle ausgangs der ersten Schikane wandeln (ungefähr so wie ein gewisser Herr T. Hoemke für ein paar Kenner unter euch). Verhasst weil sie mir einmal den Grip unter meinem Hinterrad schnell wie der Blitz weggenommen hatte. Gemäss Plan wollte ich ihr nahe legen, mir ja wohlgesonnen zu sein. Falls nicht würde ich wiederkommen – bewaffnet mit einer Plaurap-Niere (Planierraupe)!
Beim Entern der Piste per pedes wurde mir wieder einmal schlagartig bewusst, dass gewisse Streckenabschnitte bei Schrittgeschwindigkeit sehr nach endloser Autobahn aussehen, im wirklichen Leben aber damit nichts zu tun haben. Ich kannte die Piste ja schon, kriegte aber dennoch etwas dicke Backen. Sehr beeindruckend so eine Fussgänger-Perspektive…
Am Folgetag belästigte ich kurz den Reifenwexxler, da immer noch die abgefuckten Regenreifen von der letzten ADR-Session meine (sauberen!) Ersatzfelgen umschlangen. Weg damit! So ein zweiter Satz Felgen hat schon was bestechendes, speziell dann wenn man davon ausgehen kann, dass es die nächsten Tage zu 110% regenfrei bleiben wird (höhö, was für ein Trugsschluss!). Am ersten Tag wollte ich zum Einfahren noch die gebrauchten ADR-Slicks verwenden und anschliessend mit den Ersatzfelgen rumcruisen.
Dann bei der Anmeldung passierte was komisches: Die gute Rosi ging scheinbar immer noch davon aus, dass ich mit einer 750 aufzünde, da ich vor zwei Jahren mit einer ZX-7 unterwegs war… Transponder gab’s noch keine.
Boo vergnügte sich an der Dieselpumpe. Mittlerweile ERFAND er sogar neue Fluchwörter.
Ansonsten ging auch dieser Tag irgendwann vorbei. Wir wollten endlich aufzünden!
So ihr Schönen, nehmt das erstmal. Unterteilung macht doch Sinn!
I’ll be back…
Die momentane Hitze von gefühlten 110ºC wird keinerlei Einfluss auf meine Schreibe haben! Jedoch ist es erwiesen, dass es der Gesundheit sehr zuträglich ist, in solchen Zeiten immer genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen und dies gedenke ich auch zu tun. Da ich aber ohnehin immer leicht euripidisiert bin, wenn ich mich an den Laptop setze, wird euch also mein Schreibstil vielleicht ohnehin bekannt vorkommen. Endurance einmal anders… Das Geschreibsel ist also kein live- sondern eher ein life-Bericht, hehe.
Dienstag wird mich die unnachgiebige Militärhand aus meiner schönen Matrix reissen und wieder einmal vier Wochen in ihrer Obhut halten. Nichtsdestotrotz möchte ich vorher noch die Tastatur zum Glühen bringen, um euch einen kleinen Pfadfinderbericht des riminischen Stranddüsens abzuliefern.
Vorher nur noch schnell eine kleine Warnung: Es wird evtl. nur eine oder keine Unterteilung geben und wenn ich so meine Notizen auf der Rückseite eines ölverschmierten A4-Lappenzeiter-Ausdrucks anschaue, werden da ein paar Zeilen zusammenkommen müssen. Jeder auf meine Visage einfallende Sonnenstrahl lässt eine kleine Idee entstehen… und da ich aus Italiausen scheinbar die Sonne im Handgepäck mitgeführt habe, scheint fast während der ganzen Nacht die Sonne!
Vielleicht klappt’s ja doch mit den Unterteilungen…
Part 1 – Appetitmacher: Von Motorradpflege, Böhsen Onkelz und Hybris-Wortschatz
Das 3. Gebot: Du sollst das Aufzünden, welches ist das artgerechte Bewegen eines Motorrades auf der Rennstrecke, zu Deinem alleinigen Lebensinhalt machen.
Oh yes, ich habe in der Zwischenzeit versucht, mich insbesondere an dieses sehr vernünftige Gebot zu halten und darf getrost sagen, dass ich in meinen Augen als Uffzynd-Christ einigermassen redlich gehandelt habe. Ich merkte jedenfalls, dass spätestens nach dem letzten ADR-Event meine Lieblingskrankheit namens malus brachiale wieder gehörig in meinem vorderen Stirnlappen wütete: Rechtes Handgelenk merkwürdig gebogen, Zeige- und Mittelfinger ständig ausgestreckt und plötzlich ruckartig gekrümmt, schwerer Rücken, ein Laufstil als würde ich auch im ‚zivilen’ Leben mit Evo2 rumstiefeln, beinahe Euphorie-Nervenzusammenbrüche beim Laguna Seca-Rennen und viel Spass mit dem Einkaufswagen in der Migros Budget-Abteilung, waaaaaaahhhhhhhhhh… Tja, Heilung ausgeschlossen, das 3. Gebot mit freundlicher Genehmigung der Gaskrankheit hatte (hat!) mich fest im Griff!
In der Werkstatt bedankte ich mich beim Ablassen des destillierten Wassers dafür, dass dieses im Kühler geblieben war und es den Motor vor Eventualschäden bewahrt hatte. Der grünen Frostschutz-Flüssigkeit musste ich mitteilen, dass sie trotz ihrer Farbe nur drei Wochen lang ein neues Zuhause im Kühlsystem der Granate erhalten würde. Vor dem Misano-AE müsse sie wieder ausziehen, wegen Water Wetter aber definitiv bis zum Winter. Dieses ständige Hin- und Herwechseln werde ich definitiv nicht vermissen, gehörte aber bisher eindeutig in die Kategorie ‚notwendiges Übel’.
Beim Reinigen der Bremsanlage war ich ihr auch nicht böse, dass sie ihren Staub mit grosser Haftwirkung an die Felgen weitergegeben hatte. Trotz seiner offensichtlichen Leere war ich dem Tank ebenso keinesfalls feindlich gestimmt und der Batterie war ich zu grossem Dank verpflichtet, da sie so zuverlässig dem Anlasser Dampf unter dem Arsch machte. Ein wahrlich vernunftorientiertes Motorrad.
Nachdem ich dann einen ganzen Samstag Nachmittag mit Reinigung, Entfettung-Fettung, Sichtung, Schraubung, Sicherung und Kontrollung verbracht hatte, stöpselte ich zuguterletzt noch das Ladegerät in die 12V-Buchse im Heck und liess der Batterie ein paar Impulse zukommen. Aus der Airbox brummelte es zufrieden und für einen Moment dachte ich sogar, dass sich der Tankdeckel vor Freude geöffnet und mir zugewinkt hatte. So muss das sein! Ich pflanzte mich auf den Höcker, nahm die Füsse auf die Lenkerstummel, rauchte eine imaginäre Zigarette (vor 30 Monaten aufgehört), hob eine Tasse mit dem Getränk der Vernunft und prostete meinen gefallenen Kriegern zu. Dann erinnerte ich mich, dass ich Student war und einen Ruf zu verteidigen hatte…
Sympathischerweise erhielt ich irgendwann einen unerwarteten Anruf einer mir wohlbekannten Super-Hackfresse, die mich fragte, ob ich immer noch Verkleidungen anpasse und lackiere, was ich bestätigte. Allerdings unter der Bedingung, dass ich einen fünfstelligen Betrag als reine Schmutzzulage erhalten müsse. Silvio fand es dann nicht mehr witzig als ich hinzufügte, dass ich damit nicht die italienischen Lire meinte!
Jeder, der seine Verkleidungen einigermassen sorgfältig in Eigenregie vorbereitet, weiss, was das für eine Riesenscheiss-, Spachtel-, GfK-, Schleif- und Lackierorgie sein kann (ausser die Teile stammen von Presser und Kuhn). Ich wünsche also wirklich niemandem, dass er das auch noch für andere erledigen muss, um sein Konto aufzündfreundlich aufzufüllen. Ich muss das aber tun, da mir meine Anus-Jungfräulichkeit doch sehr sympathisch ist und das auch so bleiben soll. Aber upfiring muss sein und Studium-Nebenverdienst reicht nicht!
Zu diesem Zweck habe ich ein Bündnis mit Tizzi geschlossen, seines Zeichens ein mir freundlich gesinnter Lackierer, den ich seit vielen Jahren kenne. Ich glaube zwar nicht, dass er die magische 1500mm-Grenze überschreitet, aber sein Mundwerk hat dafür auf mein eigenes einen gehörigen Vorsprung auf Start/Ziel rausgefahren. Ausserdem meint er immer wieder betonen zu müssen, dass es durchaus noch kleinere Menschlinge wie ihn gibt. Unmöglich…
Abgesehen davon ist er glaube ich mit Ausnahme meiner Eltern der einzige weltweit, der mich noch mit meinem konventionellen Vornamen anredet. Deshalb reagiere ich immer leicht verzögert, wenn er mich anspricht.
Seit ich ihm als world’s biggest Alfetta GTV6-Fan einmal zwei überaus seltene und elephantöse Bücher zu diesem Thema organisieren konnte, betrachtet er mich gezwungenermassen als Mitglied der Cosa Nostra und ich kann seine Lackierstube entsprechend nutzen. Sehr vorteilhaft!
Ich tauchte eines Freitag abends also unangekündigt bei ihm auf und konfrontierte ihn mit der Tatsache, dass ich schnell für jemanden etwas schleifen und spritzen müsste.
„Schnäll sprützä chasch dähäi im bett, Mathias.“ Ach so… Da er aber am Folgetag ohnehin mit der Buchhaltung beschäftigt und somit anwesend sei, könne ich dann die gute Stube nutzen. Hervorragend!
Am nächsten Tag also angerauscht und den Januskopf gleich mitgenommen: Mit einem weinenden Auge dachte ich an das Schleifmassaker und mit einem lachenden Auge an das Sounderlebnis der dritten Art. Tizzi mag die ganz böhsen Onkelz, wenn jeweils am Samstag keine Kunden oder Vertreter seinen Laden betreten, hehe.
Zu meinem Erstaunen war er aber nicht mit der Buchhaltung beschäftigt, sondern vergnügte sich in seinem Büro zuerst mit seinem Schlagzeug (!) und drosch darauf ein, dass mir die Schmiede im Ohr (Hammer und Amboss) schon ihren ollen Kumpel Tinitus präsentieren wollte. Roca e rolla (ital. rock n’ roll) wie Tizzi als gemeiner Hobby-Italiener wohl sagen würde!
Ich sah ihn zweifelnd an und legte die bereitliegende BÖ-Scheibe ein. Ich fragte ihn, ob ich den Volumenregler auf die ‚are you nuts?’-Stellung drehen dürfe und er hatte nichts dagegen, da er ohnehin erst in 30 Minuten die nötige Grundaggressivität für den Bürokram erreichen würde. Fast ein Aufzünder! Mit einem Shining-Grinsen drehte ich am Rad als wär’s ein Gasgriff… Bei „Wir ham’ noch lange nicht genug“ bebte die Lackierstube, als wäre Manowar in concert am Start. Dementsprechend schnell gingen die Verkleidungsarbeiten vorbei und schlussendlich sahen die Teile wirklich geil böhse aus. Ich auch!
Es dauerte natürlich nicht lange, bis ich meinen neuen Uffzyndbruder Ivo aka Boo in seiner Werkstatt besuchen musste. Auch er hatte gemerkt, dass sich arbeiten zwar lohnt, aber nicht unbedingt glücklich macht! Wir schmiedeten furchtbare Pläne, erweiterten unseren Wortschatz mit so sinnvollen Sachen wie „verbreeeeeeeennä“, „verblooooooosäääää“, „us äm wääääääg, du sau!“ und lachten dabei, bis es die Werkzeuge an den Wänden verbog. Allerdings führten wir auch eine notwendige Diskussion über die Bridgestone-Mischungen, nachdem wir uns geeinigt hatten, Misano unsicher zu machen. Ich hatte bereits einmal das Vergnügen gehabt, dort im Hochsommer aufzuzünden. Irgendwie sehe ich dabei immer die Mineralwasser-Abteilung vor meinem geistigen Auge... Deshalb gezwungenermassen auch das Reifenthema.
Boo schlug deshalb vor, zumindest für die hinteren Räder direkt zu einem mittelharten Pendant zu greifen, da die soften wohl zerschmelzen würden. In Kombination mit einer mittleren Mischung vorne machte das in meinen Augen Sinn. Ich fügte aber hinzu, dass wir zumindest für vorne Softies mitnehmen sollten, da in Misano das Wort Grip bekanntermassen gar nicht existiert. Hitze und kein Grip bedeutet für mich eindeutig soft, dennoch wollte ich mir den Rat eines B-Experten holen - thx Wolle! Dessen Tip lautete dann:
vorne YDC oder YCX
hinten YCX oder YCY
Da unser Bridgestone-Spezi allerdings über kleinere Lieferprobleme mit den Softies klagte, nahmen wir das, was wir kriegten. Das Schweizer Lager für Bridgestone Slicks ist übrigens brutal leer, Nachschub wird nun von Deutschland angeschippert, was teilweise zu Engpässen führt. Dass diese Reifen heuer so boomen würden, konnte wohl letztes Jahr noch niemand abschätzen – oder zumindest bei uns nicht…
Unvernünftigerweise hatte Boo einmal in den Tiefen einer Samstagnacht, wenn anständige Menschen schon schlafen, mir den Vorschlag per sms gemacht, am nächsten Tag den Wilhelm Tell-Meisterschaftslauf in Dijon zu inhalieren. In ‚seinem’ T5 (hehe, die Volvo-Version…) sei noch Platz für einen Passiv-Aufzünder. Der Zustand meiner Blutbahn verunmöglichte eine Absage, Sally nutzte die koreative Situation wieder einmal aufs vulvaloseste aus… Wieso muss ich auch immer Hackfressen besuchen wollen?! Ihr ollen Hackfressen! Eigentlich finde ich es ja schon witzig, am track von wildfremden Personen angesprochen und gefragt zu werden, ob ich der Maddie aus dem r4f-Forum sei… Aber ich denke, wenn sogar ich schon drei Mal wegen gewisser Berichte und Überbrückungen von langweiligen Lesungen zu einer ‚Erfrischung’ eingeladen wurde, dann wird wohl schätzungsweise der allergrösste Teil der deutschsprachigen Hobbyraser Bundy, Hajo und Frank sehr sehr gut kennen. Es muss wohl ungemein viele Gastleser geben… Darum ein 110faches K-Dankeschön in unkonventioneller Form an Chris, Nico und Dude für ihre Arbeit und das Zustandekommen herrlichster Freundschaften mit hässlichen Menschen - bei der nächsten Tasse denke ich an euch! Insofern leiste ich auch nur allzu gerne einen kleinen Beitrag mit ein paar Zeilen.
Zurück zum Ernst: Natürlich war Tijuana de moutarde absolut verheerend, vor allem als Boo und ich dann die ‚Corks screw-Passage’ inspizierten. Da mussten wir noch mal mit Aufzündmaterial hin, das stand fest.
Am nächsten Tag nach dem Dijon-Malheur schilderte mir Boo, dass nur die Hälfte seines Körpers im Bett gelegen sei. Kein Wunder wenn man Trocken-Hanging off praktiziert und die ganze Nacht das Knie am Boden ‚schleift’… Ausserdem drücke sein linker Fuss permanent nach unten: armer Kerl – ebenfalls unheilbar… Ganz abgesehen davon fragte mich dieser freundliche Herr, ob ich in der Misano-Woche schon am Donnerstag zurück müsse oder ob ich anschliessend nicht noch etwas ‚Zeit’ hätte. Sofort glühte meine stets in Alarmbereitschaft befindliche Skepsis-Birne auf. Zeit wofür?!
Wie es für ihn typisch war, beschrieb er ohne Umschweife, dass wir Woche 32 zu einer wahrhaft ultimativen Zündwoche mäddiesieren könnten: Dienstag bis Donnerstag Misano, Freitag Nachmittag Adria Raceway, Samstag Ausnüchterungszelle (und evtl. Bericht schreiben, hehe) und Sonntag Adria-Raceway. Da ich das Wort Adria noch nie in Verbindung mit Rennstrecken gebracht hatte, musste ich sofort zuerst die Aufzünd-Datenbank im Forum und anschliessend die Suchfunktion bemühen. Mit dem Ergebnis, dass dieses Wort noch nie in einem Beitrag erwähnt wurde. Also los!
Und wieder das seit den Römern bekannte Dilemma: ohne Moos nix loos resp. ohne Mampf kein Kampf… - dass Karussellfahren für Fortgeschrittene auch so teuer sein muss!
Ach fuck, ich könnte für das nächste Semester doch wieder einen alten 110-Trick anwenden, da mein Konto ohnehin klinisch tot war. In unserem Studiengang sind bisweilen Lehrbücher ‚vonnöten’, deren Kosten locker an die eines Brückenstein-Vorderreifen hinkommen, sich aber im Gegenzug durch ein umgekehrt proportionales Preis-/Leistungsverhältnis wenig erkenntlich zeigen. Über das Thema der Haltbarkeit bei Gebrauch breiten wir aber den Mantel des Schweigens aus…
Aber ich schweife ab, der Mäddie-Trick Nr. 110f:
Neues 500-seitiges Lehrbuch von einer guten Seele oder Seelin für einen Nachmittag ausleihen, den Turbo-Scanner meines Nachbarn vier Stunden lang mit den 250 Doppelseiten foltern, alles auf den Memory-Stick bugsieren, ab zur Sekretärin meines Vaters und sie mit einem dringenden ‚Spezial-Druckauftrag’ konfrontieren (möglichst unauffällig…).
Resultat: „Guät Boo, chasch mi amäldä… mini negschtä drei büächer sin günschtig…“
Aber keine Angst, ab und zu finden sich auch echte Bücher mit echtem Einband auf meinen Regalen.
Nach Ostern in Valencia hatte ich mir zwar selber verordnet, eine zeitlang den Karle Rehm Karle Rehm sein zu lassen und nicht mehr bei ihm mitzuzünden. Wie so oft hatte der so viele Leute dabei, dass man ohne weiteres nicht nur in vier, sondern auch in acht Gruppen hätte fahren können. Und da ohnehin nur 30 gleichzeitig auf die Piste durften, hätte ich die Reifenwärmer auch gleich in der Kiste lassen können.
Aber ich kriegte eine Bestätigung, dass es in Misano garantiert nur drei Gruppen mit überschaubarer Teilnehmerzahl für den Morgen geben werde(schlussendlich waren es trotzdem vier). Am Nachmittag sei freies Fahren angesagt. Jaja, ‚freies Fahren’… diese waschläppige Bezeichnung reichte mir trotzdem!
Am Donnerstag vor dem Event tauchte Boo bei mir auf, um meinen Brennstab aka Granate und den üblichen Kram einzuladen. Sein Opel Movano mit dem man zweifellos auch ein Matterhorn aus dem Wallis versetzen könnte, würde im Winter zu einem all-inclusive-Lieferwagen umfunktioniert (so zumindest der Plan VOR Misano): Gas-Wasser-aber-ohne-Scheisse, sehr löblich! Man muss ja neben der Joggerei und den Liegestützen auch etwas anständiges zu tun haben im Winter.
Beim Öffnen der Hecktüre musste ich unweigerlich all meine Augen schliessen, einen gordischen Knoten in meinen Beprünzomat knüpfen und sicherheitshalber ein kurzes Uffzynd-unser seufzen - beim Anblick der Anzahl Reifen innerhalb dieser Metallbestie durchströmte mich ein wärmendes Gefühl, als würde ich mir gerade eine liebliche Korea-Spülung in Sheene-Grad einverleiben, uuuuuuaaaaaaahhhhhh! Ein blauer Bridgestone-Himmel!
„Wär sell denn das alles verbrennä?!?!?!?!?“
Boo grinste als wäre er ein fünf Jahre alter Frechdachs, langsam wurde mir dieser Kerl unheimlich. Wir waren überaus fit for mission! Ich war mir jedenfalls sicher, dass es in Misano nach unserem Abstecher nur noch schwarzen Asphalt geben würde.
Für die sonntägliche Abfahrt einigten wir uns auf 0600 um kein ‚Waiting for Godot’ am Gotthard erleben zu müssen. Ich wusste schon da, dass der samstägliche Abend sehr vergnügsam sein würde. An eben diesem Sonntag war Boo überpünktlich und ich musste nur noch kleinere Habseligkeiten in sein Ungetüm verstauen, wobei es sich hauptsächlich um versorgungstechnische Angelegenheiten handelte. Als er dann die Diesel-Bestie startete, hielt ich ihm ein unabdingbares upfiring-Utensil vor seine h-Nase hin: einen Dosen-Beam... Mein Komparse war sofort hingerissen! Dieses Ritual ist im Übrigen um Welten besser, als mit Trauerflor am Leder zu fahren, thx BiG!!
Unterwegs teilte mir mein Brennbruder mit, dass er sich für seinen ersten Misano-Event als Ziel genommen habe, zumindest unter 2:00 resp. 1:55 zu bleiben, was mir ein kleines Lächeln abringte.
„15 bis 20 sekundä übr dr zit vo dä wm-superspörtler.“
Solche Aussagen machen ihn ungemein sympathisch! Das war auch keine Tiefstapelei aus Selbstschutz, sondern Boo meinte das wirklich ernst. Nur entbehrte das bei ihm natürlich jeglicher Grundlage… Es gibt also weltweit schon zwei Anti-Hybris-iker oder sog. ‚Anti-Hybriden’ (und ja, ich weiss was ein Hybrid ist!!!).
Wissend was er auf anderen Pisten für Zeiten fährt, nahm ich also einen Zettel und schrieb darauf die Zeit, die ich ihm zutraute (natürlich eingedenk der Tatsache, dass er das erste Mal dort fährt: at least 1:52). Natürlich sagte ich ihm nicht, was auf dem Fetzen Papier stand, dafür aber, dass er sein genanntes Ziel wohl schon am ersten Morgen nach fünf oder zehn Runden pulverisieren würde. Bei der ‚Rückfahrt’ wollte ich ihm dann den Zettel zeigen.
Da meine eigene bisherige Bestzeit nach meinem zweiten (sehr sehr kurzen…) Aufenthalt knapp über 1:56 lag, würde das für ihn wohl eine überaus leicht zu bewältigende Aufgabe sein. Für meinen Teil wollte ich erst meine 56-Zeiten bestätigen und dann möglichst nah an die 110 Sekunden-Grenze kommen. Aber nah ist ja ein dehnbarer Begriff. Wo die Sekunden für mich bereitlagen, wusste ich ja schon, ich müsste mich nur bücken und sie mitnehmen, hehe. Aber ich habe gelernt, dass ich mir bezüglich der Zeiten keinen Druck mache, das Frustpotential kann gross sein, wenn man seine gesteckten Ziele nicht erreicht. Und Frust hat bei mir keinen Platz.
Um dem Ganzen noch die Krone des Übels aufzusetzen fügte Boo hinzu, dass er die Besitzer einer Bar in Misano verheerend gut kannte und es ausserdem eine Kartbahn in der Nähe gab, die bis 0300 täglich geöffnet hatte. Man könne ja beides kombinieren... Er kam dann noch mit etlichen Horrorstories bezüglich dieses Zusammenspiels hervor, was mich schlussendlich überlegen liess, ob der Andrang an dieser Bahn nach Mitternacht so gross sei, dass man die anschliessenden Schäden und diversen Reinigungsarbeiten damit kompensieren könne. Nach jener Schilderung bezweifelte ich dies jedoch stark. Boo musste einen sehr witzigen Freundeskreis in Italien haben!
Yeah, dann kam der Zoll! Die Schweizer interessiert’s eh nicht, wer aus ihrem Land raus will, also weitertuckern. Italiener-Zoll Part I war sozusagen kein Thema, aber Part II 20 m weiter war dann der Eintritt in ein Fiasko, das sich am besten mit ‚Hose runter und nach der niedergefallenen Seife greifen’ am besten beschreiben lässt. Der coolste Italo-Zöllnomat der Milchstrasse wollte sich einen Einblick in den Mageninhalt unseres vermeintlich geilen Opel Movano geben. Anschliessend dauerte es auch nur geschätzte zwei Zehntelsekunden, bis wir auf einen dieser ollen Warteplätze hingewiesen wurden.
„Ausweise der Möppis bitte.“ Hmmmmmmmmmmmm…
Pause, *ingedankendurchgehwopapierefürgranatesind*
Ohoh…
‚Ja, Mäddie, du bisch eifach ä geilä sausiäch, dä uswis stoht nämli griffbereit uf dim pult, yeah!’ Ich freute mich wie vor 15 Jahren an Weihnachten und wollte zum Ausdruck meiner Euphorie kurz acht Mal um den Movano spurten. In Gedanken feuerte ich meine eigene hit list an Fluchwörtern durch und verfluchte meinen Stirnlappen, dass er keine Gehirnfunktion mehr hatte. Der Zöllner sagte kristallklar, dass wir ohne Ausweis für meine Granate keinen Meter über die Grenze kämen. Haha, dieser Witzbold!
Boo war über meine Unfähigkeit gezwungenermassen ebenfalls mehr als entzückt und liess seinen italienischen Redekünsten freien Lauf. Irgendwann fiel das Wort ‚circuito’ gegenüber einem Zollomatiker und die 110te Abklärung im Zollbüro lief ab. Völlig unverständlich kriegten wir plötzliches grünes Licht und der Movano heulte auf. Noch an der Steigung am Zoll barsten unsere Stimmbänder und Boo gab Licht- und Hupsignale vom allerfeinsten. Wir mussten Italien schliesslich vor uns warnen!
„Mir sin do, mir sin do, MIR SIN DOOOOOOO!“
Kurze Zeit später mussten wir dann an einem Toys “r“ us für Aufzünder haltmachen, wo sich mein Chauffeur einen neuen Hut hatte reservieren lassen. Einkaufen am Sonntag, so zumindest der Plan… Der Preis für sein Modell war schon sehr merkwürdig und ich fragte mich, ob er nicht einfach einen AGV-Karton mit Ziegelsteinen erhalten würde. Ist ja schon klar, dass ein Grossverteiler günstiger einkauft, aber dieser Helm kostete gerade Mal die Hälfte im Vergleich zu dem was nördlich der Alpen auf dem Preisschild steht – überdies noch vor dem fälligen Abzug der Mwst! Ich war mir sicher, dass ich keinen Fuss in einen solchen Laden of hell setzen durfte/sollte/wollte, da diese Schlawiner natürlich Kreditkarte akzeptieren. Knoblauch, Holzpflöcke und Kreuze nützen da sehr viel… Ich beschloss am Parkplatz nicht einmal den Sicherheitsgurt zu lösen, um mich vor mich selber zu schützen. Ausserdem war das auch gesünder für Boo, da ich ansonsten noch neue Stiefel und Kombi für ihn hätte mitschleppen müssen.
Aber es kam eh anders, ein leerer Parkplatz deutete daraufhin, dass gewisse Italiener auch am Sonntag nicht arbeiten.
Ankunft Misano: ‚Poah ist unsere Karre dreckig!’ dachte ich beiläufig und fuhr mit einem Finger über den Dreck. Hui, das war Öl und lustigerweise sogar unser eigenes! Boo als Auto-Mechaniker erkannte das Grauen sofort und verschwand flugs zuerst unter dem Transporter und anschliessend unter der Motorhaube. Seine Flüche waren übelst, allerunterste Schublade. Ein Glück, dass ich kein Wort verstand…
Es stellte sich heraus, dass ein Bolzen, der die Dieselpumpe eigentlich an ihrem Standort halten sollte, irgendwie keine Lust mehr verspürte, weiterhin Bolzen zu spielen. Stattdessen zerlegte er sich lieber in seine Einzelteile. Darum wackelte die Pumpe bei laufendem Motor wie ein Pudding auf LSD.
Der Ölmessstab war sehr trocken… Will jemand einen Movano ab Platz kaufen?! Gut gepflegt…
Scheisendreck, ein Wunder dass die Karre überhaupt noch lief. Und es sollte noch viel besser kommen, hehe. Hi Frank!
Zurück zur Piste:
Ah, endlich kein Pseudo-Spielplatz mehr! Vernünftigen Standort gesucht und gefunden, als erstes gleich Strom herbeigezaubert, damit es zu keinem Unterbruch der Kühlkette kommen konnte. Dann den geilen Pavillon aufgestellt und restliches Material bereitgelegt. Anschliessend liessen wir die Sonnenstrahlen auf unseren harten Bäuchen umhertanzen und genossen die eine oder andere dringend benötigte Erfrischung. Es war noch nicht so heiss wie erwartet! Boo und ich schnappten unseren Suzuki-Teamroller (intern K7 genannt, hehe) und wir düsten damit zur zweiten Rechts nach Start/Ziel, um von dort das Rennen der freien Klasse zu geniessen. Als eine rot-weisse Mille in Führung liegend angedonnert kam, wusste ich sogleich, dass das nur Ralph Stelzer sein konnte.
Hüstel… fahrtechnisch befand sich der eine warp-Liga weiter oben. Absetzen konnte er sich zwar von einigen Mit-Wahnsinningen nicht, aber so locker wie er mit seinem Hobel umging, hätte er wohl noch ein paar Kohlen nachlegen können. Sehr beeindruckend… Gewonnen hat er das Ding alleweil.
Der restliche Tagesverlauf verlief bis zum Abend recht unspektakulär…
Grill angeschmissen und irgendwann in meiner Tasse versunken. Ich weiss aber noch, dass ich vernichtende Pläne geschmiedet habe! Und je später der Abend, desto mehr wurde mir bewusst, dass alle Nicht-Aufzünder sehr unvernünftig sind. Wenn die nur wüssten, was sie verpassen! Ich bin überzeugt, dass man beim Eintreffen an der Rennstrecke die gewöhnliche Zivil-Matrix verlässt und dafür in die vernünftige life-Matrix eintaucht. Ich werde deshalb von nun an jeden Pförtner mit Peter ansprechen (Petrus wäre ja fast etwas übel…) und den Weg dorthin mit ‚Highway to cloud 9’ bezeichnen (engl. für Wolke sieben…).
Erlebnisse an der Piste werden in unserem Erinnerungsvermögen fixiert wie Tätowierungen in der Haut. Ich habe bisher mit Ausnahme von Ostblockländern nirgends eine annähernd hohe Hilfsbereitschaft erlebt wie am track. Es ist schon erstaunlich, wie ein gemeinsames Ziel die Leute zusammenschweissen kann, obwohl man sich bisweilen wenig oder kaum kennt. Aber unser Vorhaben lässt das irgendwie automatisch als selbstverständlich erscheinen. Der Respekt vor der gegenseitig erbrachten Leistung auf dem Feld der Ehre, das Zuprosten am Abend (die Herumalbereien danach…), die ungezählten Stunden, die man in einer ungeheizten Garage im Winter mit dem Aufrüsten des Boliden verbringt, die Philosophien die man so herrlich simpel Benzingespräche nennt… Das Blut scheint während Qualifying und Rennen nicht nur schneller, sondern auch mit mehr Druck durch die Bahnen zu pumpen und dabei allerlei chemische Reaktionen auszulösen, die unser Gehirn kurzzeitig alles andere vermeintlich wichtige vergessen lassen. Ich glaube nicht, dass Gott ein Aufzünder ist – aber er muss uns auf jeden Fall sehr gern haben!
Da ich nun langsam auch etwas euphorisch werde, kommt mir unweigerlich wieder einmal ein legendärer Cranberries-Song in den Sinn mit folgendem Textlaut:
„To all those people doing lines: Don’t do it! Inject your soul with liberty. Salvation!”
Mäddie-Übersetzung: „An all die Leute, die sich Koks reinhauen, lasst das sein! Haut Freiheit in eure Seelen, uffzynda!“ Uffzynda ist das Opium für Vernünftige. Und da soll noch irgendjemand behaupten, dass sämtliche Aufzünder eine sinnbefreite Nebenbeschäftigung haben?! „Wie kann man nur so blöd sein, im Kreis zu fahren?!“
Tja, Aufzünden ist eben mehr als das und Aufzünder sind nunmal anders. Aber eine Gasgriff-Banause wird so etwas nicht einmal in den Grundzügen verstehen können. Friede den Nicht-Wissenden!
Kurz: Aufzünden ist echt und sehr cool! Oder wie es Steve McQueen einmal prägnant ausgedrückt hatte: ‚Racing is life. Everything else is just waiting.’ Punkt!
(Einschub: Ich brauche schnell eine Erfrischung da meine jetzige Stirnlappen-Temperatur ungefähr den gleichen Wert innehat wie das WaterWetter-Wasser (WW-W) im Kühler nach 15 Superpole-Runden im Hochsommer…)
*** (bin wieder zurück…)
Rückblickend entsprachen die vier Wochen zwischen ADR und Misano in real gefühlter Zeitmessung natürlich wieder mindestens sieben Monaten. Mittlerweile fragte ich mich ernsthaft, wie ich nur den nächsten Winter ohne mentale Schädigungen überstehen sollte, wenn es mir schon brutalst schwerfällt, einen Monat auf den nächsten Durchladungs-Event zu warten… Oh mein G%tt!!! Aber so weit sind wir ja noch nicht und ich fühlte mich jedenfalls wieder einmal wie neugeboren, beim Realisieren am Spielplatz für erfahrene Kinder zu sein. Dann noch zur heiligen Uffzyndia von Zürich gebetet, uns vor irgendwelchen Albernheiten zu bewahren und alles würde gut werden.
Irgendwann wollte ich noch des Nachts mit einer Imbissflasche und mit Boo im Schlepptau zu der von mir verhassten Bodenwelle ausgangs der ersten Schikane wandeln (ungefähr so wie ein gewisser Herr T. Hoemke für ein paar Kenner unter euch). Verhasst weil sie mir einmal den Grip unter meinem Hinterrad schnell wie der Blitz weggenommen hatte. Gemäss Plan wollte ich ihr nahe legen, mir ja wohlgesonnen zu sein. Falls nicht würde ich wiederkommen – bewaffnet mit einer Plaurap-Niere (Planierraupe)!
Beim Entern der Piste per pedes wurde mir wieder einmal schlagartig bewusst, dass gewisse Streckenabschnitte bei Schrittgeschwindigkeit sehr nach endloser Autobahn aussehen, im wirklichen Leben aber damit nichts zu tun haben. Ich kannte die Piste ja schon, kriegte aber dennoch etwas dicke Backen. Sehr beeindruckend so eine Fussgänger-Perspektive…
Am Folgetag belästigte ich kurz den Reifenwexxler, da immer noch die abgefuckten Regenreifen von der letzten ADR-Session meine (sauberen!) Ersatzfelgen umschlangen. Weg damit! So ein zweiter Satz Felgen hat schon was bestechendes, speziell dann wenn man davon ausgehen kann, dass es die nächsten Tage zu 110% regenfrei bleiben wird (höhö, was für ein Trugsschluss!). Am ersten Tag wollte ich zum Einfahren noch die gebrauchten ADR-Slicks verwenden und anschliessend mit den Ersatzfelgen rumcruisen.
Dann bei der Anmeldung passierte was komisches: Die gute Rosi ging scheinbar immer noch davon aus, dass ich mit einer 750 aufzünde, da ich vor zwei Jahren mit einer ZX-7 unterwegs war… Transponder gab’s noch keine.
Boo vergnügte sich an der Dieselpumpe. Mittlerweile ERFAND er sogar neue Fluchwörter.
Ansonsten ging auch dieser Tag irgendwann vorbei. Wir wollten endlich aufzünden!
So ihr Schönen, nehmt das erstmal. Unterteilung macht doch Sinn!
I’ll be back…
"Wir wissen zwar nicht, wo es langgeht, aber dafür bewegen wir uns mit Höchstgeschwindigkeit." Dussel Duck, Entenhausen 1983
- Blumenhummer Offline
- Beiträge: 2090
- Registriert: Donnerstag 5. Februar 2004, 22:19
Hehehihihöhö, das grosse Rätselraten um mein Studium. Ich studiere aufzünden ohne Nebenfach!
Vermutungen können aber weiterhin angestellt werden...
Danke fürs Lob!
Day 1: Warum Kamele durchaus ein Vorbild sein können…
Finito con il Vorgeplänkel!!
Der Morgen des ersten Aufzündens stand schon unter dem Stern des ehrlichen Schweisses. Es war tatsächlich warm, sehr warm… Mir kam unweigerlich Sete in den Sinn, als er letztes Jahr mit einem ollen Trinkschlauch in Estoril fuhr. Aaah, ich werde mir über den Winter da auch was Passendes basteln! Nun dürfte aber sowieso klar werden, wieso Kamele neuerdings meine Lieblingstiere sind. Meinen Gutschein für eine Schönheits-OP werde ich umwandeln in den Anbau zweier Aero-Wasserspeicher-Höcker am Rücken. Die könnte man dann abends bei Bedarf auch zweckentfremden…
Mit grosser Freude dachte ich daran, dass der Akra zum ersten Mal unter meiner Führung Italiener-Kohlendioxyd rausfeuern durfte. Also Motor angeworfen und dabei fast so erschrocken wie Tom D. beim Anblick eines sich drehenden fremden Vorderrades. Db-eater sind lächerlich… ‚Speed of sound’ von Coldplay ist doch eindeutig ein falsch gewählter Titel, ‚Sound of speed’ tönt doch schon weltens vernünftiger! Habe das irgendwie fast schon vergessen. Wo sind noch mal die Ohrenstöpsel...?
Für den Vormittag gab es Turns in 4er-Gruppen, nachher nur noch freies Fahren.
Boo war zwar schon etliche Male in Misano, um sich die Rennen anzuschauen, aber selber gefahren war er dort noch nie. Also fuhr ich voraus mit dem Wissen, dass es nicht lange dauern würde, bis er mir davonbrausen würde.
Als niemand mehr vor mir am Vorstart stand und ich nur noch auf die Einlass-Berechtigung von Terence Hill (der Bruder von Bud Spencer aka Lumpensammler-driver) wartete, blieb die Zeit für mein Umfeld stehen und nur ich und meine Granate waren nicht erstarrt. Es war schlagartig ruhig geworden und nur das sonore 1'500 U/min-Brabbeln erinnerte mich daran, dass ich auf dem Spielplatz war. Die Stimmung hatte schon fast etwas Gespenstisches an sich. Ein einzelner Schweisstropfen erkämpfte sich seinen Weg von der Stirn via meine Nase in den Helm und traf sich dort mit vielen gleichgesinnten Artgenossen. Hitzeschweiss morgens um 0930, ich freute mich schon auf den Nachmittag (unser Zelt würde sich in Zukunft mit der Vorsilbe Sauerstoff- schmücken dürfen. Korea-Infusionen hingen schon an der Decke bereit…).
Der ER-Gasgriff drehte dank entferntem Schliesserzug leichtgängig und flutschte auch ohne Bedenkzeit wieder in die off-Stellung - ein Glück habe ich Drosselklappen und keine Schieber. Ich atmete langsam ein und aus, wieder ein Schweisstropfen - ein kurzer Moment der Besinnung.
Plötzlich vernahm ich wieder Bewegungen und Mr. Hill winkte mich in Zeitlupentempo rein. Granate machte ihrem Namen alle Ehre… Fiiiiiiiiiire!!
Ich hatte mich selber im Vorfeld ermahnt, nicht übermotiviert an die Sache zu gehen, da ich schon einmal einen Ex-Untersatz in den ersten 30 Minuten eines dreitägigen Wochenendes unwiederbringlich zerstückelt hatte.
Angenehmerweise hatte nach 2001 niemand mehr das Layout des Kurses angerührt. Der Krater nach der ersten Schikane begrüsste mich auch sogleich wieder auf seine unverkennbare Art und Weise und ich grüsste mit einem Augenzwinkern zurück. Ich beschloss, dort in den nächsten drei Tagen soviel Gas zu geben, dass ebendiese Bodenwelle mit genügend Gummi angereichert wurde und man nicht mehr von einem Krater sprechen konnte.
Ich wollte relativ lange draussen bleiben um erstens das Niveau der Gruppe einzuschätzen und zweitens wieder ein Gefühl für die Piste zu kriegen. Nach zwei Runden fuhren wir unter zwei Minuten, Boo konnte auch gut dranbleiben. Dann nach zehn weiteren Umläufen blinzelte mich eine 1:55 an. Ich glaube so nach 12 oder 13 Runden blickte ich mich noch einmal kurz nach hinten um, sah aber keinen Boo mehr. Er war zwei Runden vorher abgebogen.
Wieder zurück war ich eigentlich schon erstaunt, dass ich bereits im ersten Turn für meine Verhältnisse gut zurecht kam und schneller als bisher fahren konnte. Ich weiss, dass 1:55 auch noch keine Zeit darstellt, aber für mich ging das bereits sehr in Ordnung. Granate funktionierte wunderbar, ein Schraubencheck offenbarte, dass ich nichts verloren hatte, passt.
Aber dann fing es an. Ich wollte versuchsweise ohne Ohrenstöpsel raus und kam mir nach zwei Runden vor, als wäre ich Sonntag morgen um 0600 per Volksmusik und Megaphon in Kombination geweckt worden. Das ging auf keinen Fall.
Da ich die drei Linkskurven vor der Gegengeraden nun auch so langsam mit etwas Schwung nahm, freute ich mich weniger über das Lenkerflattern sobald ich aus der letzten Links auf die Gerade kam. Ich versuchte dann mehr Druck auf die Rasten und bewusst weniger auf die Lenkerstummel zu geben. Flattern war trotzdem da. Gut, also mal schauen, für was die 35 Clickies des LD’s gut sind. Nochmal sechs Stufen dazugegeben und wieder raus. Hehe, Flattern! Ja hock ich denn wie ein Esel auf dem Bock?! Von Runde zu Runde wurde es schlimmer, mittlerweile auch an zwei anderen Stellen… Und ich machte bewusst langsamer um zu schauen, ob es an mangelnder Lockerheit lag!
Kam noch hinzu, dass die Bremse mehr und mehr Druck verlangte und der Hebel wanderte. Das war ja nicht ungewöhnlich, weil sie das bisher auch immer tat, allerdings blieb der Druckpunkt dann aber nach zwei drei Runden stabil. Nun definitiv nicht mehr. Und zu der schönen Runde gesellte sich auch noch ein zweifaches Übersetzungsproblemchen dazu: vor beiden Schikanen ratterte ich jeweils in den Begrenzer. Die Bremse wurde schlapp und schläpper und bevor ich Kiesbett-Pflüging zelebrierte, ging ich raus.
Entlüftungs-Check – OK. Flüssigkeit sah gut aus, Beläge waren nicht verglast. Also wieder Kolben an die Beläge platzieren. Dabei fiel mir auf, dass die Radialpumpe am Druckpunkt angelangt merkwürdige Knackgeräusche von sich gab?!?! Sehr witzig…
Allerdings hatte ich nicht das Gefühl, dass die Geräusche vom Innenleben kamen, sondern eher auf mangelnde Schmierung an der Übertragungsstange (?) deuteten. In Ivos Werkzeugkiste fand ich ein passendes Mittelchen und besprühte die Umlenkungs-Mechanik. Geräusch war weg, aber ich war sicher, dass die Bremse damit keinen Deut besser wurde. Sicherheitshalber noch schnell die Beläge gewechselt (wieder original wie vorher) und ein paar Meter im Fahrerlager gefahren. Dann noch ein 41er Kettenblatt reingeschmissen und Kettenspannung ordentlich angepasst.
Meine Fresse, ich dachte bisher immer, dass ich eher weniger heikel auf solche Lappalien reagiere und nicht gleich wegen jedem Firlefanz den grossen Steckschlüsselsatz hervorsuche, sondern eher bei mir auf Ursache-Wirkung-Suche gehe. Aber ich war zu faul, um die Linie abzuändern und noch viel fauler vor der Kurve hoch- und wieder runterzuschalten.
Boo gab mir dann einen heissen Tip wegen dem Flattern: Tank füllen… Er hatte dasselbe Problem schon in Hockenheim gehabt.
Wenn’s hilft? Für den Nachmittag wollte ich also insbesondere schauen, dass Granate wieder gut läuft und ich nicht immer mit voller Unterhose fahren musste. Ob’s ein Placebo-Effekt war, spielt mir keine Rolle, jedenfalls war das Flattern während/nach der letzten Linkskurve vor der Gegengeraden weg, wenn der Tank halbvoll oder völler war. Die Bremsen-Scheisse blieb. Ich benötigte Kraft wie Sau und hatte Fading wie Sau, länger als sieben Runden konnte ich ruhigen Gewissens nicht draussen bleiben.
Zu der Bremse lässt sich sagen, dass ich auf den Ersatzfelgen ABM-Wavescheiben montiert habe, da die Originalen sich auf diesen nicht montieren lassen. Ersatzfelgen stammen nicht von einer ZX-6… Deshalb hatte ich insgeheim vermutet, dass durch den parallelen Einsatz mit den ABM-Scheiben und denselben Belägen, diese wohl dieses Wechselspiel nicht so witzig fanden. Aber auch mit neuen Originalbelägen hatte ich dasselbe Problem. Kurz: SRF und CRQ stehen als nächstes auf der muss-haben-Seite…
Am Abend war ich dann nicht nur wegen der Hitze reichlich geplättet, mein rechter Unterarm eine taube Nuss. Aber Aufzünden ist dennoch sehr cool!
Für die folgenden zwei Tage wollte ich also die Ersatzfelgen montieren mit neuem YCX vorne und YCY hinten. Wie gesagt – wollte… Ich hatte bestimmt eine Milliarde halbwegs nützlicher Dinge dabei, aber der notwendige 22er-Inbus für die Vorderachse wartete geduldig in meinem eigenen Steckschlüsselsatz, den ich ja nicht mitzunehmen brauchte, da Boo die halbe Werkstatt dabei hatte. Schon wieder so eine Stirnlappen-Scheisse, das nervte langsam!
Bei unserem Pavillon-Nachbarn mit einer ’05 ZX-6 stellte sich heraus, dass ihm genau dieses Teil auch fehlte, geil! Aber er sei ohnehin auf der Suche und würde sich melden, falls er was auftreiben würde. Wäre ja gelacht, wenn die tausend 6er-Kawas drei Tage mit denselben Vorderreifen fahren würden…
Irgendwann hatte ich den 22er tatsächlich in der Hand und machte mich vergnügt ans Werk. Ob die Bremse morgen besser wird mit den ABM-Scheiben?
Boo die Sau fuhr mittlerweile locker tiefe 52er-Zeiten, klagte aber über hohe Wassertemperaturen. Kein Wunder, aber er will ja den Thermostat auf keinen Fall ausbauen! Auch ihm machte die Hitze etwas zu schaffen.
Am Abend grillierten wir nach Herzenslust und füllten unseren Pavillon mal so richtig mit Rauch ab. Selbst auf den Photos konnte man kaum was erkennen. Dann kamen noch zwei Bekannte von ihm vorbei, die gerade in Riccione ihre Ferien verzündeten. Sie waren mit einem geilen Citroën BX ausgerüstet. Achtung, BX, also das Teil, das sich selber höhenreguliert! Was für hardcore-Kerle… Ich sag’s ja – Bier im Extrem-Mass hat üble Nebenwirkungen!
Ich denke so gegen 2300 machten wir zu viert noch schnell einen Abstecher nach Misano City. Spektakulär war dann bei unserem Imbissaufenthalt eine Duc 900 SS, deren Fahrer reichlich motiviert schien. Helm zwischen Bauch und Tank eingeklemmt, Motor gestartet und gleich richtig Drehzahl gegeben. Volle Kanne die Karre im Zivilverkehr aufs Hinterrad gestellt und auf ebendiesem mal über drei Kreuzungen ohne Vortritt. Das nenne ich schmerzbefreit. Kein Wunder gibt es so viele tödliche Motorradunfälle in Misano…
Wieder zurück im Fahrerlager fiel ich von alleine auf den Liegestuhl und schlief bis 0830… In dieser Nacht träumte ich von schwarzer Bremsflüssigkeit, vielen Luftblasen, Bremsbelägen aus Glas und Scheiben mit Extrem-Schlag.
Piuh, ich werde wiederkommen, dann mit day 2…

Danke fürs Lob!
Day 1: Warum Kamele durchaus ein Vorbild sein können…
Finito con il Vorgeplänkel!!
Der Morgen des ersten Aufzündens stand schon unter dem Stern des ehrlichen Schweisses. Es war tatsächlich warm, sehr warm… Mir kam unweigerlich Sete in den Sinn, als er letztes Jahr mit einem ollen Trinkschlauch in Estoril fuhr. Aaah, ich werde mir über den Winter da auch was Passendes basteln! Nun dürfte aber sowieso klar werden, wieso Kamele neuerdings meine Lieblingstiere sind. Meinen Gutschein für eine Schönheits-OP werde ich umwandeln in den Anbau zweier Aero-Wasserspeicher-Höcker am Rücken. Die könnte man dann abends bei Bedarf auch zweckentfremden…
Mit grosser Freude dachte ich daran, dass der Akra zum ersten Mal unter meiner Führung Italiener-Kohlendioxyd rausfeuern durfte. Also Motor angeworfen und dabei fast so erschrocken wie Tom D. beim Anblick eines sich drehenden fremden Vorderrades. Db-eater sind lächerlich… ‚Speed of sound’ von Coldplay ist doch eindeutig ein falsch gewählter Titel, ‚Sound of speed’ tönt doch schon weltens vernünftiger! Habe das irgendwie fast schon vergessen. Wo sind noch mal die Ohrenstöpsel...?
Für den Vormittag gab es Turns in 4er-Gruppen, nachher nur noch freies Fahren.
Boo war zwar schon etliche Male in Misano, um sich die Rennen anzuschauen, aber selber gefahren war er dort noch nie. Also fuhr ich voraus mit dem Wissen, dass es nicht lange dauern würde, bis er mir davonbrausen würde.
Als niemand mehr vor mir am Vorstart stand und ich nur noch auf die Einlass-Berechtigung von Terence Hill (der Bruder von Bud Spencer aka Lumpensammler-driver) wartete, blieb die Zeit für mein Umfeld stehen und nur ich und meine Granate waren nicht erstarrt. Es war schlagartig ruhig geworden und nur das sonore 1'500 U/min-Brabbeln erinnerte mich daran, dass ich auf dem Spielplatz war. Die Stimmung hatte schon fast etwas Gespenstisches an sich. Ein einzelner Schweisstropfen erkämpfte sich seinen Weg von der Stirn via meine Nase in den Helm und traf sich dort mit vielen gleichgesinnten Artgenossen. Hitzeschweiss morgens um 0930, ich freute mich schon auf den Nachmittag (unser Zelt würde sich in Zukunft mit der Vorsilbe Sauerstoff- schmücken dürfen. Korea-Infusionen hingen schon an der Decke bereit…).
Der ER-Gasgriff drehte dank entferntem Schliesserzug leichtgängig und flutschte auch ohne Bedenkzeit wieder in die off-Stellung - ein Glück habe ich Drosselklappen und keine Schieber. Ich atmete langsam ein und aus, wieder ein Schweisstropfen - ein kurzer Moment der Besinnung.
Plötzlich vernahm ich wieder Bewegungen und Mr. Hill winkte mich in Zeitlupentempo rein. Granate machte ihrem Namen alle Ehre… Fiiiiiiiiiire!!
Ich hatte mich selber im Vorfeld ermahnt, nicht übermotiviert an die Sache zu gehen, da ich schon einmal einen Ex-Untersatz in den ersten 30 Minuten eines dreitägigen Wochenendes unwiederbringlich zerstückelt hatte.
Angenehmerweise hatte nach 2001 niemand mehr das Layout des Kurses angerührt. Der Krater nach der ersten Schikane begrüsste mich auch sogleich wieder auf seine unverkennbare Art und Weise und ich grüsste mit einem Augenzwinkern zurück. Ich beschloss, dort in den nächsten drei Tagen soviel Gas zu geben, dass ebendiese Bodenwelle mit genügend Gummi angereichert wurde und man nicht mehr von einem Krater sprechen konnte.
Ich wollte relativ lange draussen bleiben um erstens das Niveau der Gruppe einzuschätzen und zweitens wieder ein Gefühl für die Piste zu kriegen. Nach zwei Runden fuhren wir unter zwei Minuten, Boo konnte auch gut dranbleiben. Dann nach zehn weiteren Umläufen blinzelte mich eine 1:55 an. Ich glaube so nach 12 oder 13 Runden blickte ich mich noch einmal kurz nach hinten um, sah aber keinen Boo mehr. Er war zwei Runden vorher abgebogen.
Wieder zurück war ich eigentlich schon erstaunt, dass ich bereits im ersten Turn für meine Verhältnisse gut zurecht kam und schneller als bisher fahren konnte. Ich weiss, dass 1:55 auch noch keine Zeit darstellt, aber für mich ging das bereits sehr in Ordnung. Granate funktionierte wunderbar, ein Schraubencheck offenbarte, dass ich nichts verloren hatte, passt.
Aber dann fing es an. Ich wollte versuchsweise ohne Ohrenstöpsel raus und kam mir nach zwei Runden vor, als wäre ich Sonntag morgen um 0600 per Volksmusik und Megaphon in Kombination geweckt worden. Das ging auf keinen Fall.
Da ich die drei Linkskurven vor der Gegengeraden nun auch so langsam mit etwas Schwung nahm, freute ich mich weniger über das Lenkerflattern sobald ich aus der letzten Links auf die Gerade kam. Ich versuchte dann mehr Druck auf die Rasten und bewusst weniger auf die Lenkerstummel zu geben. Flattern war trotzdem da. Gut, also mal schauen, für was die 35 Clickies des LD’s gut sind. Nochmal sechs Stufen dazugegeben und wieder raus. Hehe, Flattern! Ja hock ich denn wie ein Esel auf dem Bock?! Von Runde zu Runde wurde es schlimmer, mittlerweile auch an zwei anderen Stellen… Und ich machte bewusst langsamer um zu schauen, ob es an mangelnder Lockerheit lag!
Kam noch hinzu, dass die Bremse mehr und mehr Druck verlangte und der Hebel wanderte. Das war ja nicht ungewöhnlich, weil sie das bisher auch immer tat, allerdings blieb der Druckpunkt dann aber nach zwei drei Runden stabil. Nun definitiv nicht mehr. Und zu der schönen Runde gesellte sich auch noch ein zweifaches Übersetzungsproblemchen dazu: vor beiden Schikanen ratterte ich jeweils in den Begrenzer. Die Bremse wurde schlapp und schläpper und bevor ich Kiesbett-Pflüging zelebrierte, ging ich raus.
Entlüftungs-Check – OK. Flüssigkeit sah gut aus, Beläge waren nicht verglast. Also wieder Kolben an die Beläge platzieren. Dabei fiel mir auf, dass die Radialpumpe am Druckpunkt angelangt merkwürdige Knackgeräusche von sich gab?!?! Sehr witzig…
Allerdings hatte ich nicht das Gefühl, dass die Geräusche vom Innenleben kamen, sondern eher auf mangelnde Schmierung an der Übertragungsstange (?) deuteten. In Ivos Werkzeugkiste fand ich ein passendes Mittelchen und besprühte die Umlenkungs-Mechanik. Geräusch war weg, aber ich war sicher, dass die Bremse damit keinen Deut besser wurde. Sicherheitshalber noch schnell die Beläge gewechselt (wieder original wie vorher) und ein paar Meter im Fahrerlager gefahren. Dann noch ein 41er Kettenblatt reingeschmissen und Kettenspannung ordentlich angepasst.
Meine Fresse, ich dachte bisher immer, dass ich eher weniger heikel auf solche Lappalien reagiere und nicht gleich wegen jedem Firlefanz den grossen Steckschlüsselsatz hervorsuche, sondern eher bei mir auf Ursache-Wirkung-Suche gehe. Aber ich war zu faul, um die Linie abzuändern und noch viel fauler vor der Kurve hoch- und wieder runterzuschalten.
Boo gab mir dann einen heissen Tip wegen dem Flattern: Tank füllen… Er hatte dasselbe Problem schon in Hockenheim gehabt.
Wenn’s hilft? Für den Nachmittag wollte ich also insbesondere schauen, dass Granate wieder gut läuft und ich nicht immer mit voller Unterhose fahren musste. Ob’s ein Placebo-Effekt war, spielt mir keine Rolle, jedenfalls war das Flattern während/nach der letzten Linkskurve vor der Gegengeraden weg, wenn der Tank halbvoll oder völler war. Die Bremsen-Scheisse blieb. Ich benötigte Kraft wie Sau und hatte Fading wie Sau, länger als sieben Runden konnte ich ruhigen Gewissens nicht draussen bleiben.
Zu der Bremse lässt sich sagen, dass ich auf den Ersatzfelgen ABM-Wavescheiben montiert habe, da die Originalen sich auf diesen nicht montieren lassen. Ersatzfelgen stammen nicht von einer ZX-6… Deshalb hatte ich insgeheim vermutet, dass durch den parallelen Einsatz mit den ABM-Scheiben und denselben Belägen, diese wohl dieses Wechselspiel nicht so witzig fanden. Aber auch mit neuen Originalbelägen hatte ich dasselbe Problem. Kurz: SRF und CRQ stehen als nächstes auf der muss-haben-Seite…
Am Abend war ich dann nicht nur wegen der Hitze reichlich geplättet, mein rechter Unterarm eine taube Nuss. Aber Aufzünden ist dennoch sehr cool!
Für die folgenden zwei Tage wollte ich also die Ersatzfelgen montieren mit neuem YCX vorne und YCY hinten. Wie gesagt – wollte… Ich hatte bestimmt eine Milliarde halbwegs nützlicher Dinge dabei, aber der notwendige 22er-Inbus für die Vorderachse wartete geduldig in meinem eigenen Steckschlüsselsatz, den ich ja nicht mitzunehmen brauchte, da Boo die halbe Werkstatt dabei hatte. Schon wieder so eine Stirnlappen-Scheisse, das nervte langsam!
Bei unserem Pavillon-Nachbarn mit einer ’05 ZX-6 stellte sich heraus, dass ihm genau dieses Teil auch fehlte, geil! Aber er sei ohnehin auf der Suche und würde sich melden, falls er was auftreiben würde. Wäre ja gelacht, wenn die tausend 6er-Kawas drei Tage mit denselben Vorderreifen fahren würden…
Irgendwann hatte ich den 22er tatsächlich in der Hand und machte mich vergnügt ans Werk. Ob die Bremse morgen besser wird mit den ABM-Scheiben?
Boo die Sau fuhr mittlerweile locker tiefe 52er-Zeiten, klagte aber über hohe Wassertemperaturen. Kein Wunder, aber er will ja den Thermostat auf keinen Fall ausbauen! Auch ihm machte die Hitze etwas zu schaffen.
Am Abend grillierten wir nach Herzenslust und füllten unseren Pavillon mal so richtig mit Rauch ab. Selbst auf den Photos konnte man kaum was erkennen. Dann kamen noch zwei Bekannte von ihm vorbei, die gerade in Riccione ihre Ferien verzündeten. Sie waren mit einem geilen Citroën BX ausgerüstet. Achtung, BX, also das Teil, das sich selber höhenreguliert! Was für hardcore-Kerle… Ich sag’s ja – Bier im Extrem-Mass hat üble Nebenwirkungen!
Ich denke so gegen 2300 machten wir zu viert noch schnell einen Abstecher nach Misano City. Spektakulär war dann bei unserem Imbissaufenthalt eine Duc 900 SS, deren Fahrer reichlich motiviert schien. Helm zwischen Bauch und Tank eingeklemmt, Motor gestartet und gleich richtig Drehzahl gegeben. Volle Kanne die Karre im Zivilverkehr aufs Hinterrad gestellt und auf ebendiesem mal über drei Kreuzungen ohne Vortritt. Das nenne ich schmerzbefreit. Kein Wunder gibt es so viele tödliche Motorradunfälle in Misano…
Wieder zurück im Fahrerlager fiel ich von alleine auf den Liegestuhl und schlief bis 0830… In dieser Nacht träumte ich von schwarzer Bremsflüssigkeit, vielen Luftblasen, Bremsbelägen aus Glas und Scheiben mit Extrem-Schlag.
Piuh, ich werde wiederkommen, dann mit day 2…
"Wir wissen zwar nicht, wo es langgeht, aber dafür bewegen wir uns mit Höchstgeschwindigkeit." Dussel Duck, Entenhausen 1983
- lachfalte Offline
- Beiträge: 493
- Registriert: Dienstag 8. Februar 2005, 18:48
- Wohnort: Güttingen (CH)



(....bisch jo no schlimmer als i....


solltest du es je mal schaffen - zwischen der uffzynderei - deine diss zu schreiben, dann bin ich mir eines sicher:
- du findest bestimmt einen verleger, und
- du wirst keine probs haben, ein buch vollzukriegen....

los!
weitermachen!
Gruss vom grossen See,
Mai
Mai



Day 2: The heat is on…
Am Morgen stand Qualifying an, welches nicht in die Klassen 600, 750 usw. eingeteilt wurde, sondern gruppenmässig. Im freien Fahren davor wollte ich die neuen Reifen einfahren und hoffte dabei inständig, dass sich die Bremsen mit den ABM-Scheiben besser als mit den Originalscheiben verstanden.
Ich hatte verdächtig lange geschlafen und sprang kurz unter die Dusche. Schon um 0900 hatte ich nichts gegen eine kleine Abkühlung, es würde heute wohl so richtig Sahara-Atmosphäre geben. Und ich mag das nicht so besonders… Egal, raus jetzt!
Meine Güte, rush hour in Misano! Der Verkehr war gewaltig, freies Fahren vierdimensional... Ich kam mir vor wie Vreni Schneider auf Uffzynd-Carvern! Ich hatte ein paar heikle Momente zu überstehen, weil die Tempounterschiede wieder mal gewaltig waren – klar bei freiem Fahren. Aber endgültig Schluss mit lustig war es, als ein Herr Kamikaze vor der Start/Ziel-Schikane sich etwas gar spät dazu entschlossen hatte, in die Boxengasse abzubiegen. Ich hatte ja sehr wohl gesehen, dass er etwas langsam unterwegs war, aber was machte er dann auf der linken Seite, wenn die Ausfahrt rechts ist? Dieser Schafhirte hatte es dann nicht einmal für nötig befunden, irgendein Zeichen zu setzen, dass er gedenke die Piste zu verlassen, noch blickte er sich nach hinten um. Er zog also mit Schwung rüber vor mein Vorderrad. Huiiiiiii, es ging um Zentimeter, ein Glück hatten die Beläge Temperatur… Als ich anschliessend auf der Geraden von einer 1000er verbrannt wurde, zeigte mir dieser nette Herr einen nach oben gereckten Daumen. Ich fragte mich, ob er das wegen dem Ausweichmanöver tat oder weil er sich freute, gehörig mehr Leistung als ich zu besitzen.
Ich fuhr wiederum rund acht oder neun Runden und merkte, dass die Bremse ihre Macken über die Nacht nicht zerschlafen hatte. Immerhin blieb der Druckpunkt einigermassen stabil, aber nach ebendiesen neun Runden wurde mir die Sache dennoch zu schummrig. Abgesehen davon, dass ich also keine Hammerbremspunkte durchziehen konnte, ging es aber ganz gut. Die Linien schienen mittlerweile einigermassen zu passen, Schaltpunkte waren nun einwandfrei. Die Bridgestones hatten mit mir keinen grossen Belastungsdruck und fühlten sich wie immer sehr sympathisch an.
Im Pavillon merkte ich dann, dass es doch recht heiss war. Auf dem Bike merkt man das ja nicht so. Als ich vor dem Qualfying noch einmal kurz rausging, fing Granate mitten auf der Geraden an zu husten. Merkwürdig, ich blieb noch eine Runde draussen. Aber sobald ich das Gas auf Anschlag drehte, gab es Zündaussetzer und allerlei sonstige tolle Geräusche.
Das war bestimmt wieder diese Power Commander-Hure! Ab in die Box, Höcker weg, Tank weg, Airbox weg, PC ausgestöpselt, Originalstecker wieder miteinander verbunden, alles montiert. Hoffentlich würde die Kiste im Quali laufen. Das Umgewöhnen auf Schaltwechsel mit Gasschliessung machte mir keine Sorgen.
Dann endlich Qualifying… Aah, ich liebe diese Stimmung am Einlass! Das nervöse Herumgezupfe an Leder und Gasgriff, die Konzentration, wirre Blicke die einen Aufzündpartner suchen, Laptimer und Transponder nullen, Lenkungsdämpferansprechen und Bremsen checken, Knieschleifer zurechtrücken… Sinnigerweise glaubten meine Augen einen R6-ling zu sichten, der seine Knieschleifer im Miniformat auch an den Ellbogen trug – mit Streetfight-Spuren... sehr witzig!
„Du eländiglichä prolo!“ dachte ich so bei mir und merkte, dass dieser Anblick einen ungemeinen Einfluss auf meine Motivationsdrüse hatte: Alte Stiefelschleifer an die Kombi heften kann schliesslich jeder, hehe. Ich beschloss, diesem Stimmungsmacher später unauffällig zu folgen und dann zu eruieren, ob es sich hierbei wirklich um einen neuen Jean-Philippe (Ruggia) handelte.
Am Vorstart stand ich schön hinter einer feinen 998, die wohl zuviel Oktanbeschleuniger abgekriegt hatte. Meine Fresse, ich weinte (nein heulte!!) als müsste ich Zwiebeln schneiden und dabei gleichzeitig Sambal, rohen Knoblauch und Franky-Schoten löffeln und kauen… Herrlich, ich liebte diese octane booster-Scheisse noch mehr als verbrannten Rizinus! Dennoch musste ich das Visier bei >35º C schliessen. So etwas nennt man dann wohl Ambivalenz…
War schon witzig, als ich grünes Licht bekam, musste ich unweigerlich an Lachfalte und Phoenix denken und auch daran, dass mein Motorrad den Namen Granate und nicht Dante trägt. Ich gestattete der Kupplung, die bereits vorhandene Verbrennungsenergie endlich in etwas Vorschub umzuwandeln, aktivierte gleichzeitig per Gaskontrolle den kleinen 600er-Nachbrenner und zündete von dannen.
Vom technischen Standpunkt her kam ich mir vor wie ein Profi mit meinem neuen Laptimer (merci no für ä tetrapack-öffner, Armitage!), da ich damit erkennen konnte, wie lange das Qualifying noch dauern würde. Hehe, nicht dass mich das schneller gemacht hätte! Ich beschloss, das Qualifying als ganz gewöhnlichen Turn in Angriff zu nehmen, merkte aber schon nach der ersten Runde, dass ich meinen eigenen Verstand nicht verarschen konnte. Salvation!!! Wenn es zählt, dann zählt’s eben...
Mein Plan war es, gleich in den ersten beiden gezeiteten Runden ordentlich Druck zu geben, allerdings wusste ich, dass ich mindestens eine 50er-Zeit pressen musste, um qualifiziert zu sein. Hehe, 10 Sekunden über einer SSP WM-Zeit um mitfahren zu können… Der Andrang bei den 600ern bei Rehm ist gigantisch, über 80 Stück wollten allein in dieser Klasse mitdüsen! Und eine 50er-Runde war für mich doch noch sehr unrealistisch. Dennoch wollte ich ordentlich in die Lenkerstummel beissen.
„Mäddie, dänk nid an diä andärä, huäräsiäch! Wiä het scho dr Boo gseit? Aschlag!“
Mein Lappenzeiter meldete mir eine optimistische 52er, allerdings wusste ich, dass das nicht stimmen konnte. Vor der ersten der dreifach-Links stand eine Duc am Streckenrand, gelbe Flagge. Ich glaube ich war der einzige, der dort etwas Speed rausnahm.
Granate lief ohne PC wieder astrein, machte dafür beim Anbremsen keine Drachenfeuerungen mehr. Boo hatte mir schon am ersten Tag geschildert, dass es beim Zurückschalten ganz ordentliche Flammen rausspeit – und der Motor ist original!
Als meine Birne Hitzealarm meldete, ging ich raus. Eine 54er hatte ich mit Sicherheit, auch wenn ich keine einzige Runde einigermassen sauber gefahren war. Irgendeinen Fehler hatte ich immer drin.
Aus diesem Grund nahm ich mir vor, etwas zurückzustecken. Mein rechter Arm fühlte sich nicht sehr cool an und die Hitze machte mich richtig platt. Boo hatte im Qualifying eine tiefe 51er hingelegt, sehr ordentlich! Aber bei seinem Versuch, die 50er zu knacken, schliff die linke Verkleidungsseite übelst. Eine Befestigungsschraube war dazu noch komplett durchgeschliffen. Linksherum fährt dieser Herr wirklich erschreckende Schräglagen!
Am späteren Nachmittag fuhr mir Boo hinterher und mir passierte ein Malheur, welches uns beinahe im Synchron-Abflug von der Piste bugsiert hätte. Schikane vor Start/Ziel, Mäddie geht ans Gas, Gang fliegt raus… Irgendwie kommt Boo rechts an mir vorbei und irgendwie schaffe ich es, knapp nach links auszuweichen. Da er jetzt vorne lag, wollte ich mal eruieren, wo er mir die drei Sekunden aufbrummte.
In den ersten beiden Rechtskurven jedenfalls nicht, da ich dort etwas schneller war. Auch nach der letzten der dreifach-Links sah ich mir die Innereien seines LeoVince genau an. Es gab nur eine Stelle, an der er mir Meter abnahm – dafür einige. Das war die Passage nach der langen Linkskurve nach der ersten Schikane bis auf Start/Ziel. Allerdings war ich spätestens nach der zweiten Rechts nach Start/Ziel wieder komplett dran.
Ich stutzte, huäräsiäch, wo lasse ich dann die Zeit liegen?! Ein Blick auf den Laptimer offenbarte, dass ich häufiger beissen und jemandem schnellerem nachfahren sollte. Tiefe 52er… Ich konnte dann auch einmal an ihm vorbeigehen, aber zwei Runden später liess ich das Blasen für heute gut sein.
Mein Transponder hatte mittlerweile schlapp gemacht, deshalb waren diese letzten Runden auch nicht mehr auf dem A4-Ausdruck von Rehm sichtbar. Ob’s also tatsächlich eine tiefe 52er war oder ob der Laptimer spinnte, weiss ich nicht. Spielt mir aber auch nicht so eine Rolle.
Am Abend wollte ich dann bei Gelegenheit abchecken, um wieviel es mir für den Start bei den 600ern nicht gereicht hatte. Boo fehlte eine Sekunde mit seiner tiefen 51er, schade – Platz 46! Beim best of the rest-Rennen lag er auf Platz 9. Meine Wenigkeit war dann auch bei den Nichtqualifizierten nicht zu finden. Hm, war die Zeitnahme dermassen beleidigt über meine Langsamkeit, dass sie mich gar nicht erst aufführen wollte?! Der Transponder war zu dem Zeitpunkt ja noch funktionstüchtig gewesen.
Aufgeführt war ich dann bei den 750ern auf Startplatz 30… Ok, umso besser eigentlich, kann ich immerhin mitfahren. Dani Leibundgut, der nur zwei Kilometer von mir entfernt wohnt und dieses Jahr in der CH-Meisterschaft irgendwo zwischen 3 und 5 liegt, fuhr den ganzen Tag mit seiner 600-Honda 48er Zeiten und in der Quali eine 45er…
Es folgte noch das Rennen der freien Klasse über 15 Runden, Ralph Stelzer stand auf Pole knapp vor einem Herrn Maggiorana, der eine DFX-Ducati 998 RS pilotierte. Nach zwei Runden musste das Rennen wegen einem Unfall auf Start/Ziel abgebrochen werden. Ricci Nerb verbremste sich und schlug übel im Kiesbett auf – seine Aprilia lag auf den Reifenstapeln… Er selber lag zuerst benommen liegen, weshalb der Abbruch kam. Aber er konnte dann aus eigener Kraft aufstehen und gehen. Gute Besserung!
Das Rennen wurde verkürzt und unmittelbar nach dem Start konnten sich Stelzer und Maggiorana etwas absetzen. In der zweitletzten Runde ging der Italiener an Stelzer vorbei und verschaffte sich einen kleinen Vorsprung für die letzte Runde. In der ersten der dreifach-Links übertrieb er es aber scheinbar auf der Bremse beim Einlenken und stürzte. Stelzer gewann somit mit deutlichem Vorsprung. Er sah anschliessend aus, als käme er direkt vom Golfplatz. Ein sehr fitter Turnschuh!
Anschliessend wurde es Zeit für Boos geilen Grill und wir hauten uns wieder mal so richtig die Bäuche voll. Mein Plan fürs Rennen am Folgetag war klar: Da ich mich den ganzen Tag hindurch zurückgehalten hatte, wollte ich mir lustige Spielpartner suchen, die mich dann auf ein paar ansprechende Runden mitziehen sollten. Somit sollte eine passable Rundenzeit automatisch auftauchen, hehe.
Morgen dann der finale Teil des riminischen Föhnens…
"Wir wissen zwar nicht, wo es langgeht, aber dafür bewegen wir uns mit Höchstgeschwindigkeit." Dussel Duck, Entenhausen 1983
muhauhahhahamuahhaaamuwwaahhahaMUAHAHHWHWAA!!!111!!!!!1111!!!!EINS!!!!!!!!!!
Geil
Maddie du alter Spontanejakulierer, du solltest irgendwann mal zusehen, dass du irgendeinen netten Onkel findest der deine Videos online stellt.
Habe vorsichtshalber extra meine olle Badeshorts ausgepackt als ich gesehen habe, dass du wieder einen Rennbericht verfasst hast. Aber ich habe mich wieder so bepisst vor lachen, dass ich es das nächste mal mit nem Taucheranzug versuche (meine Kollegen im Büro werden es mir vermutlich danken)
Und Dante war nicht annähernd so ne coole Sau wie du. Der ging zwar durch die Hölle, aber dies nur zu Fuss! Dieser Süßfrühstücker/Schattenparker/Überdiepfützespringer/Teletubbyzurückwinker.
MEHR
Geil

Maddie du alter Spontanejakulierer, du solltest irgendwann mal zusehen, dass du irgendeinen netten Onkel findest der deine Videos online stellt.
Habe vorsichtshalber extra meine olle Badeshorts ausgepackt als ich gesehen habe, dass du wieder einen Rennbericht verfasst hast. Aber ich habe mich wieder so bepisst vor lachen, dass ich es das nächste mal mit nem Taucheranzug versuche (meine Kollegen im Büro werden es mir vermutlich danken)

Und Dante war nicht annähernd so ne coole Sau wie du. Der ging zwar durch die Hölle, aber dies nur zu Fuss! Dieser Süßfrühstücker/Schattenparker/Überdiepfützespringer/Teletubbyzurückwinker.
MEHR

RACING: Because Baseball, Soccer, Basketball, Tennis and Golf only require 1 ball
And the story ends:
Day 3: I’m singing in the rain…
Merkwürdige Geräusche weckten mich mehrmals… waren das wirklich Regentropfen?! In Italien?! Im Hochsommer?! Unmöglich… also noch mal umgedreht und wieder eingeschlafen. Um 0700 hatte sich dann der Schlaf eindeutig verabschiedet und ich wollte meine Geister mit einer kalten Dusche wecken. Diese kriegte ich auch, allerdings schon vor der Dusche. Wir sind doch in Italien!!
Mein Rennen stand um 1030 an, davor konnte man noch eine Stunde etwas üben gehen. Ich schnappte mir die K7 und fuhr damit zu gewissen Zuschauerplätzen um zu checken, wie nass die Piste aussah. Und nass war sie! Die Frage war nun, wie lange es dauern würde, bis es wieder trocken war, denn der Regen hatte mittlerweile aufgehört. Die Schauer kamen höchstens noch im Minutentakt, aber der Himmel war ganzheitlich bedeckt.
Haha, dann erinnerte ich mich noch, dass mein geiler 22er Inbus ja immer noch durch Abwesenheit glänzte! Also schnappte ich mir in der Zwischenzeit die Originalräder und liess mir meine schon reichlich abgenutzten Regenreifen erneut montieren. Mittlerweile eine Tradition, dass genau diese beiden Reifen zum Abschluss eines Aufzünd-Events zum Einsatz kommen (schon das dritte Mal!). Um 0900 ging niemand raus, kein Wunder. Zu nass für Slicks, zu trocken für Regenreifen, zu schade für Intermediates.
Ich wollte aber unbedingt kurz raus, um wenigstens eine Ahnung von den Verhältnissen zu haben. Es fand sich dann schlussendlich ein 22er Inbus von einem, der seine 636 ordentlich eingetütet hatte.
Räder montiert, Regenmodus an, Motor angewärmt und los. Jaaaa, der erste Streckenabschnitt bis zur Gegengeraden war tüchtig nass, das gefiel mir, hehe! Ab da wurde es etwas trockener, nach der Schikane war es fast trocken. Mittlerweile trauten sich auch wieder ein paar auf die Piste. Alle gingen ungemein zaghaft an die Sache.
Nach drei Runden ging ich wieder raus, hatte keinen Sinn die Reifen noch mehr zu verheizen. Da es einigermassen konstant tröpfelte, würden sich die Verhältnisse bis 1030 auch nicht mehr gravierend ändern. Ehrlich gesagt passte mir das hervorragend, da ich wusste, dass ich bei unnassen Verhältnissen gnadenlos abgetrocknet worden wäre… Mal sehen, wie das im ‚Nassen’ aussehen würde.
In der Zwischenzeit machte ich Granate fast voll, da ich in ADR festgestellt hatte, dass der Verbrauch bei feuchten Verhältnissen um einiges höher als im Trockenen war. Rennen dauerte zwar nur acht Runden + zwei Einführungsrunden, aber dennoch wollte ich auf Nummer Sicher gehen.
Beim Vorstart merkte ich sofort, dass es einige gab, die auf solche Verhältnisse keine Lust hatten und der Sache fernblieben. Aber ich kann ja nichts dafür, dass ich Regen geil finde!
Stelzer hatte Regenreifen drauf so wie die meisten auch. Zwei oder drei konnte ich mit Intermediates ausmachen und eine handvoll mit profilierten Rennreifen. Allerdings sah bei den meisten das Material noch sehr jungfräulich aus… egal, uffzynda!!
Ich stand also da am Vorstart auf meinem schönen 30. Platz und freute mich auf mein erstes Rennen. Jedes genüsslich eingeatmete Sauerstoff-Toluol-Silica-Molekül verbreitete sich in Windeseile in meinem Körper und schwängerte meinen ohnehin schon vermaledeiten Stirnlappen mit einem neuartigen Rausch: ‚Angel dust for firestarters’ (engl. Engelsstaub für Aufzünder - falls mir im neuen Semester mal eine langweilige Lesung über den Weg läuft, werde ich eine Definition dazu verfassen: Die Leiden des jungen Studenten II: Angel dust for firestarters).
Ab in die zwei Einführungsrunden. Die Verhältnisse waren nahezu gleich geblieben, nur im letzten Abschnitt war es nun furztrocken. Na super, die ohnehin schon geschundenen Reifen waren bald zum endgültigsten Mal reif für den Jordan. Dank der zwei Runden konnte ich schon bald erkennen, dass die Leute dem Asphalt mit sehr viel Respekt entgegentraten…, hehe.
Zurück am Startplatz glaubte ich vorne in der Ferne einen Fahnenschwinger erkennen zu können und im Starthaus sass Klaus Etzthaler mit der grünen Fahne, die das Zeichen für den Start darstellen sollte. Irgendwann wurde es laut und ich ermahnte mich, den Start nicht zu verhauen. Ötzi schwang die Fahne, los!
Granate ging aufs Hinterrad als hätte ich einem Pferd den Inhalt einer Familienpackung Dijon-Senf zögerungsfrei in den Anus getrieben… Klasse Start, du Niete! Ich hechelte dem Feld hinterher wie es eine Schnecke mit Haus eben nicht besser kann. Aber Salvation wirkte! Nach der zweiten Rechts konnte ich gleich beim Anbremsen an zwei innen vorbeigehen und wunderte mich beim Herausbeschleunigen, ob die anderen Herren immer noch eiskalte Reifen hatten. Ich konnte mich jedenfalls gut nach vorne robben und machte Platz um Platz gut. Trotz AHK gab ich mir wirklich Mühe, sauber Zwischengas zu geben um Auskeilungen entgegenwirken zu können. Ich ging schonend mit den Reifen um und wunderte mich, dass ich nicht an allen Ecken und Enden verblasen wurde. Im letzten trockenen Abschnitt war ich extrem vorsichtig, darum zogen die Leute vor mir dort etwas weg. Vor der Schikane lief ich auch dann etwas weit, da ich mich kurz hatte irritieren lassen, überholt wurde ich dennoch nicht. Nach der ersten Runde war ich am Ende einer kleinen Dreiergrupppe, an der ich in der 3-fach-Links aussen vorbeigehen konnte.
Ja spinn ich?! Das kam mir mittlerweile wirklich verdächtig vor, dass ich ohne pushen zu müssen an meinen Mitstreitern vorbeigehen konnte. Ich wurde noch kein einziges Mal überholt?!?!
Auf der Geraden bekam ich dann die Power der 750er-Generation zu spüren, nutzte die Gelegenheit, um mir nach vorne und hinten einen kleinen Überblick zu verschaffen. Hinter mir waren weniger Leute, als ich bisher überholt hatte und vorne hatte ich Sichtkontakt bis zum zweiten, Stelzer war natürlich über alle Berge.
‚Määääääddie, loh di vo dä andärä nid lo beiflussä und fahr di eignig rhythmus!’
Eigentlich wusste ich ja schon, dass ich schneller konnte, aber wieso fahren die anderen dann nicht auch etwas zügiger?! Die hatten ja schon etliche Kilometer mehr auf Rennstrecken und in Misano absolviert als ich, wohl auch im Regen. Aber heieiei, die Reifen kommunizierten so schön mit mir, da musste ich einfach etwas mehr Dampf machen!
In der dritten Runde war ich dann wohl schätzungsweise auf sechs oder sieben, da ich davon ausging, dass Stelzer niemand folgen konnte. Und denjenigen, von dem ich ausging, dass er auf Platz zwei fuhr, sah ich immer noch in nicht allzu weiter Ferne! Vor mir zwei 750er GSX-R K4, die sich mit einer 998 balgten. Hehe, da wollte ich mitspielen! Wie immer wollte ich aussen in der 3-fach-Links vorbei, wurde aber gnadenlos eingeklemmt. Ah, endlich jemand, der sich nicht einfach so überholen lässt! Auf der Geraden musste ich dann good bye sagen, kam aber bis zum hinteren Abschnitt wieder heran. Ich nahm dort aber wieder Rücksicht auf die Reifen und liess die Herren vor mir etwas ziehen. Nach der zweiten Rechts nach Start/Ziel konnte ich dann innen beim Bremsen an einer GSX-R vorbeigehen und beim Rausbeschleunigen gleich noch an der Duc, diesmal ebenfalls innen wie Tom Cruise in ‚Days of thunder’ – das war für dich, Harry!
Zum Glück war noch eine 750er vor mir, die mir etwas Windschatten auf der langen Gegengerade spendete. Denn dort sah ich, dass sowohl die 998 als auch die 750er mühelos mit mir gleichziehen konnten, aber ich wollte die auf keinen Fall vorbeilassen, da ich im hinteren Abschnitt ohnehin zurückstecken musste. Ich konzentrierte mich also darauf, meinen Platz halten zu können. Zu meinem Erstaunen setzten alle den Bremspunkt früh und ich war ziemlich perplex, dass der 750er-driver vor mir mich mit einer offenen Tür zum Eintreten einlud. Soviel Platz musste ich einfach ausnutzen und ging vorbei. Sehr witzig…, statt den Platz zu halten ging ich einen nach vorne.
Erstaunlicherweise folgten keinerlei Angriffe von den anderen und ich beendete die Runde auf drei.
Kurze Gedenkpause: ‚Hallo Mäddie, du bisch uf 3, fucking podium bim erschtä rennä!!!
Aber dann packte mich irgendwas, es war wohl die reine Vernunft für Aufzünder! Es war mir egal, auf welchem Platz ich fuhr, ich sah noch ein Motorrad ca. 150 bis 200 m vor mir, das ich unbedingt holen wollte. Eine Runde später war ich dran, ohne gravierend schneller als bisher gefahren zu sein. Das Bike schien mir eine Blade darzustellen?! Ich studierte kurz, was der so vor mir machte, wollte aber meinen Schnitt nicht reduzieren und ging wieder mal in der 3-fach-Links vorbei. In der Schikane kam dann kurz ein recht heftiger Schauer und ich jubelte, dass sich meine Reifen etwas abkühlen konnten.
Sehr merkwürdig, ich fuhr langsamer, mein Vorsprung wurde aber grösser. Drei Runden vor Schluss sah ich vor und hinter mir niemanden mehr und beschränkte mich somit darauf, auf den Geraden lustige Linien zu fahren, um den Reifen ein paar nasse Stellen zu gönnen. Ab da trug ich Granate nur noch um den Kurs. Eigentlich eine Schande, so langsam zu fahren und dennoch so weit vorne zu landen. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film, ich hatte fahrerisch reingarnichts zu suchen an der Position, die ich innehatte. So schlimm waren die Verhältnisse ja nicht!
Da keine Konkurrenz mehr zu erwarten war, hatte ich mit lustigen Gedankenspielen zu kämpfen. Hatte ich irgendwie beim Start eine 15er-Gruppe übersehen, die noch vor mir lag? War das Rennen abgebrochen worden, weil die Hälfte vorzeitig in die Box fuhr? Wollten die Alteingesessenen mir als Neuling ein Erfolgserlebnis beim ersten Rennen gönnen?
Ötzi erinnerte mich auf Start/Ziel mit dem ‚1’-Schild, dass das Rennen tatsächlich noch lief. Ich schneckte herum und fuhr schätzungsweise eine halbe Stunde später über den Zielstrich. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt, über den Zielstrich zu fahren im Gewissen, auf dem Podium gelandet zu sein. Ich blickte mich um, sah keine Sau und fuhr bedächtig an meine Lieblingsüberholstelle. Dort beim Hügel harrte eine etwas grössere Gruppe an Zuschauern, von denen einer mit einer grünen Kawa-Jacke mir zujubelte als wäre er auf einem üblen Drogentrip. Ich musste kurz lächeln, winkte ihm zu, fuhr an den Streckenrand und liess meinen Hinterreifen qualmen, bis ich fast vom Motorrad fiel. Ich glaube, der junge Zuschauer hat seine Stimmbänder verloren…
Mittlerweile trudelten auch die nachkommenden Fahrer ein, von denen mir einige auf den Rücken klopften als wäre ich ein Stück Fleisch, das man mit den Schlägen zartmachen wollte. Da sie dabei aber lächelten und mir hochgereckte Daumen zeigten, waren das wohl keine Niederstreckungsaktionen gewesen… Danke, Jungs! Auf der Gegengerade fabrizierte ich dann mein erstes Wheelie im Regen, das von einer 998 gleich gekontert wurde – sehr cool!
Zurück im Pavillon sah ich einen eifrigen Boo, der auf seine Felgen Regenreifen geschmissen hatte. Anscheinend wollte er es mir gleichtun! Aber die Verhältnisse sprachen mittlerweile definitiv nicht mehr für Regenreifen, meine schauten auch ziemlich erbärmlich drein…
Zwanzig Minuten vor dem Rennen sah Boo ein, dass es keinen Zweck hatte, mit Regenreifen rauszugehen, stattdessen schlug ich ihm vor, mit Granate auszurücken, um wenigstens das Rennen fahren zu können. Stattdessen wollte er wieder auf Slicks wechseln, in Ermangelung eines zweiten Felgensatzes könnte das ein kleines zeitliches Problem mit sich bringen. Ich schnallte seinen Plan und wir bauten in Windeseile die Räder aus. Glücklicherweise hatte der Reifenservice gerade eine freie Kapazität und das Reifenwechseln ging wirklich ungemein schnell. Schlussendlich war Boo zwar nicht ganz pünktlich am Vorstart, wurde aber dennoch auf die Piste losgelassen. Da er aber als letzter auf den Startplatz rollte, wurde er nicht mehr auf seinen richtigen Platz gewiesen und er startete von ganz hinten – dazu noch mit ziemlich kalten Reifen.
Da das best of the rest-Rennen gleichzeitig mit den Streetfighern, den Ladies und der gemischten Klasse stattfand, verlor ich auch schnell die Orientierung, auf welchem Platz er sich befand. Er konnte sich aber gut nach vorne arbeiten und landete soviel ich weiss auf zwölf, in seiner Klasse dann glaube ich auf acht oder so.
Jedenfalls hatte er seinen Spass gehabt, bedauerte aber, dass er von ganz hinten gestartet war.
Da die Verhältnisse nun ganz trocken waren, gelangen ihm auch wieder locker 51er Zeiten.
Das nachfolgende Rennen musste abgebrochen werden, da es plötzlich zu stürmen anfing. Ich stand faul an der Boxengasse und erhielt einen Anruf von Boo.
„Mättu, chum schnäll hindärä, aber schnäll!“
Hui, was war los? Ein übler Anblick, als ich zu unserer Behausung eilte, sah ich unser Zelt in der Luft flattern, Boo hielt sich an einer Querstange und hatte beide Füsse nicht mehr am Boden! Der Windstoss war wirklich übel und unser Zelt nahm es so richtig derb mit. Das ganze Fahrerlager sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, überall flogen Pavillonstangen, Säcke, Tücher, Mülltüten und Kleinkinder durch die Luft – brutal!
Ich riss sämtliche Wände vom Pavillon um den Wind die Angriffsfläche zu nehmen. Ein paar Nachbarn hatten sich mittlerweile ebenfalls daran gemacht, unser Gerüst – das so ganz nebenbei zusammengenommen fast 50 kg wiegt – am Boden zu halten. Nach ein paar Minuten war der Sturm vorüber… Naja, vom Pavillon war nicht mehr viel übrig geblieben. Die meisten Stangen waren übelst verbogen, die Seitenwände z.T. eingerissen. Und es hat sich dabei nicht um einen 20 Euro-Pavillon gehandelt!
Ich beschloss, gleich alles wegzuschmeissen, hat ja keinen Sinn, einzelne Stangen aufzubewahren. Da wir nun aber etwas schutzlos waren, beförderten wir alles Umliegende provisorisch in den Movano. Die Bikes liessen wir draussen.
Das letzte Rennen des crazy old men-cups wurde wieder gestartet und gleich anschliessend fand die Siegerehrung statt. Dank dem Regen gleich innerhalb der Rehm-Box.
Auf dem Podest neben Stelzer kam ich mir wieder völlig fehl am Platz vor, aber als mir dieser zum zweiten Platz gratulierte wusste ich, dass ich gut schlafen würde. Wären wir nicht ermahnt worden, den Schampus nicht in der Box zu öffnen, hätte ich den garantiert den Zuschauern geopfert… Wer weiss wie lange das geht, bis ich wieder die Möglichkeit dazu habe?
Boo war wegen des Wetters genauso angefressen wie ich und wir verzichteten auf den adriatischen Zwischenhalt kurzerhand. Da die Anmeldegebühr erst an Ort und Stelle fällig gewesen wäre, fiel das uns auch einigermassen leicht. Mir besonders, da mein rechter Unterarm immer noch sehr beleidigt war.
Also Movano wieder ausräumen und alles wieder anständig und reisefertig einräumen.
Nun könnte man ja vermuten, dass die Geschichte zu Ende ist, aber man soll ja den Tag nicht vor dem Abend loben. Natürlich wussten wir um das Ölverlustproblem des Movanos wegen des fehlenden Bolzens. Wir füllten Öl bis auf Maximum und kontrollierten nach ein paar Kilometern, ob Boos notdürftige Reparatur standhielt. Ölverlust war zwar da, aber nicht schlimm. Somit rauschten wir unserer Heimat entgegen und hofften, dass die Dieselpumpe hielt und nicht zuviel Öl abhanden kam.
Ich schlief reichlich! Nach der Grenze wollten wir kurz noch bei einem McZynd vorbeischauen, allerdings hatte der schon geschlossen. Ölstand sah gut aus, weiter!
Boos Vorschlag, mich bei ihm übernachten zu lassen und erst am Folgetag mein Material und mich bei mir abzusetzen, sollte sich noch als goldig herausstellen. Um 0300 kamen wir an, hauten uns in die Betten und wollten gegen 0800 wieder los.
Am Morgen stellten wir fest, dass der Teer unterhalb des Movano reichlich mit Öl versetzt war.
Boo hatte die Nase voll und brachte mich mit seinem Auto nach Hause. Er würde mit dem Movano bei mir eintreffen, sobald er die Scheisse am Nachmittag repariert hätte. Am Abend verkündete er dann, dass von den drei Befestigungsbolzen kein einziger mehr übriggeblieben war und die Dieselpumpe nur noch an den Leitungen ohne jegliche Befestigung hing!!! Hehe, sehr cool… Wir kamen sozusagen auf den letzten Drücker an!
So, das wars endgültig mit der geilen koreativen Zeit in Misano! Ein passendes Wort für den Abschluss:
Korea!!!
So long, Mäddie
Day 3: I’m singing in the rain…
Merkwürdige Geräusche weckten mich mehrmals… waren das wirklich Regentropfen?! In Italien?! Im Hochsommer?! Unmöglich… also noch mal umgedreht und wieder eingeschlafen. Um 0700 hatte sich dann der Schlaf eindeutig verabschiedet und ich wollte meine Geister mit einer kalten Dusche wecken. Diese kriegte ich auch, allerdings schon vor der Dusche. Wir sind doch in Italien!!
Mein Rennen stand um 1030 an, davor konnte man noch eine Stunde etwas üben gehen. Ich schnappte mir die K7 und fuhr damit zu gewissen Zuschauerplätzen um zu checken, wie nass die Piste aussah. Und nass war sie! Die Frage war nun, wie lange es dauern würde, bis es wieder trocken war, denn der Regen hatte mittlerweile aufgehört. Die Schauer kamen höchstens noch im Minutentakt, aber der Himmel war ganzheitlich bedeckt.
Haha, dann erinnerte ich mich noch, dass mein geiler 22er Inbus ja immer noch durch Abwesenheit glänzte! Also schnappte ich mir in der Zwischenzeit die Originalräder und liess mir meine schon reichlich abgenutzten Regenreifen erneut montieren. Mittlerweile eine Tradition, dass genau diese beiden Reifen zum Abschluss eines Aufzünd-Events zum Einsatz kommen (schon das dritte Mal!). Um 0900 ging niemand raus, kein Wunder. Zu nass für Slicks, zu trocken für Regenreifen, zu schade für Intermediates.
Ich wollte aber unbedingt kurz raus, um wenigstens eine Ahnung von den Verhältnissen zu haben. Es fand sich dann schlussendlich ein 22er Inbus von einem, der seine 636 ordentlich eingetütet hatte.
Räder montiert, Regenmodus an, Motor angewärmt und los. Jaaaa, der erste Streckenabschnitt bis zur Gegengeraden war tüchtig nass, das gefiel mir, hehe! Ab da wurde es etwas trockener, nach der Schikane war es fast trocken. Mittlerweile trauten sich auch wieder ein paar auf die Piste. Alle gingen ungemein zaghaft an die Sache.
Nach drei Runden ging ich wieder raus, hatte keinen Sinn die Reifen noch mehr zu verheizen. Da es einigermassen konstant tröpfelte, würden sich die Verhältnisse bis 1030 auch nicht mehr gravierend ändern. Ehrlich gesagt passte mir das hervorragend, da ich wusste, dass ich bei unnassen Verhältnissen gnadenlos abgetrocknet worden wäre… Mal sehen, wie das im ‚Nassen’ aussehen würde.
In der Zwischenzeit machte ich Granate fast voll, da ich in ADR festgestellt hatte, dass der Verbrauch bei feuchten Verhältnissen um einiges höher als im Trockenen war. Rennen dauerte zwar nur acht Runden + zwei Einführungsrunden, aber dennoch wollte ich auf Nummer Sicher gehen.
Beim Vorstart merkte ich sofort, dass es einige gab, die auf solche Verhältnisse keine Lust hatten und der Sache fernblieben. Aber ich kann ja nichts dafür, dass ich Regen geil finde!
Stelzer hatte Regenreifen drauf so wie die meisten auch. Zwei oder drei konnte ich mit Intermediates ausmachen und eine handvoll mit profilierten Rennreifen. Allerdings sah bei den meisten das Material noch sehr jungfräulich aus… egal, uffzynda!!
Ich stand also da am Vorstart auf meinem schönen 30. Platz und freute mich auf mein erstes Rennen. Jedes genüsslich eingeatmete Sauerstoff-Toluol-Silica-Molekül verbreitete sich in Windeseile in meinem Körper und schwängerte meinen ohnehin schon vermaledeiten Stirnlappen mit einem neuartigen Rausch: ‚Angel dust for firestarters’ (engl. Engelsstaub für Aufzünder - falls mir im neuen Semester mal eine langweilige Lesung über den Weg läuft, werde ich eine Definition dazu verfassen: Die Leiden des jungen Studenten II: Angel dust for firestarters).
Ab in die zwei Einführungsrunden. Die Verhältnisse waren nahezu gleich geblieben, nur im letzten Abschnitt war es nun furztrocken. Na super, die ohnehin schon geschundenen Reifen waren bald zum endgültigsten Mal reif für den Jordan. Dank der zwei Runden konnte ich schon bald erkennen, dass die Leute dem Asphalt mit sehr viel Respekt entgegentraten…, hehe.
Zurück am Startplatz glaubte ich vorne in der Ferne einen Fahnenschwinger erkennen zu können und im Starthaus sass Klaus Etzthaler mit der grünen Fahne, die das Zeichen für den Start darstellen sollte. Irgendwann wurde es laut und ich ermahnte mich, den Start nicht zu verhauen. Ötzi schwang die Fahne, los!
Granate ging aufs Hinterrad als hätte ich einem Pferd den Inhalt einer Familienpackung Dijon-Senf zögerungsfrei in den Anus getrieben… Klasse Start, du Niete! Ich hechelte dem Feld hinterher wie es eine Schnecke mit Haus eben nicht besser kann. Aber Salvation wirkte! Nach der zweiten Rechts konnte ich gleich beim Anbremsen an zwei innen vorbeigehen und wunderte mich beim Herausbeschleunigen, ob die anderen Herren immer noch eiskalte Reifen hatten. Ich konnte mich jedenfalls gut nach vorne robben und machte Platz um Platz gut. Trotz AHK gab ich mir wirklich Mühe, sauber Zwischengas zu geben um Auskeilungen entgegenwirken zu können. Ich ging schonend mit den Reifen um und wunderte mich, dass ich nicht an allen Ecken und Enden verblasen wurde. Im letzten trockenen Abschnitt war ich extrem vorsichtig, darum zogen die Leute vor mir dort etwas weg. Vor der Schikane lief ich auch dann etwas weit, da ich mich kurz hatte irritieren lassen, überholt wurde ich dennoch nicht. Nach der ersten Runde war ich am Ende einer kleinen Dreiergrupppe, an der ich in der 3-fach-Links aussen vorbeigehen konnte.
Ja spinn ich?! Das kam mir mittlerweile wirklich verdächtig vor, dass ich ohne pushen zu müssen an meinen Mitstreitern vorbeigehen konnte. Ich wurde noch kein einziges Mal überholt?!?!
Auf der Geraden bekam ich dann die Power der 750er-Generation zu spüren, nutzte die Gelegenheit, um mir nach vorne und hinten einen kleinen Überblick zu verschaffen. Hinter mir waren weniger Leute, als ich bisher überholt hatte und vorne hatte ich Sichtkontakt bis zum zweiten, Stelzer war natürlich über alle Berge.
‚Määääääddie, loh di vo dä andärä nid lo beiflussä und fahr di eignig rhythmus!’
Eigentlich wusste ich ja schon, dass ich schneller konnte, aber wieso fahren die anderen dann nicht auch etwas zügiger?! Die hatten ja schon etliche Kilometer mehr auf Rennstrecken und in Misano absolviert als ich, wohl auch im Regen. Aber heieiei, die Reifen kommunizierten so schön mit mir, da musste ich einfach etwas mehr Dampf machen!
In der dritten Runde war ich dann wohl schätzungsweise auf sechs oder sieben, da ich davon ausging, dass Stelzer niemand folgen konnte. Und denjenigen, von dem ich ausging, dass er auf Platz zwei fuhr, sah ich immer noch in nicht allzu weiter Ferne! Vor mir zwei 750er GSX-R K4, die sich mit einer 998 balgten. Hehe, da wollte ich mitspielen! Wie immer wollte ich aussen in der 3-fach-Links vorbei, wurde aber gnadenlos eingeklemmt. Ah, endlich jemand, der sich nicht einfach so überholen lässt! Auf der Geraden musste ich dann good bye sagen, kam aber bis zum hinteren Abschnitt wieder heran. Ich nahm dort aber wieder Rücksicht auf die Reifen und liess die Herren vor mir etwas ziehen. Nach der zweiten Rechts nach Start/Ziel konnte ich dann innen beim Bremsen an einer GSX-R vorbeigehen und beim Rausbeschleunigen gleich noch an der Duc, diesmal ebenfalls innen wie Tom Cruise in ‚Days of thunder’ – das war für dich, Harry!
Zum Glück war noch eine 750er vor mir, die mir etwas Windschatten auf der langen Gegengerade spendete. Denn dort sah ich, dass sowohl die 998 als auch die 750er mühelos mit mir gleichziehen konnten, aber ich wollte die auf keinen Fall vorbeilassen, da ich im hinteren Abschnitt ohnehin zurückstecken musste. Ich konzentrierte mich also darauf, meinen Platz halten zu können. Zu meinem Erstaunen setzten alle den Bremspunkt früh und ich war ziemlich perplex, dass der 750er-driver vor mir mich mit einer offenen Tür zum Eintreten einlud. Soviel Platz musste ich einfach ausnutzen und ging vorbei. Sehr witzig…, statt den Platz zu halten ging ich einen nach vorne.
Erstaunlicherweise folgten keinerlei Angriffe von den anderen und ich beendete die Runde auf drei.
Kurze Gedenkpause: ‚Hallo Mäddie, du bisch uf 3, fucking podium bim erschtä rennä!!!
Aber dann packte mich irgendwas, es war wohl die reine Vernunft für Aufzünder! Es war mir egal, auf welchem Platz ich fuhr, ich sah noch ein Motorrad ca. 150 bis 200 m vor mir, das ich unbedingt holen wollte. Eine Runde später war ich dran, ohne gravierend schneller als bisher gefahren zu sein. Das Bike schien mir eine Blade darzustellen?! Ich studierte kurz, was der so vor mir machte, wollte aber meinen Schnitt nicht reduzieren und ging wieder mal in der 3-fach-Links vorbei. In der Schikane kam dann kurz ein recht heftiger Schauer und ich jubelte, dass sich meine Reifen etwas abkühlen konnten.
Sehr merkwürdig, ich fuhr langsamer, mein Vorsprung wurde aber grösser. Drei Runden vor Schluss sah ich vor und hinter mir niemanden mehr und beschränkte mich somit darauf, auf den Geraden lustige Linien zu fahren, um den Reifen ein paar nasse Stellen zu gönnen. Ab da trug ich Granate nur noch um den Kurs. Eigentlich eine Schande, so langsam zu fahren und dennoch so weit vorne zu landen. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film, ich hatte fahrerisch reingarnichts zu suchen an der Position, die ich innehatte. So schlimm waren die Verhältnisse ja nicht!
Da keine Konkurrenz mehr zu erwarten war, hatte ich mit lustigen Gedankenspielen zu kämpfen. Hatte ich irgendwie beim Start eine 15er-Gruppe übersehen, die noch vor mir lag? War das Rennen abgebrochen worden, weil die Hälfte vorzeitig in die Box fuhr? Wollten die Alteingesessenen mir als Neuling ein Erfolgserlebnis beim ersten Rennen gönnen?
Ötzi erinnerte mich auf Start/Ziel mit dem ‚1’-Schild, dass das Rennen tatsächlich noch lief. Ich schneckte herum und fuhr schätzungsweise eine halbe Stunde später über den Zielstrich. Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt, über den Zielstrich zu fahren im Gewissen, auf dem Podium gelandet zu sein. Ich blickte mich um, sah keine Sau und fuhr bedächtig an meine Lieblingsüberholstelle. Dort beim Hügel harrte eine etwas grössere Gruppe an Zuschauern, von denen einer mit einer grünen Kawa-Jacke mir zujubelte als wäre er auf einem üblen Drogentrip. Ich musste kurz lächeln, winkte ihm zu, fuhr an den Streckenrand und liess meinen Hinterreifen qualmen, bis ich fast vom Motorrad fiel. Ich glaube, der junge Zuschauer hat seine Stimmbänder verloren…
Mittlerweile trudelten auch die nachkommenden Fahrer ein, von denen mir einige auf den Rücken klopften als wäre ich ein Stück Fleisch, das man mit den Schlägen zartmachen wollte. Da sie dabei aber lächelten und mir hochgereckte Daumen zeigten, waren das wohl keine Niederstreckungsaktionen gewesen… Danke, Jungs! Auf der Gegengerade fabrizierte ich dann mein erstes Wheelie im Regen, das von einer 998 gleich gekontert wurde – sehr cool!
Zurück im Pavillon sah ich einen eifrigen Boo, der auf seine Felgen Regenreifen geschmissen hatte. Anscheinend wollte er es mir gleichtun! Aber die Verhältnisse sprachen mittlerweile definitiv nicht mehr für Regenreifen, meine schauten auch ziemlich erbärmlich drein…
Zwanzig Minuten vor dem Rennen sah Boo ein, dass es keinen Zweck hatte, mit Regenreifen rauszugehen, stattdessen schlug ich ihm vor, mit Granate auszurücken, um wenigstens das Rennen fahren zu können. Stattdessen wollte er wieder auf Slicks wechseln, in Ermangelung eines zweiten Felgensatzes könnte das ein kleines zeitliches Problem mit sich bringen. Ich schnallte seinen Plan und wir bauten in Windeseile die Räder aus. Glücklicherweise hatte der Reifenservice gerade eine freie Kapazität und das Reifenwechseln ging wirklich ungemein schnell. Schlussendlich war Boo zwar nicht ganz pünktlich am Vorstart, wurde aber dennoch auf die Piste losgelassen. Da er aber als letzter auf den Startplatz rollte, wurde er nicht mehr auf seinen richtigen Platz gewiesen und er startete von ganz hinten – dazu noch mit ziemlich kalten Reifen.
Da das best of the rest-Rennen gleichzeitig mit den Streetfighern, den Ladies und der gemischten Klasse stattfand, verlor ich auch schnell die Orientierung, auf welchem Platz er sich befand. Er konnte sich aber gut nach vorne arbeiten und landete soviel ich weiss auf zwölf, in seiner Klasse dann glaube ich auf acht oder so.
Jedenfalls hatte er seinen Spass gehabt, bedauerte aber, dass er von ganz hinten gestartet war.
Da die Verhältnisse nun ganz trocken waren, gelangen ihm auch wieder locker 51er Zeiten.
Das nachfolgende Rennen musste abgebrochen werden, da es plötzlich zu stürmen anfing. Ich stand faul an der Boxengasse und erhielt einen Anruf von Boo.
„Mättu, chum schnäll hindärä, aber schnäll!“
Hui, was war los? Ein übler Anblick, als ich zu unserer Behausung eilte, sah ich unser Zelt in der Luft flattern, Boo hielt sich an einer Querstange und hatte beide Füsse nicht mehr am Boden! Der Windstoss war wirklich übel und unser Zelt nahm es so richtig derb mit. Das ganze Fahrerlager sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, überall flogen Pavillonstangen, Säcke, Tücher, Mülltüten und Kleinkinder durch die Luft – brutal!
Ich riss sämtliche Wände vom Pavillon um den Wind die Angriffsfläche zu nehmen. Ein paar Nachbarn hatten sich mittlerweile ebenfalls daran gemacht, unser Gerüst – das so ganz nebenbei zusammengenommen fast 50 kg wiegt – am Boden zu halten. Nach ein paar Minuten war der Sturm vorüber… Naja, vom Pavillon war nicht mehr viel übrig geblieben. Die meisten Stangen waren übelst verbogen, die Seitenwände z.T. eingerissen. Und es hat sich dabei nicht um einen 20 Euro-Pavillon gehandelt!
Ich beschloss, gleich alles wegzuschmeissen, hat ja keinen Sinn, einzelne Stangen aufzubewahren. Da wir nun aber etwas schutzlos waren, beförderten wir alles Umliegende provisorisch in den Movano. Die Bikes liessen wir draussen.
Das letzte Rennen des crazy old men-cups wurde wieder gestartet und gleich anschliessend fand die Siegerehrung statt. Dank dem Regen gleich innerhalb der Rehm-Box.
Auf dem Podest neben Stelzer kam ich mir wieder völlig fehl am Platz vor, aber als mir dieser zum zweiten Platz gratulierte wusste ich, dass ich gut schlafen würde. Wären wir nicht ermahnt worden, den Schampus nicht in der Box zu öffnen, hätte ich den garantiert den Zuschauern geopfert… Wer weiss wie lange das geht, bis ich wieder die Möglichkeit dazu habe?
Boo war wegen des Wetters genauso angefressen wie ich und wir verzichteten auf den adriatischen Zwischenhalt kurzerhand. Da die Anmeldegebühr erst an Ort und Stelle fällig gewesen wäre, fiel das uns auch einigermassen leicht. Mir besonders, da mein rechter Unterarm immer noch sehr beleidigt war.
Also Movano wieder ausräumen und alles wieder anständig und reisefertig einräumen.
Nun könnte man ja vermuten, dass die Geschichte zu Ende ist, aber man soll ja den Tag nicht vor dem Abend loben. Natürlich wussten wir um das Ölverlustproblem des Movanos wegen des fehlenden Bolzens. Wir füllten Öl bis auf Maximum und kontrollierten nach ein paar Kilometern, ob Boos notdürftige Reparatur standhielt. Ölverlust war zwar da, aber nicht schlimm. Somit rauschten wir unserer Heimat entgegen und hofften, dass die Dieselpumpe hielt und nicht zuviel Öl abhanden kam.
Ich schlief reichlich! Nach der Grenze wollten wir kurz noch bei einem McZynd vorbeischauen, allerdings hatte der schon geschlossen. Ölstand sah gut aus, weiter!
Boos Vorschlag, mich bei ihm übernachten zu lassen und erst am Folgetag mein Material und mich bei mir abzusetzen, sollte sich noch als goldig herausstellen. Um 0300 kamen wir an, hauten uns in die Betten und wollten gegen 0800 wieder los.
Am Morgen stellten wir fest, dass der Teer unterhalb des Movano reichlich mit Öl versetzt war.
Boo hatte die Nase voll und brachte mich mit seinem Auto nach Hause. Er würde mit dem Movano bei mir eintreffen, sobald er die Scheisse am Nachmittag repariert hätte. Am Abend verkündete er dann, dass von den drei Befestigungsbolzen kein einziger mehr übriggeblieben war und die Dieselpumpe nur noch an den Leitungen ohne jegliche Befestigung hing!!! Hehe, sehr cool… Wir kamen sozusagen auf den letzten Drücker an!
So, das wars endgültig mit der geilen koreativen Zeit in Misano! Ein passendes Wort für den Abschluss:
Korea!!!
So long, Mäddie
"Wir wissen zwar nicht, wo es langgeht, aber dafür bewegen wir uns mit Höchstgeschwindigkeit." Dussel Duck, Entenhausen 1983