Neulich war ich bei meinem versicherungsmenschen,der auch moped fährt und haben uns so unterhalten.
Er erzählte,er wäre bei der Speedweek zum zugucken gewesen und war auch alles total geil und so ,und " da war so ein lustiger Typ mit bei ,der ist mit ner grossen KTM in der safetycar-Phase aufs Hinterrad und dann mit Beine aufem Lenker gefahren und die Leute hätten alle gelacht!"
Da muste ich nich mal ansatzweise überlegen,wär das wohl war...
Axel fuhr seinen Turn ohne Probleme durch und übergab nach den nächsten 32 Runden an Konrad. In den Trainings hatten wir einen Verbrauch von ca. 11,5 l/100 km ermittelt, was etwa 0,43 l/Runde bedeutete. Sehr wenig für eine Duke, die angeblich säuft wie ein Loch! Nach 32 Runden hatten wir somit noch ca. 2 l Sprit im Tank, was sich nach den ersten Turns auch bestätigte.
Der Einzige der ein wenig mehr verbrauchte war ich, aber das schreibe ich wiederum meinem Leergewicht von 88,34 kg zu.
Auch Konrad absolvierte den ersten Turn problemlos, und somit war ich nach einer kurzen Ruhephase wieder an der Reihe.
Zuvor machte mir Karin noch neues Tape um die Mittelhand - damit hofften wir, die Blasenbildung bestmöglich zu unterdrücken.
Ich wollte nochmal mit den alten Reifen raus, aber Konrad und Hans-Hermann bestanden auf einem Wechsel der Pneus. Somit nahm ich mir vor, mit den jungfräulichen Reifen nochmal konstante 38er-Runden zu drehen.
Die Brückensteine boten ab der ersten Kurve wieder kukidentalen Grip und ich flog mit der genialen Duke über diese geliebte Strecke. Wieder konnte ich ein paar Emmen und anderes wenigzylindriges Getier überholen, wusste aber nicht, ob sie in derselben Runde unterwegs waren oder nicht. Natürlich wurden auch die Literkrüge nicht verschont - nach ein paar Runden lief ich auf einen Fahrer auf, den ich für ein Phantom hielt: Auf seinem Rücken stand groß Maher, und er ritt eine Fireblade. Konnte dies DER Roger Maher sein, der einst (war es 98?) den Yamaha-Cup gewonnen hatte, und seither in IDM und Langstrecke unterwegs war?
Ich blieb in der Triple noch hinter ihm, kam dann aber zu dem Schluss, dass er noch einen langsameren Bruder haben musste, und hoppelte auf der Kaninchenlinie an ihm vorbei.
In einer jener ersten Runden des zweiten Turns fuhr ich dann mit einer 1:37,250 meine schnellste Zeit - ein Zehntel schneller als die Quali-Zeit.
Ich konnte auch den Rest des Turns immer 38er fahren und machte mir einen Spaß daraus, eine Gleichmäßigkeitsfahrt aus dem Turn zu machen. Immer wenn eine 37er oder 39er angezeigt wurde, fluchte ich theatralisch in meinen noch intakten Helm, und wenn ich eine 38 sah, jubelte ich wie Nico nach seiner gelungenen Penisvergrößerung in der Berliner Charité.
Mitte des Turns lief ich auf einen Recken vom MSF Sauerland-Team auf.
Ich konnte ihn rundenlang nicht zerwemsen, weil er auf den Geraden mit seiner Kilogix immer wieder vorbei ging. Da ich daher aber auch keine zwingende Notwendigkeit sah, ihn in jeder Kurve zu überholen, streute ich für den Pöbel noch ein paar kleine Wheelies ein, was mir später auch noch einige Schulterklopfer einbringen sollte.
Ich hatte mir einen Schlachtplan zurechtgelegt - ich würde warten bis wir in der Triple auf einen zu Überrundenden aufliefen, der MSFler würde evtl. versuchen, rechts vorbeizugehen, oder dahinter bleiben, und ich würde beide links neben den Curbs aufschnupfen.
Zwei Runden später ging der Plan auf, der MSFler wurde ein wenig aufgehalten, und ich konnte in der Rechts und der folgenden Schikane so viel Boden gutmachen, dass er auf der Gegengeraden nicht mehr ran kam. Mein Gott, wie ich diese Linie liebte!
Zu Ehren dieser herrlichen Rasengittersteine schwor ich mir in jenem Augenblick, meine Garagenzufahrt nicht herkömmlich zu pflastern, sondern mit Rasengittersteinen zu belegen.
Auf diese würde ich mich dann an lauen Sommerabenden setzen, ein kühles Korea trinken, und an ihre Brüder im Osten denken, die mir so viel Freude geschenkt hatten.
Irgendwann war dann auch dieser Turn vorbei, unser Zeitnahmegirl Daggi zeigte mir erst die 2, dann die 1, und dann fuhr ich raus in die Box.
Ich war von Platz 30 wieder auf 27 vorgefahren und war zufrieden mit der Gesamtsituation.
Wieder schnell geduscht und ab auf die Massageliege. Ich ließ mir wieder eine dieser genialen Schlamm-Wärme-Packungen anlegen und mich mit Tüchern mumifizieren, während mir Sabrina die Unterarme massierte. Das war also das Paradies....
Wieder übernahm Axel die Duke, drehte locker seine Runden, klagte aber nach dem Turn über Schmerzen in seiner bei den 1000 km von Hockenheim gebrochenen Schulter.
Natürlich wurde er aber nach dem Turn von seiner liebsten Sabrina wieder fitmassiert.
Er übergab auf Platz 25 an Konrad - zu dem Zeitpunkt waren wir noch einen Platz vor Schrotti`s PS-Beck-Racing-Team. Ich wollte schon rübergehen und ihn ein bisschen ärgern, entschied mich dann aber doch dagegen, weil ich noch auf weitere Havanna-Spenden von Schrotti hoffte.
Konrad kam nach weiteren 33 Runden (wir hatten die Rundenzahl leicht erhöht) wieder in die Box und befahl, neue Reifen aufzuziehen.
Ich protestierte nicht und fuhr mit einem freudigen Wheelie in die hereinbrechende Nacht. Unterwegs sang ich ständig „I am the highway“ vor mich hin - ein Song, der mich die Schmerzen in meinem aufgerissenen Schaltzeh vergessen ließ und mich wie ein Freund be-gleitete.
Irgendwann gegen Mitte des Turns überholte mich Kitagawa wieder anfangs der Zielgeraden. Ich sah in der Rechts erst das gleißende Licht hinter mir und blieb dann ganz links um ihn vorbeizulassen. Er flog mit Mach 2 an mir vorbei, fand aber noch die Zeit, mir mit links das Victory-Zeichen mit auf den Weg zu geben. Eine Gänsehaut bahnte sich ihren Weg über meinen Astralleib und ich hatte es wohl meiner KTM-Thermounterwäsche zu verdanken, dass ich nicht elendiglich erfroren bin.
Wie nahe Freud und Leid bei einem 24-Stunden-Rennen beieinander liegen, musste ich dann eine Runde später erfahren.
Nach der Hasseröder beschleunigte ich normal raus, fuhr über die Bodenwelle, die zwischen Hasseröder und Triple immer auf die Fahrbahn springt, und erntete brutales Lenkerschlagen. Ich hatte nicht mehr viel Zeit zum überlegen - ich packte den Lenker hart an, beruhigte die Front wieder, und wollte gerade auf der Bremse in die Triple umlegen, als ich merkte, dass kein Bremsdruck da war. Scheiiiiiiiiiii........., ich griff nochmal rein, spürte ein bisschen Verzögerung, aber da war das Asphaltband auch schon zu Ende und ich schoss geradeaus etwa auf die Mitte der Anfluggeraden zur Schikane zu.
Ich sah nach vorne und hoffte, dass ich es irgendwie schaffen würde, heil durchs Gras und den Kies zu kommen, ohne in den Reifenstapeln zu zerschellen.
Doch es stellte sich leider heraus, dass geschätzte 160 km/h sich nicht mit einer nassen Bördewiese vertragen, und so kriegte ich nur noch mit, wie das Vorderrad beim ersten Kontakt mit dem nassen Element einklappte.
Ich spürte noch einen brutalen Aufschlag mit dem Helm und dem rechten Bein - danach fühlte ich mich, als wäre ich irgendwo anders, abgehoben, weggetreten, ich schwebte auf einer Wolke.
Ich weiß dass sich das wieder sehr nach Zeuge Jehovas anhört, aber genau so kam es mir vor. Meine Erinnerung setzt an dem Punkt wieder ein, als ich vor der Duke stehe, den Kopf, Arme und Beine schüttle, und nicht verstehen kann, dass ich noch alles bewegen kann.
Ich griff mir an den Helm und merkte, dass das Visier weg war - egal, es war eh dreckig. Ich musste an Freens denken und lächelte vor mich hin. Zwei Streckenposten waren bei mir und verstanden wohl die Welt nicht mehr. Ich setzte mich auf die Duke, die sich auf der linken Seite aller Anbauteile entledigt hatte und versuchte, sie zu starten. Eigentlich dürfte das nicht funktionieren, weil ich im vierten Gang sein musste und das Ding normalerweise nur bei eingelegtem Leerlauf startete. Einer der Streckenposten sagte: „Hey, haben Sie sich wirklich nicht verletzt? Das sah ziemlich schlimm aus! Wir wollten schon den Hubschrauber anfordern! Krankenwagen ist auch unterwegs.“ Ich sagte ihnen es sei alles ok, und sie sollten den Krankenwagen wieder zurückfunken, was sie dann auch machten.
Der Andere sagte ich müsse dann wohl schieben. Ich hatte einen Riesenhals, weil ich mir eigentlich sicher war, dass ich nicht stürzen würde, und jetzt hatte ich das ganze Team in die Scheiße gezogen. Ich stellte alle Schalter auf „off“, dann wieder auf „on“, und versuchte nochmal, den havarierten Herzog zu starten, und tatsächlich blubberte sie nach dem 4. Versuch wieder vor sich hin. Ich wollte gerade losfahren, als einer der Streckenposten mir nochmal sagte, ich müsse schieben. Ich sagte ihm, ich müsse nur 4 Dinge tun um zu überleben: Atmen, uri-nieren, Stuhlgang haben und aufzünden! Daraufhin fuhr ich mit schleifender Kupplung über die Rettungswege zurück und war mir bewusst, dass diese Aktion wohl eine 30 sek-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe nach sich ziehen würde - peanuts im Vergleich zu den 30 Minuten, die ich geschoben hätte.
Ich fuhr durch die Brücke zurück ins Fahrerlager, wo gerade die Duke Battle-Jungs am Fahren waren. Im Bergaufstück fuhr mir ein Junge mit seinem Fahrrad vors Vorderrad und ich musste anhalten. Anstatt den Rest zu schieben, zog ich in meinem Adrenalinwahn die Kupplung und fuhr mit Vollgas und jaulenden Reibscheiben weiter.
Als ich in die Box zurückkam war das meistgehörte Wort natürlich „Scheiße“, dicht gefolgt von „Fuck“ und „TauschtdiekompletteRastenanlage!“.
Ich setzte mich erstmal auf die Liege, nahm den Helm ab, und erzählte in knappen Worten, was passiert war. „Wie, keine Bremse mehr?“ fragte Konrad. Ich gab meine Vermutung weiter, dass es wohl durch das heftige Lenkerschlagen die Beläge nach außen gedrückt hatte, und ich deshalb keinen Bremsdruck mehr gehabt hatte.
Wir konnten nicht mehr tun als hoffen, dass das auch wirklich der Fall war. Ich hätte jedenfalls nicht in der Haut von Axel stecken wollen, der nach dem Crash wieder raus musste.
Die Jungs reparierten die Duke innerhalb einer Viertelstunde, aber als Axel wieder raus wollte, rutschte die Kupplung durch. Fuck, dann hatte ich sie beim Rausfahren verheizt!
Weitere 10 Minuten verstrichen, bis Axel dann endlich wieder fahren konnte.
Ich hatte mittlerweile meine Stiefel ausgezogen und ausgekippt - ich hatte einen halben Eimer voll Erde aufgesammelt, nur mit den Stiefeln.
Als ich meine Kombi auszog, erblickte ich das Schienbein des Grauens.
Auf meinem rechten Schienbein befand sich ein sogenanntes Hämatom, eine Beule von der Größe eines Straußeneis. Ich versuchte, die Kombi wieder zu schließen, aber es ging nicht mehr. Die Damen und Herren in der Box bekamen große Augen und die Münder nicht mehr zu - es sah wirklich sehr lustig aus. Einige dachten, damit sei die Zünderei für mich beendet, aber ich zog den Stiefel nochmal an und sah, dass die Beule über dem Stiefel war, und ich somit eigentlich keine größeren Probleme haben dürfte, sofern das Ding nicht noch größer wurde und/oder ein Alien herauskäme.
Karin klebte ein paar Streifen ihres chinesischen Zaubertapes darauf, mit dem sie auch schon unsere Nackenpartien stabilisiert hatte, und tatsächlich wurde das Ei daraufhin kleiner! Konrad war von der Hardcore-Schrauberei ziemlich erledigt, und ich schlug ihm vor, den nächsten Turn nochmal zu übernehmen. Er sah mich mit verwundertem Blick an, lachte dann und sagte: „Okee, dann mach ich mal Pause.“
Ich saß auf der Liege und betrachtete meinen visierlosen Helm. Hinten hatte ich vor 2 Jahren, nach dem „Tod“ meines Freundes Bert Argut, einen Aufkleber mit seiner #25 aufgeklebt.
Er ist einer der verrücktesten Aufzünder die ich je kannte, und ein wahnsinnig lieber Mensch. Ich sage bewusst „ist“, weil ich weiß, dass er immer noch da ist und mit seinen alten Kampfgefährten den Asphalt zum brennen bringt, genauso wie früher.
Ich wusste nicht ob er es war, aber irgend jemand hatte mich gerade da hinten in der Triple vor Schlimmerem bewahrt, und dieser Jemand würde mir auch für den Rest der Nacht beistehen - ich musste also wieder raus! Ich packte den Helm und rannte zum redlichsten Renndienstmann der westlichen Hemisphäre, Bernd Dietrich, und fragte ihn, ob er ein klares Visier für meinen Lazer-Helm da hätte. Ich hatte nur noch 2 Getönte, und das kam in der Nacht irgendwie nicht so gut. Er hatte leider keins, bot mir aber einen Shoei-Helm als Leihgabe an. Ich probierte ihn an - fück, zu klein.
Dann kamen wieder die Schmetterlinge ins Spiel - Axel war mittlerweile fast 40 Minuten draußen, und die Zeit rannte mir davon. Da kam plötzlich Micha Dangrieß von Bike Promotion um die Ecke. Er hatte schon von meinem Missgeschick gehört und fragte mich, ob ich was bräuchte. Ich sagte „Ja, ein Helm wär nicht schlecht. Meiner ist nämlich kaputt.“
Micha überlegte nicht lange, lief in die Box, obwohl er offensichtlich gerade etwas Wichtiges zu erledigen hatte, und brachte mir einen nagelneuen Nolan-Helm mit, der perfekt passte. Ich fragte ihn noch ob das denn wirklich gehen würde, und ob er ihn nicht selbst brauchen würde, aber er sagte nur: „Alter, nimm das Ding, geh raus und zünde auf!“
Ich war geschüttelt und gerührt, und ein bisschen froh, dass der hässliche Micha die kleine Freudenträne in meinem Augenwinkel nicht mehr sehen konnte, weil ich schon wieder auf dem Weg zu Box 19 war.
2 Minuten später kam Axel rein, ich stieg auf die Duke, legte den ersten Gang ein, fuhr zum Ende der Boxengasse, grüßte Peter und Günni, und wheelte mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen in die Nacht...