Wie zwinge ich jemanden Schnell zu fahren?
Ich zwinge ihn dazu Gas zu geben und möglichst wenig zu bremsen.
In Magny Cours angekommen, war das RaceTent dieses mal deutlich schneller aufgebaut. Innerhalb von einer knappen Stunde war alles ausgeladen, verstaut und das Ankunftsbier geleert.
Hembi nahm mich kurz zur Seite und raunte mir ins Ohr:
„Gib deinem Eisen eine würdige letzte Veranstaltung. Lass es krachen!“
Dann entschwand er, ohne sich umzublicken, in seinen Bus.
Kosterniert ließ ich mir den Spruch auf der Zunge zergehen. Er wusste es. Dass ich still und heimllich nach was größerem Ausschau hielt. Er hatte mir ja den Floh auch ins Ohr gesetzt.
Die Hand meiner Freundin berührte sanft meine Schulter, als ich verträumt meine ¾ K4 betrachtete.
War ich für diesen Schritt schon bereit?
„Komm ins Bett. Und behalt die kleine K4!“
Ich schlief tief und ohne Traum. Bis der erste Sonnenstrahl den Bus durchquerte.
06.17 Uhr. Ich war sowas von geil aufs Zünden.
07.30 Uhr schaffe ich es, mich aus der Kuschel-Klammerung meiner Maus zu befreien. Sofort sprang ich aus dem Bus, rüttelte an Hembis Schlafwagen, steckte die Reifenwärmer an, prüfte den festen Sitz von den wichtigsten Schrauben und stand als 2. bei der Anmeldung.
10.00 Uhr, erster Turn.
Es ist verdächtig still. Hembi meint noch „..bestimmt abgebrochen...“
So einfach war es nicht. Ein netter Mitzünder der Gruppe B hatte doch tatsächlich in der ERSTEN RUNDE im ERSTEN TURN die halbe Strecke mit Öl eingesaut. Wenigstens dufte er für die Reinigung blechen. Sein Glück, dass er sich nicht zu erkennen gab. Ich wäre nicht der einzige gewesen, dem fiese Dinge eingefallen wären mich bei ihm „erkenntlich“ zu zeigen.
Unser erster Turn fiel also der Streckenreinigung zum Opfer.
Zurück ins Zelt, wieder 1h warten.
Habe ich schon erwähnt, dass ich es als bekennender Dauerfahrer hasse, wegen 4 Gruppen nur 20min Fahrzeit pro Turn zu haben und dann 60min Däumchen zu drehen? Ich weiß, selber schuld. Ich hätte auch ne andere Serie wählen können. Abgehakt.
11.20 Uhr, 2.Turn
Ich entere die Strecke zivilisiert mit beiden Rädern am Boden. Erst mal die Strecke kennen lernen. Ende der langen Geraden wundere ich mich über mittelschlechte Bremswirkung.
„Die CRQ brauchen Temperatur“ geht es mir durch den Kopf.
Der neue, kurze Hub ist brachial genital. Nahezu digital! GEIL!!
Durch die erste Rechts-Links Kombi, dann die lange Hundskurve nach links. Wie am NBR komme ich mit der Kurve erst mal gar nicht klar. Rechts rum raus, Linksknick, nächste Schikane. Dann die 2.Spitzkehre. 1.Gang, 2.Gang? Ich entscheide mich vorerst für den 2ten. Dann eine brutal schnelle Links, in Schräglage den Anker werfen, aufrichten und rechts abbiegen. Uff, enge Schikane auf SZ. Die Bremse war bis hierhin nicht besser geworden, ich fuhr immer schneller als geplant in die Kurven.
Ende SZ werde ich kaum mehr langsamer. Gut, so lerne ich gleich, dass man da sauschnell reinhalten kann.
Aber irgenwas stimmt hier nicht. Aber ich weiß nicht was.
Spontan denke ich an die Wiesel.
Um auf der Geraden niemandem im Weg zu stehen, spanne ich das Kabel und lade durch. 3,4,5,6. Vollgas. Nach dem 2ten Knick greife ich in die Bremse.
Ich packe zu.
Ich drücke noch fester.
Panik. Es geht noch VORWÄRTS!
Das große Schild, mein späterer Bremspunkt, kreuzt die Strecke.
Mit Gewalt drehe ich das Gas zu, die Bremse fängt an zu wirken. Fast mache ich einen Überschlag. Mit wehendem Kackstift und wimmerndem Vorderrad schaffe ich es, in dem asphaltierten Meter der Auslaufzone die Fuhre zum stehen zu bringen.
What the FUCK? Meine Fresse. Was soll denn das??
Ich lege den 2ten Gang ein, drehe den Gasgriff voll auf und lasse ihn los.
„Der bleibt einfach stecken“ rast es mir durch den Kopf. Bevor ich im Drehzahlbegrenzer lande, ziehe ich die Kupplung und forciere den Gasgriff in die Null-Stellung.
Ich war innerlich am Ausrasten. Das war die Höhe.
Ehrlich gesagt, ist das absolut Lebensgefährlich. Das ist einmal zu viel!!
Ich breche ab und fahre in die Box.
Im Zelt hüpfe ich aus dem Leder, schnappe das Handy und schreiße eine gesalzene Kurznachricht. So kann es nicht gehen.
Meine Freundin, Hembi und seine bessere Häöfte kennen meinen Gesichtsausdruck seit meiner „Hülsensuche“ und lassen mich erst mal in Ruhe wüten.
Die losen Schrauben der Gaszug-Führung haben es zugelassen, dass es sich so verdreht, dass der Zug klemmt.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.
Ich kann schon fast wieder lachen und scherze „Die Bremsflüssigkeit ham 'se auch getauscht. Wahrscheinlich fällt mir nachher noch die Bremse durch.“
Zusammenbauen, Schraubencheck, Reifenwärmer, Warten.
12.40 Uhr, 3.Turn.
Alles funktioniert. Bis auf die Bremse. Ab Runde 6 habe ich einen matschigen und wandernden Druckpunkt, in Runde 8 ist der Bremshebel bei „vollbremsung“ am Griff und zwingt mich zum früheren Bremsen.
Am liebesten hätte ich gleich eingepackt, wäre heim zur Werkstatt gefahren und hätte den Schrauber mit der Gixxe erschlagen.
Der Anschiss per Telefon förderte zutage, dass ich „höchstwertigste“ Lucas DOT4 Bremsflüssigkeit bekommen habe. Und dass sich erst kürzlich eine TOURENSCHW***** über eine matschige, nachlassende Bremse beschwert hatte. Er hatte aus der gleichen Flasche den Apfelsinensaft bekommen. Die denken doch wohl nicht im Ernst, dass ich Fahrsicherheitstrainings mit dem Eisen mache?!?
Ich lege fassungslos und enttäuscht auf. Das Vertrauen ist dahin.
Wie Fred Durst so schön formuliert:
„ FUCK, if you want somethin' done right, you gotta do it yourself “
Ich stellte den Bremshebel auf Maximale Entfernung und konnte damit die restlichen 2 Turns durchfahren. Zwar wurde der Hebelweg immer länger, aber wnigstens konnte ich voll bremsen. Der Lenker war nicht mehr der Anschlag. An diesem Abend trank ich ungewöhnlich viel Bier.
Die 2min Marke hatte ich geknackt und war nur 4Sek langsamer als Hembi.
Ein Erfolg.
Hembi hatte allerdings nur die Hälfte meiner Rundenzahl zurückgelegt und brauchte einen neuen Reifen. Wie immer: Es läuft schlecht und er atomisiert mich trotzdem
