Ich sah die A1 schon schimmernd in der Abendsonne vor mir liegen…eine Ausgeburt an Dauerbaustellen, die sich in Salzburg beginnend durch das Alpenvorland über Linz, St. Pölten bis Wien schlängelte. Der Gedanke an breitenreduzierte Fahrspuren bereitete mir angesichts des 2.50m breiten Wohnanhängers Unbehagen…nicht ob meiner eigenen Fahrerei..aber der Gedanke an übernächtigte Rumänen, Ungarn, Slowaken etc. rief doch einige Sorgenfalten hervor. Die Balkantransitrallyabschnitt Salzburg-Wien war bekannt für heftigste Kaltverformungen. Gottlob war es erst Donnerstag und wir entgingen dem üblichen Freitagsaufgebot heimreisewilliger Slawentouris.
Es war 13.30,als ich das technischer Wunderwerk englischer Ingenieurskunst in Form eines Ford Transits Bj. 2010 auf die Autobahn A8 lenkte und beim Balkanbomber den Nachbrenner zündete. 140 englische Pferdchen begannen gemächlich die vollgepackte Möhre plus angehängter Luxusbehausung in Form eines Tabbert 560TD nach vorne zu zerren. Ich dachte an meine 1. Renntraining, als ich mit Werkzeug in einer zerfledderten Werkzeugkiste anreiste.
gepennt wurde in der Karre, Ravioli gabs aus der Dose, die sich in der Kiste den Platz mit den Bierflaschen teilte. Irgendwie war’s früher stressfreier.
Mittlerweile benötigte ich zum Verstauen des benötigten Equipments 2 Stunden und detaillierte Beladungsskizzen um all dass unterzubringen, was ich als „lebenswichtig“ erachtete um ein WE am Ring zu überstehen.
Die nächste Ausbaustufe würde wohl in einem mobilen Lazarett enden…ich lachte insgeheim über die obskure Vorstellung .Irgendwie war es typisch deutsch, sich gegen ALLES abzusichern. Zur Zeit schleppte ich Material mit, die einem IDM-Team gerecht werden würde.
Wir erreichten Salzburg im Lauf des Nachmittags, zogen ein Fensterticket für 7,50 und beschlossen, uns an dem neuen McDonalds mit Reiseproviant einzudecken, den wir während der Fahrt verdrücken wollten.
Mit fettigen Burger in der Hand und Fritten zwischen Fahrer und Beifahrersitz setzten wir die Fahrt vor. In Höhe des Salzburgring holte uns der Regen ein und begleitete uns treu bis Wien…schön, wenn es noch Konstante im Leben gab.
Erstaunlicherweise blieben wir vor Baustellen bis kurz vor Wien verschont und auch suizidgefährdete Autoput-Racer kreuzten nur vereinzelt unseren Weg.
Dank DVB-T im Auto konnten wir mit kurzen Aussetzern in Gegenden, die vor der menschlichen Zivilisationswut verschont geblieben waren, auch die aktuellen WM 2010 Partien mit verfolgen und erreichten gegen 20.00 Wien.
Die Umfahrung Richtung Budapest und Bratislava war mittlerweile nahezu fertiggestellt und Wien lag schon bald nur noch als verschwindender grauer Schatten im Rückspiegel. Wir passierten die im untergehenden Sonnlicht idyllisch daliegende OMV-Raffinerie und den Flughafen Wien Schwechat.
Schon bald hatte uns das graue Band der Monotonie Richtung Ungarn wieder fest im Griff und ich blätterte Lustlos im digitalen Verzeichnis der angehängten 500GB-Festplatte mit allerlei Videomaterial, der uns die eintönige Reisezeit verkürzen sollte.
Kollege M.Darchinger vom Team „Becherovka-Racing“ riet mir, in Nickelsdorf den hiesigen Rastplatz auf zu suchen und schon dort, also kurz vor der ungarischen Grenze, unser Reisegefährt im ungarischen Vignettensystem registrieren zu lassen. War mir eh lieber, da ich zwar der deutschen Sprache mächtig war und auch das bayrische perfekt verbal artikulieren konnte, vom ungarischen aber KEIN Wort verstand. Auch der berühmt berüchtigte Wiener Slang sollte in den Griff zu bekommen sein.
Ich tankte also an der der Shell Nickelsdorf voll ,füllte deutlich reduzierte Zigarettenbestände auf und lüftete die müden Knochen, die sich dank Tempomat leise in den Winterschlaf verdrückt hatten.
Hinter der schon die Jahre gekommen Tankhütte befand sich in einem Doppelcontainer irgendeine Bank, die auch das Einbuchen ins ungarische Vignettensystem übernahm. Hier wurde ich vorstellig, fand einen ziemliche verwahrlosten Junghippie vor, der mir rein äußerlich an die „weisse“ Ausführung von Bob Marley erinnerte. Die Hintergrund laufende Heavy Metal Musik ließ die kurzfristig durchgeführte Personenanalyse aber in sich zusammen fallen und ich entschied mich nicht weiter auf eine Katalogisierung der vorgefundenen Persönlichkeit einzugehen. Unterm Strich war man sich sympathisch, weitere 7.50 für Kategorie D1 bis 3.0t +unbegrenzt Hänger wanderten über den Tresen und wir waren von nun an berechtigt, das ungarische Autobahnnetz für den von uns bezahlten Zeitraum zu nutzen.
Es dauerte nur noch 30 Minuten, bevor die letzten Sonnenstrahlen die ungarische Puszta zuerst in gleißendes Rot verwandelt um sich dann schleunigst aus dem Staub machend nur noch gähnend leeres Schwarz hinterließ.
Der Tempomat rastete bei Tachoanzeige 115km/h ein was lt. mitlaufendem Navi echten 110km entsprach. Wie Moses zerteilten die beiden Scheinwerfer die Finsternis während sich die English-Horses den Weg nach Budapest durch die Einsamkeit der Nacht bahnten.
Das JVC Car-Entertainment-System verstand es vorzüglich die erdrückende Stille zu übertönen und versorgte uns mit kurzweiligen Folgen von CSI und Dexter, bis das „Tranzit“ Schild sich recht flott aus der Dunkelheit schälte und uns den Weg von der M1 kommend über die M0 zur M3 weiste. Kurz danach befüllten wir bei einem letzten Stop die Spritkanister um Josephine für die nächsten Tag mit heilsbringendem Sprit zu versorgen. Die letzten 40km bis zum Hungaroring vergingen zäh,da die Umfahrung von Budapest eine einzige Baustelle ist und mit LKWs aus aller Herren Länder geradezu übervölkert war. Ein Überholen war auf der nur 2m linken Spur nicht möglich und so zuckelten wir in Rußwolken an jeder kleineren Steigung hinter den Stinkern her. „Just in Time“ kam mir wieder in den Sinn, wenn große produzierenden Gewerbe Ihre Lagerhaltung auf die Straße verlegten und mir hier zum Verdruss wurden.
Egal…um 22.50 verließen wir die M3 bei Kilometer 16 gekennzeichneten Parkplatz und fanden uns nach staubigen 4 Kilometern im Fahrerlager des Hungarorings wieder.
Die versammelte Truppe wartete schon und ging beim Ausladen der 10er und des Rangierens des Wohnwagens bereitwillig zur Hand, so dass wir schon bald beim ersten Bier den Abend ausklingen ließen.
Michaela verschwand gegen 00.30 ins Bett und ich folgte ich eine weitere volle Drehung des kleines Zeigers nach…..
Freitag der 18.6.2010
Wohl jeder, der dem Kringeln frönt, kennt den Geruch von neuem Leder. Wenige Tage vor dem Event am Hungaroring hatte ich zum 13. Hochzeitstag von meiner Frau Michaela eine neue Lederkombi gesponsert bekommen. Diesmal nicht in bevorzugtem kangoorooyamischem Hüpfleder sondern wieder aus der Haut europäischer Butterhirschen…………ok ok Rindsleder. Nun hing das gute Stück an der Vorderseite des Schrankes und blendete in neuem unverkratztem Weiss.
Der Geruch des imprägnierten Leders durchströmte penetrant den ganzen Wohnwagen, sodass ich schon um 6.30 das Weite suchte und in der Stille des Fahrerlagers in der spärlichen Morgensonne den ersten Kaffee des Tages schlürfte. Die erste Kippe dazu war obligatorisch.
Die 10er stach durch Ihre weiße Lackierung in „pearl stardust white“ zwischen all den Kolleginnen rein optisch schon heraus, lediglich die vielen Fliegenleichen und der Reifenabrieb, der sich in kleinen, schwarzen Bahnen auf dem makellosen Lack abzeichnete, störte das Gesamtbild.
In diesem Augenblick war ich ein zufriedener und glücklicher Aufzünder, der einfach nur froh war, nach anstrengenden Wochen, in denen nicht sehr viel rund lief, hier zu sitzen und seinen Kaffee zu genießen und die nächsten 3 Tage mit Frau und Freunden am Hungaroring zu verweilen.
Ich beschloss, die 10er vor Ihrem Auftritt noch zu reinigen. Ich weiß…ist eigentlich unnötig, aber da war ich schon immer eitel…nicht schnell, aber wenigstens schön ist meine Devise

Rund 30 Minuten später erstrahlte die 08er 10er wieder in altem Glanz, als ich die letzten Spuren vom Saisonauftakt in Ledenon und Barcelona entfernt hatte.
Ich widmete mich noch Reifenluftdruck, Tanken und Reifenwärmer und dem 2. Kaffee inkl. weiterer Kippen. Standardrituale, oft genug praktiziert und automatisiert.
Es dauerte noch eine Weile bis nach und nach der restliche Haufen aus Ihren Höhlen kroch.

Der Himmel hatte mittlerweile beschlossen, uns Sonne und Wärme vorzuenthalten und deckte den Hungaroring mit grauen Wolken ein. Es sah verdammt nach Regen aus…die Wettervorhersage von allen mir bekannten Onlinediensten hatten schon nichts Gutes vermuten lassen, einzig „weather.com“ versprach trockene Tage. Kann man ja auch leicht reden, wenn man den Server in Atlanta/Georgia stehen hat und sich 15000km weit aus der Affäre ziehen kann.
Gegen 9.00 zwang ich mich dann ins neue Dainese-Leder, sitz, passt…hat Luft dachte ich mir. Die beiden seitlichen Reißverschlüsse waren ungewohnt. Die vielen Stretcheinsätze machten die Kombi aber sehr gut tragbar und ich sah dem Turnen auf der 10er gelassen entgegen. Michaela hatte das getönte Visier mittlerweile gegen ein klares getauscht, als ich die 10er das erste Mal nach 3 Monaten zum Leben erweckte. Der Akra bollerte freudig vor sich hin und ich rief mir in Erinnerung, Josephine nicht zu lange laufen zu lassen, da das Kitsteuergerät den Kühlerlüfter deaktiviert hatte, bzw. nicht mehr vorsah.
Just in dem Augenblick, als ich den Shoei XR1000 über die kurz geschorene Haarpracht stülpte kam der 1. Tropfen…nicht einer von der Standardsorte, so ein kleines vernachlässigbares Tröpfchen…nein, ein Konglomerat von Wasser und Atmosphärenverschmutzung in Größe jener Art, die im Verbund mit 3-4 baugleichen Kollegen mal eben 1m² Rennstrecke zu wässern vermochten.
Ich sah meinen 1. Turn des Tages im wahrsten Sinne davon schwimmen und flüchtete unter die mobile Garage von Hermann. Ich tätschelte verständnisvoll Josephines Wangen während Sie mit aufgeheizten Reifen traurig und enttäuscht durch hing. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Nase der 10er weiter Richtung Boden starrte, da Sie vorne schon vom Ständer heruntergeholt war .Ich bockte Sie wieder auf und vertröstete Sie auf den späten Vormittag, wenn es denn das Regnen aufhören sollte.
Ich sollte mich täuschen ,ich und alle anderen, die mir glaubhaft versicherten, dass es schon werde…es würde ja ein schnell trocknender Wind blasen und außerdem trockne der Asphalt des Hungaro’s sehr schnell ab…
Ich überlegte kurzfristig, wem ich die Schuld zuschieben könnte, fand mich aber dann mit der Situation ab und gab dem neuen Leder eine weitere Chance, meinen Wohnwagen durch ausdünstende Imprägnierungsmittel zu verunreinigen.
Draußen wollte ich die 2. Haut nicht hängen lassen, da ich davon ausging, dass die Kombi im eventl. Einsatz „klamm“ sein würde. So kam es, dass die Kombi im warmen Wohnwagen hing und ich mit heißem Kaffee und regelmäßigem Zigarettenkonsum den Vormittag im Fahrerlager tot schlugen.
Michaela war unbeeindruckt von Wetter und Kombi und hatte sich in den Wohnwagen zurückgezogen. Eine kleine Regenpause nutzen wir am späten Vormittag um Martins Zelt aufzubauen und das geplante Weisswurstessen darunter vorzubereiten.


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Unter diese Bedingungen haben wir uns dann auch um 13.30 das WM-Vorrundenspiel Deutschland vs. Serbien angeschaut. Passend zum Wetter versaute uns dann natürlich noch die deutsche Nationalelf diesen Freitag und verlor mit 0:1.
Der Nachmittag kam und es klärte langsam auf. Wie angekündigt, trocknete der Kurs relativ schnell ab. Ich hatte allerdings vollkommen vergessen, die Reifenwärmer aufzuziehen und so ließ ich den letzten möglichen Turn des Tages verstreichen. Ich wechselte von Kaffee nach Becks Lemon, einzig den Kippen blieb ich treu.
Hermann, der wie ich noch NIE am Hungaro seine Runden gedreht hatte, drückte schnell noch eine 2.12er-Visitenkarte in die halbtrockene Strecke und kam begeistert wieder zurück. „Is wie am PAN, genauso bescheuert, nur besser einsehbar“ meinte er lapidar und verschwand im Wohnwagen.
Ich ärgerte mich, nicht gefahren zu sein und schob alle Hoffnung auf den Samstag um den Kurs möglichst schnell kennen zu lernen und einzuprägen .Schließlich wollten wir am Nachmittag das 3 Stunden Rennen fahren und da wäre Streckenkenntnis doch wahrlich von Vorteil.
Der Abend ertrank in Bier, Himbeerlimes und Racerlatein. Gegrilltes Getier in allen Garungsvariationen von blutrot bis schwarzknackig vertrieben Hunger und man freute sich auf den morgigen Samstag.
Mit Michaela, Hermann und Petra fuhr ich am Rettungsweg mit mitgebrachten Rollern noch eine flotte Runde, um auf die Strecke wenigstens mal einen Blick geworfen zu haben. Am Rückweg zur Homebase begann es dann zu blitzen und eine bedrohliche Front schob sich unaufhörlich und pechschwarz direkt auf den Hungaro zu. Ich hatte keine Lust auf eine weitere Putzaktion und angesichts des Wetters, dass da unabänderlich auf uns zukam, schob ich Josephine in den Transit.
Wir hatten kaum alles aufgeräumt und sturmsicher weggepackt, als sich der Himmel über uns entlud. Der Regen kam in Wellen über das Fahrerlager, der Wind hatte stark aufgefrischt und alle beteiligten Aufzünder in die Boxen, Wohnwägen oder anderer Unterstellmöglichkeiten gezwungen.
Mit Kollegen vernichteten wir weitere 3 Liter Himbeerlimes und etliche Bierchen, bevor ich mich an diesem Abend früher als gewöhnlich ins Bett verzog.
Samstag der 19.06.2010
Vorwitzig hatte es ein kleiner Sonnenstrahl geschafft,die Verdunklungsmechanismen meines Tabbert 560 TD zu umgehen und fiel in Augenhöhe auf mein Kopfkissen.Ich war schon vor 2 Stunden wach geworden, gegen die innere Uhr ist man machtlos, wobei ich mir am Vorabend reichlich Mühe gegeben hatte, Sie mit dem altbekannten Alkoholtrick zu überlisten.
Während das rechte Auge noch direkt ins Kissen starrte nahm ich mit dem linken den Sonnenstrahl war.Ein diffuses Licht umgab den frechen Kerl und tauchte die Umgebung in fahle Watte.
Ich war noch nicht fähig, mich zu bewegen und lauschte in die dämmrige Umgebung. Michaela neben mir atmete ruhig und tief…Ihre REM-Phase war anscheinend noch lange nicht vorbei…mir ist bis heute vollkommen unerklärlich, wie man locker bis Mittag durchschlafen konnte, ohne sich am Vorabend die letzten grauen Zellen Richtung Jupiter weggebeamt haben zu können.
Ich kroch vorsichtig aus dem Doppelbett. zog hinter mir die Trennwand zu und drückte in tranceähnlichem Zustand den Taster der Senseo-Kaffeemaschine. Einen Tag OHNE Kaffee zu beginnen glich in meinen Augen einer mittleren Katastrophe, einem heftigen Abflug gleich zu setzen. Ich bin absolut kein Morgenmuffel….aber OHNE Kaffee komm ich nur SEHR schwer in die Gänge.
Ein kleine Ewigkeit von 60sek. später presste die Senseo heißes Wasser durch das PAD, Milch und Zucker waren in der bereitgestellten Tasse schon integriert.
Frischer Kaffeeduft waberte durch den Tabbert…ich blieb noch 1-2 Minuten so sitzen und schlüpfte dann in Jogginghose und Shirt, bevor ich den Verriegelungsmechanismus des Wohnwagens betätigte und mit Kaffeetasse bewaffnet in gleißendes Sonnenlicht trat.
Mir fiel schlagartig eine alten Szene aus Rauschiff Enterprise ein, als Scotty zwei reisewillige Individuen mit strahlendem Licht irgendwohin beamte. Ich presste die Augen zusammen um nicht zu erblinden und hatte das Gefühl, dass die üblichen 20-30 Candela des Tageslichtes mittlerweile alle Skalen sprengte und ich im Sonnensturm verbrannte.
Irgendwie musste ich eine komische Figur abgegeben haben, denn ich hörte Martl kurz lachen, als ich vor den Wohnwagen getreten war und mich des Sonnenlichts ergeben hatte. Ein fröhliches „Moin Alter“ schallte mir entgegen. Unglaublich der Kerl…hatte der statt ner Leber nen BMC-Filter drin?
M.Darchinger oder auch kurz „GD“ genannt, war bester Laune und strahlte von seiner blauen 750er Gixxe herüber, als hätte er gerade erfahren, dass er zu Hause in Abwesenheit den Jackpot geknackt hatte .Ich stammelte ein kleines „Moin“ heraus und trat in den Schatten, da ich Angst hatte OHNE Lichtschutzfaktor 50+, jedem Augenblick in Asche zu verfallen.
Nach einem gemütlichen Kaffee und 2 Kippen hatten sich die alten Augen an das grelle Sonnenlicht gewohnt und ich warf einen Blick Richtung Josephine, die noch reichlich verschlafen neben Martls Gixxe und Bertls 10er in den Seilen hing .Ich glaubte ein leises Gähnen zu vernehmen, während in der Ferne ein Kompressor sein klagendes Lied ins Fahrerlager stieß.
Das knatternde Geräusch des alten Kompressors mahnte ich meiner Pflichten und ich arbeitete noch etwas schwerfällig die morgendliche Liste ab und gab der 10er, wessen Sie bedurfte.
Da ich gestern nicht mehr gefahren war, entfiel Tankkontrolle und auch das Putzen vor dem 1. Turn und so bleib nur die übliche Druckkontrolle und die Reifenwärmer .
Ich stattete Martl und mich mit einer weiteren Portion Kaffee aus und spürte schon die belebende Wirkung des koffeinhaltigen Heissgetränks, als innerhalb weniger Minuten der Rest unserer Truppe in der Homebase auftauchte. Vorbei die Ruhe…hektisches Geschnatter vertrieben die Ruhe eines jungfräulichen Morgens, der für mich immer magische Wirkung hatte und in vollen Zügen genossen wurde.
Als gegen 8.45 die ersten ungedämpften Motoren Ihr Kampfgeschrei im Fahrerlager feuerten, erfasste auch mich langsam die Unruhe, die ich jedesmal spürte, wenn neues,unbekanntes Land zu entdecken war.
Um 9.40 war es dann endlich soweit…gehüllt in neues Leder,enterten Josephine und ich das 1. Mal den Hungaring.Von der Boxenausfahrt bis zur ersten Kurve blieben wir ganz rechts,schwenkten dann in die nahezu 180° Kehre und steppten die Gänge 2und 3 ins Getriebe um kurz vor der Linkskehre wieder in den 2. Zurückzukehren.Es folgte eine bucklige kurze Rechts,die uns in das berauf-Waldstück entliess.ich bremste früher als geplant,die CRQ-Beläge waren noch kalt und stumpf,wie das berühmte „Messer,auf dem man wortwörtlich bis Mexiko reiten konnte“.
Ich versuchte einen Einlenkpunkt zu definieren um in die blinde Links abzubiegen,war aber viel zu langsam und fahr innen fast über die Kurbs.Ich gab Josephine noch mal kurz die Sporen und dem drohenden Gehoppel über die Kurbs zu entgehen…“Hallooooo????...Kleinhirn an Gashand!!! AUFWACHEN!!!!!...ich fuhr die 180° Links und spürte wie die aufmachende Kurve Richtung Schikane Josephine ermunterte, Männchen zu machen…“Hey…altes Mädchen, noch ein wenig früh für solche Mätzchen“… schalt ich die 10er und bremst noch etwas ungelenk rechts in die Schikane, früh am Gas und Kurvenausgang Schikane rutschte mir gleich mal der Hinterreifen kurz weg.“Jetzt reiss Dich mal zusammen“….es folgte eine links/rechts Kombination, die im selben Gang zu durchfahren war…danach eine kurze Gerade , die in einer weiteren links/rechts endete. Hier sollte man mit Bigballs in der Links stehen lassen können. Mit dieser fahrerischen Aufgabe wollte ich mich später befassen, war noch zu früh, der Reifen noch von Barcelona und angefahren und….und……………………………………………….mir fielen just nicht mehr Ausreden ein…auch zu keinem weiteren Turn dieses Samstag Vormittages. Ich konnte machen was ich wollte, ungefragt zuckte die Gashand und nahm ungewollt Speed raus.
Die schnelle Links endete in einer breiten und flotten Rechts die in eine kurze Gerade überging. Kurz nach dem 100er Schild geankert und die enge Rechts innen am schwarze gefärbten Kurb durchfahren, den mittlerweile unzählige Bremsspuren gezeichnet hatten. Eine Menge Kratzspuren von Fußrasten, Sturzpads und Lenkerende ließen mich Ausgangs dieser kurzen Links stutzig werden und ich vermutete eine unebene Fahrbahn oder anderen Asphalt in der Beschleunigungszone. Aber nichts dergleichen und ich denke im Nachhinein, ist es bei den meisten wohl nur die nervöse und vor allem zu frühe Gashand in Schräglage gewesen.
Die Sturzkurve entließ mich in eine nicht erwähnenswerte kurze Gerade, der eine 180°Links folgte…wieder eine kurze Gerade und eine 180° Rechts und man war wieder auf der stadionähnlichen Start/Ziel-Geraden. Erinnert irgendwie an Barcelona, nur nicht so monumental und ein wuchtig wie der Kurs in Catalunien, den ich noch vor wenigen Wochen umrunden durfte. Ansonsten gab ich Hermann insgeheim recht, was die Einschätzung und Vergleich zum PANNONIARING anging. Gefiel mir, machte Spaß, war aber in meinen Augen nicht tricky genug um an die viele blinden Ecken meines ungarischen Lieblingkurses heranzukommen. Richtig spannend fand ich die blinde Links…hier konnte man VIEL Zeit gut machen, aber auch monströs liegen lassen…der Rest war schön einsehbar und bis auf die Schikane sowie die nachfolgende links/rechts-Kombination flüssig zu fahren.


Schöne Aufnahme von Hermann und mir während des 2. Turns...

Die ersten 20 Minuten waren schnell rum und ich verließ den Track wieder. Als ich den Helm vom Kopf nahm, vernahm ich hinter mir das dunkle Grollen von Hermanns’ 10er,der noch eine Runde dran gehängt hatte. Ich bockte mit Hilfe von Michaela Josephine wieder auf. Während ich eine Kippe aus der Lucky Strike-Schachtel nestelte, zog Michaela die Reifenwärmer wieder auf um Sie für den 2 Turn auf Betriebs-Temperatur zu halten.
Ich schaltete die Zündung aus und warf einen Blick auf den AIM-Laptimer. Da ich noch nie am Hungaro gewesen war, hatte ich keine Vergleichswerte und wusste auch nicht, ab wann eine Runde als flott zu bezeichnen war. Der TG bestätigte mir eine gefahren 2.09.xxx und ich schaltete komplett aus. Na…da sollte ja noch was gehen und zog mich in den Schatten zurück.
Turn 2 war schon deutlich voller und ich ging am späten Vormittag beherzter zur Sache, allerdings war die Gruppe A2 doch reichlich voll von Optimisten, die der Meinung waren, Ihre schnellsten Hausstreckenrunden ohne Probleme auf den Hungaroring adaptieren zu können. So hatte ich in diesem Turn am meisten mit Überholen zu tun und drückte meine Zeit noch auf eine akzeptable 2.07.xxx.
Im letzten Turn musste noch was gehen, da dann lt. Valentinos und ActionBike anhand der gefahrenen Rundenzeiten eine Neueinteilung der Gruppen erfolgen sollte. Nun musste Farbe bekannt werden und das Geschwätz von gestern schwarz auf Weiß bewiesen werden.
Der 3. Turn kam und verging ereignislos, ich kämpfte immer noch mit der blinden Links und der Bigball-Rechts, verfluchte die rechte Hand und notierte innerlich kurz, dass ich für den Hungaroring die Übersetzung auf PAN-Niveau kürzen musste. Die deutlich längere Übersetzung war für Barcelona abgestimmt um nicht auf der Hundslangen Start-Ziel schon in Boxenausfahrtshöhe in den Begrenzer zu jubeln. Hier geriet ich allerdings damit an einigen Stellen zum Schalten genau in die Kurve, was beim vorher schalten zu hochtourig war und hinten raus beim vorherigen Schalten in zu untertourig resultierte. Egal, die Wettervorhersage sah für Sonntag wieder Regen voraus und es war der letzte Turn vor dem 3-Stunden Rennen. Ich hatte keine Lust auf Experimente mehr, die nachher vielleicht schlechter funktionierten, als jenes Übersetzungsschema, mit dem ich mich halbwegs arrangiert hatte. Ich kam wieder rein, nahm eine 2.06.451 zur Kenntnis und entledigte mich der neuen Dainese-Kombi.
Gestärkt mit Kaffee und Nikotin schlappte ich am Mittag zur Valentinos-Base und vernahm schon von weitem Wehklagen und Geschrei ob einiger Helden, die es nicht fassen konnten, dass Ihre lebensverneinenden Rundenresultate nur dazu gereicht hatten, von Gruppe A2 gleich mal nach B oder schlimmer noch C degradiert zu werden. Man mutmaßte defekte Transponder der sonstige Schiebung und verließ murrend mit neuen Gruppenaufklebern den Ort der grausamen Wahrheit. Meine 2.06 hatten für eine Platzierung im oberen Drittel gereicht und ich war zufrieden. Der neue Aufkleber wanderte auf die Scheibe von Josephine und ich zog mich zur Mittagssiesta in den Schatten zurück.
Ab 14.30 begannen wir mit den Vorbereitungen für das Langstreckenrennen, schleppten benötigtes Equipment nach vorne in die Boxengasse, wo wir die Wechsel machen wollten. Hermann hatte uns mit einer 2.05 auf Startplatz 23 gestellt. Gutes Mittelfeld für uns beiden alten Knochen, wie ich fand. Insgesamt waren 52 Teams an den Start gegangen und wenn wir sturzfrei blieben, sollte nach vorne noch was gehen.
Pünktlich zum LeMans stand ich mit Hermanns 10er im 6er Look an der Boxenmauer. Schon an seinem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er diese Art des Startes genauso hasste wie ich. In brütender Hitze mit geschlossenem Visier auf das Startsignal zu warten, während einem schwitzige Körperflüssigkeiten in die Kimme rannen, war nicht so prickelnd.
Da wir beide ja schon jenseits der 40 waren, in den Augen mancher Beteiligter wohl hinter vorgehaltener Hand schon als Seniorenteam titulliert, verlor Hermann schon beim Rüberrennen von der anderen Seite der Fahrbahn an einige Startplätze an die Jugend, er meinte später,…waren bestimmt 10-15 Plätze, an schneller Läufer, die aber schlechtere Zeiten gefahren waren. Ich wischte alle Bedenken weg..in einem Langstrecken ging es um andere Qualitäten, als flott über eine Fahrbahn zu rennen. Hermann schnappte sich die Spötter schon in den ersten 5-6 Runden wieder und kam nach 30 Minuten ziemlich ausgepowert wieder rein. Hitze, Alter und der anstrengende Kurs forderten Ihren Tribut. Petra schob Hermanns Transponder in meinen Halter am Auspuff und klopfte mir auf den Rücken. Dieses Signal signalisierte mir „Feuer frei“ und ich jagte auf die Strecke raus. Im ersten Turn konnte ich recht stressfrei 07-08er Rundenzeiten fahren und holte weiter auf andere Teilnehmer auf. Bei dem ganzen Kuddelmuddel während eines Langstreckenrennens weiß man eh nie, ob man gerade die direkte Konkurrenz überholte oder einen armen Delinquenten vor sich hatte, der in einer Tour überrundet wurde….
Meine 30 Minuten verstrichen, ich bekam das vereinbarte Signal und kam danach vollkommen durch geschwitzt rein. Ich hechelte nach Luft, trank den ersten Liter Apfelschorle auf ex und zog mir 2 Kippen nacheinander rein. Scheisse…in den letzten 30 Minuten war ich um Jahre gealtert. Das letzte Langstreckenrennen lag 2 Jahre zurück und hatte im pannonischen Kies von Ungarn auf Platz 2 liegend geendet. Meine Trophäe damals …eine 3-fach gebrochene Hand, die mich rund 6 Monate lang nervte und fast ein Jahr bis zur vollständigen vollen Funktionalität gekostet hatte.
Wie in Trance nahm ich wahr, wie Petra und Michaela Josephine für den nächsten Trip vorbereiteten, Reifenwärmer montierten und voll tankten….Bullshit ,ich fall 100%ig tot vom Bike…wahrscheinlich hinten an der blinden Links und werde im Auslaufbereich elendig verenden…na wenigstens war‘s da schattig und lag nicht in der brüllenden Hitze, die sich wie ein Bratofen im Fahrerlager breit machte.
Viel zu schnell vergingen Hermanns 30 Minuten und ich bekam das Zeichen von Petra an der Boxenmauer, mich bereit zu machen. Unwillig folgte der Körper dem befehlendem Geist und ich zwängte den geschwollenen Schädel in den Shoei. Ach was…jetzt reiß Dich mal zusammen…ich bekam Transponder und Klaps und enterte wieder die Strecke. Ich hab keine Ahnung, was ich mir die letzten 24 Monate an Blödsinn angeeignet hatte, aber nach 20 Minuten hatte ich dermaßen beidseitiges Seitenstechen, dass ich Petra Zeichen gab, dass ich wieder rein kommen wollte und Hermann sich bereit machen sollte.
Selbiger legte nochmal eine Schippe drauf, fuhr den randvollen Tank in 45 Minuten staubtrocken leer und verschaffte mir die benötigte Pause um den komatösen Zustand wieder zu verlassen und meinen Pflichten nachzukommen.
Beim letzten Wechsel standen noch zu fahrende 23 Minuten auf der Uhr und ich gab alles, um die Karre noch ins Ziel zu bringen. Mit kaum erwähnenswerten 12er und 13er Zeiten, die letzte gar nur eine 2.18 rettete ich Team Kawasaki-Funracer ins Ziel und auf Platz 17,die wir nur Hermanns Duchhaltewillen zu verdanken hatten.
Das Material war schnell wieder in die Homebase zurück transportiert, wir sahen uns kurz die Siegerehrung an, machten noch einige Erinnerungsfotos....


...und gingen dann zum gemütliche Teil des Abends über, der wie in allen angrenzenden Klaims auf die gleiche Weise ablief….gemeucheltes Getier aller möglichen und unmöglichen Gattungen in mehr oder weniger vernünftiger Weise verdaubar zu erhitzen, sowie dem Nachspülen mit Bier und Limes.
Martl schaffte, seit ich Ihn kenne, auch einen persönlichen Rekord, der darin bestand in unter 1 Stunde mit Hermann und Tobi 1,5 Liter Becherovka, dem Hauptsponsor von „Becherovka-Racing“, zu vernichten. Die vielen unzähligen Bierchen, die zwischen drin mitliefen, hab ich nicht gezählt…aber so schnell wie Martl nach seinem Sturz wieder auf den Beinen war, so schnell hatte es Ihm an diesem die selbigen wieder weggezogen.
Alt wurde auch ich nicht, hielt mich angesichts der morgigen Heimfahrt bedeckt und ging früh ins Bett.
Sonntag der 20.6.2010
Überlistet..wahrlich…OHNE grossartigen Alkoholkonsum hatte sich meine innere Uhr überlisten lassen. Das Langstreckenrennen hatte seinen Tribut gefordert und mich in langen traumlosen Schlaf geschickt.
Die 7.30 auf meiner Uhr mahnten mich, mein Pflichten zu erfüllen, wollte ich gegen 9.00 nochmal auf die Piste. Was folgte war das übliche Morgenritual aus Kaffee, Kippen, Reifenwärmer, Tanken und Luft kontrollieren. Die Unterarme schmerzten, Muskelkater in den Oberschenkeln…durch die wenig gefahrenen Trainings im Jahr 2010 konnte ich den Körper an die außergewöhnlichen Belastungen bisher nicht gewöhnen. Ich ließ mir den anderen gegenüber nichts anmerken. Trank einen 2. Und 3.Kaffee und schlüpfte ein weiteres mal in die Kombi. Das Wetter war wie versprochen, bedeckt und kühl drohte es bald wieder zu regnen.
Für meine Webseite war das obligatorische OnBoard-Video fällig (gibts hier zu sehen... http://www.youtube.com/watch?v=5nGbtM6oIF4 ), ich montierte die VIO POV 1.5 auf der 10er und fuhr pünktlich um 9.00 auf die Strecke…mir reichten 5 Runden, dann war die Luft raus, konnte dank Muskelkater nicht mehr am Kabel ziehen. Die Strecke kalt, der Hinterreifen vom Langstreckenrennen ordentlich malträtiert und arbeitsunwillig verließ ich den Kurs wieder und begann mit Michaela das Einräumen unseres Equipments. Pünktlich um 11.00 verabschiedeten wir uns von mitgereisten Kollegen, erlebten eine langweilige verregnete Heimfahrt und beendeten um 21.00 das Wochenende am Hungaroring bei einem kalten Bier und der letzten Kippe des Tage…
Die restlichen Bilder gibts auf meiner Homepage unter folgendem Link:
http://www.sons-of-dragon.de/side/index ... -2010.html
Danke an Alle !!!!!!
Gruss Marcus