Wie jedes Jahr zu dieser Zeit veranstalltet Art Motor mit Bike Promotion die German TT am Schleizer Dreieck.
Als Naturoptimist wurde schon früh im Jahr für die SuperTwin Klasse gemeldet.
Wegen diverser Schwierigkeiten musste kurzfristig auf Klasse ProThunder mit 848 umgenannt werden. Wettervorhersage und Zeitplan mit späten Qualis am Samstag und den Rennen am Sonntag ließen diese Entscheidung letztlich in einem sonnigen Licht erscheinen.
Freitag abend endlich die Einfahrt ins Fahrerlager vorbei am alten Zielturm.
Dort noch reichlich freie Flächen. Stromversorgung, Nachbarschaft (748R) und die gute Aussicht zur Strecke hoch zum Buchhübel entscheiden die Platzwahl.
Ausladen, aufbauen, und dann das Feierabendbier – herrlich !
Schleiz, eine der ältesten Naturrennstrecken Deutschlands.
Eine Strecke für Könner und Kenner. Dicke Eier resp. Eierstöcke sind von Vorteil.
Streckenlänge: 3,805 km
Kurvenzahl: 14
tiefster Punkt: Seng - 470m ü NN
höchster Punkt: Buchhübel - 514m ü NN
Höhenunterschied: 44m
Streckenbreite: durchschnittlich 10m
Gefahren wird „gegen die Uhr“ links herum.
Die Veranstalltung ist bestens organisiert. Renndienst, Ersatzteile, Fan Equipment und Bridgestone Truck vor Ort. Frühstück ab 6 Uhr und ab Mittag gibt es Thüringische Bier- und Grillspezialitäten sowie allerlei andere kurz und Mixgetränke im catering Zelt, indem am Abend public viewing der EM Erstrundenspiele angeboten wird.
Erstaunlich wieviel rennbegeistertes Publikum in Schleiz selbst bei Hobby-events Tribünen und Fahrerlager bevölkert und immer zu einem Schwatz aufgelegt ist.
Neben den Fahrtrainings gibt es Rennen satt. Neben klassisch schönen Renner von Vincent, Triumph, Guzzi und Königswellen Duc's mit 1- und 2 Zylindern, sind diverse 4- Zylinder CSBK's, 2-Takt Sägen sowie aktuelle 600er und 1000er Brenner am Start mit denen die IDM Prominenz das event als Trainingseinheit für den IDM Lauf Anfang August nutzt.
Meine Qualis am Samstag sind ganz in Ordnung, wobei die Orientierung gelegentlich fehlt und der starke Wind Ende Start/Ziel und auf dem Buchhübel Probleme bereitet. Zudem kommt durch die ambitioniert zu Werke gehenden SBK's mit denen wir die Qualis fahren kein Rhythmus zusammen.
Egal, als Gaststarter will ich ja nur mitrollen ... und am Ende steht eine 1:43,8 (ideal lap 1:43,1) und Startplatz 21 von 32.
Die Zeiten lassen sich ganz gut mit Ledenon vergleichen - unter 1:40 ist einigermaßen flott.
Der Rennsonntag begrüßt uns mit besten Bedingungen. Aufgelockerte Bewölkung mit Sonne und der Wind ist weg. Beim Warm up sind nur wenige Starter auf der Piste, Rhythmus passt und die Kurveneingangsgeschwindigkeit in die erste Links ist auch besser. Danach alles nochmal durchsehen und warten auf's Rennen.
11:05 – ätännschn Pädock, först call for se race of class ProThunder and ProBears
11:10 – ätännschn Pädock, second call ... Helm auf und nochmal die Reifentemperatur prüfen.
11:15 – ätännschn Pädock, last call for se race ... Motor starten, Wärmer runter und los.
Alle sind pünktlich am Vorstart.
Vor mir auf der 17 steht ein Kollege, der von dem ich in 2011 noch aus Resten einen neuen Wasserkühler für meine 848 bekommen habe. Jetzt selbst auf 848, der feingepimmten Ex eines anderen Gaskranken am Start.
Einführungsrunde und zurück auf Position, alle finden sofort ihren Startplatz – vorbildlich !
Der rote Fahnenschwenker springt hinter die Boxenmauer, 21, 22, die Ampel springt auf rot, vieltöniges 2- und 3- Zylindergrollen schwillt stakatoartig an, 23, 24 Ampel aus und Gaaaaaaaaaas.
Der Kollege vor mir hält die Duc im gewohnten 4- Zylindermodus auf > 9000-1, verglüht fast seine Kupplung und nimmt kaum Fahrt auf. Auf den ersten 20 Metern fliege ich an ihm vorbei und passiere den Rest der Reihe außen herum in der ersten Links. Hoch zum Buchhübel bereits an den nächsten Akteuren, aber nicht vorbei. Auf der Kuppe sticht innen einer rein, der Sack ! In der nächsten langen bergab Rechts bin ich innen, kann jedoch wegen zweier Kontrahenten nicht wie angedacht in die nächste schnelle bergab Links einlenken und bleibe am Gas, ein verhängnisvoller Fehler ...
Schleiz ist wie eingangs erwähnt eine Naturrennstrecke. Im Bereich Buchhübel führt die Strecke über die Landesstrasse in Richtung Schleiz, welche für die Rennen gesperrt ist. Die Streckenbreite dort ist entsprechend gering. Nach der Fahrbahnmarkierung kommen noch zwei Reihen Rasensteine, dann Rasen mit einem seichten Graben und danach ein Rapsfeld.
In letzteres haben mein Moto und ich eine etwa 2m breite und 25m lange Schneise geschlagen.
Der Versuch noch einmal außen herum die Kollegen zu düpieren ging also voll in die Hose. Dafür knalle ich beim verzweifelten Versuch speed rauszunehmen ohne Grip mit einklappendem Vorderrad hart in die Botanik, schanze über den Graben und fühle mich einen endlosen Augenblick lang wie im tumbler. Dann ist die Kinetik vollends abgebaut - die Kleine läuft noch. Aufstehen, orientieren, Kopf, Arme, Beine bewegen. Da kommt auch schon der Streckenposten.
„bist Du oggeh?“ - „mir geht’s gut“ - „Welche Nommer?“ - „443“ - Funk: „Reider oggeh, Nommer 443“
Schnell noch den Zündstrom unterbrechen und hoch zum Streckenpostenkabuff von wo aus ich das Rennen zu Ende gucken darf – ganz toll !
Es scheint wirklich nichts gebrochen zu sein. Atmen geht tief und schmerzfrei. Der Helm hat kaum Schrammen und nur Ziergras und Erde in Belüftungsschlitzen und Schanieren.
Kombi an Schulter und Knie zart angerauht – kein Schatten, mir ist heiß.
Endlich, das Rennen ist zu Ende und wir suchen am Ende der Schneise den Kadaver.
Allerdings in der Falschen. Hier hatte ein Vorgänger eine noch tiefere Bresche in die deutschen Biospritreserven gesprengt. Als der Streckenposten die Kleine gefunden hat, kommt auch schon der Schandkarren: „gesterm hom wir 20 Minuten gebraucht, bis wir die Maschine gefunden haben“
Na da hab ich aber Glück gehabt !
Beim Ritt im Schandkarren zurück ins Fahrerlager erste Schmerzen – Finger-Aua.
Angekommen schnell abladen, denn Kundschaft wartet.
Schadensdiagnose gibt Grund zur Hoffnung.
Rastenaufnahme am Rahmen links eingedrückt, Raster krumm, Schalthebel ab. Stummelschelle war nicht zu fest angeschlagen, wodurch der Stummel nach innen ausweichen konnte. Seitenverkleidung und Kanzel durchgeraspelt, GfK-Heck aufgerissen und Hilfsrahmen verbogen. Acradämpfer mit weiteren Kampfspuren (zum Glück hab ich da keine neue Carbon-Endekappe drauf gemacht) Motor scheint dicht zu sein, uff !
Dafür schwellen links der Unterarm und der kleine Finger kräftig an – Arnica und Traumeel einwerfen, damit der morgige Tag nicht gar so schlimm wird.
Auf die Frage, ob ich Teile zum Aufbereiten für Lauf 2 habe antworte ich mit nein. Die Luft ist raus, ich mach mich "vom Acker". Morgen ruft die Pflicht. Ich packe, gebe den Transponder ab und verabschiede mich mit der Ansage das im nächsten Jahr besser zu machen – vielleicht schaffe ich mal eine ganze Runde ...
und hoffentlich sind Ross und Reiter bis Ende Juni wieder fit ... für BRNO !
Hiermit bitte ich auch die permanent startenden Kollegen für die überambitionierte und dämliche Aktion um Entschuldigung.
