Hier Part III der Geschehnisse
Gefühlte fünf Minuten, nachdem ich leicht fröstelnd im noch standheizungslosen Bus einschlief, wuch ich auch schon wieder auf. Die kackblöde BilligLidlallesmussraus-Isomatte hielt meiner Erdanziehungskraft nicht stand und verdünnisierte sich zunehmend unter mir. Folge war, dass sich mein durchtrainierter Pöter in den Gummiboden arbeitete. So kann ich nicht schlafen. Also füllte ich die Matratze erneut mit Luft, schloss das Ventil mit 145Nm Drehmoment und hoffte auf eine nunmehr wieder akkurat gepolsterte Ruhestätte. Wie sollte es anders sein, meldete mein Popometer alsbald erneut Bodenkontakt. Versuche, die Luftmatratze durch Teile meiner Zudecke zu ersetzen, wurden mit abfrierenden Gliedmaßen bestraft. Es entwickelte sich ein gar lustiges Spielchen aus Zudeckunterdenarschstopf und Lumatrawiederaufblas-Aktionen. Um 6:34 Uhr hatte ich die Schnauze voll und stand entspannt auf.
Ich öffnete die Tür einen winzigen Spalt und schloss sie sogleich wieder. Wahrscheinlich hatte jemand eine riesige Eistruhe direkt vor meiner Schiebetür vergessen, anders konnte ich mir die anliegenden Temperaturen nicht erklären. In diverse Pullover und Jacken gehüllt hüpfte ich erstmal zur Waschstelle in Box 2 und begrüßte einen freudig duschenden Erdling. Leute, die morgens gut gelaunt sind, sind mir als anonymer Morgenmuffel irgendwie unheimlich. Ich grüßte trotzdem freundlich zurück und steckte mir eine Zahnbürste zwischen die Zähne. In Box 1 wurde noch fleißig gesägt. Ich gratulierte mir selber zur Busschlafentscheidung.
Nach und nach wuchen auch die anderen Menschlinge auf und es kam Leben in die Boxengasse. Meine K5 und die K3 Hure mussten noch zur technischen Abnahme. Vorher wollte ich mich endlich offiziell anmelden, wozu immer noch die B-Lizenz fehlte. Kein Problem, Heinis Freundin und meine liebe Frau waren ja schon unterwegs. Das mobile Fernsprechgerät klingelte und eben jene bessere Hälfte meldete sich. „Wir sind hier gerade in Hessen und haben uns total verfahren, das blöde Navigationsgerät ist kaputt, wir schaffen es nicht bis 9 Uhr“ Ich war perplex. Ich wohne in Niedersachsen und Oschersleben ist in Sachsen-Anhalt. Hessen kommt da mal überhaupt gar nicht drin vor. Björn klärte mich auf, dass es auch ein klitzekleines Nest im groben Umfeld von Oleben gab, dass den Namen eines ganzen Bundeslandes trug. Allerdings konnte er sich nicht recht erklären, wie man denn „da hin“ kommen könne. Nun gut, das Navigationsgerät war ja immerhin laut Aussage der beiden Holden defekt. Ich will mich an dieser Stelle mal nicht näher zu dem „Defekt“ äußern, kann ja sein, dass sie hier mitliest...

Nun denn, ich überlegte, was ich wohl tun müsse, um um 9 Uhr ohne vorliegende Lizenz auf die Strecke zu dürfen. Die Hoffnung stirbt zuletzt und so betete ich für eine gute Anreise der Frauen.
Meine K5 kam ohne Probleme durch die Abnahme, ich hatte ja auch brav alles gerödelt, was nicht bei drei auf den Bäumen war. An der K3 wurden von der gestrengen ßabine mit scharfen EssZett ein paar Kleinigkeiten getadelt, die wir selbstvernatürlich bis zur Speedweek verbessern werden.


Um Punkt 9 Uhr ließ man uns auf die Strecke. Björn begann, ein paar fröstelnde Runden zu drehen, ich ließ mein Triebwerk ein wenig warmlaufen und schwang mich elegant wie eine Gazelle in den Einteiler. Irgendwann kam Butze, wie Björn albernerweise auch genannt wird, wieder rein und ich durfte raus. Freude, Freude. An Pit Lanes End stand ich Günni (ich hoffe, ich schreib das richtig) gegenüber. Günni kann böser gucken als Cleant Eastwood. Ich hab jedes Mal Angst, wenn ich in seiner Nähe bin, obwohl ich ja gar nix gemacht hab. Ist ähnlich, wie wenn ein Schutzmann um die Ecke kommt, da zuck ich auch immer zusammen... Nun gut, ich grüßte möglichst freundlich und fuhr mit Strich 60 an ihm vorbei. 3,4 Meter später gab ich Vollgas, höhö. Schneggedeck, das ist aber irgendwie recht frisch hier. Ich drehte eine erste sehr zaghafte Runde, der Michelin rutschte wie Himbeergelee und ich hatte erste Eisbildung im Halsbereich. Nach zwei Runden hing ca. 1 Kilo pures Eis an meinem Hals und der Michelin rutschte immer noch. Nach drei Runden hatte ich ca. 5 Kilo Eis am Hals hängen und der Michelin rutschte immer noch. Ich war auf brutalen 46-47er Zeiten unterwegs und fragte mich so langsam, ob ich Flüssigkeitverlust hatte. Nach fünf Runden hatte ich soviel Eis am Hals hängen, dass man ein 4Zimmer Iglo für Rossis Hund hätte bauen können und ich rutschte immer noch wie Kati Witt zu ihrer besten Zeit. Ich hob den Arm. Irgendwas war da faul. So schmierig kann doch so ein Michelin gar nicht sein. Bei zaghaftesten Versuchen, in die Nähe der 40er zu kommen, schlug meine K5 mit dem Lenker und rutschte, das mir schwindelig wurde. Zurück in der Box, musterte ich mein Heck von oben bis unten. Absolut nix festzustellen. Reifen normal heiß, sehr gutes Abriebbild, keinerlei Flüssigkeiten. Ich demontierte den Reifen und übergab ihn unserem 24h Reifenumziehgott mit den Worten “Nimm hin den Dreck, der geht ja mal gar nicht“. (Ernst komm kurz her: Ich glaube ganz sicher, dass dieser Michelin mit passender Fahrwerkseinstellung genial funzt, aber ich hatte keine Lust, sie zu finden)
Für den zweiten Turn warf ich einen alten, aber neuen MEZ Slick auf, der lustigerweise die Bezeichnung SC2 trug, was eigentlich nur die Pirellen haben. Er ist aus 2003 oder 2004 und lag bisher nur faul in meinen Kellerkatakomben rum. Da ich bei den Temperaturen und dem Gummi von der WTCC eh nicht auf neue Rekorde aus war, war es eine perfekte Gelegenheit, ihn endlich aufzubrauchen. Er sollte den kompletten BS drauf bleiben. Es kam aber anders, doch dazu später mehr. Im zweiten Turn, der 5 Minuten eher anfing, als laut Zeitplan angegeben, drückte ich mit dem neuen Slick wenigstens eine 38 hin, was für einen einstelligen Startplatz reichte. Mein Bolide war mit diesem Reifen wie ausgewechselt. Kein Lenkerschlagen, kein übles Gerutsche, geht doch!
Björn war sich schnell einig, dass ich den Start fahren solle. Machte auch Sinn, da ich dann drei Turns fahren musste und ein wenig meine Fitness austesten konnte. Im zweiten Zeitrainingsturn hatte ich leider einen extrem wandernden Druckpunkt der Bremse festgestellt, was mich ein wenig mürbe machte. So konnte ich niemals 50min Turns fahren. Also demontierte ich die Zangen, schwang die Zahnbürste, drückte alle Kolben zurück, stellte dabei fest, dass der linke äußere Belag schon ein wenig einseitig abgenutzt war und entlüftete das ganze System noch mal. In der linken Zange fand sich auch tatsächlich noch ein winziges Luftpolster, was mit einem leisen „pfft“ entwich. Dann demontierte ich noch den Bremshebel, um zu sehen, ob der Stift des Bremszylinders sauber in seiner Führung saß, fettete das Ganze ein wenig und setzte das Puzzle wieder zusammen. Als ich endlich fertig war, waren es nur noch 45 Minuten bis zum Start. Ich ließ mich zur schnellen Entspannung in meinen grünen Lieblingsstuhl fallen und genoss das Leben.
Das Rennen sollte um 12:30 Uhr starten, ab 12:15 sollte die Boxengasse öffnen. Um 12 Uhr nahm ich erste Motoren war, die in Richtung Ausfahrt rollten. Mein Gott, die haben es ja eilig. Ich schlüpfte in aller Ruhe aufs Klo und entleerte mich aus rein nervösitären Gründen. Als ich gerade zurück gekommen war und in meine Kombi sprang, rief jemand „Noch eine Minute“. Wie, noch eine Minute? Eine Minute bis was??? Irgendwer hatte ins RaumZeitkontinuum eingegriffen und gemacht, dass die die Boxengasse nur noch eine Minute auf hatte. Fück, fück, fück. Reifenwärmer runter, wo ist mein Helm, Handschuhe her, lasst mich raus, schnell, schnell, schnell.
Immer dieser Stress! Ich schoss mit annähernd 60 an Günni vorbei und fühlte mich mal wieder schuldig, obwohl ich ja nun mal gar nix falsch gemacht hatte, na gut, es waren vielleicht 70 oder auch 80 km/h aber sonst war nix, ehrlich.
In der Hasseröder waren die Ampeln schon auf Rot, ich rollte nach einer Runde in die Startaufstellung. Überall wedelten Leute mit ihren Armen, so auch Björn. Nachdem ich eingeparkt hatte, kam wieder mein altes Problem. Wo ist dieser verdammte erste Gang beim umgedrehten Schaltschema? Ich werd es mir nie merken. Zum Glück hat die K5 eine Ganganzeige, so kann man schummeln und nachschauen. Björn hielt meine Frage nach dem Fundort des ersten Ganges für einen Witz, so musste ich noch mal auf mein Pferd und selbst nachschauen. Oben. Ok, oben, oben oben. Merk dir das! Ich ging über die Straße. Oben oben oben. Um mich herum ne Menge Trubel. Oben. Ein Pfiff ertönte, ich rannte los. Kein anderer rannte los. Ich stoppte und ging betont lässig zu meiner Startposition zurück. Kann ja auch keiner ahnen, dass die letzte Minute mit einem Pfiff auf einer Pfeife eingeläutet wird. Scheiße, wo war noch mal der erste Gang???? Oben, unten, oben..? Hilfe! Beim Beschleunigen latsche ich drauf, also muss der erste oben sein, richtig!? Ja, das klang plausibel. 30sek wurden gezeigt. Bei gefühlten 5sekunden startete Ottmar das Feld, ich lief los, sprang auf Rosinante, wie ich meine Kleine zuweilen nannte, zündete und legte den ersten Gang ein. Meine Ganganzeige zeigte mir ebenfalls eine 1, also alles richtig gemacht und los ging die wilde Fahrt...
Gute Nacht
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