Luxuriöse Welt

[pofpof]

Leben wir Benzininfizierten nicht in einer luxuriösen Welt? Da kehrt der Winter noch einmal zurück und sorgt dafür, dass wirklich nur die Unentwegten, die Kälteresistenten und die Heizgriff-Fahrer ihre Eisen auspacken und sich auf den Weg zum Motorradtreff machen oder ein Ründchen über die Hausstrecke drehen. Wer sich den Herausforderungen durch Ordnungshüter und Schlafmützen in Blechkäfigen im öffentlichen Straßenverkehr überhaupt nicht mehr stellen will, wartet auf den Saisonbeginn, schaut sich die aufgezeichneten Motorradrennen des vergangenen Jahres an und sabbert auf der Couch zu Hause in den Rotwein. Doch wir modernen Menschenkinder haben heutzutage ein einigermaßen fettes Paket an Freizeit und obendrein die Billigflieger. Und wir können auf verständnisvolle Anbieter von Fahrer- oder Renntrainings bauen, die uns gegen eine, im Vergleich zum physischen und psychischen Benefit eines Jeden gar lächerlich geringe finanzielle Gebühr, Seelenheil und Selbstbewusstsein liefern, indem sie die Benzinjünger in wärmeren Gefilden im Kreis herum fahren lassen. Und am Ende eines jeden Tages unter spanischer Sonne wird Bier geredet und Tier verzehrt. Die persönlichen Heldentaten auf der Strecke finden sich als Höhlenmalereien an den Kabinenwänden in den Sanitäranlagen oder werden sich in bunter Runde gegenseitig in die vom Vierzylindergekreisch oder Minderzylindersonorgebrumm noch wunden Gehörgänge gebrüllt. Wer da nicht feixt, leidet gewiss unter Facialisparese oder ist ganz einfach eine Spaßbremse und völlig fehl am Platze.

Der schnelle Zünder in seriensporttypischer zerschrappter, doch Mut bzw. Wahnsinn vermittelnder Lumpensammler-Lederkombi fachsimpelt mit dem weit gereisten, in Gore gehüllten Tourenfahrer, der erst vor kurzem dem Zauber des Kringelfahrens erlegen ist und nun statt mit der 1150GS im tiefsten Urwald dem Python auszuweichen lieber wie ein Uhrwerk in immer gleichem Tempo seine Runden dreht. Dabei ist er zwar gefühlt einen Tag langsamer als der Seriensportler, bringt aber am Ende seine Mundwinkel ebenso wenig wieder von den schon grau bewachsenen Ohrläppchen weg wie der junge Vollgas-Apostel.

Manche nutzen die paar schnellen Tage zum Kurzurlaub mit Kind und Kegel, und so kann man, während Papa oder Mama sich mit Blickführung und Linienwahl herumschlagen, die Pampersfraktion munter krähend im Fahrerlager umherturnen sehen.

Sitzt man auf seinem Gestühl, völlig Wurst ob voll verkleideter Brenner mit den noch schneller machenden Sponsorenaufklebern oder nackiger Landstraßenfuhre, ist der Alltag subito vergessen. Die Hand umfasst entschlossen den Regler, mit dem man die Kulisse je nach Gusto schwer verwischt oder nur leicht angezerrt vorbei fliegen lässt, je nach fahrerischem Können. Das Helmvisier schließt den Bürostress aus, verbannt selbigen in eine entsprechende Schachtel mit aufgeklebter Warnung, diese allzu sorglos wieder zu öffnen, und verstaut sie in die hinterste verstaubte Ecke in der großen Registratur des Oberstübchens. Man befindet sich in einem besonderen Universum, in einer anderen Dimension, in einem 7 ½ ten Stockwerk, in einer ganz besonderen, eigenen Welt. Das Leder, der Helm, die Stiefel und Handschuhe vermitteln zusammen mit den sich schnell bewegenden Bildern, die von der Außenwelt ins Hirn dringen, eine Art Unbesiegbarkeit. Mancher fühlt sich wie einer der Ritter aus lange vergangenen Tagen, als man, angetan mit Kettenhemd und hoch zu Ross, den Gegner in die Schranken wies. Andere kauern in einer imaginären Spitfire und versuchen, in die Sechs-Uhr-Position zu kommen. Und wieder andere grüßen im Geiste all die Helden auf den Plakaten im Zirkus der Zweirad-Akrobatik. Man ist etwas Besonderes unter lauter anderen Besonderen, nur wer die Kurvenfahrt in voller Schräglage liebt, dessen Herz tickt in einem Rhythmus, der die Normalos außerhalb dieser Welt sofort ins Stolpern brächte.

Doch birgt diese besondere Welt auch Gefahren und Unheil. Dort draußen, wo sich Asphalt und Reifengummi in gierigem Tanz ineinander verkrallen, lauert ein Dämon. Einmal heißt er Sorglosigkeit und Leichtsinn, ein anderes mal heißt er Selbstüberschätzung und Rücksichtslosigkeit. Von Zeit zu Zeit muss diesem Dämon geopfert werden. Doch diesen Zeitpunkt exakt vorauszubestimmen vermag keiner der Benzinjünger. Der Dämon schlägt unvermittelt zu, manchmal mit großer Grausamkeit, meist aber gibt er sich mit kleineren beschwichtigenden Gaben zufrieden. Mal nur ein bisschen von der Verkleidung, hin und wieder abgebrochene Hebeleien, blaue Flecke. Manchmal auch ein bisschen mehr, wenn der Dämon seine Finger zum Beispiel auf die Klavikulariatur legt oder eine flotte Polka auf zerborstenen Kahnbeinen oder einzelnen Rippen ins Kiesbett steppt. Wer den Dämon kennt weiß, wann dieser erwacht. Und handelt erfahren und weise.

Sich in dieser Welt zu bewegen ist ein riesengroßer Spaß. Und jedes mal, wenn man von dort wieder zurückkehrt, dauert es meist um so länger, bis einem der Alltag wieder grau erscheint.

Leben wir Benzininfizierten nicht in einer luxuriösen Welt?

Glück auf!
Pofpof

[Hans_Baerbel]

Danke

[HeinzS]

Pofpof,

darum waren wir in Calafat ,um auch einmal im Luxus zu "baden"!!

...oder Du nicht??

Gruß Heinz

[luxgixxer]

standing ovations

[Ketchup#13]

Vielen Danke!!
Das hab ich jetzt gebraucht!! Da werd ich in Hocken erstmal gaaaaanz weise an die Sache rangehen damit ich später die Geschichten und Geschichtchen erzählen kann!!
Ketchup#13

[elleduc]

Herr wuffwuff,

jedesmal aufs neue eine Wohltat Ihre verschriftlichten Gedanken lesen zu dürfen.

Frohe Ostern

[Günni]

Danke Pof

[ßabine]

Ich nenn diese Phase nach einem geilen Event immer kurz "Wiedereintritt in die Erdatmosphäre".

Aber die etwas längere Beschreibung vom Doppelpof ist mir auch sehr recht

Dankeschön dafür!

[edefauler]

Danke!

Aber es gibt da noch ein paar Helden in unserer Welt, die nicht diese Luxus der Strasenfahrer brauchen und trotz der herschenden temperaturen sich am Sonntag auf der Kartbahn versammeln und bei diesen Temperaturen die nicht gerade einladen das 1. Rennen der GMC zu fahren

Gruss

Norbert

[beejot]

Rosamunde Pilcher würde erröten...



schööööön geschrieben...