Nachdem ich meine alte R6 verkauft hatte, habe ich mir nach langer Suche - dem Tip von pt-race folgend - eine verunfallte Straßen R6 gekauft, die genau mein Typ (RJ11) war.
Schnell war klar, daß sie beim Auf- bzw. Umbau zum Rennstreckenmoped zur Hölle fahren sollte. Nach einer sehr guten und eingehenden Beratung habe ich einen Teil zuhause aufgebaut und das halb fertige Moped dann zum Hechi gefahren. Dachte ich .
Es war aber nicht ansatzweise halb fertig, denn ich habe, wie viele andere Leute auch, die Vielzahl an Details unterschätzt, die so ein Moped aus Höllenhand zum richtigen Rennmoped werden lassen und wie viel Zeit das kostet.
Ich hatte ja den Deal bzw. die Ehre, mein Rennmoped in der Höllenwerkstatt selbst aufbauen zu dürfen (abgesehen von der Fahrwerksüberarbeitung), natürlich unter der fachkundigen Anleitung vom Hechi . Im Gegenzug wäre ich dann für bestimmte Zeit Höllensklave...
So kam es, daß ich - natürlich der höllischen Sprache mächtig - über die Wochen immer wieder mal einen Tag lang dort schraubte und dadurch das Moped in- und auswendig kennenlernte - hat auch was. Der Hechi (er wird im Laufe des Berichts noch einen anderen Namen bekommen ) stand mir immer hilfreich zur Seite und versorgte mich mit super Tips, wenn er nicht gerade irgendeinem Racer (größtenteils aus diesem Forum) auf irgendeiner Rennstrecke dieser Welt eine Ferndiagnose zu Fahrwerks-, Reifen- oder Motorproblemen per Telefon verabreichen musste, was ca. 34 mal pro Stunde der Fall war. Ich fragte mich echt, wie der Mann zum Arbeiten kommt, wenn dauernd das Telefon geht oder ich nerve, aber dafür legt er ja dann in seinem - einer Alchimistenküche ähnelnden - Fahrwerkskeller diverse Nachtschichten ein.
In seiner ureigenen, rustikalen aber auch herzlichen und immer ehrlichen Art weihte er mich mit pädagogischem Feingefühl selbst in die Geheimnisse der Kabelbaummodifikationen ein (Originalzitat: "Des nennst Du löten!?! Wennst Du mei Lehrbua warst, dadast etz a drum Fotzn kriagn!!!)
Irgendwann war dann die R6 fertig und es sollte zum ersten Rollout gehen. Da der Hechi für sich und ein paar Spezln einige Plätze beim Oktober-Abschlussevent von SPS am Pann 02.-04.10.09 organisiert hatte, bot er mir an, meine R6 und mich mitzunehmen und für die PC- und Fahrwerksabstimmung zu betreuen. Ich nahm das Angebot dankend an und konnte es kaum mehr erwarten...........
Die Anfahrt zum Pann verlief ohne Probleme, der Ducato vom Hechi findet den Weg glaube ich sowieso von alleine. Nach diversen Telefonaten (erwähnte ich schon, daß bei ihm oft das Telefon klingelt?) kam irgendwann ein Anruf von einem Bekannten.
Ich hörte den Hechi nur brüllen: Woos? I vasteh Di ned!!! Du muast lauda redn!!! Irgendwos stimmt mid Deim Handy ned!!! ...Abbruch...Betroffene Blicke tauschten sich aus, als er mir sagte, es hörte sich an als sei irgendwas passiert.
Der zweite Versuch brachte dann die Auflösung. Es war der österreichische Boxenmitbewohner, der für den Einkauf des Grillgutes zuständig war und irgendwann kamen wir dann darauf, daß es PT´s neues Handy war, an dem sich die Hörerlautstärke auf fast Null verstellt hatte. Lachend stellten wir uns vor, wie der arme Anrufer laut schreiend in einem Wiener Supermarkt stand und alle Blicke auf sich zog, als er vor dem Kühlregal "Du Hechi, die marinierte Pute is aaas, wos soll i machn?" ins Handy brüllte.
Am Pann angekommen meldeten wir uns bei den netten Mädels am SPS Truck an. Dem Charme einer bestimmten Dame mit nettem Mainzer Dialekt erlegen, wurde PT fortan für das Wochenende nur noch "Heschi" genannt .
Beim Beziehen unserer Box kam bei mir dann richtiges Profi-Feeling auf. Ich war ca. eine Stunde nur mit Reifen ausladen und aufstapeln beschäftigt , wir waren ja mit allem möglichen Equipment und dem Rennservice-Anhänger mitsamt Reifenmontiermaschine angereist, aber alles inoffiziell, nur für unsere Box privat. Langsam trudelten auch die anderen Aufzünder in unsere Box ein. Alles schnelle Leute (vornehmlich Österreicher): Der Sieger der GH-Moto Jahreswertung, Sieger Conti Cup 2009 SBK, ein ehemaliger ÖM Fahrer und Zweiter im Conti Cup 2009 SSP, ein ehemaliger Suzuki European Cup Fahrer, und mittendrin.......
Ich: Bisher nur einen Tag im kalten März auf dem Pann gewesen und mit der alten R6 im Sprintrennen auf eine 2:18 gekommen. Na ja ich fühlte mich in diesem Umfeld pauschal als Allroundschwuchtel .
Die allesamt sehr angenehmen Mitzünder machten aber da überhaupt keinen Unterschied und es blieb über das ganze Wochenende eine tolle Mannschaft.
Immerhin konnte ich die Reifenmontiermaschine fehlerfrei bedienen und so entlastete ich über´s Wochenende den Heschi und andere Zünder als Reifenmontiersklave, im Gegenzug wurde ich mit Bier, Fleisch und Mopedpflegemitteln frei gehalten, wovon ich auch regen Gebrauch machte.
Am Freitag war dann Training angesagt, ich ließ den ersten Turn aus, weil es für meinen Gusto noch zu kalt und feucht auf der Strecke war. Noch bevor ich um 10:00 raus fuhr kam der Schandkarren ein paar mal rein, weil schon der eine oder andere weggeschmissen hatte. Ich ging also vorsichtig zu Werke und tastete mich an die neue R6 heran. Gleich in der zweiten Runde langte ich beim Anbremsen wie gewohnt rein und das Heck kam hoch . Uiuiui, die Bremse geht aber besser als die alte!
In der dritten Runde stand dann gleich eine 2:16 auf dem Lappenzeiter, also die R6 geht ja mal richtig gut (am Fahrer kann das nicht gelegen haben) .
Den ganzen Tag über habe ich mich dann an die Neue gewöhnt, Fussrasten und Hebel eingestellt usw., während die anderen Jungs schon Bestzeiten in den Asphalt brannten.
Da Heschi hatte in seiner GSXR einen super tuned Motor mit weit über 200 PS drin, den er zum Testen ein paar Runden fuhr und von einem zum anderen Ohr grinsend wieder zurück kam. Wegen eines vermutlichen Problems mit dem Öldruck ließ er es gut sein und tauschte am Nachmittag mal eben schnell den Motor gegen einen serienmäßigen aus.
Am Abend kamen dann noch ein paar weitere Österreicher in die Box und ich steckte mir die 2:12 als Ziel für den Event.
Über den ganzen Tag verteilt haben echt viele Fahrer ihr Moped gekiesbettet, überall im Fahrerlager sah man die Wracks stehen. Wir philosophierten noch über die Ursachen, aber am Veranstalter lag es nicht, da lief alles wie ein Uhrwerk.
Alexa hat geschrieben:die rj11 wirkt irgendwie klein und zierlich unter dir
Klappe Das täuscht, ist wohl der Schnitt vom Lederkombi
Umso erstaunlicher, wie gut sie die 90kg Muskeln und Samenstränge, die auf ihr sitzen, beschleunigen kann...
Am Samstag ging es gleich weiter wie am Freitag aufgehört wurde. Ich ließ wieder den ersten Turn aus, schoss mich immer besser auf die R6 ein und es gab wieder viele Stürze . Soweit ich weiß, hat es gottseidank aber das ganze Wochenende keine ernsten Verletzungen gegeben.
Dem Heschi reichten drei oder vier gezeitete Runden, um für das SBK Rennen die Pole zu holen. Dann kümmerte er sich um mich und ein paar andere Fahrer. Mittlerweile hatte es sich schon rumgesprochen, daß er da ist und es kamen immer wieder Leute vorbei die etwas von ihm wollten.
Ich hatte mittlerweile ein anderes Map drauf, mit dem die R6 besser lief und es purzelten immer weiter die Zeiten. Mit einer 2:11 hatte ich schließlich den 13. Startplatz geholt und war schon stolz wie Oskar, auch wenn die Bekloppten an der Spitze 2:03 bei den 600ern fuhren . Es lief schon besser als erwartet und machte riesig Spaß. Es waren gar nicht alle SSP Fahrer qualifiziert und mit 44 Leuten das Starterfeld proppenvoll.
Da ich mit Reifenmontieraufträgen reichlich versorgt war und selbst in der Vorbereitung für mein eigenes SSP Rennen noch schnell neue Contis montierte, war die Mittagspause recht kurz und schon ging es zum Vorstart.
Der Start selbst verlief ohne Probleme, ich verlor aber 2-3 Positionen. Die R6 lief wie die Sau und ich konnte auf der Start-/Zielgeraden schon mal den einen oder anderen überholen und meine Startposition zurückerobern .
Im Verlauf des Rennens konnte ich noch weiter überholen und es gab noch Bodenproben im Feld. Zum Schluss war ich froh, als ich die Zielflagge sah, denn in den letzten beiden Runden habe ich schon ganz schön abgebaut und immer wieder kleine Fehler eingebaut.
Zurück in der Box empfingen mich die Kollegen und teilten mir mit, daß ich 9. geworden bin und eine 2:08,3 gefahren war. Das war 10s schneller als meine alte Zeit Das hatte ich nicht erwartet und ich war hoch zufrieden. Konnte mich sogar auf einen Pokal freuen. Kommentar vom Höllenmann: "Super, und jetzt stellen wir sie erst mal noch richtig ein!" Wollte der echt, daß ich noch schneller fahre?
Im SBK Rennen brannte der Heschi erwartungsgemäß alle her und hatte sichtlich seinen Spaß. Auch die anderen Boxenmitbewohner schnitten super ab, sodaß wir bei der abendlichen Siegerehrung insgesamt 8 Pokale in Empfang nahmen.
Die SPS Leute hatten noch eine schöne Abschlussparty organisiert.
Wir haben noch den Autotuner in mein Moped eingebaut und uns ein paar Fahrwerksänderungen für den nächsten Tag vorgenommen.
Part IV: Finale
Am Sonntag ging es für mich dann hauptsächlich um das Sammeln von Daten für den Autotuner, der das Mapping von meinem PC immer weiter verfeinerte. Wir probierten auch noch weiter am Fahrwerk herum und es war schon immer echt super, wie sich der Heschi samt Laptop auf meine R6 stürzte, wenn ich von meinem Turn herein kam. So eine tolle Betreuung und Service habe ich noch nie erlebt und es bestätigten sich die Aussagen der anderen Forumsmitglieder hier, daß der Mann auch noch für seine Kunden da ist, nachdem sie gekauft haben.
Da ich in meiner 1,5 jährigen Karriere bisher nur 1- oder 2-Tages Veranstaltungen gefahren bin, habe ich den dritten Tag schon gemerkt. Die Kondition und die Konzentration liessen nach und ich kam auch nicht mehr auf die Zeiten vom Samstag. Vielleicht war die Luft auch schon ein bisschen raus, weil die Ergebnisse vom Samstag meine gesteckten Ziele und Erwartungen übertroffen hatten. Das GP Distanz Rennen konnte ich dann auch nicht zu Ende fahren und so ließ ich es gut sein, bevor ich die Maschine noch wegschmeiße.
Die ganze Rückfahrt war ich froh, daß es so toll gelaufen war und traurig, daß jetzt der lange Winter kommt.
Fazitten:
- Meine R6 ist ein richtig gutes Motorrad geworden, dank der super Arbeit von pt-race.
- SPS hat eine gewohnt tolle Veranstaltung abgeliefert, an der es nichts zu Meckern gab.
- Ich bin eine Kurveneingangsgeschwindigkeitsschwuchtel.
- Auch in Österreich gibt es sauschnelle Zünder. War eine super Truppe, auf die ich mich im nächsten Jahr schon freue.
- Schneller geworden und sitzen geblieben, was will man mehr.
- Ja, ich kauf mir im Winter ein komplett getöntes Visier
Ich freu mich jetzt erst mal den ganzen Winter lang auf den PT Conti Cup 2010