Die 300 Meilen von Hockenheim am 31.05.2010:
Es ist mal wieder an der Zeit Euch über die Aktivitäten des Moto Mittrach Racing Team zu berichten. Der Startschuss in die Rennsaison 2010 ist mit dem 31.05. endgültig gefallen.
Für meine Verhältnisse ungewohnt bin ich erst jetzt, einige Tage nach dem Rennen, in der Lage das Erlebte und damit verbunden die vielen Eindrücke niederzuschreiben. Zu groß war die Reizüberflutung.
Eines vorweg: Rennenfahren ist auf jeden Fall eine Bereicherung meines Lebens.
Nun zum Ausgangspunkt dieses Berichtes:
Nur noch wenige Tage bis zur Generalprobe für die 6h-Rennen vom DMC. Kurzfristig und spontan hat sich das Team im April für die Teilnahme an den 300 Meilen von Hockenheim entschieden. Auch Mitti musste an seinem Geburtstag nicht lange von der Teilnahme überzeugt werden.
Aber bis es soweit war, musste am Samstag den 29.05.noch reichlich bei Mitti in der Werkstatt geschraubt und gebohrt werden. Da wurden neue Reifen aufgezogen, die Übersetzung verändert, die Bremsbeläge getauscht und auch nicht wenig zeitraubend wurde Franzi`s neuer Liebling, nämlich unser Deseo für den Transport der Duc vorbereitet. Wie sich später rausstellen sollte, wurden alle Ösen von Abbo und Mitti ordentlich verbaut, so dass die Duc ohne Blessuren in Hockenheim ankam. Noch am selben Tag kam auch das Gemütliche nicht zu kurz. So stimmten wir uns beim zünftigen Grillen in Abbo`s Garten auf das Rennen ein und strengten unsere Köpfe an die bestmögliche Strategie fürs Rennen zu finden.
Keine 24 Stunden später befanden wir uns schon auf dem Weg in die Kurpfalz.
Bei unserer Ankunft waren auch schon die restlichen Teammitglieder vor Ort und kümmerten sich um die Belegung und Einrichtung unserer Box.
Die Akteure an diesem Tag:
Moto Mittrach Racing 1: Ralf Mittrach und Andy Hoffman
Moto Mittrach Racing 2: Jens Arbogast und Rüdiger Hauß
ML-Racing : Martin Magold und Ralf Leh
Wilder Strauß: Alexander Wilden und Martin Strauß
Die Bellas im Trockenen
Nachdem dann sämtliche Motorräder in der Box standen, der letzte Wohnwagen seinen Platz gefunden hatte,
konnte mit dem gemeinsamen Futtern begonnen werden. Keine Angst, dieser Bericht bekommt nicht den Zusatztitel „Das große Fressen“ sondern es wurde auch am Montag ernsthafter Sport betrieben.

Gemütlicher Teil des Abends
Montag ist ne prima Überleitung zu meinem nächsten Gedanken. Zunächst dachte ich, dass mit dem Montag den 31.05. der Veranstalter einen ziemlich ungünstigen Termin gewählt hatte. Aber als ich dann Sonntags so viele Teams mit Anhang sah, war ich doch stark beeindruckt. Und selbst Montag in der Früh trudelten noch die letzten Teilnehmer für das Rennen im Fahrerlager ein. RESPEKT!
Zurück zum Sonntag:
An dieser Stelle auch gleich mal ein großes Lob an unsere Frauen. Wir wurden fürstlich betreut und kulinarisch fehlte es an nichts. Von daher war durchaus zu befürchten, dass wir am nächsten Morgen nicht mehr in unsere Kombi`s passen. Da wir alle fit für den folgenden Tag sein wollten, gingen doch recht früh nach einem Verdauungs-Pfeffi die Lichter aus. Zumindest in der Box. Für mich nicht. Zu groß war die Aufregung vor dem ersten Rennen. Fragen über Fragen gingen mir da durch den Kopf. Wie wird das Wetter? Kann das Tempo halbwegs mitgegangen werden? Hält das Mopped? Reicht die körperliche Fitness aus? Und vor allem, werde ich am folgenden Tag zum Hochwassereinsatz am Hockenheimring einberufen, denn so stark regnete es in dieser Nacht.
Die Antwort sollte der nächste Morgen bringen...
Punkt 5.30 Uhr war es vorbei mit der Nachtruhe. Mit mir inbegriffen wandelten dann auch schon die ersten Halbtoten durchs Fahrerlager und man grüßte sich reflexartig auf dem Weg zur Toilette mit einem „Mrgn!“
Unverändert fiel jede Menge Wasser vom Himmel und so waren wir gezwungen die Regenreifen aufzuziehen. Dann das übliche Prozedere mit der Fahrerbesprechung und der Einweisung in das Startverfahren. Ich denke es ist nachvollziehbar, dass sich meine Lust auf mein erstes Rennen im Regen in Grenzen hielt. Alles Jammern und Nörgeln half nichts, ziemlich pünktlich fand ich mich bei nassen Bedingungen auf der Strecke wieder.

Abbo: "So wie eben auf dem Klo musst Du da draußen alles geben!"
Weg war sie, die Aufregung. Demnach spulte ich fix ein paar Runden ab. In der letzten Runde jedoch, warum auch immer, brach dann eingangs Motodrom das Hinterrad der Duc aus, ich richtete die Diva auf um einen Sturz zu vermeiden und beendete meinen Teil der Qualifikation mit einer kurzen Moto Cross-Einlage durch das Kiesbett (mit einer Multistrada hätte diese Einlage bestimmt entspannter ausgesehen). So hatte Abbo die Chance uns in der Startaufstellung weiter nach vorne zu bringen, wenn auch der Startplatz bei einem Langstreckenrennen eher zweitrangig ist. Nach 30 Minuten war dann Schluss und der Ausdruck über die gefahrenen Rundenzeiten sollte dann die Wahrheit zu Tage bringen und die Reihenfolge beim Start festlegen.
Blondes war als erste im Bilde und verkündete Freude strahlend die Ergebnisse. Mitti und Andy Hoffmann auf zwei, Lenßen und Ralf Leh auf drei und ich sah mich schon am Ende des Tages ohne Haupthaar.
Im Spass hatten Abbo und ich ne Wette abgeschlossen, dass wenn wir dieses Jahr tatsächlich ein Rennen unter den ersten Fünf beenden sollten, färbt Abbo sich die Haare rot und ich lasse mir ne Glatze schneiden. Da hatte es Abbo doch tatsächlich geschafft die Qualifikation der GP1 als sechster abzuschließen. Und als er mitteilte, dass er wegen Verkehr auf der Strecke aufgehalten wurde und somit eine bessere Qualifikationszeit verhindert wurde, stand fest, Abbo beginnt das Rennen zumal die Strecke zwar schon am abtrocknen aber noch eindeutig nass war.
Insgesamt lief somit die Qualifikation sehr erfreulich für das Team, lediglich Max und Alex hatten weniger Glück. Max stürzte leicht und benötigte viel Zeit für die Übergabe des Transponders an Alex. Damit ging wertvolle Trainingszeit verloren.
Die Qualifiaktion der GP2 ermöglichte uns die letzten Maßnahmen an den Motorrädern vorzunehmen, das letzte Aufregungspipi zu entsorgen und die letzten Absprachen insbesondere mit unseren Mechanikern Pasquale aka “Murat“ und Kai zu treffen. Denen ging es im übrigen wie mir, es war Ihr erstes Rennen. Und in anbetracht dessen haben sie wirklich einen tollen Job geleistet und uns wertvoll unterstützt. Danke!
Dann ging alles ganz schnell, Aufruf zum Einnehmen der Startposition entlag der Boxengasse, dem “Pace-Bike“ auf die Strecke hinterher und mit dem Einbiegen auf die Start-/Zielgerade breitete sich der infernalische Lärm von 40 Bikes über den Ring aus. Geil!
Es war schwierig das ganze Startgeschehen komplett zu verfolgen, Abbo konnte am Start zunächst einen Platz gutmachen und für Moto Mittrach Racing 1 und ML-Racing verlief der Start ähnlich zufriedenstellend, soweit ich das beurteilen konnte.
Mit zunehmend abtrocknendem Asphalt konnte Abbo die Position 5 leider nicht halten.
Entsprechend wurden an meiner 1098 wieder die Slicks montiert. Diese sollten dann auch bei allen anderen die Reifen des Tages sein, da Petrus ein Einsehen hatte und uns mit weiterem Regen verschonte.
Nach meinem Empfinden war Abbo bei seinem ersten Turn ne halbe Ewigkeit auf der Strecke, so angestachelt war ich von der ganzen Situation und wollte einfach nur raus auf die Strecke und meinen Beitrag zur Bezwingung der 300 Meilen leisten. Dann, endlich wurde Abbo am Beginn der Boxengasse gesichtet. Begründet mit der 60 km/h Begrenzung in der Boxengasse hatte es den Anschein, dass Abbo sich nie oder nur ganz langsam uns annäherte.
Die Übergabe des Transponders verlief reibungslos und mit einem kurzen bestätigenden Kopfnicken von Abbo auf die stimmvolle und prägnante Frage „Slicks?“ liess ich die Kupplung schwer schleifend kommen und begab mich auf körperlich sehr fordernde 40 Minuten. Auf einmal war ich allein und hatte es nun selbst unterm Hintern wie wir das Rennen beenden würden. Krass! Jetzt bloß keinen Fehler machen, nicht Stürzen und die Reifen nicht gleich überfordern. Langsam und mit viel Mühe stellte sich so etwas wie ein Rhythmus ein. Das Gefühl mein erstes Rennen zu fahren übermannte mich doch sehr stark und hinderte mich zunächst daran meine Konzentration voll und ganz der Strecke zu widmen. Als dann die ersten Mitstreiter mich überholten, konnte ich dies natürlich nicht mit meinem Ego vereinbaren und zog beherzter am Kabel. Runde um Runde fielen dann die Rundenzeiten und ich konnte im ersten Turn konstante 2:02er Zeiten verzeichnen.
Mit dem Aufleuchten der Tankleuchte signalisierte mir meine italienische Sportlerin, dass doch ein Fahrerwechsel durchaus angebracht ist. Wie vereinbart streckte ich das Bein mit dem Überfahren der S/Z-Geraden raus, so dass das Team über meinen Tankinhalt und meine beabsichtigte Rückkehr zur Box informiert war. Leider wurde dieses Zeichen übersehen oder ich war wohl nicht deutlich genug mit dem Signalisieren meiner Intention, jedenfalls kann man sich den Rest an dieser Stelle wohl denken. Beim Einfahren in die Boxengasse sah ich Abbo ohne Helm und ohne Handschuhe im Sprint auf dem Weg zu seiner Duc. „Super! Dann geht’s halt noch für ne Runde raus! Ein wenig Sprit ist ja noch im Tank, hoffentlich!“ murmelte ich in meinen Helm als ich just in diesem Augenblick unsere Box passierte. Wie ich später erfuhr waren wir wohl mit Mitti und seinem Teampartner Andy in guter Gesellschaft. In der darauf folgenden Runde funktionierte die Übergabe ohne weitere Momente bei der die Schnappatmung hätte einsetzen müssen.
Wow, war das anstrengend! Hätten Kai und Pasquale nicht das Motorrad gehalten, wäre ich doch glatt mit selbigem umgefallen. Im Glauben jetzt ausgiebig regenerieren zu können, schüttete ich erst mal die Erfrischungsbrause aus Österreich in mich rein und hoffte auf einsetzende Superkräfte. Kaum erholt und noch nicht wirklich bei Kräften wurde mir dann schon wieder mitgeteilt meine müden Knochen aus dem Stuhl zu heben und mich seelisch und moralisch auf meinen nächsten Turn vorzubereiten. Dieses ganze Verfahren wiederholte sich dann noch zweimal und mit jedem weiteren Turn wurde mir zunehmend bewusst warum das Ganze als MotorSPORT bezeichnet wird. So ein Langstreckenrennen kann man in den meisten Fällen nicht ansatzweise mit einem Renntraining vergleichen. Ob ich 20 Minuten am Stück fahre und dann eine Stunde pausieren kann oder Fahren bis der Tank leer ist und 45 Minuten später wieder den Hahn zu spannen, sind dann doch zwei verschiedene Welten.
Die restlichen Turns verliefen ereignislos und auch die Übergaben stellten uns im weiteren Verlauf des Rennens vor keine weiteren Herausforderungen. Mit abgespulten 101 Runden konnte dann Abbo das Rennen ohne Stürze und ohne Defekte mit dem Überqueren der Ziellinie beenden. Der spätere Blick auf die Ergebnisliste zeigte dann auch, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Unter Berücksichtigung der von uns selbst gemachten Vorgaben und Zielen fanden wir uns im Gesamtranking auf Platz 24 echt zufieden wieder.

Der Reifen hatte ein solch würdiges Ende vedient!
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vielversprechenden Ergebnisse der Qualifikation aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gehalten werden konnten. So belegte Moto Mittrach Racing 1 den 10., ML-Racing den 11., Moto Mittrach Racing 2 den 24. und Team Wilder Strauß den 33. Platz. Hier ist sicherlich für die zukünftigen Rennen noch Luft nach oben.

Pokale gab es zumindest fü ein Team von uns. Glückwunsch!
Natürlich stellt sich rückblickend die Frage was nach einer solchen Eintagesveranstaltung bleibt. Zum einen handelt es sich bei unseren Teams um eine super Gemeinschaft, mit der man gerne gemeinsam Zeit verbringt. Zum anderen hat sich der Aufwand mit den gewonnenen Erkenntnissen für alle noch kommenden Rennen mehr als gerechtfertigt.
Und nicht weniger entscheidend, es bleibt ein großes Loch in das ich mit dem Ende dieses Rennens gefallen bin. So groß war die Vorfreude und die Erwartungen für das erste Rennen. Nichts mehr ist wie es war. Hier zitiere ich gerne den Werbeslogan von BMW im Rahmen der Markteinführung der BMW S 1000 RR: „Leben heißt Rennen fahren. Die Zeit dazwischen ist nur Warten.“ Kein Spruch und kein anderer Gedanke trifft es besser auf den Punkt. Und deshalb gilt für mich ab sofort:
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen und alles beginnt wieder von vorn. Die Aufregung, die schlaflosen Nächte, das Planen und Vorbereiten und nicht zu letzt die unzähligen Benzingespräche mit Gleichgesinnten.
Dementsprechend freuen wir uns schon wahnsinnig auf das erste Rennen bei dem es um Punkte, Pokale und Gewinner geht. Und Gott sei Dank, die Zeit bis zum 13.06.10 vergeht sicherlich schnell.
Bis dahin
PfalzRacer aka Dr. House