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Ventile einstellen - wieso größtmögliches Maß ? Verst.Frage

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Beitrag von techam »

Um diese Frage zu klären, müssen wir erstmal festlegen, was wir wollen.

In erster Instanz muss das Ventil auf JEDEN FALL schließen.
->möglichst großes Ventilspiel

In zweiter Instanz wollen wir jedoch, dass der Ventilhub möglichst groß ist, das Ventil exakt der Geometrie der Nockenwelle folgt und die Öffnungsdauer möglichst lange ist.
->möglicht geringes Ventilspiel

Daraus folgt völlig richtig das schon genannte:
"So viel wie möglich, so wenig wie nötig."

Was heißt das jetzt für unseren Motor:
Die Temperaturen auf der Rennstrecke sind um einiges höher als im für die Berechnung angenommenen Normalfall.
Eine höhre thermische Ausdehnung erfordert ein größeres Ventilspiel.
Somit sollten wir uns schonmal nicht am unteren Rand bewegen.

Da nun in der Regel die Shims ohnehin nicht in 1/100mm Abstuftungen erhältlich sind, würde ich immer versuchen, das Shim zu wählen, welches den ersten Wert über der Mitte des Tolleranzbereiches erzielt.

Warum nicht möglichst groß?
Alle unsere Messungen unterliegen ziemlich großen Messfehlern in Verhältnis zur Messgröße von wenigen hunderstel millimetern.
Und fast immer messen wir zu klein.
Zum einen, weil wir mit Lehren messen, diese können generell nur anzeigen, zwischen welchen beiden Maßen das Ist-Maß liegt, meist wird denn die untere Grenze, die Lehre welche noch hindurchpasste als Wert genommen: -> zu klein
Dann werden häufig mehrere Lehrenblätter geschichtet, jede Verunreinigung zwischen den Blättern (Ölfilme etc) führen auch wieder zu einem Messfehler: -> zu klein
Auch der Ölfilm auf den Nöcken führt zu einem dahingerichteten Messfehler: ->zu klein

Wenn wir jedoch ohnehin mit hoher Wahrscheinlichkeit zu klein gemessen haben, stellen wir das Ventilspiel auch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu groß ein.
(Man denkt es sei zu klein und macht es größer, auch wenn das Ist-Maß korrekt war.)

MfG Christian
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Beitrag von techam »

Wenn wir in den Bereich kommen, dass du dir Shims auf 1/100mm schleifen lassen willst, dann hast du vorher sicher schon andere Nockenwellen, Ventilfedern, und damit auch einen völlig neuen Bereich für das Ventilspiel.

Das man einen Shim abschleifen lässt halte ich übrigens fertigungstechnisch für ziemlich großen Tobak, dann doch bitte gleich auf das richtige Maß fertigen lassen.
Sonst ist die Parallelität ziemlich sicher im Eimer und wenn dann würde man sicherlich nicht das nächst größere Shim nehmen, da es nahezu unmöglich ist sich dann an das Sollmaß herranzutasten.

Allerdings wird der normale Hobbyracer hier im Forum sich schwer tun mit Shims für 100€ das Stück, hier heulen die meisten ja schon bei den üblichen 8€.

Auch ist das Einstellen auf 1/100mm völlig sinnfrei, solange man nicht über mindestens um den Faktor zwei, besser zehn, präzisere Messmittel verfügt, was üblicherweise aufgrund der oben genannten Messfehler bei Fühlerblattlehren nicht der Fall ist.

MfG Christian
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Beitrag von mazdamax »

Geschwindigkeit hin oder her ... haben schon viel bei Turbomotoren gesehen, was zu starke Federn mit scharfen Nocken bewirken können, aber von dem reden wir hier ja nicht.
Da konnte es schon mal vorkommen, dass mal ein Ventilhals abgerissen ist, weil die Feder einfach das Ventil zu stark auf den Sitz katapultiert hat.

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus, wurden die Ventilspiele bis jetzt immer an das obere Toleranzmaß gestellt.
Von den zigg Motoren, egal welcher Hersteller, laufen alle noch, womit ich vermute, dass es nicht so falsch war von der Annahme her.
Vorallem bei den neuen Materialien die bei den Ventilen und Sitzen verwendet werden, war eher der obere Toleranzbereich der bessere um einfach sicher zu gehen, dass das Ventil auch bei hohen Temparaturen noch sauber schliesst.

Aber wie gesagt ... ich hab´s auch mal so gelernt, eher am oberen Toleranzbereich sich zu orientieren und bis jetzt damit nur gute Erfahrungen gemacht.
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Beitrag von scm »

techam hat geschrieben: ... Das man einen Shim abschleifen lässt halte ich übrigens fertigungstechnisch für ziemlich großen Tobak, dann doch bitte gleich auf das richtige Maß fertigen lassen.
Sonst ist die Parallelität ziemlich sicher im Eimer und wenn dann würde man sicherlich nicht das nächst größere Shim nehmen, da es nahezu unmöglich ist sich dann an das Sollmaß herranzutasten.
Sorry Christian,
mit dem Spiel auf's Hunderstel rauslehren magst du recht haben,
aber einen gebrauchten Shim runterzuschleifen ist überhaupt kein
Problem, im Gegenteil, bietet sich fertigungstechnisch sogar an.
Es gibt keinen Grund warum die dabei erzielte Parallelität schlechter
sein sollte als bei einer Neuanfertigung.

Viele Grüße
Sven
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Re: Ventile einstellen - wieso größtmögliches Maß ? Verst.Fr

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Beitrag von Walnussbaer »

mazdamax hat geschrieben:Geschwindigkeit hin oder her ... haben schon viel bei Turbomotoren gesehen, was zu starke Federn mit scharfen Nocken bewirken können, aber von dem reden wir hier ja nicht.
Da konnte es schon mal vorkommen, dass mal ein Ventilhals abgerissen ist, weil die Feder einfach das Ventil zu stark auf den Sitz katapultiert hat.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Ventilfeder das Ventil mit mehr Power in den Sitz knallt, als der Verbrennungsdruck und dass die Feder als zerstörende Kraft so überhaupt beachtenswert sein könnte. Ist aber nur meine laienhafte Vorstellung ohne dass ich da jetzt was verweisen könnte.
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Beitrag von scm »

Walnussbaer hat geschrieben: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Ventilfeder das Ventil mit mehr Power in den Sitz knallt, als der Verbrennungsdruck ...
Das nun gerade nicht, aber im Gegensatz zur Federkraft erzeugt der
Verbrennungsdruck auch keine Zugspannung im Ventilschaft.
... dass die Feder als zerstörende Kraft so überhaupt beachtenswert sein könnte.
Ist sie normalerweise auch nicht, die paar Kilopond kann der Schaft gerade noch ab.
Problematisch ist eher die Geschwindigkeit mit der der Teller aufsetzt und ob er das
auf ganzem Umfang gleichmäßig tut.

Viele Grüße
Sven
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Beitrag von mazdamax »

Motor voll ausgereizt .... von 180 auf 460Ps, verteilt auf 1,8l Hubraum *ggg*
Bei höheren Drehzahlen unheimliche Ventilgeräusche bis zum Materialversagen.
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Re: Ventile einstellen - wieso größtmögliches Maß ? Verst.Fr

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Beitrag von Walnussbaer »

@Sven:

Ok, verstehe die Problematik bzw. den Unterschied.
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Beitrag von Renekr82 »

techam hat geschrieben:Um diese Frage zu klären, müssen wir erstmal festlegen, was wir wollen.



In zweiter Instanz wollen wir jedoch, dass der Ventilhub möglichst groß ist, das Ventil exakt der Geometrie der Nockenwelle folgt und die Öffnungsdauer möglichst lange ist.
->möglicht geringes Ventilspiel




MfG Christian
Ich möchte jetzt nicht alles kommentieren ...

Die Öffnungsdauer ist doch fürn A... wirklich wichtig sind die effektiven Steuerquerschnitte ... um es mal zu übersetzen "was wirklich nutzbar ist".

Aber ansonsten weiter so .... :D
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Beitrag von OWJ6 »

Da die Öffnungs- und Schließrampen sich in der Regel über gut 30° von 720° hinziehen und ca. 3/10mm Hub haben (z.B. YZF750), finde ich die Diskussion hier schon etwas seltsam.
Denn 3/10mm sind für die meisten Motoren bereits das 3-5fache der Toleranz (wie etwa 0,21-0,30 EX). Wer also nicht komplett daneben liegt beim Einstellen, hat überhaupt keine Möglichkeit hier wirksam Steuerzeiten oder Ventilhub der Hauptnocken merklich zu ändern. Alle anderen, alternativen Einstellungen fern der Toleranzen würden innerhalb kürzester Zeit Motorschaden bedeuten - Ventile abgebrannt + Leistungsverlust (zu klein) oder verschlissener Ventiltrieb (zu groß).

Die Öffnerrampe hat den Zweck das Ventilspiel zu überbrücken, sanften Kontakt herzustellen um den Ventiltrieb für die Flanke des Hauptnockens vorzuspannen, die dann mit maximaler Beschleunigung das Ventil öffnet.
Und alles das sowohl bei kaltem als auch bei heißem Motor (Hub Rampe 3/10 - max. Spiel 3/10 -> kein Zufall) - Wärmedehnung der Schafts wird über das Ventilspiel samt Rampe in jedem Zustand ausgeglichen.
Die Schließrampe überführt das Ventil in einen Berich geringer Geschwindigkeit, so dass das Schließen ein Vorgang mit möglichst geringer Beschleunigung ist und das Ventil samt Sitz wenig verschleißt/einschlägt oder gar zurück prallt.

Ja so macher Kitmotor bekommt 5/100 mehr Ventilspiel, das zudem im oberen Tolerranzbereich eingestellt wird um die Längung des Ventilschafts auszugleichen. Mit Beschleunigung, Leistung, Kühlung etc. hat das alles aber nichts zu tun. Es soll nur verhindert werden, dass kein Spiel mehr vorhanden ist (-> potentieller Motorschaden siehe oben).
Hier ist allerdings Vorsicht geboten, da man unter Umständen im kalten Zustand die Öffnerrampe umgeht und direkt auf der Flanke landet - da hört man die Tassenstößel übrigens richtig laut Klackern.
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