
Es sieht nach Regen aus als ich ins Fahrerlager von Hockenheim fahre. Leise Flüche unter meinem Helm ausstoßend fahre ich an eine freie Stelle zwischen einem Kollegen aus Heilbronn und zwei Buben die mit LKW und Zelt angereist sind und nach einer kurzen Einschätzung meinerseits, eine Werkstatt überfallen haben bei dem Equipment das die mitschleppen.
Entgegen meiner ersten Erfahrung in Hockenheim habe ich dieses mal nur ein paar Schraubenschlüssel, Klebeband und Kabelbinder in einem Rucksack dabei. In diesem Moment kommt mir das als ziemlich dämliche Idee vor.
Ich parke mein Gefährt und mache mich auf in die Anmeldebox. Schnell den Papierkram erledigt und meine dreistellige Startnummer abgeholt (ja wer zu spät kommt und so). Auf dem Weg zurück zum Motorrad bilde ich mir ein, kleine Tropfen ins Gesicht zu bekommen. Ich rufe mir schon den Nässetest der letzten Fastbike von meinem Reifen ins Gedächtnis. Sinngemäß "Wenn nass. Hast Pech." Gut, genug geweint. Ich schraube die Spiegel ab, klebe das andere Zeug zu, ziehe noch ein paar Sicherungen, packe das ganze Geraffel wieder in meinen Rucksack und mache mich auf zur Lärmmessung.
Eine halbe Stunde später trinke ich meinen Kaffee in der Anmeldebox und wenn ich nach Draußen schaue, sehe ich den Regen in Fäden vom Himmel kommen. Mein Auge zuckt nervös und ich meine ein grausiges Kichern hinter mir zu hören. Ich fahre beschissen im Regen. Noch 10 Minuten bis zur Fahrerbesprechung. Noch 1,5 Stunden bis zum ersten Turn. Genug Zeit das die Strecke abtrocknet. Ich unterhalte mich mit ein paar Instruktoren die ich vom Letzten Training her kenne und die Jungs tauschen witzige Anekdoten über fallende Motorradfahrer bei Nässe auf der Rennstrecke aus und lachen herzlich. Die Penner... "Weißt du noch, vor nem halben Jahr. Als der Krabowski in der Mercedes auf der Innenseite die Curbs mitgenommen hat? Der lag so schnell mit dem Gesicht auf dem Asphalt, dass er nichtmal Zeit hatte das Moped loszulassen.... MUHAHAHAHA" Wieder dieses Zucken am Auge.
Noch 15 Minuten bis zum Besichtigungsturn. Die Sonne ist tatsächlich da. Tränen des Glücks im Augenwinkel habe ich in den letzten 30 Minuten beobachtet, wie ein Fahrer nach dem anderen auf halbnasser Strecke am Ende von Start / Ziel ins Kies rammelt. Aber die Chancen stehen gut, dass es komplett trocken wird bis ich an der Reihe bin. Habe mich dieses mal in eine deutlich schnellere Gruppe einteilen lassen. Was das heißt merke ich 35 Minuten später als wir von der Besichtigungsrunde zurück kommen. "YIIHAAAA". Der erste Turn war schneller als das was ich bei meinem ersten Training im letzten Turn gefahren bin. Das bedeutet wohl zweierlei.
Ich bin ein Weichkeks
Ich werde heute Spaß haben
Die schlechte Nachricht nach dem ersten Turn ist, dass der erste Fahrer schon im Kies gelegen hat. Ich frage mich kurz wie man das im ersten Turn hinter dem Instruktor hinbekommt, denke mir aber (erstmal) nichts weiter dabei. Die erste Feedbackrunde bringt keine neuen Erkenntnisse für mich. Auf die direkte Frage an den Instruktor was noch besser zu machen ist kommt nix. Schade, aber was solls.
Die nächsten Turns am Vormittag folgen. In Turn 2 liegen gleich 2 Fahrer in der Mercedes Links und Rechts am Boden. Auch einer aus meiner Gruppe. In Turn 3 dann in der Spitzkehre. Alle in den ersten zwei Runden des jeweiligen Turns. Damit haben sich schon am Vormittag mehr Leute abgelegt als an meinem ersten Event am ganzen Tag. Der Instruktor bleibt weiter passiv. Wobei passiv nicht das richtige Wort ist. Er ist halt da. Zumindest sitzt etwas auf seinem Motorrad und zeigt die Linie. Ach ja, der Regen. Der ist weg. Stattdessen haben wir in der Sonne Backofentemperaturen erreicht. Mich freut es und meine Schweißdrüsen haben den Spaß ihres Lebens. Da man ja bekanntlich was leichtes essen soll beim Sport, führe ich mir eine 120g schwere Currywurst Oral zu und koste danach noch etwas von dem Fallobst das überall angeboten wird. Getrunken habe ich bisher ca. 2-3 Liter. Anzahl der Toillettengänge zero. Aber lassen wir das.
Einige Stunden später reiße ich das Klebeband von meiner Lampe und schraube wieder alles an seinen angestammten Platz. Geiler Tag. Meine Beine fühlen an als wären sie aus Gummi. Die drei Turns am Nachmittag sind so weitergegangen wie die am Vormittag aufgehört haben. Negative Höchstleistung des Tages war von einem Kollegen aus Gruppe 3 oder 4 der es geschafft hat nach der Boxenausfahrt in der Ameisenkurve maximale Schräglage zu erreichen. Ich frage mich ob in den nächsten Turns jemand in der Boxenausfahrt auf der Nase liegt. Das geht nur noch schwer zu toppen. Bei mir ist alles heile geblieben. Mein Gemüt befindet sich auf einem Hoch auch wenn die Heimfahrt über die Autobahn mit dem Motorrad wenig verlockend scheint. Ich freu mich auf eine Dusche und was zu Essen. Den Rucksack aufgesetzt gehts raus aus dem Fahrerlager und Richtung Heimat.
Gruß
Philip